12 Weltwoche Nr. 35.
Bild: Marco Zanoni (Lunax)
D
ie Anfrage gestaltete sich denkbar un-
kompliziert: «Sie wollen mich treffen?»,
fragte Oskar Freysinger am Telefon. «Kom-
men Sie zu mir nach Savièse. Wir machen das
à la valaisanne, mit Raclette und Fendant.»
Nun steht er im Wintergarten seines Hauses
oberhalb von Sion, beobachtet von Deko-Bud-
dhas und einer Katze, während er Käse auf die
Teller streicht. Neben ihm plätschert ein klei-
ner Brunnen, leise Klaviermusik durchweht
den halboffenen Raum, der in einen üppigen
Garten übergeht. In der Ecke hängt ein Blech-
schild: «Mr. Good Lookin’ is Cookin’!»
Freysinger, braungebrannt, hat Ferien auf
Korsika und im Südtirol hinter sich, trägt
Shorts und ein T-Shirt mit der Aufschrift «Stay
cool». Ja, genau, «ruhig bleiben» – gerade er,
der Erregungskünstler unter den Schweizer
Politikern, bekannt dafür, in Schlagzeilen zu
reden und in Versen zu sprechen.
Dass er sich als Zen-Buddhist neu erfunden
hätte, wäre gelogen. Freysinger, ehemaliger
Nationalrat, abgewählter Staatsrat, verant-
wortet den Nationalratswahlkampf der SVP in
der Romandie. Sein Ziel in einem Satz: die
Themen der Partei ins Gespräch bringen –
«koste es, was es wolle».
Tatsächlich ist die SVP in der französischen
Schweiz weniger profiliert als in der Deutsch-
schweiz, was schon ihr Name erahnen lässt:
Union démocratique du centre, kurz UDC. Das
klingt nach Konsensstreben, nach Mitte und
Mass, während die SVP ihren Aufstieg zur
wählerstärksten Partei des Landes mit einem
kompromisslosen Rechtskurs vollzog.
Schlüsselt man die Wähleranteile nach
Sprachregionen auf, zeigt sich der Unter-
schied: 32,9 Prozent in der Deutschschweiz ge-
genüber 20,8 Prozent in der Romandie. Das
reicht dort nur für Platz drei, hinter FDP und
SP. Etabliert hat sich die SVP in der französi-
schen Schweiz trotzdem, spätestens seit sie
mit Guy Parmelin einen frankophonen Bun-
desrat stellt.
Zurück zu den Wurzeln
Kann ein solcher Bundesratssitz im Wahl-
kampf eine Hilfe sein?
«Hör mir auf mit dem Parmelin-Effekt!»,
sagt Freysinger, der inzwischen zum Du ge-
wechselt hat («Wir kennen im Wallis keine
Höflichkeitsform»). «Ein Bundesrat bringt
parteipolitisch nie etwas, mit Ausnahme von
Blocher, aber der wurde abgewählt, eben weil
er etwas brachte.»
Worauf kommt es im Wahlkampf an?
«Dass man dem Gegner seine Themen auf-
drängen kann.»
Wie macht man das?
«Indem man lospfeffert.»
Kopf der Woche
Der ehrenamtliche Berater
Von Erik Ebneter _ Abgewählt als Walliser Staatsrat, will Oskar Freysinger für die SVP
die Romandie erobern. Das berüchtigte Wurmplakat übersetzte er in ironischem Ton ins Französische.
Um seine Partei ins Gespräch zu bringen, ist ihm fast jedes Mittel recht.
«Indem man lospfeffert»: SVP-Politiker Freysinger.