interview: michael bremmer
B
is sein Bruder erscheint, der an
diesem Montag einen Ferien-
Skate-Kurs gibt, übt Pacel Kha-
chab, 25, ein paar Kickflips. Das
Board dreht sich bei diesem
Trick einmal komplett um die Längsachse.
Es folgt ein 360 Flip, das Board dreht sich
einmal komplett um die Längs- und um
die Querachse. Dann fegt ein Platzregen
über den Olympiapark – und die Skater
flüchten zum U-Bahnhof Olympiazen-
trum. Pacel Khachab trägt ein Tattoo auf
dem rechten Unterarm. Eine Zeder. Dieser
Baum ist das Nationalsymbol des Liba-
nons und auch auf der Flagge zu sehen. Pa-
cel Khachab, Soziologiestudent, und sein
Bruder Ali, 28, der demnächst Sport studie-
ren möchte, sind nahezu jeden Tag beim
Skaten im Olympiapark. Hier sind sie als
Kinder libanesischer Eltern aufgewach-
sen, hier haben sie seit 2018 ihre Skate-
Schule. Und hier, im neu geschaffenen Ska-
te-Park, herrschen beste Bedingungen,
um sich auf die Qualifikation für die Olym-
pischen Spiele 2020 in Tokio vorzuberei-
ten. Beide besitzen die deutsche Staatsbür-
gerschaft, sie treten aber für ihr Heimat-
land Libanon an. Am Sonntag fliegt der Äl-
tere der beiden nach China. Der nächste
Wettbewerb für die Olympia-Qualifikati-
on steht an.
SZ: Es gibt Hunderttausende Skater. Wie
kann man sich eigentlich für die Olympi-
schen Spiele qualifizieren?
Ali Khachab:Du musst nur das libanesi-
sche Olympische Komitee überzeugen.
Nichts einfacher als das.
Pacel Khachab:Wir haben Videos von uns
dort hingeschickt. Und wir haben ihnen ge-
sagt, dass wir zu den besten Skatern in
Deutschland gehören.
Ali Khachab:Das soll jetzt nicht arrogant
klingen, aber das Niveau der libanesischen
Skater ist vom internationalen Standard
schon noch ein bisschen entfernt.
Woher kommt das? Es besteht doch über-
all die Möglichkeit zu skaten. Und die
Tricks kann man sich bei Youtube-Videos
abschauen.
Pacel Khachab:Es gibt in Beirut einen ein-
zigen Skateboard-Spot, der geduldet ist.
Die Stadtverwaltung weiß vermutlich gar
nicht, dass es diesen Trendsport gibt. Mein
großes Ziel ist es, eines Tages in Beirut ei-
nen Skate-Park zu bauen.
Warum?
Pacel Khachab:Es leben in dieser Stadt so
viele arme Kinder. Ich möchte ihnen etwas
geben, damit sie auch mal auf andere Ge-
danken kommen. Dafür ist Skaten ideal.
Warumist Ihnendieser Skate-Park inBei-
rut so wichtig?
Pacel Khachab:Weil wir dort etwas bewe-
gen könnten. Hier in Deutschland ist es für
Kinder normal, dass sie skaten.
Ali Khachab:In München gibt es Skate-
Schulen, jedes fünfte Kind skatet.
Pacel Khachab:Im Libanon ist dieser
Sport kein bisschen etabliert. Selbst in Bei-
rut gibt es nur eine kleine Szene.
Ali Khachab:Das ist eine Gruppe, keine
Szene. Selbst in Pfaffenhofen gibt es mehr
Skater als in Beirut.
Die Qualifikation läuft über zehn Wett-
kämpfe weltweit. Damit haben nur die
Skateboardfahrer mitguten Werbeverträ-
gen überhaupt eine Chance, sich zu qualifi-
zieren, oder?
Pacel Khachab:Wir sind zunächst super-
glücklich, dass uns das libanesische Olym-
pische Komitee eine Wildcard für die Quali-
fikation besorgt hat. Aber wir bekommen
vorerst keine finanzielle Unterstützung.
Wir bezahlen die Flüge selbst, die Hotels.
Das kann sich aber nicht jeder leisten.
Pacel Khachab:Das stimmt. Ich kenne eini-
ge Skater, die wirklich gut sind, aber sich
die Qualifikation nicht leisten können.
