Süddeutsche Zeitung - 19.03.2020

(Nancy Kaufman) #1
von christoph bartmann

D


er junge Jacques hat einen Traum.
Einen Tagtraum, worin ihm die „Le-
opardin“ erscheint, eine „üppige
nackte Nixe“ mit „herrlichen Brüsten“,
und woraus ihn brüsk ein Schmerz in der
Rippengegend erweckt. Es ist Samstag,
der 6. Oktober 2003, und Jacques hat in
der sephardischen Synagoge zu Straßburg
kurz ein Schläfchen eingelegt. Bis ihn der
Großonkel Ezechiel unsanft in die öde
Wirklichkeit des Jom Kippur zurückpfeift.
„Ein mit unverdauten Peperoni angerei-
cherter Atem ruinierte den paradiesischen
Augenblick“, so wird gleich am Anfang von
Olivier Guez’ Roman „Koskas und die Wir-
ren der Liebe“ berichtet, und bei gemisch-
ten oder gestörten Gefühlen dieser Art
wird es dann auch bleiben. Es ist eine ziem-
lich deftige Komödie, die Guez da geschrie-
ben hat, die (Tragi-)Komödie eines liebes-
tollen jüdischen Mannes, in einer gut ge-
launten, gagverliebten Reporterschreibe.


Jacques, Spross einer gutbürgerlichen
akademischen Familie in Straßburg, der
Vater Gynäkologe, die Mutter Urologin,
war eigentlich zu Höherem berufen gewe-
sen. Ein so begabter wie fleißiger Schüler,
ernsthaft und solide, dem Glauben der Vor-
fahren treu, gab Jacques zu den schönsten
Hoffnungen Anlass, bis ihn, recht spät
erst, am Atlantikstrand, sein erotisches Da-
maskuserlebnis ereilt. Ein „neues Kapitel
der menschlichen Mythologie“, ein „‚neuer
Abschnitt der Weltgeschichte‘“. Jacques
Koskas entdeckt „seine Berufung“: die Lie-
be und ihre Wirren.
So weit, so absehbar, könnte man schon
an dieser Stelle sagen. Ist das nicht Philip
Roth plus Woody Allen dividiert durch ein


bisschen Albert Cohen? Was ja nicht das
Schlimmste sein müsste. Wie seine über-
großen Vorbilder hat Guez Witz, und zu die-
sem Witz wohl gehört auch der betont sorg-
lose Umgang mit Klischees – von Frauen,
orthodoxen Juden, Deutschen, Journalis-
ten, nicht so orthodoxen Juden und eigent-
lich allen anderen Personengruppen auch.
Wenn etwa Guez Jacques den Hintern sei-
ner sephardischen Geliebten als „Marra-
kesch-Bonbonniere“ erleben lässt – dann
schlagen sich in einem solchen Attribut
doch auch ein wenig die Probleme von Gu-
ez’ literarischem Freistil nieder. Der Ro-
man ist schon 2014 in Frankreich erschie-
nen, und man merkt es ihm an – oder man
merkt, wie sehr sich die Grenzen auch des
literarischen Sagens seitdem verschoben
haben.
Jacques jedenfalls, der Erotomane, ver-
sucht sich im Leben mit wechselndem Er-
folg als Pariser Zeitungsjournalist oder
auch mal als Spielervermittler in Brasilien

und Kuba, wird aber seines Lebens trotz
rastloser Abenteuer nicht recht froh. Et-
was fehlt, was ihm weder ein bürgerlicher
Beruf noch eine bürgerliche Ehe bieten
können, geschweige denn eine Rückkehr
in die rechtgläubige Elternwelt.
Eigentlich interessiert sich Jacques nur
für zwei Dinge: erstens für Mitteleuropa,
die Heimat seiner Mutter, eine unscharf
umrissene Welt zwischen Pommern und
Serbien, durch die Jacques als Wiedergän-
ger von Joseph Roth schweifen will, und
zweitens seine erotische „Berufung“. Diese
muss endlich einmal ihr Zielobjekt finden,
eine „Leopardin“ wie im Traum, nur dies-
mal eben in der Wirklichkeit. Auf der
Flucht vor zwei unerwünschten Vaterschaf-
ten in Paris sucht Jacques sein Heil in Ber-
lin und findet dort tatsächlich Barbara, die
Frau seiner Träume. Die Liebe ist groß,
auch wenn seine neue Freundin selbst
ebenfalls polygame Neigungen hegt, und
wenn man sich nahe kommt, klingt das bei

