von petra schneider
E
s gibt keine Mülleimer hier, keine
Toilette. Jeder soll seinen Müll bitte
wieder mitnehmen, mahnt ein
Schild auf dem Parkplatz an der Bundes-
straße 13 zwischen Bad Tölz und Leng-
gries. Das allerdings offensichtlich wenig
beachtet wird. Kaffeebecher, Papierfetzen,
verbeulte Dosen liegen wild verstreut am
Boden – mitten im Landschaftsschutzge-
biet. Vom Parkplatz schlängeln sich Pfade
zur Isar, vorbei an Wacholderstauden, auf
dem kargen Boden wachsen Klappertopf,
die blaue Flockenblume, Silberwurz. Die
Isar fließt ruhig in ihrem gewundenen
Bett, der Pegel liegt im Normalbereich. Es
ist ein sonniger Bilderbuchvormittag –
doch Boote sind trotzdem nicht zu sehen.
Kaspar Fischer findet das ein wenig un-
gewöhnlich. Denn eigentlich starten die
Bootstouren der Raftinganbieter um zehn
Uhr in Lenggries an der Bretonen- oder an
der Isarbrücke und sie müssten auf der
zwölf Kilometer langen Flussstrecke bis
Bad Tölz eigentlich langsam auf Höhe Bi-
bermühle ankommen. Aber es sei eben ru-
higer geworden auf dem Fluss, sagt der
Isarranger. Seit Mitte April ist die Verord-
nung in Kraft, die das Landratsamt Bad
Tölz-Wolfratshausen erlassen hat, um den
Bootsbetrieb auf der Isar, der in den ver-
gangenen Jahren aus dem Ruder gelaufen
ist, wieder in den Griff zu bekommen. Sie
gilt vom Sylvensteinsee bis zur Landkreis-
grenze unterhalb von Schäftlarn.
Die Befahrung wurde zeitlich und jah-
reszeitlich begrenzt, Kinder unter zwölf
Jahren müssen Schwimmwesten tragen.
Glasflaschen sind nicht erlaubt, und es gilt
eine Alkoholgrenze von 0,5 Promille für
Bootfahrer. Gumpenspringen und das Be-
treten von Kiesinseln ist verboten, Tonträ-
ger und Lautsprecher ebenso. Anrainerge-
meinden und der Lenggrieser Verein „Ret-
tet die Isar“ begrüßen die Verordnung.
Wassersportler, wie der Deutsche Touring-
Kajak-Club sehen sich dagegen zu Unrecht
an den Pranger gestellt und kritisieren,
dass die Regelungen am eigentlichen Ziel
vorbeigehen, weil der „Partybetrieb“ da-
durch nicht eingedämmt werde.
Ranger Fischer dagegen erkennt durch-
aus positive Effekte. Am meisten habe das
Verbot während der Brut- und Laichzeiten
gebracht, sagt der 46-Jährige. Denn laut
Verordnung ist das Befahren der Isar nun
nur noch zwischen 1. Juni und 15. Oktober
erlaubt, ab Bad Tölz bis Schäftlarn bis 31.
Dezember. Für die Raftinganbieter habe
sich die Saison dadurch verkürzt. „Das Os-
tergeschäft ist weggefallen“, sagt Fischer.
Außerdem müssen kommerzielle Anbieter
Boote genehmigen lassen und mit Num-
mern versehen. Das macht den Rangern
die Kontrollen leichter. Vorher war das an-
ders: „Wenn die Nachfrage da war, haben
die einfach zusätzliche Boote gekauft.“ Die
Nachfrage war da und ist immer weiter ge-
stiegen. Zum Teil seien Kolonnen mit 30
Booten die Isar hinunter geschippert, und
zwar mit Getöse.
„Wenn die gekommen sind, haben wir
das bei uns in Gaißach gehört“, sagt Fi-
scher, der dort eine Landwirtschaft be-
treibt und seit 2013 als Ranger im Einsatz
ist. Wie „die Ameisen“ seien die Leute in
Lenggries aus den Bussen ausgeschwärmt
und von Raftingagenturen in Boote ver-
frachtet worden, praktisch bei jedem Wet-
ter. 90 Prozent des Bootsverkehrs machen
im südlichen Landkreis zwischen Sylvenst-
einsee und Bad Tölz kommerzielle Anbie-
ter aus, schätzt er. Kanuten oder private
Schlauchbootfahrer stellten in diesem Isa-
rabschnitt dagegen nur einen kleinen An-
teil; denn die Logistik sei schwierig, „wenn
man in Tölz an der Isarbrücke landet und
das Auto in Lenggries steht“.