Ali Khachab:Die meisten Teilnehmer kom-
men aus den großen Industrienationen,
USA, Japan, Deutschland, Frankreich. Für
Skater aus kleinen Ländern ist es in der Tat
schwierig.
Pacel Khachab:Und auch für uns ist es
schwer, weil wir auf uns alleine gestellt
sind. Es ist schon ein Vorteil, wenn man ein
Team um sich herum hat, das sich um ei-
nen kümmert, alles organisiert. Dann
kann man sich voll auf das Skaten konzen-
trieren. Für mich war der erste Wettbe-
werb trotzdem eine tolle Erfahrung.
Woher nehmen Sie das Geld?
Pacel Khachab:Wir haben zum einen die
Einnahmen durch die Skate-Schule, zum
anderen mache ich zwei Jobs nebenbei,
klassische Studentenjobs.
Ali Khachab:Und ich gebe zusätzlich Ska-
te-Kurse und jobbe nebenbei in einer Da-
men-Boutique, mache Stilberatung.
Es qualifizieren sich die 20 besten Skate-
boarder der Welt. Sehen Sie da wirklich ei-
ne reelle Chance?
Ali Khachab:Absolut.
Sie liegen momentan auf Rang 93.
Ali Khachab:Aber es fehlen mir aktuell
wirklich nur wenige Punkte, um weiter
nach vorne zu rutschen. Es sind auch noch
viele Streichkandidaten vor mir.
Streichkandidaten?
Ali Khachab:Es qualifizieren sich die bes-
ten 20 Fahrer aus allen Ländern. Jedes
Land darf allerdings maximal drei Skater
stellen. Eine weitere Regel besagt, dass aus
jedem Kontinent mindestens ein Land ver-
treten sein muss. Und deswegen haben wir
es leichter, weil wir für den Libanon star-
ten.
Pacel Khachab:Zudem gibt es noch sieben
Qualifikationswettbewerbe. Da ist noch al-
les offen. Wir haben wirklich eine reelle
Chance.
Sie könnten aber theoretisch auch für
Deutschland starten.
Ali Khachab:Wir wurden aber vom deut-
sche Team erst gar nicht gefragt. Und jetzt
liege ich in der Quali schon vor einem Deut-
schen.
Pacel Khachab:Man kann bei Skatern
nicht sagen, wer wirklich besser ist. Skaten
hat viel mit Ästhetik zu tun, mit Gefühl.
Skaten ist sehr individuell, deshalb ist es
an sich kein Wettbewerbssport.
Und trotzdemist es jetzt olympische Diszi-
plin.
Pacel Khachab:Durch Olympia wird Ska-
ten ausgeschlachtet. Skaten bedeutet,
Spaß zu haben. Skaten bedeutet, die Stadt
zu entdecken. Und jetzt soll es zum Sport
werden.
Ali Khachab:Das echte Skaten findet mit
den Freunden statt. Freundschaft und
Glück, das ist das Schönste am Skaten.
Pacel Khachab:Olympia braucht Skate-
boarding, Skateboarding aber nicht Olym-
pia. Das hat mal Skateboard-Legende To-
ny Hawk gesagt. Die Olympischen Spiele
brauchen eine neue urbane Sportart, um
zu zeigen, dass sie hip sind.
Aber geht dieses Lebensgefühl nicht
durch die Olympischen Spiele verloren?
Pacel Khachab: Skaten war natürlich
schon immer eine Art Wettbewerb. Skater
haben sich miteinander duelliert, jeder hat
versucht, krassere Tricks zu machen als
der andere. Mit der Zeit wurden die Con-
tests aber immer strenger bewertet, es gab
immer mehr Regularien. Und jetzt, für die
Olympischen Spiele, wurden sogar Doping-
tests eingeführt.
Dopingtests? Das heißt konkret: Skater
dürfen nicht mehr kiffen.
Pacel Khachab:Ja, genau.
Ali Khachab:Aber es gibt noch Freiräume.
Wenn ein Skater in seiner Freizeit getestet
wird, dann ist Kiffen okay. Aber bei einem
Wettbewerb wird das ganz streng gehand-
habt.
Das ist ein bisschen absurd.
Pacel Khachab:Skaten passt ja auch nicht
wirklich zu den Olympischen Spielen. Wir
Skater sind keine Athleten in diesem Sinn,
wir sind in keinem Verein. Eigentlich wol-
len wir nur unseren Spaß. Aber jetzt steckt
halt viel Geld dahinter, Sponsoren, die mit
Skaten überhaupt nichts zu tun haben, ha-
ben unseren Sport entdeckt.
