Süddeutsche Zeitung - 17.02.2020

(Marcin) #1

Gemeinsam


Das Ziel,das sich das Münchner Instagram-
Projekt@artistscurrentgesetzt hat, ist
ein großes: Indem junge Kunstschaffende
sowie ihre Projekte vorgestellt werden, sol-
len Einblicke auch in die Ecken der Kunst-
welt gewährt werden, die außerhalb des ei-
genen Umfelds liegen. Wie das funktionie-
ren soll? Über eine Art Schneeballsystem:
Die Vorgestellten nominieren jeweils drei
weitere Künstler, die dann auch auf dem
Instagram-Kanal präsentiert werden. Die-
se schlagen dann drei weitere Künstler vor,
und immer so weiter. Dadurch soll eine
Vielzahl an Künstlern erreicht werden. Der
erste Post ging vergangene Woche online,


zu sehen sind die 27-jährige Julia Walk, Stu-
dentin an der Kunstakademie, und mehre-
re ihrer Werke. max fluder

Stark


Ach, wie hat sich dieses Musik-München
gewandelt. Einst hieß München unter Mu-
sikern gerne „Hobbyband-Stadt“. Zum ei-
nen, weil die Musiker so viele Nebenjobs
hatten, um sich einen Proberaum und das
Leben an der Isar überhaupt leisten zu kön-
nen – die eigene Musik lief wegen des Zeit-
mangels nur noch nebenbei. Zum anderen,
weil sich nur ganz wenige Bands einen Be-
kanntheitsgrad außerhalb der Stadt er-
spielten. Und wenn es ihnen gelang, beka-
men die Musiker oft Neid von anderen
Bands zu spüren. So war das damals. Heute
kennt man Bands aus Bayern auch in Ber-
lin – und statt Missgunst gibt es Kooperati-
on. Ein paar Beispiele: Anfang Januar prä-
sentierteKing Of Consihr Album im Am-
pere. Im Laufe des Konzerts kamSamt-
FrontmannJakob Arnuund unterstützte
das Duo mit seinem Saxofon.Fivanimmt
Klara RebersundLeoni Klinger, alsoUm-
me Blockregelmäßig mit auf Tour. Für
das ProjektSongs from her[E]haben sich
fünf Musikerinnen zusammengeschlos-
sen. UndEndlich Ruderngeht gemeinsam
mitDie Saunaauf Tour. Schön, was heute
alles geht. michael bremmer

Stil:Post-Punk,
Alternative-Rock
Besetzung:Matthias Egetemeir
(Vocals), Mathias Höchst (Gitar-
re), Patrick Bethke (Gitarre), Max
Ondrusch (Bass), Matthias Leicht-
le (Schlagzeug)
Aus:München
Seit: 2017
Internet:
antilope-muc.bandcamp.com

NEULAND


Die meisten Musiker verpacken Geschich-
ten inihre Songs. Manche vermitteln nur
Momentaufnahmen. Andere führen
Haupt- und Nebencharaktere ein, spicken
die Texte mit Details und berichten so über
wahre Begebenheiten, Fiktives oder emoti-
onales Geschehen. In diesem Zusammen-
hang haben sich zur Kategorisierung sogar
Genrebeschreibungen wie „Spoken Word“
oder „Storytelling“ etabliert. Hier wird
sich allerdings eher auf die rockigen Gen-
res beschränkt, schließlich ist das Ge-
schichtenerzählen bereits altbekannter
und beinahe genrespezifischer Teil des
Rap.
Wird das „Spoken Word“ nun aber mit
Elementen aus Punk, Rock oder Hardcore
kombiniert, entstehen ganz andere Stim-
mungen. Im englischsprachigen Bereich
bietet das beste Beispiel die BandLa Dispu-
te. Die Post-Hardcore-Band lebt von ihren
ausgeklügelten und mit fast unwichtig er-
scheinenden Details ausgeschmückten
Texten, die ihre Hörer in den Song wie in ei-
nen Kurzfilm hineinziehen und dadurch
höchst akkurate Bilder erschaffen. Und
auch im deutschsprachigen Raum taucht
solch emotionsgeladenes „Storytelling“
im Post-Punk und Post-Hardcore auf. Al-
lerdings finden sich in der deutschen Mu-
sik vermehrt Texte, die eher bildhaft und
abstrakt bleiben, beispielsweise bei Bands
wieTurbostaatoderLove A. Dennoch legen

