Neue Zürcher Zeitung - 18.02.2020

(Darren Dugan) #1

2 INTERNATIONAL Dienstag, 18. Februar 2020


AUFGEFALLEN


Nützt der Torriecher


auch in der Politi k?


Fabian Urech, Abidjan· Didier Drogba ist in Côte d’Ivoireein
Held. Indem westafrikanischenLand sind Strassen, Bars,
Biere und ganze Dörfer nach dem einstigenFussballstar be-
nannt. ImRadio nennt der Moderator den Namen des 41-Jäh-
rigen ausschliesslich inKombination mit emphatischen Bei-
wörtern: «der gigantische Didier Drogba», «Drogba, der Un-
bezwingbare», oder schlicht: «der Unermessliche». Der ivoi-
rischeFussballer Serey Dié sagte einst, Drogba sei in seinem
Land wichtiger als der Staatspräsident.
Das hat nur amRande damit zu tun, dass der Mann zu den
Besten seinesFachs gehörte:Für Chelsea schoss er über 160
Tore, für die ivoirische Nationalmannschaft 65.Verehrt wird
Drogba in seiner Heimat vor allem, weil er eine Integrations-
figur ist – eine der wenigenineinemLand,in dem sich ethni-
sche Spannungen in den letztenJahrzehnten mehrmals gewalt-
sam entluden. Exemplarisch zeigte sich dies 2005: Mitten im
ivoirischen Bürgerkrieg qualifiziert sich die Nationalelf für die
Weltmeisterschaft. Nach Spielschluss schnappt sichDrogba ein
Mikrofon, geht vor laufenden Kameras in die Knie und sagt:
«Ich bitte euch: Legt dieWaffen nieder.» Drogbas Appell zeigt
tatsächlichWirkung – zumindest für ein paarWochen.
Seither glauben in Côte d’Ivoire nicht wenige, der einstige
Captain der Nationalmannschaft gäbe auch einen guten politi-
schen Anführer ab. «Er ist der beliebteste Ivoirer überhaupt»,
sagt eineWirtschaftsfrau stellvertretend für viele. «Bei den
Wahlen hätte er gute Chancen.» Präsident wird sich Drogba
wohl tatsächlich bald nennenkönnen – zumindest des einfluss-
reichen nationalenFussballverbands. Er gilt bei denWahlen in
denkommendenWochen alsFavorit. Ist es ein erster Schritt
auf demWeg an die politische Spitze? Mit Blick auf das Nach-
barland Liberiakommt man zu dem Schluss: hoffentlich nicht.
Dort besetzt mit GeorgeWeah seit zweiJahren ein einstiger
Weltfussballer das Präsidentenamt. Seine Zwischenbilanz ist
desolat. Ein liberianischerPolitologe bemerkte jüngst:«Weah
hat unterschätzt, dassFussballspielen nicht das Gleiche ist, wie
einLand zu führen.»

In Paris protestiertenDemonstranten imVorfeld derDebatte. CHARLESPLATIAU/ REUTERS

Macrons Rentenreform im Parlament


(afp)· Nach über zehnwöchigen Pro-
testen gegen dieRentenreform hat die
französische Nationalversammlung am
Montag die Beratungen über den Ge-
setzestext aufgenommen.Dazu liegen
41000 Änderungsanträge vor – mit Ab-
stand die höchste Zahl in der laufenden
Legislaturperiode. Dennoch dringt die
Regierung von Präsident Emmanuel
Macron auf eineVerabschiedung bis zur
Sommerpause.
Die meisten der Änderungsanträge
stammen aus dem linksgerichteten
politischenLager,das die Pläne von
Macron durchkreuzen will. Allein
23000 Anträge hat die LinksparteiLa
France insoumise (Das unbeugsame
Frankreich) eingereicht, weitere 13 000

die Kommunisten. Beide Parteien
wollen eine Absage derRentenreform
erreichen. Rund 600 Änderungsanträge
kommen aus Macrons eigenerParteiLa
République en Marche (DieRepublik
in Bewegung, LREM). Macron hatte
seine Anhänger zuvor zur «Geschlos-
senheit» aufgerufen und sie aufge-
fordert,«die Schlacht umdieRente zu
gewinnen».
Aus Protest gegen dieRentenreform
legten Mitarbeiter derPariser Metro
erneut die Arbeit nieder. Bis zum
20.Januar hatte ein mehr als sechswöchi-
gerStreik weiteTeile desPariser Nahver-
kehrs lahmgelegt,auch Zugverbindun-
gen inFrankreich fielen aus. Dann ging
den Streikenden das Geld aus.

