Der Standard - 24.08.2019

(lily) #1

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EnglischeTexteimOriginalSeiten2bis 5 Wann und wie wirdFührunggespürt?Seite 8


derStandard.at/Karriere


AUGUST2 019 L1


W


enn ein Unternehmen
Hirn und Herz –neu-
deutsch Commitment –
der Mitarbeiterinnen will, dann
hat die Führung keine andere
Chance, als „ins Risiko“ zu gehen
–das heißt sich dem Diskurs mit
einem gesamtheitlichen, persönli-
chen Einsatz und ergebnisoffen zu
stellen. Das Netzwerktreffen der
weiblichen ÖBB-Führungskräfte
hat das in dieser Woche exempla-
risch und deutlich gezeigt.
Was da in zwei Stunden pas-
siert und entsteht, ist tatsächlich
spannend. Das Arbeitstreffen trug
den Titel „Wie intelligente Ma-
schinen unsere Mobilität ver-
ändern“. Da gibt es ja viel zu be-
richten–von Roboterhotels und
-restaurants in Japan, selbstfah-
renden Lkws im Bergbau in Aus-
tralien und der Testung von Was-
serstoffantrieb inklusive selbstge-
steuertem Transport in Österreich
–und somit viel Stoff für
einen „Innovationstalk“ zum be-
rauschenden Fortschritt.


Und was wollen wir?


Tatsächlich zutage trat, was
Mitarbeiterinnen als Menschen
bewegt, nicht bloß funktions-
technische Fragen, etwa wie eine
Reise via Handy im internen
Prozessmanagement abgewickelt
werden wird und was ein huma-
noider Roboter vielleicht in einem
Wiener Bahnhof tun muss, um
den Gästen die Zeit zu vertreiben.
Es ging um Interdependenzen, um
das Wenn-dann, um Technikfol-
genabschätzung, um Zielkonflikte
wie Profitmaximierung versus
Klimaneutralität und um die Fra-
ge nach den persönlichen Skills,
darum, möglichst die richtigen
Fragen zu stellen; es wurde gerun-
gen um die Balance zwischen
Roboterfreunden und Menschen,
arbeitsplatz- sowie beziehungs-


verdrängenden Maschinen, die
noch dazu den Energiehunger ex-
ponentiell befeuern.
Da reichenschlichte Parolen wie
„dieDigitalisierungist die Super-
chance für Frauen“ oder „rechtli-
che und ethische Rahmen werden
sich schon gut entwickeln“ nicht
aus. Da geht es um mehr–und da
genügen dann auch keine ver-
meintlich „starken“ Führungs-
parolen, wonach mit Innovations-
führerschaft schon alles gut wer-
den wird. Mitarbeiterinnen wol-
len möglichst gut entscheiden
können, auf welchem Weg sie mit-
gehen–und sie fordern Antwor-
ten ein auf Fragen wie: Wie wol-
len wir gemeinsam leben, und was
wollen wir den nächsten Genera-
tionen hinterlassen? Und: Was ist
dabei meine Rolle? Diese Fragen
müssen beantwortet werden. In
allen Unternehmen.
Wenn schon immer Mut einge-
fordert wird als eine oberste
Leadership-Tugend, dann ist ein
solches offenes Setting dafür wohl
der Lackmustest. Plus eine steile
Lernkurve, etwa: Mitarbeiterin-
nen in ihren Ansprüchen an Wer-
te und Unternehmensstrategien
zu unterschätzen ist eine sehr
schlechte Idee. Dass alles in eini-
ger Harmonie endet, ist eine ganz
falsche Erwartung.