Guez so: „Schaudernd vor Ekstase, strei-
chelte er ihr goldenes Haar und ihre mar-
morne Haut, auf der sich die Sonnenstrah-
len spiegelten, er küsste sie zärtlich, seine
Hände wanderten über ihren Körper (...).“
Positiv ausgedrückt: Guez beherrscht
eben nicht nur das Register der Sexualgro-
teske, er kann auch Sentimentalität, ja
Kitsch. Gerne möchte man hoffen, dass die-
se Aufwallungen des Trivialen allesamt ge-
wollt sind und eine tiefere Absicht trans-
portieren. Aber nein, über die „Wirren der
Liebe“, die dem Roman den Titel geben
und die Gott sei Dank nicht sein einziges
(wenn auch sein beherrschendes) Thema
sind, hat Guez tatsächlich über weite, fast
ermüdend witzige Strecken nichts Erhel-
lendes mitzuteilen.
Das Humoristische kann zum Fluch wer-
den, wenn ihm nicht irgendwann der Ernst
zu Hilfe eilt. Erst auf der Zielgeraden des
Romans, man ahnt es die ganze Zeit,
kommt dieser Ernst zu seinem Recht. So
kann es schließlich mit Jacques auch nicht
weitergehen, sonst wäre sein Leben und
mit ihm der Roman gänzlich verfehlt. Auf
welche Weise Jacques nun „wesentlich“
wird, wo und mit wem und für wie lange,
das kann hier nicht verraten werden. Je-
denfalls bekommt Guez’ Roman vom Ende
her eine Erdung, die Jacques’ Liebes- und
Lebenswirren noch einmal in ein anderes
Licht taucht. Jacques, der Clown, der Sexu-
alneurotiker und Tagträumer, der, wie er
sagt, am liebsten ein Leben gelebt hätte
wie Tony Curtis und Roger Moore in der le-
gendären TV-Serie „Die Zwei“, dieser
Jacques findet den lange vermissten Sinn
in einem Daseins jenseits seiner eroti-
schen „Berufung“. Das ist, denkt man an
sein Vergnügen an Marrakesch-Bonbonni-
eren, fürwahr ein weiter Weg gewesen.

Olivier Guez:Koskas und die Wirren der Liebe.
Roman. Aus dem Französischen von Nicola Denis.
Aufbau Verlag, Berlin 2020. 336 Seiten, 22 Euro.

