Die Welt - 12.08.2019

(vip2019) #1
Ausflug nach Rom fort, wo er als Italo-
Western-Star reüssiert.
Die Frau, die er von dort mitbringt,
ist ebenso zur Knallchargin verdammt
wie Bruce Lee, der einen kleinen, mie-
sen Auftritt hat. Der Film macht sich
derart sorglos über ihn lustig, dass Lees
Tochter sich beschwerte. Das Anden-
ken ihres Vaters verdiene Besseres, als
pubertär durch den Chai Latte gezogen
zu werden. Mike Moh, der Lee spielt,
beteuerte, er habe den Eindruck ge-

wonnen, dass Tarantino die Kung-Fu-
Legende verehre. Und tatsächlich war
Uma Thurmans gelb-schwarze Tracht
in „Kill Bill“ eine sartoriale Hommage
an Lee, der in seinem letzten Film „Ga-
me of Death“ 1978 den gleichen
Strampler getragen hatte. Dennoch ist
Bruce Lee in „Once Upon a Time ... in
Hollywood“ ein armes Würstchen mit
großer Klappe, das sich von Brad Pitt
die verdienten Prügel abholt. Wird Ras-
sismus dadurch besser, dass man ihn
parodistisch aufbläst? Tarantino
scheint das zu glauben.
Ähnliches gilt für die Szene am
Schluss, die man als symbolische Rache
an den Hippies lesen kann, die das
schöne alte Hollywood kaputt gemacht
haben. Da bricht in diesem sanftmüti-
gen Film mit einem Mal die alte Gewalt
durch, die als Tarantinos Unterschrift
gilt. Meint er, sein Bild in letzter Minu-
te signieren zu müssen? Findet er,
Frauenköpfe zu Brei schlagen ist okay,
wenn man die Geschichte damit melan-
cholisch-ironisch korrigiert?
Es gibt mindestens einen weiteren
Anprall von Wirklichkeit, Politik und
realem Leid auf die sorglose Privat-Äs-
thetik des Künstlers. Die Tierschutzor-

R


echtfertigt Nostalgie Ras-
sismus? Detailfreude Tier-
quälerei? Ein Sinn für poeti-
sche Gerechtigkeit exzessi-
ve Gewalt gegen Frauen?
Das sind so Fragen, die in der lauen
Luft liegen, die sanft über die Hügel
von Hollywood weht, fast drei Stunden
lang, solange Quentin Tarantinos neun-
ter Film „Once Upon a Time ... in Hol-
lywood“ eben dauert. Zwei weiße Män-
ner, Typ Sympathieträger für Fortge-
schrittene, ein abgehalfterter, saufen-
der B-Liga-Schauspieler und sein unter-
beschäftigter Stuntman, driften durch
zweieinhalb Tage Los Angeles, Anfang
und Mitte 1969. Am Ende, das kann
man verraten, weil es kein Spoiler ist,
sondern bloß die Gabelung, an der Ta-
rantinos Film anders abbiegt als die
Wirklichkeit, passieren die Manson-
Morde.