Nicht einer Meinung
Auch wenn es um Frauenteil-
habe geht: Widersprüchliche Ent-
wicklungen passieren parallel,
wie Maria Pfeifer, Key-Resear-
cherin im Future Lab der Ars Elec-
tronica, es ausdrückt. Sie appel-
liert auch, diese Entwicklungen
mit einerSpurLockerheit zu be-
trachten. „Wenn jetzt Sozialkom-
petenzen gefragt sind und ein
konservativer Personaler sagt: Gut,
dann nehmen wir eine Frau, weil
Frauen sind sozial–okay, warum

nicht?“ Dannbraucht mansich ja
nicht dauernd über Zuschreibun-
gen aufzuregen. Warum sollte das
im Maschinenzeitalter nicht dazu
dienen,Frauen zu befördern?
Silvia Angelo, Vorständin in der
ÖBB Infrastruktur, muss interve-
nieren: Sie sei älter und nicht
mehr so optimistisch, von selber
passiere gar nix, und die Ge-
schichte von sozialen Kompeten-
zen höre sie seit Jahrzehnten.
„Wenn wir so weitergehen, erle-
ben nicht einmal meine Großenkel
Gleichstellung. Digitalisierung ist
eine Möglichkeit, um aus der phy-
sischen Debatte rauszukommen –
aber keine Selbstverständlichkeit.
Ich erlaube mir, abgeklärter zu
sein“, so die Vorständin im größ-
ten heimischen Ausbildungsbe-
trieb für technisches Personal.
Pfeifer bleibt dabei: Maschinen
schaffen Arbeit für Menschen,

von der Wartung bis zur Verbin-
dung, der Sozialkompetenz. Nur
über Ersetztwerden zu reden sei
nicht einmal Teil der Entwick-
lung. Und konkret für die Einzel-
ne? Auf viele Fragen antwortet das
Podium: „Wenn ich das ganz ge-
nau wüsste ...“. Dass apropos Kli-
maproblem viele Themen trotz
Attraktivierung der Bahn–Stich-
wort Güterverkehr in Europa –
ungelöst sind: Ja.

Nicht gescheiter als alle
In diese Situation kommen Top-
führungskräfte und ausgewiesene
Expertinnen mit langer Publika-
tions- und Auszeichnungsliste,
wenn sie es zulassen. Und schaf-
fen damit eine neue, moderne,
Unternehmenskultur, ermutigen,
gemeinsam neue Bilder zu kreie-
ren, sich gemeinsam als Gestalte-
rinnen zu sehen.

Als für die Strategie zuständige
Aufsichtsrätin in der ÖBB Holding
sagt Cattina Leitner: Digitalisie-
rung sei eine wunderbare Chance,
Dinge in Gang zu bringen, auch
die Gleichstellung sei für die ÖBB
und für das Land zentral. Bremsen
würden solcherart gelöst. Dazu ge-
höre die Digitalisierungsbildung
allerdings schleunigst schon in
die Kindergärten. Es gehe um Qua-
litätssteigerung, nicht um Gutes
für Frauen.
Illusionen über global gesehen
abwägenden Technikeinsatz mit
Blick auf die endlichen Ressour-
cen brauche man sich–sinnge-
mäß–allerdings nicht machen:
„Was technisch machbar ist, wird
gemacht werden.“ Sie glaube aber
an Parlamente, sie glaube an Teil-
habe. National Progress verhin-
dern zu wollen sei keine brauch-
bare, zukunftsweisende Lösung.

Verena Fuchsberger-Staufer (Centerfor Human-Computer Interaction, Uni Salzburg), Maria Pfeifer (Ars Electronica Future Lab), Lisa-Maria Faller (Robotik-Professorin
FH Kärnten), Silvia Angelo (VorständinÖBB Infrastruktur AG), AgnesKienast (AufsichtsrätinÖBB Personenverkehr AG),Cattina Leitner (Aufsichtsrätin ÖBB Holding).

Foto:MarekKnopp

So wird die Führunggefordert


Waspassiert,wenn sichTopführungskräfte allenFragen der Mitarbeiterinnenstellen?
Ein mutiges,offenes Setting zeigt:Wereszulässt,gewinnt an Glaubwürdigkeit und Commitment.

Karin Bauer
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