sie denselben Schwerpunkt auf die inhaltli-
che Vermittlung einer Geschichte.
Auch die Münchner Band Antilope
(FOTO: PHILIPP SCHUSTER)erzählt Geschichten ger-
ne durch Bilder. „Ich habe manchmal ei-
nen ganz bestimmten Satz im Kopf, der ein
gewisses Bild, ein bestimmtes Gefühl her-
vorruft“, sagt Sänger Matthias Egetemeir.
„Um diesen Satz bastle ich dann meistens
den Text herum.“ Eine impulsive Form des
Schreibens. Matthias’ Texte behandeln da-
durch oft sehr Persönliches. „All das, was
einen so umtreibt quasi.“ Mehr verrät er
aber nicht.
Diese Dialektik einer verschleierten
Nahbarkeit im Gegensatz zu einer starken
Intensität erinnert deutlich an Bands wie
Turbostaat. Die genauen Zusammenhänge
werden oft unklar gelassen, die Stimmung
baut sich eher durch aneinandergehängte
Metaphern auf, wodurch der Hörer trotz
der persönlichen Themen stark auf inhaltli-
cher Distanz gehalten wird. Sehr konkrete
und speziell erscheinende Details vermit-
teln das Gefühl von Nähe. Gleichzeitig wer-
den Informationen vorenthalten, der Er-
zähler tritt aus der Situation heraus – weit
davon entfernt, seine Gefühlswelt offenzu-
legen. Dies bewahrt vor Plakativität und
lässt Interpretationsspielraum. „Vielleicht
verarbeite ich im Text zwar Leid und
Schmerz, aber so dezent, dass es keiner
merkt“, sagt Matthias. „Die Leute verbin-

den dann die Bilder plötzlich mit völlig an-
deren Dingen. Trotzdem wissen wir, dass
wir dabei nahezu Dasselbe fühlen. Das ist
total abgefahren.“
Lediglich vermittelt durch eine be-
stimmte Stimmung, entsteht eine besonde-
re Verbindung zwischen Band und Publi-
kum – ein Punkt, der auch sehr zum Zu-
sammenhalt der Band beiträgt. Alle Mit-
glieder haben bereits in anderen Bands ge-
spielt und kommen aus Richtungen wie
Hardcore, Stoner Rock oder Punk. In der
aktuellen Konstellation fühlen sie sich
aber mittlerweile am wohlsten. „Das ist tat-
sächlich das erste Mal für uns alle, dass je-
der einfach mal was macht, und alle ande-
ren finden’s geil“, sagt Schlagzeuger Mat-
thias Leichtle. „Dadurch, dass jeder was
beizutragen hat, wird das Songwriting dy-
namisch und der Sound spontan und un-
vorhersehbar.“ Der Klang der Songs ist häu-
fig unstet – auf ruhigere, fast schon an In-
die anmutende Passagen folgen punkig
verzerrte Höhepunkte. Es entsteht Musik
mit Ecken und Kanten, die vor allem eines
ist: von Grund auf ehrlich. Aktuell befindet
sich Antilope in einer Live-Pause, neue
Songs sind aber schon in Arbeit. Ende 2019
hat die Band ihre zweite EP „Woanders ist
es immer besser“ veröffentlicht, es folgten
Konzerte in über Deutschland verteilten
Locations. Meist klein, aber dafür intim
und immersiv. marietta jestl

von johanna schmidt

A

uf die Innenseite von Sarah Jung-
bauers linkem Mittelfinger ist ein
kleines Pferd tätowiert. Das Tattoo
hat sie seit einem Jahr, Sarah ist 28, und
das Pferd wacht quasi über jeden ihrer
Handgriffe.
Sarahs Hände sind wichtig, denn Sarah
ist gelernte Sattlerin, sie kann Leder
schneiden, nähen, formen und seit einiger
Zeit designt und fertigt sie ihre eigenen Le-
derhandtaschen. Sarah sitzt in einer Bar in
der Nähe vom Sendlinger Tor und nippt an
einem Gin Tonic. Das Pferd lugt zwischen
den Fingern hervor.
Dass Sarah einmal ein Handwerk wie
Sattlerin lernen würde, war nicht abseh-
bar. Nach dem Abitur war sie ein bisschen
verloren. Kein Lebensplan, alle Möglich-
keiten offen. Also entschied sie sich für ein
BWL-Studium. „Mathe war in der Schule
das, was ich am Besten konnte“, sagt Sa-
rah, also schien BWL irgendwie sinnvoll, ei-
ne sichere Bank. Fünf Semester hielt Sa-
rah durch, doch dann kam ein Praktikum,
bei dem sie sich viel mit Marketing be-
schäftigte. „Auf einmal konnte ich mir
nicht mehr vorstellen, den ganzen Tag Zah-
len in einen PC einzutippen“, sagt Sarah.
Also brach sie ihr Studium ab. Wenn Sarah
über diese Entscheidung spricht, wirkt sie
erleichtert.
Nach dem Abbruch wurde ihr außer-
dem klar: „Ich wollte was mit den Händen
fertigen, was selbst herstellen“, sagt sie.
Aber sie wusste noch nicht genau, was. Al-
so ging sie zur Agentur für Arbeit und ließ
sich beraten. Herauskam: Sattlerin.
Sarah hat seit vielen Jahren ein Pflege-
pferd in einer Reitanlage in Riem. Bei den
Pferden zu sein, das war für Sarah immer
schon Entspannung. Und als dann diese
Ausbildungsempfehlung im Raum stand,
dachte sie sich: Warum nicht? Also bewarb
sie sich erfolgreich für einen Ausbildungs-
platz in einem Münchner Betrieb und lern-
te, Sättel und Zäume herzustellen und zu
reparieren.
Reiten ist ein beliebtes Hobby. Reiten
ist aber auch ein Luxushobby – vor allem,