Als Kirsten Boie einmal nach ihrem Lieb-
lingsbuch gefragt wurde, für eine kleine SZ-
Serie unter dem Titel „Warum ich es nicht
lassen kann“, kam als Antwort: „Pippi
Langstrumpf“, „Pünktchen und Anton“,
Karl May, Enid Blyton, eine anscheinend
endlose Liste all der Titel folgte, die sie als
Kind in der Stadtbücherei oder bei Freun-
den ausleihen konnte, quer durch alle Gen-
res und Altersstufen. Darunter auch, ein
Gewinn beim Topfschlagen als sie elf Jahre
alt war, das Reclamheft „Nathan der Wei-
se“, von dessen Sprache sie fasziniert war.
In ihrer Autobiografie „Monis Jahr“ er-
zählt sie, dass Bücher ihr schon ab fünf
Jahren zum Lebenselixier wurden, denn in
ihnen erlebte sie, die 1950 in Hamburg
geboren wurde, eine Faszination, die sie
aus dem tristen Alltag der Nachkriegszeit
entführte, und die sie ihr ganzes Leben
nicht mehr verließ. Und aus der begeis-
terten Leserin eine der erfolgreichsten
deutschen Autorinnen machte, obwohl der
Start fast ein zufälliger war. Denn als sie
zwei Kinder adoptiert hatte, wurde sie vom
Jugendamt gezwungen, ihre Arbeit als Leh-
rerin zu beenden. Also schrieb sie 1985 zu
Hause „Paule ist ein Glücksgriff“, das erste
Kinderbuch über den Alltag mit einem
schwarzen Adoptivkind, das gleich ein
großer Erfolg wurde.
„Bei mir verwandelt sich alles, was mich
bewegt, schnell in Geschichten“, ist ihre
Erklärung dafür und auch für ihr unermüd-
liches Schreiben, das zu einem Oeuvre
führte, das inzwischen so breit gefächert
ist, wie die Titelliste ihrer anfänglichen
Leselust. So findet sich neben hart realis-
tischen, gesellschaftskritischen Titeln, „Er-
wachsene reden. Marco hat was getan“
oder „Nicht Chicago, nicht hier“, die von
ihren Erfahrungen als Lehrerin an einer
Brennpunktschule erzählen, auch mär-
chenhaft Sagenhaftes, wie die Reihe „Der
kleine Ritter Trenk“. Immer wieder ist in
ihren Geschichten der kindliche Alltag zu
entdecken, in der wunderbar ironischen

Lena-Reihe oder der Möwenweg-Serie.
Und auch in der Krimi-Reihe „Thabo“, die
einen toughen schwarzen Jungen und
seine Freunde in Swasiland zeigt, die die
Autorin bei ihrer Arbeit für ihre Aids-Wai-
sen-Stiftung dort kennenlernte.
Auf ihren Lesereisen hat Kirsten Boie
vielfach erfahren, wie wenig gerade die
Grundschulkinder heute lesen. So wurde
sie zu einer unermüdlichen Streiterin für
die Leseförderung. Sie verfasste 2018 „Die
Hamburger Erklärung“, die als Petition
große öffentliche Unterstützung fand,
politisch bis jetzt jedoch wenig bewirkte.
Der Digitalpakt für die Schulen war da viel
erfolgreicher. Unermüdlich kämpft sie
weiter und fordert, dass sich alle stärker
einmischen müssen: „Wirtschaftsverbän-
de, Gewerkschaften, Kirchen und andere
Gruppierungen müssen sich zusammen-
schließen und Lobbyarbeit fürs Lesen
machen.“ Ein Wunsch zu ihrem Geburts-
tag heute wäre, dass sie diesen Lesepakt
bald schließen kann: „Kinder lesen, um
Spaß zu haben, Abenteuer zu erleben, sich
bei der Identifikation mit der Heldin schön
und begehrenswert, mutig und stark zu
fühlen. Und manchmal auch, um sich zu
trösten“. roswitha budeus-budde

Die Suche nach der Leopardin


Clown, Sexualneurotiker und Tagträumer: Olivier Guez erzählt


von den tragikomischen Abenteuern eines liebestollen jüdischen Mannes


Topfschlagen mit


Nathan, dem Weisen


Die Kinderbuchautorin Kirsten Boie wird 70


von kathleen hildebrand

E


igentlich muss man für ein apoka-
lyptisches Gruseln gerade bloß die
Nachrichten einschalten. Viele der
Bilder, von denen sonst der Katastrophen-
film lebt, sind dort zu sehen: menschenlee-
re Straßen und Cafés, besorgte Experten,
leer gekaufte Supermärkte.
Aber wie es aussieht, sind die Nachrich-
ten den Menschen nicht genug. Seit Wo-
chen stehen zwei Filme ganz oben in den
Streamingcharts, die von tödlichen Viren-
krisen handeln. In Deutschland findet
man Steven Soderberghs „Contagion“ von
2011 gerade auf Platz fünf der iTunes-
charts, weltweit steht der Film sogar auf
Platz zwei. „Outbreak“ von Wolfgang Peter-
sen aus dem Jahr 1995 steht auf Platz
zwölf. Für Filme, die nicht aktuell sind, ist
das ungewöhnlich. Woher kommt diese
Faszination für Fiktionen, die der aktuel-
len Realität so ähnlich sind?


