Beobachter - 13.09.2019

(nextflipdebug5) #1
FOTO: BONNINSTUDIO/STOCKSY UNITED

Darf der Chef mich


im Internet abchecken?


Ich suche eine Stelle als Treuhänderin.
Ab und zu poste ich Bilder von mir auf
Instagram – auch in erotischer Pose.
Darf mich ein potenzieller Arbeitgeber
online ausspionieren?
Arbeitgeber können durchaus so ziale
Netzwerke und Google nutzen, um
mehr über Bewerber zu erfahren, als sie
in Motivationsschreiben und Lebens-
lauf preisgeben. Problematisch daran:
Das Freizeitverhalten und der Lebens-
stil sind tabu, wenn sie nichts mit der
offenen Stelle zu tun haben. Danach
darf ein Arbeitgeber im Bewerbungs-
gespräch auch nicht fragen – und
genauso wenig darf er sich eigentlich
diese Informationen aus dem Netz
beschaffen. Denn wer Privates online
stellt, tut das meist nur für einen ge-
schlossenen Kreis von «Freunden».
Dass hochgeladene Erotik- oder Party-
fotos aber auch von anderen Nutzern
und den Personalchefs dieser Welt ge-
sehen werden, geht häufig vergessen.


Tipps
„Denken Sie nach, bevor Sie posten.
„Nutzen Sie die Möglichkeiten in den
sozialen Netzwerken, Ihre Privatsphäre
zu schützen.
„Drehen Sie den Spiess um: Ein sorg-
fältig bewirtschaftetes Profil auf Porta-
len für berufliches Networking (etwa
LinkedIn oder Xing) kann bei Bewer-
bungen ein Vorteil sein.


Darf ich den Skandal


öffentlich machen?
Ich bin ganz sicher, dass meine Arbeit­
geberin in einen Korruptionsskandal
verwickelt ist. Auf Twitter habe ich den
entsprechenden Verdacht geäussert.
Ich wusste mir nicht anders zu helfen.
Wer Missstände in einem Betrieb auf-
deckt, riskiert einiges: gemobbt werden,
als Nestbeschmutzer gelten oder sogar
die Kündigung erhalten. Daher ist es rat-
sam, sich zuvor über mögliche arbeits-
oder strafrechtliche Konsequenzen zu
informieren – etwa über die Whistleblo-
wer-Hotline des Beobachters (Telefon
043 444 54 11, werktags 9 bis 13 Uhr).
Arbeitnehmer müssen sich redlich und
loyal verhalten. Dazu gehört auch, die
Missstände zuerst intern zu melden.

Tipps
„Wenden Sie sich an die zuständige
Meldestelle in Ihrer Firma. Prüfen Sie,
ob man Ihre Anonymität garantieren
kann, und lassen Sie sich Ihre Meldung
schriftlich bestätigen.
„Wenn der Arbeitgeber nicht reagiert,
können Sie an eine zuständige Behörde
gelangen – etwa an einen Staatsanwalt
oder ans Arbeitsinspektorat.
„Falls auch das nichts nützt, dürfen Sie
sich an die Medien beziehungsweise
an die Öffentlichkeit wenden. Auf eine
interne Meldung darf man nur verzich-
ten, wenn «wichtige Interessen» vor-
liegen und ein Schaden nicht anders
abgewendet werden kann.

Darf ich den Chef im Internet


beschimpfen?
«Mein Chef ist ein geldgieriges Arsch­
loch»: Das habe ich auf Facebook
gepostet, und dazu stehe ich bis heute.
Sollte ich den Post trotzdem besser
löschen?
Ja. Wer den Arbeitgeber in aller Öffent-
lichkeit – und dazu kann man auch ein
Facebook-Posting zählen – mit dem
A-Wort beleidigt, muss mit einer frist-
losen Kündigung rechnen. Ob sie be-
rechtigt ist, darüber müsste ein Gericht
entscheiden. Dabei wird der konkrete
Einzelfall berücksichtigt, etwa das Ver-
halten der Parteien in der Vergangen-
heit oder nach dem Vorfall. Eine frist-
lose Kündigung ist gerechtfertigt, wenn
die Fortsetzung des Arbeitsverhältnis-
ses aus wichtigen Gründen nicht mehr
zumutbar ist.

Tipps
„Löschen Sie den beleidigenden Kom-
mentar.
„Suchen Sie das Gespräch mit dem
Chef, um Konflikte zu bereinigen.
„Halten Sie sich im Internet mit emo-
tionalen Äusserungen zurück.

SOZIALE MEDIEN. Facebook, Twitter, Instagram:


Das Internet macht Privates sichtbar – auch für


den Arbeitgeber. Das kann unliebsame Folgen haben.


Die wichtigsten Fragen und Antworten.


Leider hat


der Chef


auch Internet


64 Beobachter 19/2019


RATGEBER

Free download pdf