VON JAN KÜVELER

Nach Joan Didion, der erprobtesten
Chronistin kalifornischer Befindlich-
keiten, endeten mit dieser Nacht der
Messer die Sechzigerjahre. Das promi-
nenteste Opfer hieß Sharon Tate,
sechsundzwanzigjährige, hochschwan-
gere Ehefrau von Roman Polanski, dank
„Rosemary’s Baby“ gerade hottester
Regie-Shit in Town. Ein paar Meilen
weiter unten, in Pacific Palisades, hatte
Adorno keine zwanzig Jahren zuvor die
„Dialektik der Aufklärung“ geschrie-
ben. Der Philosoph war drei Tage tot,
als am 9. August 1969 schockartig klar
wurde, dass auch die Hippie-Bewegung
ihre finstere Schattenseite hatte.
„Ihr habt uns das Töten beigebracht,
und nun töten wir euch.“ In diesem Satz
knallen der verquere Totalitarismus von
links, dem die Manson-Jünger/-innen
huldigen, und das konservative Filmge-
schäft aneinander. Natürlich machen
sich die mordlustigen Teenager, die da
mit ihrem kaputten Auspuff durchs Vil-
lenviertel tuckern, bloß was vor. Um ihr
eigenes Gefühl von Unzulänglichkeit zu
rechtfertigen, projizieren sie den
Selbsthass ins Außen.
Aber, und das ist Tarantinos Punkt,
wo ist der Unterschied zu all den geld-
geilen, kunstfernen Studiobossen und
ihren deprimierten Erfüllungsgehilfen
da oben in Beverly Hills? Engel gibt es
in beiden Varianten, denen im Himmel
und den gefallenen. Und Los Angeles
ist grundsätzlich und überall eine Stadt
der Projektionen, vom Cielo Drive, wo
die Polanskis residieren, bis zur Spahn
Ranch, wo sich die Manson-Clique ein-
quartiert hat, einer abgetakelten Kulis-
se von Western-Filmen wie jenen, in
denen DiCaprios Rick Dalton mitge-
spielt hat. Dazwischen, Tarantino zeigt
es obsessiv, liegen tausend Kinos, alle
für die Dreharbeiten liebevoll restau-

riert, ein endloser Boulevard zerbro-
chener Träume.
Oft scheint Robert Richardsons Ka-
mera von Ernst Lubitschs Diktum gelei-
tet, wer die Berge, das Wasser und die
Vegetation filmen könne, der könne
auch den Menschen filmen. Von ganz
weit oben sehen wir weniger einer
Handlung zu als einem Ort und einer
Zeit. Über Rick Dalton ist die Zeit schon
fast hinweggegangen; er liegt in ihrem
Staub und fällt beim Versuch, sich auf-

zurappeln, immer wieder hin. Die Man-
son-Jungs und -Mädchen werden die
nächsten Opfer der grausam gleichgül-
tigen Zeit sein, in effigie hingemäht aus-
gerechnet von ihren Vorgängern im Sta-
tus der Gestrigen, per Flammenwerfer
und Wählscheibentelefon, adäquat bi-
zarre Waffen, die vage auf mythischen
Opfertod wie moderne Kommunikation
verweisen, auf Nazi-Exploitation wie
auf Konfusionskomödien à la „Pink
Panther“ oder „Pulp Fiction“.
Der Regisseur ist hier ganz bei sich
selbst, es war einmal in Tarantinoland.
Rick Daltons Filmografie zieht in
Schnipseln vorüber, in kleinen einge-
schnittenen Trailern, wie damals im
Midnight-Double-Feature „Grindhou-
se: Death Proof / Planet Terror“, wo
schon einmal Stuntleute die Hauptrolle
spielten und es einen Vorgeschmack
auf „Inglourious Basterds“ gab. In einer
besonders B-movie-mäßigen Sequenz
darf nun DiCaprio Nazis wegbrennen.
Den Flammenwerfer hebt er zur Erin-
nerung auf in seinem Schuppen am Cie-
lo Drive – Sinnbild für Tarantinos Um-
gang mit dem eigenen Werk. Der
Schneewestern „The Hateful Eight“
lebt in Spurenelementen in Daltons

