Für eine Messe für digitale
Spiele ist die Liste der Poli-
tiker vor Ort ungewöhnlich
lang. Am Dienstagmorgen
werden Verkehrsminister
Andreas Scheuer(CSU)
und Digitalstaatsministerin
Dorothee Bär(CSU) ge-
meinsam die Gamescom
eröffnen. Die Industrie er-
hofft sich von dem Duo kon-
krete Zusagen für die Ga-
mes-Förderung. Im Haus-
haltsplan 2019 waren in
letzter Minute 50 Millionen
als Förderung für Spiele
„Made in Germany“ gelan-
det, im aktuellen Haus-
haltsentwurf für 2020 fehlt
diese Summe wieder.
FamilienministerinFran-
ziska Giffey(SPD) wird am
Samstag erwartet. Auf der
To-do-Liste der Ministerin
steht die dringend benö-
tigte Reform des Jugend-
medienschutzes, der auch
die digitalen Spiele betrifft.
Vielleicht kommt es nicht
mehr dazu: Derzeit wird die
Doktorarbeit der Ministerin
durch die FU Berlin über-
prüft. Giffey kündigte an,
zurückzutreten, sollte die
FU ihren Titel aberkennen.
Zahlreiche Parteipolitiker,
darunter die Generalsekre-
tärePaul Ziemiak(CDU),
Lars Klingbeil(SPD) und
Linda Teuteberg(FDP) kon-
kurrieren am Mittwoch in
einer Diskussionsrunde
zusammen mit dem Youtu-
ber PietSmiets auf der
Messe um junge Wähler-
stimmen. Auch der an der
Urheberrechtsreform maß-
geblich beteiligte EU-Abge-
ordneteAxel Voss(CDU)
nimmt an einem Podium zu
Netzpolitik teil. prd
Ab dem kommenden Dienstag pilgern
Computerspielfans aus aller Welt nach
Köln. Vom 20. bis 24. August können sie
sich dort die Spiele-Neuheiten und Ga-
ming-Trends von über tausend Ausstel-
lern ansehen. Die Veranstaltung gehört
weltweit zu den größten Events rund um
digitale Spiele.Bis Samstagabend werden
auf der Spiele-Messe um die 370000 Be-
sucher erwartet, für Freitag und Samstag
sind die Tickets bereits ausverkauft. Wel-
che Trends beherrschen in diesem Jahr
die Messe?
AUS KUNDEN EINE COMMUNITY MACHEN
Unter dem Motto „Gemeinsam sind wir
Games“ lädt der Branchenverband Game
Privatbesucher,Politikerund dieCompu-
terspiele-Industrie nach Köln. Besonders
freut sich Branchenchef Felix Falk auf die
Besucher, für die digitale Spiele mehr als
nur ein Hobby sind: „Kein anderes Me-
dium hat eine so leidenschaftliche Com-
munity“, findet er. „Also egal ob Cos-
player, Modder, E-Sportler oder Strea-
mer: Die Community, auf die sind wir
stolz.“
Beim Cosplay verkleiden sich Spiele-
fans möglichst originalgetreu als ihre
Lieblingscharaktere aus digitalen Spie-
len, Filmen oder Anime-Serien. Neben
Standflächenfür dieneusten Spiele-High-
lights gibt es daher auch ein sogenanntes
„Cosplay Village“, in dem Besucher die
besten selbst gestalteten Verkleidungen
präsentieren können und in verschiede-
nen Wettbewerben ausgezeichnet wer-
den. Während viele der Cosplay-Verklei-
dungen in stundenlanger Feinarbeit von
den Spiele-Fans selbst hergestellt wer-
den, freut sich die Branche über die
großeIdentifikationmit deneigenen Mar-
ken. Schon seit 2015 füllen Verkaufs-
stände für Merchandise eine 12000 Qua-
dratmeter große Halle auf der Messe. In
der „Fanshop-Area“ werden T-Shirts,
Plüschtiere und Sammelkarten verkauft.
Auch Skurriles findet sich dort, etwa aus
Asien importierte Süßigkeiten oder japa-
nische Mouse-Pads mit Silikonbrüsten.
Das Geschäft scheint gut zu laufen: Für
2019 vergrößerndie Veranstalterdie Ver-
kaufsfläche nochmals um 50 Prozent.
NEUE LIVE-SHOW UND GALA-ABEND
Zum ersten Mal startet die Gamescom
mit einer großen Eröffnungsgala. Mit der
Veranstaltung am Montagabend will der
Verband zweifach punkten: „Die neue
Show richtet sich an alle Gamer welt-
weit“, erklärt Falk. Die Gala wird auch
per Livestream im Internet zu sehen sein.