wenn man ein eigenes Pferd hat. Pferde
sind teuer. In der Haltung, der Anschaf-
fung und der Ausrüstung. Für ein neues
Zaumzeug und einen neuen Sattel werden
schnell Preise um die 3000 Euro fällig.
Und irgendjemand muss diese Sättel ja fer-
tigen – also fast schon eine sichere Bank.
Doch auch hier merkte Sarah irgend-
wann, dass ihr das Herstellen von Sätteln
zu wenig war, und: zu einseitig. „Ich wollte
weiter lernen, selbst gestalten und mei-
nen eigenen Stil finden“, sagt Sarah.
Also begann sie 2016 genau aus diesem
Grund eine Weiterbildung zur Gestalterin
im Handwerk an der Akademie für Gestal-
tung und Design. Sarah lernte dort unter
anderem Skizzieren, Fotografieren und
das Umsetzen von Entwürfen. Als Ab-
schlussarbeit fertigt sie einen Koffer aus
Leder, mit abnehmbarer Aktentasche. Als
Sarah über den Koffer spricht, rollt sie die
Augen und verzieht das Gesicht. „Den Kof-
fer so zu bauen, dass er stabil ist, seine

Funktion erfüllt und gut aussieht, war
schwieriger als gedacht.“
Um noch besser, noch sicherer in ihrem
Handwerk zu werden, arbeitete Sarah
nicht nur in einem Lederatelier im Glo-
ckenbachviertel, sie zog auch für ein paar
Monate nach Florenz. Dort gibt es eine an-
erkannte Lederfachschule, in einem Klos-
ter, an der Designer aus Südkorea, den
USA, Russland, Japan und eben auch Itali-
en Leder verarbeiten. Die Herangehens-
weisen waren bei jedem unterschiedlich.
Sarah erzählt beispielsweise von ausgefal-
lenen koreanischen Designs und Taschen
mit Glitzer.
Und auch sie selbst probierte in der
Schule einfach viel aus. Sie stellte kleine
Taschen her, große Taschen, Taschen für
Visitenkarten, Taschen mit abgerundeten
und mit geraden Kanten. „Ich habe für
mich festgestellt, dass ich einfache, klare
und schlichte Formen schätze. Die Funkti-
on einer Tasche steht bei mir im Vorder-

grund“, sagt sie. 13 Taschen designte Sa-
rah in den drei Monaten in Italien. Und als
sie zurück nach Deutschland kam, wusste
sie: Sie will sich selbständig machen.
Für ihre Tasche „puglia“, benannt nach
Apulien, einer Region im Südosten Itali-
ens, wurde sie für den oberbayerischen
Förderpreis für Angewandte Kunst nomi-
niert. Die Tasche besteht aus Dreiecken
und lässt sich mit einer Lederkordel zuzie-
hen und dadurch verschließen.
Materialfragen sind für Sarah wichtig:
Sie versucht so ressourcenschonend wie
möglich zu leben und auch zu arbeiten. Da
stellt die Verarbeitung von Leder eine Her-
ausforderung dar. Denn Leder an sich ist
zwar ein Natur- und oft auch ein Abfallpro-
dukt. Chemische Gerbung oder die Ger-
bung mit Pflanzen, Rinden und Blättern
aus dem Urwald machen Leder jedoch zu
einem Produkt, das der Natur schadet. Bei
einer Fortbildung in Reutlingen hörte Sa-
rah dann zum ersten Mal von „Oliven-Le-
der“. Das ist keine vegane Alternative zu
Leder, sondern Leder, das mit Olivenblät-
tern, und nicht mit Chemikalien wie zum
Beispiel Chrom gegerbt wird. Die für die
Gerbung verwendeten Olivenblätter sind