Neue Indizien zu Mordfall
in Berl in belasten Moskau
(dpa)· In den Monatenvor dem Mord
an einem Georgier in Berlin hat der tat-
verdächtigeRusse laut einem Bericht
des deutschen Magazins «Der Spiegel»
engeKontakte zum russischen Inland-
geheimdienst FSB gehabt. Er habe sich
mehrmals in FSB-Liegenschaften auf-
gehalten, auch in einem geheimenAus-
bildungszentrum für Spezialkräfte, be-
richtete das Magazin am Montag. Die
Indizien basierten auf derAuswertung
der Mobilfunkdaten desTatverdäch-
tigen, hiess es. Das Opfer, ein Geor-
gier,der im Tschetschenienkrieg ge-
kämpft haben soll, war imAugust in
einem BerlinerPark erschossen wor-
den. DerRusse war kurz darauf unter
Mordverdacht gefasst worden. Anfang
Dezember zog der deutsche General-
bundesanwalt die Ermittlungen an sich,
weil er Anhaltspunkte dafür sieht, dass
staatliche russische Stellen dieTat in
Auftrag gegeben haben. Das löste zwi-
schen Berlin und Moskau eine diploma-
tische Krise aus.

IN KÜRZE Über tausend US-Juristen
fordern den Rücktritt Barrs
(dpa)· Im Streit um politische Ein-
mischung inVerfahren haben mehr
als 1100 ehemalige Staatsanwälte und
Juristen des Justizministeriums den
Rücktritt von MinisterWilliamBarr ge-
fordert.Das Eingreifen vonBarr und
Präsident DonaldTr ump in denFall des
langjährigenTr ump-VertrautenRoger
Stone widerspreche dem Prinzip einer
unabhängigen Justiz, schreiben die
Juristen in einem am Sonntag verbrei-
teten offenen Brief. DerTr ump-Ver-
traute Stone muss sich derzeit wegen
seinerRolle in der sogenanntenRuss-
land-Affäre vor Gericht verantwor-
ten. Die Ankläger hatten dem Bundes-
gericht inWashington vor einerWoche
eine Haftstrafe von sieben bis neunJah-
ren Gefängnis empfohlen.Tr ump kriti-
sierte die Empfehlung dann aufTwit-
ter vehement.Wenige Stunden später
sprach sich dasJustizministerium für
ein deutlich milderes Strafmass aus. Die
vier mit demFall befassten Ankläger
traten darauf zurück.


Taliban kündigen


Abkommen mit den USA an


(dpa)· DieTaliban sind optimistisch,
demnächst mit den USA ein Abkommen
überWege zumFrieden zu unterzeich-
nen. Eine Übereinkunft werde bis Ende
Februar unterschrieben, teilte der Spre-
cher des politischen Büros derTaliban
in Doha am Montag mit. Eine Bestäti-
gung von amerikanischer Seite gab es zu-
nächst nicht.Laut dem Sprecher enthält
das Abkommen, dass alle internationa-
lenTr uppen Afghanistan verlassen. Die
Taliban würden ihrerseits sicherstellen,
dass von Afghanistan auskein anderes
Land angegriffen werde. Zudem sollen
nach der Unterzeichnung des Abkom-
mens 50 00 gefangeneTaliban freigelas-
sen werden.Danach sollen innerafgha-
nischeVerhandlungen beginnen. Diese
sind die eigentlichenFriedensgespräche,
in denen es um eine Neuverteilung der
politischen Macht geht.


