Handelsblatt - 22.07.2019

(sharon) #1
Insiderbarometer
Indizes in Punkten Dax

Juli 2017 Juli 2019


HANDELSBLATT • Quelle: Olaf Stotz, Frankfurt School of Finance & Management

200

150

100

50

0

16 000

14 000

12 000

10 000

8 000

Top-Deals


Unternehmen Volumen
Insider

Morphosys


Wacker Neuson


Munich Re


Adidas


K


V


V


V






22 828


60 000 000


227 764


54 960


M. Cluzel

Neuson Forest GmbH

T. Blunck

G. Weigl

Index
Veröffentlicht

MDax


SDax


Dax


Dax


9.7.0219

5.7.2019

4.7.2019

4.7.2019

Kauf Verkauf


Andrea Cünnen Frankfurt


D


eutschlands Vorstände
und Aufsichtsräte ver-
dienen viel – und inves-
tieren das Geld oft
auch in die Aktien der
Unternehmen, die sie führen oder
beaufsichtigen. Jetzt scheint sich aber
eine Trendwende anzubahnen. „In
den vergangenen beiden Wochen ha-
ben Topmanager so wenig Aktien ge-
kauft wie zuletzt Anfang 2018“, sagt
Olaf Stotz, Professor an der Privatuni-
versität Frankfurt School of Finance
& Management. Er beobachtet seit
mehr als 16 Jahren die Aktiengeschäf-
te von Topmanagern.
Vorstände und Aufsichtsräte dür-
fen Aktien der eigenen Unternehmen
kaufen oder verkaufen, wenn sie dies
an die Finanzaufsicht Bafin melden
und keine unveröffentlichten börsen-
relevanten Informationen nutzen.
Die Insidertransaktionen sind auch
für Privatanleger interessant, weil die
Führungskräfte ihr Unternehmen
besser kennen als jeder andere. Käu-
fe deuten darauf hin, dass die Fir-
menlenker an ihre Arbeitgeber glau-
ben und deren Aktien für unterbe-
wertet halten.

Schlechtere Aussichten


Doch nachdem die Börsen in diesem
Jahr rasant gestiegen sind, obwohl
sich die Konjunkturaussichten zuneh-
mend verschlechtern, werden auch
die Insider skeptischer. Laut Stotz ist
das auch für den Dax kurzfristig kein
gutes Zeichen: „Das letzte Mal, als die
Käufe über einen Zwei-Wochen-Zeit-

raum so niedrig waren wie jetzt, no-
tierte der Dax deutlich über 13 000
Punkten und fiel danach kräftig.“
Aus den Käufen und Verkäufen der
Firmenlenker berechnet Stotz ge-
meinsam mit den Experten von Com-
merzbank Wealth Management alle
zwei Wochen das Insiderbarometer
für das Handelsblatt. Zuletzt ist es
deutlich um neun Punkte auf
142 Zähler gesunken. Das bedeutet,
dass es in den vergangenen drei Mo-
naten gemessen an der 16-jährigen
Historie des Barometers mehr Käufe
als Verkäufe gab. Deshalb liegt das
Barometer weiter auf hohem Niveau
und signalisiert theoretisch ein Kauf-
signal für Aktien. Nach Beobachtung
von Stotz hat sich aber oft gezeigt,
dass die Aktienkurse auf Sicht von ei-
nigen Wochen oder Monaten fallen
oder stagnieren, wenn das Insider -
barometer deutlich sinkt.

Die Verkäufe nehmen zu
Gesunken ist das Barometer nicht
nur wegen der von den Volumina her
deutlich gefallenen Käufe, sondern
auch, weil die Insider mehr Aktien
als zuletzt verkauft haben.
Nummer eins auf der Verkaufsliste
sind die 60 Millionen Euro beim
Baumaschinenproduzenten Wacker
Neuson, die Aufsichtsratschef Hans
Neunteufel über die Neuson Forest
GmbH verkaufte und an die Bafin
meldete. Die Gründerfamilien Neun-
teufel und Wacker sind Großaktionä-
re in dem Unternehmen und wollen
es auch weiter bleiben. Die Wacker-
Familie trennte sich von Aktien für
16 Millionen Euro. Mit Ralph Wacker
sitzt zwar ein Mitglied der weitver-
zweigten Familie im Aufsichtsrat. Er
war jedoch nicht in den Verkauf in-
volviert, deshalb entfiel die Melde-
pflicht an die Bafin.
Das Familienkonsortium erklärte
den Verkauf mit einer Diversifizie-

rung des Vermögens und einer vo-
rausplanenden Erbfolge. Stotz findet
einen solchen Schritt nachvollzieh-
bar und mit Blick auf die Streuung
des Risikos auch sinnvoll. Dennoch
würden die aktuellen Verkäufe keine
schnelle Erholung der zuletzt unter
Druck geratenen Aktie erwarten las-
sen. Analysten dagegen sehen für die
Aktie durchaus Potenzial. Von den
neun Häusern, die die Aktie beob-
achten, raten sechs zum Kauf und
drei zum Halten.
Das Insiderbarometer wird durch
den Megaverkauf nicht verzerrt. Um
genau das auszuschließen, werden
Verkäufe in der Berechnung ab ei-
nem Volumen von fünf Millionen
Euro gekappt, bei Käufen ist es eine
Million Euro.
Nummer zwei auf der Verkaufslis-
te ist die seit Jahren sehr gut gelaufe-
ne Aktie der Munich Re. Hier trennte
sich Vorstand Thomas Blunck von
Papieren für knapp 230 000 Euro.
Für Stotz ist das nach dem guten
Lauf der Aktie ein typisch antizykli-
scher Verkauf. Die meisten Analysten
raten zum Halten der Aktie, Kauf-
empfehlungen gibt es nur wenige.
Operativ läuft es bei der Munich Re
aber sehr gut. Für das zweite Quartal
zeichnet sich nach Angaben des Kon-
zerns ein Nettogewinn von rund ei-
ner Milliarde ab. Analysten hatten im
Schnitt mit nur 620 Millionen Euro
gerechnet.
Beim Sportartikelhersteller Adidas
gab es mit knapp 55 000 Stück einen
für Insider eher kleinen Verkauf.
Aber auch er kann als antizyklisch
gelten. Die Adidas-Aktie notiert auf
Rekordniveau und ist mit einem Plus
von gut 53 Prozent in diesem Jahr der
beste Dax-Wert. Verkaufsempfehlun-
gen für die Aktie gibt es dennoch
kaum. Viele Analysten empfehlen,
die Aktie zu halten, es gibt aber auch
noch viele Kaufempfehlungen.

Insiderbarometer


Firmenlenker werden vorsichtig


Top-Manager in Deutschland kaufen so wenig Aktien der


eigenen Unternehmen wie zuletzt vor anderthalb Jahren.


Für den Dax ist das ein schlechtes Zeichen.


Frankfurter Börse: Der
Dax ist in diesem Jahr
deutlich gestiegen, aber
die Konjunkturaussichten
verschlechtern sich.

Marc-Steffen Unger

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PUNKTE


ist das Insiderbarometer in
den vergangenen beiden Wochen
gefallen. Das ist ein deutlicher
Rückgang.

Quelle:
Olaf Stotz, Frankfurt School

Private Geldanlage
MONTAG, 22. JULI 2019, NR. 138

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