Doch das in englischer Sprache abgehal-
teneEventsoll nichtnur Gamerohne Ein-
trittskarte beglücken,sondern den Indus-
trievertretern vor Ort eine internationale
Bühne für exklusive Ankündigungen bie-
ten. Bisher zeigen gerade amerikanische
Hersteller die Neuheiten des Jahres tradi-
tionellerweise auf der Electronic Enter-
tainment Expo in Los Angeles. Dadurch
brachten die Hersteller zur der nur we-
nige Monate später stattfindende Games-
comin Köln inder Vergangenheit oftmals
wenig Neues mit. Dies könnte sich nun
mit der Gala ändern.
MIETEN STATT KAUFEN
Die Spiele-Branche hat sich von Netflix,
Amazon Prime und anderen Strea-
ming-Anbietern inspirieren lassen. Viele
namhafte Hersteller bieten ihre Spiele
mittlerweile nicht nur zum Kauf an, son-
dernauch alsAbo. Sobietet etwa der fran-
zösische Hersteller Ubisoft ab Septem-
ber seinen mehr als 100 Spiele umfassen-
denKatalogmit Spiele-Serien wie„Assas-
sins Creed“, „Watchdogs“ oder „Farcry“
gegen eine monatliche Gebühr an. Auch
Electronic Arts bietet eine Auswahl der
eigenen Spiele, darunter auch die popu-
läreFußballspiel-Reihe „FIFA“, im monat-
lichen Abo an. Mit Playstation Now und
dem Xbox Gamepass haben Microsoft
und Sony ebenfalls bereits entspre-
chende Angebote. Der Computerherstel-
lerMedion,der in Deutschlandvorrangig
über Kooperationen mit Supermarktdis-
countern bekannt ist, will auf der diesjäh-
rigen Gamescom ebenfalls einen eigenen
Abodienst vorstellen. Laut einer in dieser
Woche veröffentlichten Studie des Bran-
chenverbands Bitkom wünschen sich 45
Prozent der Gamer Spiele-Flatrates.
CLOUD GAMING
Google könnte auf der Messe neue Infor-
mationenzu seinerSpiele-Plattform Goo-
gle Stadia bekannt geben, die im Novem-
ber in Deutschland starten soll. Statt auf
starke Hardware setzt der Konzern auf
die sogenannte Cloud-Gaming-Technolo-
gie, bei der alle Spiele auf Servern im In-
ternet berechnet werden. Der Kunde be-
nötigt statt einer leistungsstarken Kon-
sole nur noch eine gute Internetverbin-
dung.DerHardwareherstellerNvidiabie-
tet bereits ein entsprechendes Angebot
für Spiele-Streaming in Deutschland an,
auch Microsoft und Sony arbeiten schon
an ähnlichen Projekten.
E-SPORT BOOMT WEITER
Obwohl die Anerkennung von E-Sport im
Koalitionsvertrag der Bundesregierung
steht: Politisch ist es weiterhin umstrit-
ten, ob der Wettkampf in digitalen Spie-
len einmal offiziell als Sportart in
Deutschlandanerkannt wird.Der Beliebt-
heit der digitalen Wettkämpfe tut das kei-
nen Abbruch: Eine gesamte Halle wird
auf der Messe ausschließlich für
Live-Wettkämpfe und Turniere zurVerfü-
gung stehen. Auf dem Programm stehen
Liga-Finalspieleder populären Titel„Lea-
gue of Legends“ und „Counter-Strike:
Global Offensive“. Die Halle fasst bis zu
1500 Zuschauer.
INDIESTUDIOS: KLEIN, ABER FEIN
Neben großen internationalen Computer-
spieleherstellern wächst der Markt der
kleinen, unabhängigen Entwickler, ge-
nannt „Indies“. Diese zeichnen sich oft
durchernsteThemen,künstlerischenAn-
spruch oder besonderes Design aus. Zum
erstenMalwirddiesenSpielenaufderGa-
mescom mit der „Indie Village“ ein eige-
ner Bereich gewidmet. Zu den mehr als
hundert Spielen aus über 30 Ländern, die
dort ausgestellt werden, gehören auch ei-
nige Spiele von Studios aus Berlin –
zum Beispiel „Throughthe Darkest ofTi-
mes“vonPaintbucketGames.
KOMMEN NEUE KONSOLEN?
ImVorfeld derMessewar spekuliert wor-
den, ob Microsoft oder Sony Details zur
nächsten Generation von Heimkonsolen
bekannt geben. Doch dass die Unterneh-
menmehr verraten, als auf der Electronic
Entertainment Expo vor einigen Mona-
ten bekannt wurde, ist unwahrscheinlich.
Laut einem in dieser Woche bekannt ge-
wordenen Insiderbericht will Sony die
Playstation 5 im Februar 2020 vorstellen.