Im Nordlandkreis im Bereich Icking sei
das Verhältnis umgekehrt, weil Schlauch-
bootfahrer für ihren Isar-Ausflug die
S-Bahn nutzen könnten. Mit den gewerbli-
chen Anbietern hat Fischer so seine Proble-
me. „Sie vermarkten etwas, das der Allge-
meinheit gehört“, sagt er. Nutzten Parkplät-
ze und Infrastruktur, „und der Fluss muss
die Zeche zahlen“. Christian Kinzler, Ge-
schäftsführer der Raftingagentur „Sport-
Piraten“, will sich nicht in die Rolle des Buh-
Manns drängen lassen. Er sehe sich mit
Rangern, Umweltverbänden und Landrats-
amt in einem Boot, betont er. „Wir wollen
alle eine Verbesserung der Situation an der
Isar.“ Seine Raftingagentur leiste einen Bei-
trag, weil mit den Gästen „Umweltbil-
dung“ betrieben werde. Man halte sich
streng an die Verordnung, die Kinzler nicht
in Frage stellt. „Sie war absehbar und nö-
tig.“ Obwohl die jahreszeitliche Beschrän-
kung für sein Unternehmen „wirtschaft-
lich einen großen Einbruch“ bedeute.
Im Naturschutzgebiet Obere Isar, die als
einziges Gewässer in Bayern noch den Cha-
rakter eines alpinen Wildflusses hat, sind
gewerbliche Bootsfahrten verboten, im
Landschaftsschutzgebiet zwischen Syl-
vensteinsee und Bad Tölz sei das „schwam-
miger“, sagt Fischer. Für die Isarranger be-
deute die Verordnung eine Erleichterung.
„Denn jetzt können wir Verstöße auch ahn-
den.“ Bis zu 5000 Euro werden fällig, wenn
vorsätzlich oder fahrlässig Regeln nicht
eingehalten werden. Das Landratsamt hat
die Rangerstellen auf elf aufgestockt, ver-
stärkte Kontrollen sind seitdem möglich.
Noch ist die Isarverordnung in der Erpro-
bungsphase; nach zwei Jahren wird Bilanz
gezogen. Aktuell lautet der Auftrag für die
Isarranger, die während des Sommerhalb-
jahrs in Teilzeit angestellt sind: „Aufklären
und beobachten“.
Bisher habe er noch keine Verstöße
beim Landratsamt gemeldet, sagt Fischer.
Vielen sei gar nicht bewusst, dass sie etwas
falsch machen, etwa wenn sie auf Kiesin-
seln landen und brütende Vögel stören.
Wenn er ihnen die Hintergründe erkläre,
zeigten sich die Leute einsichtig. An die Ein-
haltung der zeitlichen Begrenzung hätten
sich alle gehalten. „Ich habe keinen beob-
achtet, der vor dem 1. Juni gefahren ist.“
Fischer ist an und mit der Isar aufge-
wachsen, hat beobachtet, wie sich der
Fluss verändert hat. Und das habe beileibe
nicht nur mit den Bootsfahrern zu tun. Das
ist ihm wichtig, dass man „niemand verteu-
feln oder aussperren will“. Das sei auch gar
nicht möglich, denn in einem Landschafts-
schutzgebiet gilt laut Bayerischem Natur-
schutzgesetz grundsätzlich ein Betretungs-
recht. Der enorme Freizeitdruck, „abartige
Müllberge“ am Isarufer, die vielen Boote
seien auch nur ein Teil der Probleme, die
dem komplexen Ökosystem Isar zusetz-
ten. Fischer wünscht sich, dass die Leute
mehr lernen über die Zusammenhänge am
Fluss, der für ihn „Heimat“ sei: Fehlendes
Geschiebe, mit der Folge, dass der Lebens-
raum für die seltene Tamariske schwindet.
Die Ableitung des Rißbachs, der an rund
300 Tagen trocken fällt, damit im Walchen-
seekraftwerk Ökostrom erzeugt werden
kann. Die Eintiefung der Isar um vier Me-
ter, seit im Jahr 1959 der Sylvensteinspei-
cher zum Schutz vor Hochwasser fertigge-
stellt wurde. Das habe die Fließgeschwin-
digkeit der Isar erhöht, mit der Folge, dass
Nebenarmen mit ihren reichen Biotopen
buchstäblich das Wasser abgegraben wird.