  • wie eben Leder auch – ein Abfallpro-
    dukt, das bei der Olivenernte anfällt. Und:
    Die Gerberei aus Reutlingen, die als einzi-
    ge das Olivenleder herstellt, nutzt dafür
    nur Häute von Rindern aus dem süddeut-
    schen Raum und von Wasserbüffeln aus
    dem Allgäu.
    Sarah möchte all ihre Produkte aus die-
    sem Leder herstellen. Auch wenn es sehr
    teuer ist. Um sich ihre Materialien leisten
    zu können und um ihre Firma aufzubau-
    en, arbeitet Sarah 20 Stunden pro Woche
    in einem Bio-Laden.
    Wenn es um die Kosten geht, wirkt Sa-
    rah nachdenklich. „Die vergangenen Mo-
    nate habe ich mehr Businesspläne ge-
    schrieben als Taschen genäht. Es ist schon
    ein bisschen wie im Studium“, sagt sie und
    runzelt die Stirn. Vielleicht ist es also gut,
    gut in Mathe gewesen zu sein, zweieinhalb
    Jahre mit BWL verbracht, und schon ein-
    mal ganz viele Zahlen in einen Computer
    getippt zu haben.


Antilope


AdjaKhadija Diedhiou, 23, war sechs Jahre
alt, als sie mit ihrer Mutter aus dem Sene-
gal nach Deutschland gezogen ist. Sie hat
in Düsseldorf gelebt, in Berlin und Mün-
chen. Sie singt, tanzt, schauspielert und
hat 2017 an der Plus-Size-Model-Show
„Curvy Supermodel“ teilgenommen. Nach
einem schweren Unfall verbringt sie gera-
de einige Monate im Haus ihrer Mutter in
Dakar, der Hauptstadt des Senegal. Wäh-
rend des Telefonats begrüßt sie manchmal
eine vorbeikommende Person mit „Salam
Aleikum“, aber dann redet sie gleich auf
Deutsch weiter. Schnell, selbstbewusst, le-
bensfroh. Khadija hat noch viel vor.

SZ: Du hast drei Jahre in München gelebt,
was vermisst du am meisten?
Adja Khadija Diedhiou: Den Münchner
Sommer, der ist einfach der Hammer. Und
überhaupt, dass München so viele Grünflä-
chen und vor allem so schöne Grünflächen
hat. Das gibt es weder in Düsseldorf noch
in Berlin, dieses Gefühl, so nah an der Na-
tur zu sein.

Was war dein erster Eindruck von Mün-
chen?
Ich bin 2015 nach München gekommen,
weil ich einen Studienplatz für Eventma-
nagement an der Internationalen Hoch-
schule IUBH bekommen hatte. Ich kam an
und wusste sofort: That’s home, das ist mei-
ne Stadt. Ich bin ein Chaos-Kopf. Und in ei-
ner Stadt wie Berlin, wo sieben Tage die Wo-
che Party ist, da bin ich dann genauso wirr
wie die Stadt und falle in einen Strudel aus
Motivationslosigkeit. Das ist in München
anders. München gibt mir Ruhe und die
Kraft, all meine Pläne umzusetzen.

Was war dein prägendstes Erlebnis in
München?
Einen Monat nach meiner Ankunft war ich
quasi wohnungslos, weil ich da, wo ich zwi-
schenzeitlich gewohnt hatte, rausmusste.
Das war gerade zu der Zeit, als am Haupt-
bahnhof ganz viele Flüchtlinge ankamen,
und ich habe direkt gesehen, dass viele hel-
fen wollten. Und ich wollte das auch. Eine
Gruppe von Jungs aus dem Senegal, die ich
dort kennengelernt habe, hat mir dann für
ungefähr eine Woche einen Schlafplatz in
einer Flüchtlingsunterkunft in Lenggries
organisiert. Ich will gar nicht sagen, das
war positiv oder negativ, es war aber ganz
bestimmt prägend. Das erste Mal von zu
Hause weg und dann gleich mal im Flücht-
lingsheim.