Ali Khachab:Da steckt mittlerweile viel
Geld dahinter. Bei der Quali bin ich schon
gegen den einen oder anderen Millionär ge-
fahren. Das ist wirklich hart. Wir sind ja im-
mer alleine unterwegs. Und die haben
gleich einen ganzen Betreuerstab dabei.
Sie starten in der Disziplin „Skateboar-
ding Street“. Wie läuft so eine Qualifikati-
on ab?
Pacel Khachab:Es gibt einen Parcours.
Und dort hat man drei Minuten Zeit, mög-
lichst viele, möglichst harte, also gute
Tricks zu ziehen. Am Ende zählt der Ge-
samteindruck.
Ali Khachab:Drei Minuten sind hart. Beim
ersten Wettbewerb lag ich bereits nach
zwei Minuten auf dem Boden, weil ich kei-
ne Luft mehr bekommen habe.
Pacel Khachab:Bei der Quali in Los Ange-
les hat sich ein Skater sogar übergeben,
weil er so kaputt war.
Ali Khachab:Drei Minuten zu fahren, ist ei-
ne große körperliche Anforderung, wenn
man schwierige Tricks zeigen will.
Und dann gibt es nach jedem Trick Punkte
wie beim Turmspringen?
Pacel Khachab:Es fahren immer drei bis
fünf Skater gleichzeitig. Und nach den drei
Minuten wird jeder Skater bewertet. Es
gibt zwischen null und hundert Punkte.
Es starten die besten 20 Skateboarder –
jetzt noch einmal im Ernst: Ein Teilneh-
mer aus Libanon wäre eine Überra-
schung.
Pacel Khachab:Das wäre unfassbar.
Ali Khachab:Sollte uns das gelingen, dann
könnte man einen Kinofilm daraus dre-
hen. Es ist ja an sich eine Seltenheit, dass Li-
banon eine Medaille bei den Olympischen
Spielen gewinnt. Früher gab es das mal,
beim Gewichtheben. Oder beim Ringen.
Aber alleine unsere Qualifikation wäre ei-
ne Sensation. Es rechnet sicher keiner da-
mit, dass bei einem Trendsport wie Skate-
boarden Libanon am Start ist.
Es soll in Beirut vielleicht 100 Skater ge-
ben.Und das ist bei Weitem die größte Sze-
ne im Libanon. Ihr seid in München aufge-
wachsen. Warum wollt ihr trotzdem für
den Libanon an den Olympischen Spielen
teilnehmen?
Pacel Khachab:Ja, ich bin hier in München
groß geworden. Aber alle Sommerferien
haben wir im Libanon verbracht, haben
dort unsere Familie besucht. Auch der Liba-
non ist meine Heimat. Und ich will dort et-
was bewirken.
Das ehrt Sie. Aber brauchen die Kinder
dort nichts Dringlicheres als einen Skate-
Park?
Pacel Khachab:Natürlich. Aber ich kann ih-
nen halt das Skaten ermöglichen. Sobald
man auf einem Skateboard steht, vergisst
man alles darum herum. Und man lernt,
dass man Dinge erreichen kann, die man
vorher nicht für möglich hielt.
Ali Khachab:Kinder lernen beim Skaten,
ihre eigenen Grenzen zu überwinden. Das
ist wichtig.
Pacel Khachab:Und Skaten hat eine sehr
soziale Komponente. Jeder muss mindes-
tens einmal hinfallen, um einen Trick zu
lernen. Dazu braucht man eine große
Selbstdisziplin, aber irgendwann schafft
man es. Und wenn man dann diesen Trick
schafft, ist das ein großes Glücksgefühl.
Ali Khachab:Das ist besser als Sex.
Pacel Khachab:Na ja. Aber wenn man ei-
nen guten Trick steht, dann rastet man
schon aus.
Beirut ist für Sie eine der besten Städte
der Welt zum Skaten. Warum?
Ali Khachab:2017 waren wir dort im Ur-
laub und haben ein Video gedreht, um die
besten Skateboard-Spots zu zeigen. Über-
all gibt es dort Marmor, das ist für Skater
ideal.