Das Wasserwirtschaftsamt Weilheim
hat in den vergangenen Jahren viele Rena-
turierungsmaßnahmen umgesetzt, um die
Dynamik des Flusses und die Lebensräu-
me für Fische zu verbessern, weil es Arten
wie die Barbe oder den Huchen in der Isar
praktisch nicht mehr gebe. Auch Weidepro-
jekte gehören dazu, damit die Uferberei-
che nicht verbuschen und Wildblumen ei-
ne Chance haben. Neulich hätten die einge-
setzten Ziegen einen unerwarteten Fund
freigelegt, sagt Fischer und schmunzelt: ei-
ne kleine Marihuana-Plantage, „mitten ne-
ben dem Radlweg nach Lenggries“. Boot ge-
fahren ist er übrigens noch nie auf der Isar.
„Nur in ihr geschwommen.“
„Der Fluss muss
die Zeche zahlen“
Schlauchboote und Müll: An der Isar
kollidieren Naturschutz und Freizeitspaß –
unterwegs mit einem Ranger
Wer beim Stichwort „Fermentation“ an
Sauerkraut denkt, liegt sicher nicht falsch,
aber damit ist dieser neue Gastro-Trend
noch nicht ausreichend gewürdigt. Das
weltberühmte Restaurant Noma in Kopen-
hagen ist auf diesem Gebiet ganz groß; im
Münchner Verlag Antje Kunstmann hat
dessen Chefkoch René Redzepi gerade ein
Standardwerk mit dem Titel „Das Noma-
Handbuch Fermentation“ herausgebracht
(456 Seiten, 40Euro). Da ist es wohl kein Zu-
fall, dass Florian August, einer der Betrei-
ber des Ella im Lenbachhaus, sein neues
italienisches RestaurantMonanennt, was
ja fast wie Noma klingt, oder? Das Mona be-
findet sich im Hilton-Hotel an der Rosen-
heimer Straße15, und August setzt dort
auf Gerichte, die oft mit Fermentation zu
tun haben. Er sagt aber: „Wir wollen Spezia-
litäten aus allen italienischen Regionen an-
bieten – von Mo wie Monaco wie München
bis Na wie Napoli.“ Auch gut. Fermentier-
tes gehöre aber ebenso zum kulinarischen
Konzept wie Barbecue, sagt August, in Itali-
en habe man immer schon gerne Gemüse
fermentiert, um es haltbar zu machen:
„Man denke nur an die berühmten Salz-Zi-
tronen!“ Die eingelegten Früchte und Ge-
müsesorten sind im Lokal übrigens auch
Teil der Dekoration und finden sich in be-
leuchteten Gläsern an den Wänden(Mona
im Hilton City, Rosenheimer Straße 15, täg-
lich 11.30-23 Uhr, Telefon 44 24 95 00,
http://www.mona-restaurant.de).
Seit zwei Jahren arbeitet der ehemalige
Tantris-SommelierJustin Leonedaran,
seinen Traum vom eigenen Restaurant
Bottles & Boneszu verwirklichen. Seit Juli
bietet er an manchen Sonntagen einen Vor-
geschmack im Café M des Hotels Andaz
am Schwabinger Tor (direkt an der gleich-
namigen Trambahnhaltestelle), mit ameri-
kanischem Barbecue und besten Weinen.
Die nächsten Termine sind am 18. und
25.August, jeweils um 20 Uhr, anmelden
kann man sich über die Facebookseite von
Bottles & Bones. franz kotteder
Mit einer strengeren Verordnung will der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen den ausufernden
Bootsverkehr auf der Isarin den Griff bekommen. Das trifft vor allem gewerbliche Tour-Anbieter
Empfehlungen für Freitag
Die Veranstaltung Vinyl Sundowner
läutet ein letztes Mal das Wochenende am
Kulturstrand am Vater-Rhein-Brunnen
ein. Von 17 bis 23 Uhr legen hier DJs ihre
Lieblingsplatten auf. Noch bis Samstag hat
der Strand mit seinen Ständen, an denen
es Drinks, Sandwiches, Waffeln und
Crêpes gibt, geöffnet. Dann steht die Sanie-
rung der Ludwigsbrücke an und der Kultur-
strand muss umziehen. Wohin, ist noch
nicht entschieden.
Einmal im Jahr verwandelt sich derHaus-
ler-Hofam Garchinger Weg 72 in Hallberg-
moos in eine eindrucksvolle Kulisse für
dasIndianer und Trapper Festival.Von
Freitag bis Sonntag sehen die Besucher
hier Tipi-Zelte, Azteken, Greifvögel und
Pferde – und erleben eine ganz andere
Welt. Hier können sie Bogenschießen, Holz-
schnitzen und sich von der Country-Musik
treiben lassen. Die Eintrittspreise liegen
zwischen sieben und zehn Euro, ein Drei-
Tages-Ticket kostet 20 Euro. Weitere Infos
unter http://www.itf-munich.com.