Analysten erwarten, dass die Nachfolger
von Xbox One und Playstation 4 pünkt-
lich zum Weihnachtsgeschäft im Herbst
2020 nach Deutschland kommen.
Hoher Besuch, viele offene Fragen
Inspiriert
von Netflix
Die Gamescom
sucht den Anschluss
an die Community.
Ein Überblick
über die Trends
der Messe
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Berlin- Wenn die Gamescom beginnt,
steht auch ein Truppentransporter der
Bundeswehr in Halle 10. Am Messestand
können sich Interessierte über die Arbeit
imTeamder Cyberabwehroder eine Kar-
riere als Drohnenpilot informieren. Die
Armee muss immerhin fit für das digitale
Zeitalterwerden.Und dasbedeutet:Fach-
kräftemit den dafür notwendigen Kompe-
tenzen gewinnen.
Welche Kosten durch den Auftritt ent-
stehen, will die Bundeswehr erst nach
der Veranstaltung bekannt geben. Allein
für die Miete für die Standfläche dürfte
aber bereits ein fünfstelliger Betrag anfal-
len. Doch was den Auftritt besonders
macht, ist nicht nur der Aufwand. Es ist
die inhaltliche Vermischung von Compu-
terspielwelten undWerbungfürden Bun-
deswehrdienst.
Viele digitale Spiele simulieren – mög-
lichst realistisch – aktuelle und histori-
sche Konflikte. In international erfolgrei-
chen Serien wie Call of Duty oder Battle-
fieldschlüpfenSpielerindieRollevonSol-
daten und steuern Flugzeuge, Panzer,
Drohnen.VondenWeltkriegenüberViet-
nam bis Afghanistan: Kaum ein Schau-
platzwurdenochnichtfüreineComputer-
spiel-Adaption genutzt.
Eine Strategie, die sich Bundeswehr in
umgekehrter Form zunutze macht. Wäh-
rend sich die
Spiele-Branche um
Realismus bemüht,
bemühtsich dieBun-
deswehr darum, bei
derWerbungfürden
Armeedienst die
Sprache der Gamer
zu übernehmen. Im
vergangenen Jahr
flankiertedasVertei-
digungsministeriumdieSuchenachNach-
wuchsaufderMessemiteinergroßenPla-
katoffensive. „Multiplayer at its best“ und
„Mehr Open World geht nicht“ war dort
zu lesen. Frei nach dem Motto: Wem der
Krieg in Computerspielen nicht real ge-
nug ist, der könnte hier den nächsten
Schrittmachen.Auchindiesem Jahr wird
dieBundeswehreineähnlicheWerbestra-
tegie kurzvor der Gamescombeginnen.
Die Opposition kritisiert das scharf.
„Mit den Vokabeln und Motiven aus der
Gamesbranche bagatellisiert die Bundes-
wehr die realen Gefahren des Krieges“,
sagt Margit Stumpp, Grünen-Sprecherin
für Medien- und Bildungspolitik. „Realer
Krieg istkein Spiele-Erlebnis.“DasMinis-
terium sieht die Sache naturgemäß an-
ders: Es sei wichtig, „klarzumachen, dass
die Realität in Streitkräften kein Spiel
ist“, erklärt die Sprecherin. Aber mit dem
Messestand komme das Ministerium sei-
nem Informationsauftrag nach.
Kritiker warnen generell vor einer Ver-
harmlosung des Kriegseinsatzes durch
neue Techniken. Schon heute können
Drohnen über eine Satellitenverbindung
von überall bedient werden, wo es Tasta-
tur und Joysticks gibt. Nach Informatio-
nen des Linken-Abgeordneten Andrej
Hunko sei die Bundeswehr prinzipiell in
der Lage, Drohnen in Einsatzgebieten
wie Afghanistan oder Mali aus den Ein-
satzführungskommandos in Potsdam
oder Jagel in Schleswig-Holstein aus zu
steuern. Zur Bundeswehr-Präsenz auf
der Messe meint er: „Durch die Einbet-
tung dieser neuen Form der Kriegfüh-
rung in Videospielformate sollen junge
Menschen spielerisch an diesen tödli-
chen Job herangeführt werden. Dieses
Vorgehen verurteile ich.“ Paul Dalg
POLITISCHES SCHAULAUFEN AUF DER GAMESCOM D
Kritiker
warnen:
Hier wird der
Kriegseinsatz
verharmlost
Von Paul Dalg
Massenveranstaltung.Die Gamescom gehört weltweit zu den größten Events rund um digitale Spiele. Auch im letzten Jahr war sie gut besucht. Bis Samstagabend werden auf
der Messe um die 370 000 Besucher erwartet, für Freitag und Samstag sind die Tickets bereits ausverkauft. Foto: Imago/Arnulf Hettrich
Aus Spaß
wird
Ernst
Auch die Bundeswehr
hat einen Messestand
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