Pacel Khachab:Die Spots wären wirklich
ideal. Das Problem ist nur, dass es die Stadt
nicht zulässt. Überall steht Security her-
um. Und will man skaten, wird man sofort
verjagt.
Ali Khachab:Als wir das Video drehten, ha-
ben sie uns sogar auf Motorrollern ver-
folgt, von einem Spot zum nächsten. Es ist
nicht so einfach dort.
Keine guten Bedingungen.
Pacel Khachab:Es gibt ein Kino in Down-
town. Da treffen sich die Skater. Es ist der
einzige Platz in Beirut, an dem Skaten ge-
duldet ist.
Aber in München ist das Skaten an vielen
Orten auch nicht geduldet. Da hält sich ja
auch kaum einer daran.
Pacel Khachab:In Beirut ist das alles
schon noch viel strenger. Da kann man nir-
gends lange skaten. Innerhalb von fünf Mi-
nuten wird man weggeschickt.
Ali Khachab:Aber das ist doch in München
genauso. Wenn ich hier an der BMW-Welt
Tricks an der schrägen Fassade mache,
kommt doch auch die Security und droht
mit der Polizei.
Gilt das generell für München?
Pacel Khachab:Das kann man schon so sa-
gen. Skaten ist auf allen Straßen, auf allen
Plätzen nicht gerne gesehen.
Warum?
Pacel Khachab:Es ist zu laut. Es geht zu
viel kaputt. Aber im Ernst: Dass wir die
Straße für uns interpretieren, wie es nicht
vorgesehen ist, das passt der Stadt nicht. Ei-
ne Bank ist zum Sitzen da. Und ein Brun-
nen ist ein Brunnen. Das kann man nicht
so einfach mit dem Skateboard zweckent-
fremden.
Zurück in den Libanon. Was würde sich
dort verändern, wenn Sie wirklich bei den
Olympischen Spielen teilnehmen wer-
den?
Pacel Khachab:Skaten würde dann sicher-
lich als Sport ernstgenommen werden,
was bislang nicht der Fall ist. Wir könnten
ein Bewusstsein für Skater schaffen. Wir
können das Skateboarden etablieren. Aber
das schaffen wir bestimmt nicht an einem
Tag.
Ali Khachab:Wir schaffen das auch nicht
allein. Aber wir haben vom libanesischen
Olympischen Komitee schon Hilfe zuge-
sagt bekommen.
Es wäre schon eine Sensation, wenn Liba-
non einen Skater bei den Olympischen
Spielen hätte. Sie treten aber zu zweit bei
der Qualifikation an.
Pacel Khachab:Bei uns gibt es keine Kon-
kurrenz. Wir sind ein Team. Wenn es einer
schafft, ist das super. Wenn nicht, ist das
auch egal. Wir haben es wenigsten ver-
sucht.
Ali Khachab:Und dann versuchen wir es
2024 wieder.
Aber selbst wenn die Qualifikation nicht
klappt,ist es gute Werbung für Ihre Skate-
Schule.
Pacel Khachab:Es wäre eine Lüge, wenn
ich das jetzt verneinen würde. Aber wir ver-
markten das eher passiv. Wir wollen uns
nicht dadurch profilieren, dass wir uns für
die Olympischen Spiele qualifizieren wol-
len, sondern durch die Art, wie wir unter-
richten.
Wenn ein Skater
in seiner Freizeit
getestet wird, dann ist
Kiffen okay.
Aber bei einem Wettbewerb
wird das ganz
streng gehandhabt.“
Die Spots wären ideal.
Das Problem ist nur, dass
es die Stadt nicht zulässt.
Überall steht Security
herum. Und
will man skaten,
wird man sofort verjagt.“
Der Boden ist gut. Sagen die meisten
Skater. Asphalt, klar. Auch Marmor
gibt es einigen in der Stadt. Aber glück-
lich sind die geschätzt 5000 Skater, die
in München leben, trotzdem nicht.
5000 Skater, das ist schon eine große
Gruppierung – auch deswegen nimmt
sich längst die Münchner Stadtpolitik
dieses Trendsports an. Mehr als 30 Ska-
te-Parks gibt es mittlerweile in Mün-
chen, einige werden sogar von den
Sportlern gut angenommen, die Anla-
gen an der Theresienwiese, am Harras
und am Olympiapark gehören aktuell
zu den beliebtesten. Das Internet-Stadt-
portal muenchen.de schwärmt etwa,
dass „Skater in München voll auf ihre
Kosten kommen“. Auch gibt es mit dem
„Munich Mash“ Europas größtes Skate-
Festival.