Die TragödieRomeo und Juliaist das
wohl berühmteste Stück von William
Shakespeare. Am Freitag und Samstag je-
weils von 20 Uhr an führen die Schauspie-
ler des Ensembles Persona das Werk im
Rahmen desKultur-Open-Airsim Innen-
hof von Schloss Nymphenburg auf. Bei
schlechtem Wetter wird die Aufführung in
den Hubertussaal verlegt. Tickets gibt es
unter http://www.muenchenticket.de; sie kosten
etwa zwischen 30 und 50 Euro.
Für Samstag
Im Glockenbachviertel steigt wieder das
Hans-Sachs-Straßenfest. Zum ersten
Mal fand es 1991 statt, damals veranstalte-
te das Münchner Schwulenzentrum Sub
die Feier zu seinem fünften Geburtstag.
Los geht es um 13 Uhr. Zwischen Wester-
mühl- und Müllerstraße gibt es Gastrostän-
de und Partymusik. Der Eintritt ist frei.
Freie Fahrt können Radler während der
zehntenMünchner Radlnachtgenießen.
Die circa 17,5 Kilometer lange Rundfahrt
durch die Münchner Innenstadt startet ge-
gen 20.30 Uhr am Königsplatz, das Rah-
menprogramm beginnt bereits um 17 Uhr.
Die Teilnahme ist kostenlos.
Im Rahmen derSommernächte im Künst-
lerhaustreten die Tänzerin Gisa Michelón
und Flamencosängerin Estela Sanz Postgu-
illo auf. Begleitet werden sie von den Musi-
kern Guillermo Guillén und Alex Carrasco.
Die Auftritte finden diesen Freitag und
Samstag jeweils um 19.30 Uhr statt. Ti-
ckets für 22 Euro gibt es unter http://www.kuenst-
lerhaus-muc.de.
Für Sonntag
Noch bis zum 18. August gibt es samstags
und sonntags zwischen 10 und 14 Uhr den
Waldmeister-Brunchauf der neuen Insel
imOlympiasee– Saluti da Capri. Direkt
am Wasser kann man unter bunten Wim-
peln und Lichterketten die italienische At-
mosphäre genießen. Die Pop-Up-Strand-
bar ist täglich von 10 bis 1 Uhr geöffnet.
Im August gibt es zwei Wochen lang fast
täglich Open-Air-Konzerte imBrunnen-
hof der Residenz. Am Sonntag erweckt
die BandEchoesdie Musik von Pink Floyd
zum Leben und bringt den Psychedelic-
Progressive-Rock-Sound der Briten auf
die Bühne. Tickets ab circa 34 Euro.
Kostenlosen Blues gibt es auf demRot-
kreuzplatz. Von 14 Uhr an spielen verschie-
dene Bands auf demBluesfest. Mit dabei
sind Black Patti, The Sonic Brewery, The
Donnelly Connection und Dr. Will & The
Wizards. Bei schlechtem Wetter wird das
Fest auf Sonntag, 18. August, verschoben.
Weitere Infos unter http://www.hideout-muen-
chen.de. paulina schmidt
Weitere Infos und Links zu den Veranstaltungen
gibt es im Internet unter sz.de/tipps.
SCHÖNES WOCHENENDE
LOKALRUNDE
Von Monaco bis Napoli
InHallbergmoos ist am Hausler-Hof Indianer und Trapper Festival. FOTO: PRIVAT
Bisher hat Kaspar Fischer
keine Verstöße beim
Landratsamt gemeldet
Mona heißt das neue italienische Lokal
im Hotel City Hilton an der Rosenheimer
Straße. FOTO: ALESSANDRA SCHELLNEGGER
FREIZEITTIPPS
Kultur und Feste unter freiem Himmel
Kommerzielle Anbieter müssen
Boote genehmigen lassen
und mit Nummern versehen
In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Schlauchbootfahrer
auf der Isar immer weiter zugenommen. Ranger
Kaspar Fischer freut sich deshalb über die neue Verordnung
mit strengeren Regeln.FOTOS: MANFRED NEUBAUER, CLAUS SCHUNK
R2 – (^) FREIZEIT Freitag,9. August 2019, Nr. 183 DEFGH