ganisation Peta beschwerte sich über
den Auftritt eines kupierten Pitbulls –
der übrigens so eindrücklich ist, dass das
Tier namens Brandy mit einem Palm
Dog Wamiz prämiert wurde, dem Preis
in Cannes für die beste filmische Leis-
tung eines Hundes. Der Züchter, von
dem Brandy stamme, ließ Peta verlauten,
sei für die brutale Zurichtung seiner Tie-
re bekannt. Dazu gehöre die Verstümme-
lung von Ohren und Schwanz. Implizit
verherrliche der Film diese Praxis.
Zuletzt Sharon Tate: Tarantino in-
szeniert Margot Robbie als treuseliges
Dummchen mit einer Vorliebe für effe-
minierte Männer (noch dazu Polen),
wie Steve McQueen (Damian Lewis) in
einer Szene in der legendären Playboy
Mansion von Hugh Hefner abfällig be-
merkt. Sie tanzt, macht große Augen,
ist von sich selbst gerührt, wenn sie ih-
rem Spiel im Kino zusieht, und agiert
grundsätzlich als feuchter Traum eines
Fußfetischisten. Tarantinos Liebe zu
ihr ist nicht zu übersehen. Er schwelgt
in seinem „male gaze“, dem zudringlich
männlichen Blick, wie ihn die feministi-
sche Filmkritik seit ziemlich genau je-
ner Zeit kritisiert, in der „Once Upon a
Time ... in Hollywood“ spielt.
Wie der betrunkene Rick Dalton
schwankt der Film auf dem schmalen
Grat zwischen Selbstironie und Selbst-
mitleid. Tarantino weiß, dass nichts
wiederkommt, was einmal war, nicht
die schweigsame Coolness von Brad
Pitt, dem wahren Helden und Mittel-
punkt von „Once Upon a Time ... in
Hollywood“, nicht die weder durch
Frauen noch durch Mexikaner oder Ju-
den zu erschütternde Bromance zwi-
schen DiCaprio und Pitt, nicht die Li-
zenz zum überkandideltsten Over-
acting, womit DiCaprio als Rick Dalton
seinen Spaß hat. In einem Wort: das al-
te rassistische, männerbündlerische,
romantische, glamouröse, verqualmte,
versoffene und vervögelte Hollywood.
Gerade deshalb setzt ihm Tarantino,
der gerade noch so darin aufgewachsen
ist, dass er seine eigenen Träume auf
die letzten Kulissen projizieren konnte,
gegen die schon die Bagger anrückten,
ein knapp dreistündiges Denkmal –
weil er es kann.
Und das ist die entscheidende Frage:
Kann man dieses Universum unabhän-
gig von seinen politischen Implikatio-
nen bewundern, wie ein in Bernstein
eingeschlossenes Insekt? Wer das mit
Ja beantwortet, wird Zeuge eines auf
kleiner Flamme köchelnden Meister-
werks, einer fantastischen Geisterbe-
schwörung, einer gefühlvollen Vernei-
gung vor den Schauspielern wie vor den
Figuren, die sie spielen, einer vor Ideen
und Farben und Gefühlen sprühenden
Brillanz, wie sie selten im Kino zu erle-
ben ist. Wer dazu nicht willens oder in
der Lage ist, wird den Film hassen.

Mit Brad Pitt (l.) und Leonardo DiCaprio beschwört Quentin Tarantino noch einmal das rassistische, männerbündlerische, glamouröse, verqualmte Hollywood herauf

SONY PICTURES

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12.08.19 Montag, 12. August 2019DWBE-HP


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KINO

Trump: Liberales
Hollywood rassistisch

Das Filmstudio Universal hat nach
den jüngsten Schusswaffenangriffen
mit zahlreichen Toten den Kinostart
von „The Hunt“ , einer extrem bru-
talen Sozialsatire, in den USA abge-
sagt. „Wir verstehen, dass jetzt
nicht die richtige Zeit ist, um diesen
Film herauszubringen“, erklärte das
Studio. Der Film mit Oscar-Preis-
trägerin Hilary Swank in einer der
Hauptrollen sollte Ende September
in den USA in die Kinos kommen. In
ihm geht es um die tiefen Gräben
zwischen den sozialen Schichten in
den Vereinigten Staaten. Die Satire
zeigt reiche Bürger, die aus purem
Klassendünkel in ländlichen Ge-
bieten mit Schusswaffen auf die
Jagd nach Menschen aus armen
Schichten gehen. Der amerikanische
Präsident Donald Trump schloss
sich der Kritik an. Ohne „The Hunt“
beim Namen zu nennen schrieb er
bei Twitter, ein neuer Film zeige,
dass „das liberale Hollywood im
höchsten Maße rassistisch“ sei.