Trotzdem hört man auch immer wie-
der Kritik. „Es gibt eine große Anzahl
an Skate-Parks in München, was mei-
ner Meinung nach auch mit der Ver-
drängung der Skater aus dem öffentli-
chen Raum zu tun hat“, sagt etwa Pacel
Khachab. Natürlich findet er es gut,
dass die Stadt München Skate-Parks er-
neuert beziehungsweise saniert. Die
Anlage im Olympiapark findet er ein ge-
lungenes Beispiel dafür – sonst würde
er dort ja auch nicht täglich fahren,
sonst hätte er ja hier nicht seine Skate-
Schule. Die andere Seite ist aber: Skater
sind an öffentlichen Plätzen nicht ger-
ne gesehen. Einst haben sich Skater et-
wa an der Schwanthalerhöhe getroffen,
am Georg-Freundorfer-Platz – bis sich
Anwohner beschwerten und das Ska-
ten dort verboten und mit Holzbänken
verhindert wurde. Im Arnulfpark wur-
den Sitzbänke mit Lehnen aufgerüstet,
damit Skateboarder sie nicht mehr als
Parcours benutzen können. Am Jo-
sephsplatz haben Nachbarn Pflanzkü-
bel um den Brunnen aufgestellt, um
Skater abzuhalten.
Die Anwohner sind genervt von dem
Krach, der unvermeidlich ist, wenn ei-
ne ganze Crew am Platz ihre Sprünge
übt. Die Stadt findet natürlich die Be-
schädigungen nicht toll. Und der Ska-
ter fühlt sich in seiner Freiheit unter-
drückt. Die Tricks übt er bis zur Perfek-
tion in einem der Skate-Parks, zeigen
will er sie dann auf der Straße. Das
sieht man dann auch auf all den Skate-
Videos, die in München gedreht wer-
den. Und so wird der Kampf um die
Stadt wohl weitergehen.
„Skaten als urbane Praxis“, heißt ei-
ne Diplomarbeit von Alexander Gropp,
verfasst 2010 an der LMU. Gropps Er-
kenntnis: Echtes Skaten findet auf der
Straße statt. Durch die Aneignung von
Flächen veränderten Skater den Raum,
den dann wiederum die Stadt modifizie-
re, um unerwünschte Skater zu brem-
sen. Und so sind sich dann auch Ali und
Pacel Khachab in ihrem Urteil einig:
„Im Vergleich mit anderen Städten ist
München keine gute Skate-Stadt.“
Barcelona sei eine ausgesprochen
spannende Stadt für Skater, sagt Pacel
Khachab. Gegenüber des Museu d’Art
Contemporani de Barcelona treffen
sich Skater zu jeder Tageszeit. Jede
Menge Treppen und Geländer gibt es in
der Stadt, Polizei und Einwohner reagie-
ren auf die Skater entspannt. In Berlin
locken an der Warschauer Straße Bän-
ke mit Metalloberfläche – als diese ab-
gebaut wurden, gab es Protest: Sie wur-
den wieder hingestellt. Zudem gibt es
in Berlin durch die Größe der Stadt vie-
le Skate-Spots. New York soll toll sein.
Und auch Beirut, sagen die Brüder Kha-
chab. Also theoretisch, denn dort ist
das Skaten noch weniger geduldet als
in München. michael bremmer
Kampf um die Straße
„Sollte esuns wirklich
gelingen, uns für die
Olympischen Spiele
zu qualifizieren, dann
könnte man einen
Kinofilm daraus drehen“,
sagt Ali Khachab (links).
Er und sein Bruder
Pacel (rechts) wollen
2020 in Tokio dabei sein,
wenn es dort zum ersten
Mal Medaillen fürs
Skateboardfahren gibt.
FOTOS: HANNES MAUTNER,
QUENTIN STROHMEIER
Ein Traum
aus Marmor
Pacel und Ali Khachab skaten jeden Tag
im Olympiapark. Sie wollen sich für die
Olympischen Spiele 2020 qualifizieren.
Beide besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft,
sie treten aber für ihr Heimatland Libanon an
R6 LEUTE – Samstag/Sonntag,31. August/1. September 2019, Nr. 201 DEFGH