Anruf bei Eva Horn, Professorin für
Germanistik an der Universität Wien und
Expertin für Katastrophenszenarien. In
Wien herrscht Ausgangssperre, Eva Horn
ist also zu Hause. Soderberghs Film hat sie
drei Tage zuvor noch einmal angeschaut.
„Was Fiktion kann“, sagt sie, „ist, ein kon-
kretes Bild von einer Situation zu erzeu-
gen, die sich eigentlich niemand vorstellen
kann.“ In ihrem Buch „Zukunft als Kata-
strophe“ nennt sie solche Filme und Ro-
mane „Experimentalanordnungen“: Man
kann aus der Sicherheit des eigenen Wohn-
zimmers durchspielen, was gerade pas-
siert – und was noch kommen könnte.
Beruhigend ist daran zuerst einmal gar
nichts. Besonders „Contagion“ ist dazu viel
zu realistisch. Der Film beginnt, bei schwar-
zem Bild, mit einem ziemlich ernsthaft
klingenden Husten von Gwyneth Paltrow.
Sie kommt gerade aus Hongkong, hat
Zwischenlandung in Chicago und knab-
bert mit fiebrig glänzendem Gesicht ein
paar Erdnüsse an der Flughafenbar. Als sie
zahlt und sich zum Gate aufmacht, lässt
Soderbergh die Kamera jeweils ein paar
Sekunden auf allem ruhen, was sie berührt
hat: den Nüssen in der Schale für alle Gäs-
te, ihrer Kreditkarte, die sie der Bedienung
gibt, die wiederum den Touchscreen der
Kasse bedient. Es ist klar: Sie ist sehr
krank, andere werden es auch bald sein.
Das Virus klebt überall. Zehn Filmminuten
später liegt Gwyneth Paltrow auf einem
Obduktionstisch, ein Pathologe klappt ihr
die Kopfhaut nach vorn. Wer sich nach
zwei Monaten Corona-News noch immer
nicht alle fünf Minuten die Hände wäscht,
fängt nach diesen Bildern damit an.
Scott Z. Burns, der das Drehbuch zu
„Contagion“ geschrieben hat, gab kürzlich
dem MagazinSlateein Interview. Er sagt,
dass das Virus im Film zwar stärker sei als
Corona, aber dafür sei die aktuelle US-Re-
gierung auch schwächer gerüstet für den
Kampf dagegen. Das mindert die einiger-
maßen tröstliche Wirkung von „Contagi-
on“, an dessen Ende es immerhin einen
Impfstoff gibt und Matt Damon als Famili-
envater seine Tochter vor der Erkrankung
bewahrt hat, auch wenn er sie dafür streng
von ihrem Boyfriend fernhalten musste.


Wolfgang Petersens „Outbreak“ ist im
Vergleich fast beruhigend realitätsfern:
Hier ist das Ursprungsvirus ein künstlich
gezüchteter Biokampfstoff, dessen Exis-
tenz das Militär um jeden Preis geheimhal-
ten will. Über dem Militärlager in Afrika, in
dem es erstmals getestet wird, wirft die Ar-
mee eine Bombe ab. Nur drei schwarz-wei-
ße Äffchen springen aus den brennenden
Bäumen in Sicherheit. Dreißig Jahre spä-
ter kommt das Virus über einen importier-
ten Affen in eine idyllische Kleinstadt in Ka-
lifornien, Dustin Hoffman und Rene Russo
sollen sie als Virologen und Ex-Eheleute
retten. Bis es soweit ist, muss aber unter an-
deren Kevin Spacey als lustiger Virologen-
kollege von Hoffman sein Leben lassen.
Anders als im verwandten Zombiegenre
enthumanisiert der Pandemiefilm seine
Infizierten nicht, ganz im Gegenteil.
Wer sich diese Filme ansieht, merkt
auch, welche Narrative unsere Vorstellung
von Pandemien prägen: Das gefährliche