KUNST

Fotografin Nancy
Reddin Kienholz tot

Die US-amerikanische Fotografin,
Objektkünstlerin und Kon-
zeptkünstlerin Nancy Reddin Kien-
holz ist im Alter von 75 Jahren ge-
storben. Mit ihrem Ehemann Ed-
ward arbeitete Kienholz von 1972 an
als Künstlerpaar zusammen. Ihr
Anteil an der gemeinsamen Arbeit
wurde zunächst nicht bekannt ge-
macht. Erst 1981 erklärte Edward
Kienholz, dass die ihm zugeschrie-
benen Arbeiten schon seit 1972 Ge-
meinschaftswerke waren. Die bei-
den gelten als zwei der führenden
neodadaistischen Künstler. Ab dem
Jahr 1973 lebte und arbeitete Nancy
Kienholz abwechselnd in Deutsch-
land und in den USA. Nancy Kien-
holz arbeitete mit ihrem Ehemann
bis zu dessen Tod im Jahr 1994 zu-
sammen und inszenierte noch seine
Beerdigungszeremonie als künst-
lerischen Akt.

KLASSIK

Mädchen will sich
in Knabenchor klagen

Die Mutter eines neunjährigen Mäd-
chens versucht, ihre Tochter in den
bisher nur von Jungen besetzten
Staats- und Domchor von Berlin zu
klagen. Das Kind war nach einem
Vorsingen im März abgelehnt wor-
den. Diese Ablehnung verletzt aus
Sicht der Mutter die Verpflichtung
des Chors zur Aufnahme. Der Chor
wehrte sich gegen den Vorwurf, das
Geschlecht sei Grund der Ableh-
nung gewesen. Die Neunjährige, so
der Chor, wäre aufgenommen wor-
den, wenn sich die Auswahlkommis-
sion von außergewöhnlicher Be-
gabung, hoher Leistungsmotivation
und entsprechender Kooperations-
bereitschaft der Erziehungsberech-
tigten hätte überzeugen können und
wenn die Stimme dem angestrebten
Klangbild eines Knabenchores ent-
sprochen hätte. Der Fall wird am
Freitag vor dem Verwaltungsgericht
in Berlin verhandelt.

KULTSERIE

„Baywatch“ wird
zum Dokumentarfilm

Die TV-Serie „Baywatch“, die in den
1990er-Jahren weltweit Millionen
Menschen vor den Fernseher lockte,
ist Stoff für einen geplanten Doku-
mentarfilm. Die Regisseure Mat-
thew Felker und Brian Corso haben
für „Baywatch: The Documentary“
frühere Stars wie David Hasselhoff,
Nicole Eggert, David Chokachi und
Alexandra Paul für Interviews ge-
winnen können. Die Doku soll hin-
ter die Kulissen der Kultserie schau-
en. „Wir wollen den Zuschauern
zeigen, wie sie ein ganzes Jahrzehnt
prägte“, sagte Felker.