Du hast viel Zeit am Hauptbahnhof ver-
bracht. Was hast du dort sonst noch ge-
macht?
Ich habe geholfen, wo ich konnte, vor allem
beim Übersetzen. Darüber habe ich auch ei-
nen Job beim Bundesamt für Migration
und Flüchtlinge als freie Übersetzerin be-
kommen. Das war eine interessante, auch
krasse Zeit. Ich weiß noch, nach der ersten
Übersetzung habe ich meine Mama angeru-
fen und geweint. Aber ich habe gelernt, es
zu händeln.

Was ist ein Unterschied zwischen Dakar,
wo du gerade bist, und München?
Hier im Senegal sind die Türen immer of-
fen. Die Gastfreundschaft ist hier wirklich
riesig. Wenn du da bist, dann bist du hun-
dertprozentig Gast, es ist einfach, sich
wohl zu fühlen. Gleichzeitig fehlt so ein
bisschen die europäische Mentalität, dass
man seine Meinung offen sagen kann,
auch wenn das nicht gerade die allgemein
akzeptierte Ansicht ist. Damit ecke ich hier
manchmal an.

Möchtest du wieder zurück nach Mün-
chen?
Unbedingt, ich habe so viele Pläne. Ich wür-
de zum Beispiel gerne als Synchronspre-
cherin arbeiten. Mir ist aufgefallen, dass in
Deutschland die meisten dunkelhäutigen
Schauspieler in englisch-sprachigen Fil-
men von weißen Sprechern synchronisiert
werden, dabei haben dunkelhäutige Men-
schen eine ganz andere Stimmtonalität.

Erfahrung im Fernsehen hast du ja schon.
2017 hast du bei der RTL2-Show „Curvy
Supermodel“ mitgemacht.
Ich bin bis ins Halbfinale gekommen, aber
ich glaube, ich konnte nicht die Geschichte
bedienen, die man bei solchen Shows
braucht, um zu gewinnen: Von der Maus
zum Schwan. Vielleicht war ich schon zu
gut(lacht). Aber ich habe da auf jeden Fall
tolle Freundinnen kennengelernt, mit de-
nen ich auch immer noch Kontakt habe.

Welches Vorurteil über München würdest
du gerne widerlegen?
Dass München konservativ ist. That’s
trash, das stimmt nicht. Altmodisch und
traditionell wird es vielleicht zum Oktober-
fest und solchen Anlässen. Ansonsten ist
München mega cool, total modern und of-
fen für Neues.

Was würdest du gerne verändern?
Gar nichts, ich liebe München wirklich ge-
nauso, wie es ist. Die Bahnen fahren pünkt-
lich, die Stadt ist einfach wunderschön,
egal, wo man hingeht. Ich müsste wahr-
scheinlich dort wohnen und richtig pinge-
lig suchen, damit ich was finde.

Was ist das erste, was du machen wirst,
wenn du zurückkommst?
An die Isar gehen und ein Augustiner trin-
ken. Da kriege ich gerade richtig Heimweh.

interview: theresa parstorfer

Umgesattelt


Ein Tattoo, eine Tasche, ein Lebenstraum: Sarah Jungbauer studierte fünf Semester lang BWL, dann brach sie ab.
Nach einer Beratung in der Agentur für Arbeit wagte sie den Neuanfang. Heute designt sie Taschen

Adja Khadija Diedhiou, genannt Khadija, fühlt sich im Senegal und in Deutschland
zu Hause. „Ich liebe beide Länder“, sagt sie. FOTO: PRIVAT

Endlich selbständig: Erst studierte Sarah Jungbauer Betriebswirtschaft, dann
wurde sie Sattlerin. Jetzt arbeitet sie als Designerin. FOTOS: PRIVAT

„Ich bin ein Chaos-Kopf“


Khadija Diedhiou vermisst München, weil die Stadt ihr Ruhe gibt


BAND DER WOCHE


München lebt.Viele junge Menschen in der
Stadt und im Umland verfolgen aufregende
Projekte, haben interessante Ideen und kön-
nen spannende Geschichten erzählen. Auf die-
ser Seite werden sie Montag für Montag vorge-
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„Die vergangenen Monate habe ich mehr Businesspläne geschrieben als Taschen genäht“, sagt Sarah Jungbauer.


JUNGE LEUTE


KOMMEN & GEHEN


Mit jedem Menschen,
der zuzieht, verändert
sich die Stadt. Und auch mit
jedem Menschen, der
München verlässt, verliert
die Stadt ein Stück Identität

R4 (^) JUNGE LEUTE Montag, 17. Februar 2020, Nr. 39 DEFGH

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