Virus kommt aus dem Dschungel von Asi-
en oder Afrika, aus westlicher Perspektive
also aus der nicht so richtig zivilisierten
Welt, wo Mensch und Tier sich noch näher
sind als bei uns. Von dort dringt es in die
Zivilisation ein, beschleunigt von globali-
sierten Transport- und Handelswegen.
Am Schluss von „Contagion“ zeigt eine
Montage zu treibenden Technobeats, wo-
her das Virus kam: Eine Fledermaus wird
von Baumaschinen aufgeschreckt, lässt
ein angeknabbertes Stück Banane fallen,
das ein Ferkel in Massentierhaltung frisst,
das wiederum von einem chinesischen
Koch zubereitet wird, der sich nicht die
Hände wäscht, bevor er Gwyneth Paltrow
für ein Foto im Restaurant die Hand schüt-
telt. Selbst das uralte Motiv der Krankheit
als Strafe für Sünden ist noch da: Paltrows
Figur ist auf ihrem Zwischenstopp in Chica-
go mit ihrem Ex-Freund fremdgegangen.
Die Person, die das Virus in „unsere“ Welt
bringt, ist also eine untreue Frau – der

personifizierte Kontrollverlust. Ihr braver
Ehemann, gespielt vom amerikanischen
Jedermann Matt Damon, überlebt. In „Out-
break“ wendet sich die Sünde der Biowaf-
fenherstellung gegen die Sünder selbst
und verwüstet mit dem beschaulichen
Cedar Creek genau den Ort amerikani-
scher Idyllik, den die ruchlosen Militärs
angeblich schützen wollen.
Die Helden sind am Ende, wie meistens
in Hollywoodfilmen, einzelne mutige Men-
schen. Die Behörden in „Contagion“ mö-
gen behäbig sein, sie knausern und geben
zu wenige Informationen an die Öffentlich-
keit. Aber einzelne Forscher und Beamte
verhalten sich dann doch so heldenhaft
wie die Medizinerin, die sich den experi-
mentellen Impfstoff selbst injiziert, um
die Zeit für die klinischen Tests zu sparen.
Der Grund dafür, dass diese Filme gera-
de Konjunktur haben, liegt aber nicht nur
im Trost funktionierender Rettungsmaß-
nahmen in der Fiktion und auch nicht nur

in der Angstlust, dem Grusel des Realen.
Eva Horn erklärt die Wirkung katastrophi-
scher Szenarien in ihrem Buch „Zukunft
als Katastrophe“ einerseits als alarmis-
tisch – sie weisen auf Gefahren hin, ma-
chen sie anschaulich und können so akti-
vieren, mindestens zum Händewaschen.
Andererseits beschreibt sie sie mit dem
Konzept der Interpassivität: Man delegiert
durch die Fiktion eines Films oder eines
Romans das Handeln an jemand anderen,
einen Filmhelden wie den Familienvater,
der die Seuche überlebt. „Das Starren auf
die Katastrophe“ schreibt Horn, entlaste
von der schwierigen Aufgabe, angesichts
der Katastrophe zu handeln.
Dass offenbar vor allem zu Hause auf
dem Sofa gestarrt wird, ist im Fall von Coro-
na freilich tröstlich. In „Outbreak“ sagt
Rene Russo angesichts Dutzender neuer
Infizierter in Cedar Creek: „So viele. So
plötzlich.“ Und Dustin Hoffman antwortet:
„Wahrscheinlich waren sie alle im Kino.“

Seuchenfilmlogik: Die untreue


Frau muss sterben, der biedere


Ehemann überlebt das Virus


Erste Hilfe aus dem Kino


Wenn das echte Grauen nicht reicht: Ausgerechnet in der Viruskrise lechzen viele Menschen nach


Seuchenfilmen, Klassiker wie „Outbreak“ und „Contagion“ haben Hochkonjunktur. Warum eigentlich?