KOMPAKT


A


ndras Schiff und die Schubertia-
de – das war eine durchaus le-
gendäre Arbeitsbeziehung, da
schien seit fast vierzig Jahren kein Blatt
Notenpapier dazwischen zu liegen.
Aber nun ist die Partitur zerrissen, das
Tischtuch zerschnitten. Der Grund:
Steinway. Und zwei impulsive Naturen.
Gerhard Nachbauer, der das vorbild-
liche Lied- und Kammermusikfestival
im vorarlberger Schwarzenbergund in
Hohenems gegründet hat und es ohne
Subventionen führt, ist ein rechter loka-
ler Dickschädel. Schon einmal hat er
sich mit Christian Gerhaheröffentlich
gekracht – und inzwischen wieder ver-
tragen.
Sir András SchiffSir András SchiffSir András Schiff, ungarischer Kla-, ungarischer Kla-
viergrande mit einem gewissen Hang zu
Überheblichkeit und bisweilen auch
zum Manierismus, ist aber auch nicht
ohne. Zumal der Tastenstar ziemlich
klare Vorstellungen hat, worauf er gern
seine kostbaren Fingerchen legt und die
Hämmerchen zum Erklingen bringt.
Manchmal tut er es auf einem Stein-
way, Schubert spielt er aber nur auf ei-
nem Modell der Wiener Klavierbauer-
firma Bösendorfer,dem weicheren, me-
lancholischeren Tobbild wegen. Seine
Fans freilich müssen stark sein. Denn
seit einigen Jahren produziert sich der
seit 2014 von Queen Elizabeth geadelte
Sir András immer wieder auch am Ham-
merflügel.
Und da zuckt so mancher Feingeist
auf, wenn es das erste Mal ziemlich ble-
chern Pling macht, so wie auch auf sei-
ner jüngsten ECM-CDmit späten Schu-
bertwerken. Es ist ein sehr magerer
Ton, den er hier anschlägt, die Farben
haben kein großes Spektrum, als ble-
chernes Gezirpe mag das so manchem
anmuten. Zumal unter den eher konser-
vativeren Naturen des nicht eben ju-
gendfrischen Schubertiade-Publikums.
Doch Schiff schimpfte wohl auch in
einem Meisterkurs der Schubertiade
immer stärker über den örtlichen Stein-
way. Ein niederländischer Kritiker
machte das öffentlich. Auch viele der
Besucher dort mögen sich mit Schiffs
wohl anfechtbaren Instrumentenent-
scheidungen nicht anfreunden.
Und wie die Widder auf der Weide, so
ging man aufeinander los. Mails und An-
schuldigungen folgten. Nachbauer teilte
schließlich den Abonnenten mit, dass
Schiff – obwohl das Programm schon
stand – im kommenden Jahr und über-
haupt nicht mehr in Schwarzenberg auf-
treten werde. Denn Schiff „stellte die
Beurteilungskompetenz des Schubertia-
de-Publikums in Frage und äußerte sich
abschließend noch sehr negativ über ei-
ne ganze Gruppe von bei uns regelmä-
ßig auftretenden Künstlern“.
Ein weiterer Streitpunkt war nämlich
der Dissens über ein Beethoven-Rezital-
programm, das Nachbauer schon an ei-
nen anderen Künstler – dem Verneh-
men nach Igor Levit – vergeben hatte,
weil sich der Sir immer noch mit einer
Entscheidung zierte.
Da ist also viel gekränkte Eitelkeit
zweier Alphatierchen mit im schlammi-
gen Spiel. Schiff, dessen Dirigiertätig-
keit am Pult seiner auch recht altväter-
lich aufspielenden Capella Andrea Bar-
ca (aka Andás Schiff) nicht wirklich sei-
ner Bedeutung als Pianist entspricht, ist
ein sehr verhätcheltes Darling des Be-
triebs. Ob sich da vielleicht auch ein
bisschen Realitätsverlust breitmacht?
Der Außenstehende wird eh nur sagen:
Deren Bösendorfer-Sorgen möchte ich
haben!

KOMMENTAR

WWWissen, wie derissen, wie der


HHHammer klingtammer klingt


[email protected]

MANUEL BRUG

DIE WELT MONTAG,12.AUGUST2019 SEITE 21 *

Eine Reise in die deutsche


Vergangenheit der Vojvodina Seite 22


Familiengeschichte


FEUILLETON

Dem


RRReaktionär eaktionär


ist nichts


zu schwer


Warum die Schönheit von


Quentin Tarantinos neuem Film


„Once upon a Time ... in Hollywood“


im Auge des Betrachters liegt


2 5.000


ZAHL DES TAGES

So viele Gothic-Fans haben sich am
Wochenende in Hildesheim zum „M’e-
ra Luna Festival“ getroffen. Entgegen
anderslautenden Gerüchten darf ein
Fest der Grufti-Szene nicht erst um
Mitternacht bei Regen beginnen, son-
dern auch bei Sonnenschein. Ein Spre-
cher lobte das „perfekte Wetter“.

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