in Preußen; das Herzogtum gilt
Zeitgenossen als eine der ver
seuchtesten Regionen der Erde.
Ob es sich dabei stets um
jene Krankheit handelt, die Me
diziner später mit dem Erreger
Ye rsinia pestis in Ve rbindung brin
gen werden, ist unklar. Symptome
und Ve rbreitungsmuster deuten
bei manchen Ausbrüchen eher auf
Pocken, Fleckfieber oder Typhus
hin. In den Chroniken ist das
Wo rt "Pest" häufig ein Allgemein
begriff für tödliche Epidemien.
Einige der Seuchen in Preu
ßen fo rdern Zehntausende Opfer:
Nach dem polnischen Einfall von
1656 etwa sterben 80 000 Men
schen an Pest und Hunger - mehr
als dreimal so viele wie durch
die Kriegsgewalt. Manche Dörfer
sind noch Jahrzehnte später un
bewohnt, die Äcker verwildern.
Dieses Leid teilt die preußi
sche Landbevölkerung mit den
Bauern vieler anderer Regionen in
Deutschland, die ebenfalls immer
wieder von Krieg, Hunger und
Pest verheert werden (allein wäh
rend des Dreißigjährigen Krieges
sterben wohl fünfMillionen Men
schen, das ist fast ein Drittel aller
Deutschen).
Wa s Preußen und andere
ostelbische Gebiete indessen vom
Rest Deutschlands unterschei
det, ist die rechtliche Stel
lung der Landbevölkerung.
In jedem Staat, jeder Region
gelten unterschiedliche Regel
werke, und die Bauern sind
gegenüber dem Adel fast
überall benachteiligt - doch
kaum irgendwo ist die Lage
der meisten Landmänner so
schlecht wie in Ostelbien.
Auf Dach-
böden
In vielen Regionen Süd lagern
und We stdeutschlands etwa
bekommen die Bauern ihre
Äcker in der Regel gegen Zin
sen vom Grundherrn zur Ver
fügung gestellt, meist einem
Angehörigen des niederen
Adels, bisweilen aber auch ei
nem Grafen, Abt oder Bischof.
sie die
Diese Zinsbauern haben
sich seit dem Ende des Mittel
alters vielerorts gewisse Freiheiten
erstritten (oft unterstützt von den
Landesfürsten, die den örtlichen
Adel schwächen wollten): Sie dür
fen ihren Pachtvertrag vererben,
können nach eigenem Willen um
ziehen und heiraten.
LEICHEN
In Ostfriesland, Te ilen des
Emslandes oder Tirols besitzen
die meisten Bauern ihren Grund
sogar selbst.
In Preußen genießen zwar
auch einige Landleute diesen Sta
tus des Freibauern - nämlich die
Nachfahren jener deutschen Sied
ler, die im 14. und 15.Jahrhundert
vom Deutschritterorden angewor
ben worden sind. Diese Gruppe
ist aber nur eine privilegierte Min
derheit und bewirtschaftet etwa
ein Fünftel der Höfe.
Die meisten anderen hinge
gen leben de facto als Leibeigene
auf den Gütern von adeligen
Großgrundbesitzern; sie sind zwar
kein Eigentum ihres Gutsherrn -
aber völlig von ihm abhängig,
denn er besitzt ihre Äcker, Höfe
und Arbeitsgeräte. Nur mit
seinem Einverständnis dürfen
sie sein Land verlassen; wer
flüchtet, kann mit Gewalt
zurückgeholt werden. Auch
wenn ein Bauernpaar heiraten
will, braucht es eine Erlaubnis.
Fast alle Großgrundbe
sitzer sind Abkömmlinge alter
Rittergeschlechter, die rund
vier Zehntel des Ackerlandes
unter sich aufgeteilt haben -
samt Einwohnern. So gehören
zu dem mittelgroßen Gut
Reichereswalde östlich von
Elbing vier Dörfer, in denen
46 Bauernfamilien leben.
Das Ackerland eines
preußischen Gutes besteht
aus zwei Bereichen: der vom
Herrn selbst bewirtschafteten
Fläche - und jenen Feldern, die
die Leibeigenen auf eigene Rech
nung unter den Pflug nehmen. Für
die Ackernutzung müssen sie Zin
sen zahlen und Fronarbeit leisten.
Die Bauern werden samt
Frauen und Kindern zu den
Diensten eingespannt. Sie haben