Die amerikanische Pop-Sängerin Katy
Perry muss vorerst doch nicht 2,8 Millio-
nen Dollar an den christlichen Rapper
Marcus Gray alias Flame überweisen.
Im Juli vergangenen Jahres hielt es ein
amerikanisches Gericht nach wochen-
langen Verhandlungen für erwiesen,
dass Perry und ihr Songwriter Lukasz
Gottwald alias Dr. Luke einen Teil ihres
2013 veröffentlichten Hits „Dark Horse“
aus Flames 2008 erschienenen Song
„Joyful Noise“ geklaut haben. Tatsäch-
lich ähneln sich das zentrale Sample in
„Joyful Noise“ und der dominante Teil
der Begleitung der Strophe in „Dark
Horse“ unüberhörbar. Perry und Gott-
wald beriefen sich allerdings darauf,
dass sie „Joyful Noise“ nicht gekannt
hätten, als sie „Dark Horse“ produzier-
ten. Das wiederum hielt die Gegenseite
für unglaubwürdig, das Album mit dem
Song sei sogar für einen Grammy in der
Kategorie „Bestes Rock oder Rap-Gos-
pel-Album“ nominiert gewesen. Das
Bundesgericht in Los Angeles hob im
Berufungsprozess das Urteil aus dem
vergangenen Jahr nun mit der Begrün-
dung auf, dass das aus acht Noten beste-
hende Songelement, um das es gehe,
nicht originell genug sei.sz

Das Disneystudio hat den Start des
Marvelfilms „Black Widow“ wegen der
Coronapandemie abgesagt. Die Comic-
verfilmung mit Scarlett Johansson hät-
te weltweit zwischen Ende April und
Anfang Mai starten sollen. Der Block-
buster ist das nächste große Projekt,
das Hollywood verschieben muss, nach-
dem bereits wichtige Kinofilme wie
„Keine Zeit zu sterben“ und „Mulan“
verschoben werden mussten. Für Dis-
ney ist der Schritt ein herber Schlag,
Marvelproduktionen sind die wichtigs-
te Filmreihe des Studios. sz

Der amerikanische Schauspieler Stuart
Whitman ist tot. Nach Angaben seines
Sohnes starb der 92-jährige Leinwand-
veteran, der vor allem durch Western-
Rollen bekannt wurde, in seinem Haus
im kalifornischen Montecito. Mit John
Wayne drehte Whitman unter der Regie
von Michael Curtiz den Western „Die
Comancheros (1961). An der Seite von
Henry Fonda, Sean Connery und Gerd
Fröbe wirkte er in dem Kriegsfilm „Der
längste Tag“ (1962) mit. Zu den mehr als
100 Film- und Fernsehproduktionen
Whitmans zählt die britische Komödie
„Die tollkühnen Männer in ihren flie-
genden Kisten“ (1965). Für den Oscar
als bester Hauptdarsteller wurde er für
das Drama „Gebrandmarkt“ (1961) no-
miniert, in dem er einen verurteilten
Missbrauchstäter spielte. An seiner
Seite wirkte Maria Schell mit. Bei der
Oscar-Verleihung unterlag Stuart Whit-
man allerdings Schells Bruder Maximili-
an Schell, der die Trophäe für seine
Rolle in dem Gerichtsdrama „Das Urteil
von Nürnberg“ gewann.dpa

Vorstreiterin der Leseföderung: Kirsten
Boie, 1950 in Hamburg geboren. FOTO: DPA

Der Autor hat Witz und


pflegt einen sorglosen Umgang


mit Klischees


DEFGH Nr. 66, Donnerstag, 19. März 2020 (^) FEUILLETON HF2 11
Olivier Guez schrieb auch das Drehbuch für den Film „Der Staat gegen Fritz Bau-
er“ und den Roman „Das Verschwinden des Josef Mengele“. FOTO: OPALE/LEEMAGE/LAIF
„So viele. So plötzlich“: Rene Russo als Virologin im Kinofilm „Outbreak“ aus dem Jahr 1995. FOTO: WARNER / IMAGO
LITERATUR
Acht ähnliche Noten
„Black Widow“ abgesagt
Stuart Whitman gestorben
KURZ GEMELDET

Free download pdf