Über 20 Tote bei Angriff
auf Kirche in Burkina Faso
(afp)· Im Norden von BurkinaFaso
ist die Dorfkirche vonPansi überfal-
len worden.Dabei sind mindestens 24
Personen getötet worden.Rund 18 wei-
tere Personen seien bei der Attacke ver-
letzt worden, teilte derRegionalgouver-
neur der Sahelregion, Salfo Kaboré, am
Montag mit. Eine «bewaffnete terroris-
tische Gruppe» habe das Dorf nahe der
Grenze zu Niger am Sonntag überfal-
len. Die Angreifer hätten zunächst die
Dorfbewohner von Nichtansässigenge-
trennt und dann die Dorfbewohner ge-
tötet. Unter denToten sei auch derPas-
tor der protestantischen Gemeinde.
MehrerePersonen wurden laut Kaboré
verschleppt. Das westafrikanische Bur-
kinaFaso wird wie die Nachbarländer
Mali und Niger seit 20 15 immer wieder
von Gewalttaten erschüttert. In den drei
St aaten der Sahelzonesind dieJihadis-
ten auf demVormarsch.Rund 750Per-
sonen wurden seit 20 15 in BurkinaFaso
getötet, etwa 600 000 Personen flohen
laut der Uno vor der Gewalt.

EU-Sta aten unzufrieden
mit Haushaltsplan
(dpa)· Der milliardenschwere Haus-
haltsplan der Europäischen Union für
die nächsten sieben Jahre stösst bei
den Mitgliedstaaten auf wenig Zustim-
mung. Ministeraus den 27 EU-Ländern
forderten bei der ersten gemeinsamen
Debatte über den neuenVorschlag am
Montag viele Nachbesserungen unter-
schiedlicher Art. Ein EU-Diplomat
sagte, dieRatssitzung habe fundamen-
tale Gegensätze zwischen den Mitglied-
staaten bestätigt.Vor allem die Nieder-
lande, Dänemark, Schweden, Österreich,
Deutschland, Irland und Belgien hätten
sich für mehr Modernisierungstark-
gemacht. Spanien,Rumänien,Portu-
gal und die baltischen Staaten drangen
demnach auf eineFortsetzung der tra-
ditionellen Agrarhilfen und derKohä-
sionspolitik, die vor allem den ärmeren
Regionen zugutekommt.

Lieberknecht soll Thüringer
Ministerpräsidentin werden
(dpa)· Die frühereThüringerRegie-
rungschefin Christine Lieberknecht
(CDU) ist als Kandidatin für das Amt
der Ministerpräsidentin im Gespräch.
Den Vorschlag habe Ex-Regierungs-
chef BodoRamelow (Linke) am Mon-
tagabend bei einemTr effen von Lin-
ken, SPD und Grünen mit der CDU
unterbreitet, erfuhr die Deutsche Pres-
se-Agentur ausTeilnehmerkreisen in
Erfurt. DieWahl des FDP-Politikers
Thomas Kemmerich auch mit AfD-
Stimmen zum Ministerpräsidenten vor
knapp zweiWochen hatte für ein politi-
sches Beben gesorgt. Nach Einschätzung
von Beobachternkönnte Lieberknecht
eine Art Übergangsregierungschefin bis
zu Neuwahlen sein. Die 61-Jährige war
2009 bis 20 14 Regierungschefin inThü-
ringen und führte damals eineKoalition
von CDU und SPD an.

Tausendedemonstrieren
gegenHöcke und Pegida
(dpa)· Aus Protest gegen die islam- und
ausländerfeindlichePegida-Bewegung
und denThüringer AfD-Chef Björn
Höcke haben sich am Montagabend
mehrere tausend Menschen in Dresden
versammelt. Auch aufseiten derPegida-
Anhänger gab es auf derJubiläums-
veranstaltung imVergleich zu voran-
gegangenen Montagen mehr Zuspruch
und ebenfalls mehrere tausendTeil-
nehmer. Höcke hatte zur 200.Pegida-
Kundgebung seit Gründung der Be-
wegung seinKommen zugesagt.Wäh-
rend Initiativen wie das Bündnis «Dres-
den Nazifrei»regelmässig gegenPegida
und ihrenFrontmann LutzBachmann
demonstrieren, hatten erstmals auch die
DresdnerKreisverbände von CDU und
FDP zu einer Gegendemonstration auf-
gerufen. Unterstützt wurde der Protest
unter anderem vomLandesverband der
Jüdischen Gemeinden, von der katho-
lischen Kirche sowie der Evangelisch-
LutherischenLandeskirche Sachsen.

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