Frankfurter Allgemeine Zeitung - 20.03.2020

(Nandana) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Unternehmen FREITAG,20. MÄRZ2020·NR.68·SEITE 19


IC und ICE mit Flixtrain
Mit Tickets desWettbewerbersFlixtrain
können Bahnreisende vonsofor tan
ICE- und IC-Zügeder Deutschen Bahn
benutzen. DieseRegelung gilt zunächst
bis Ende April, wie dieDeutsche Bahn
am Donnerstag mitteilte. Flixtrain, das
zumFernbusbetreiberFlixbusgehört,
bedient imFernverkehr normalerweise
drei Verbindungen: Berlin–Stuttgart,
Berlin–Köln und Hamburg–Köln. Das
Unternehmen hat jedoch seinen Be-
trieb auf der Schiene wie auchauf der
Straßeeingestellt. tih.

Stopp bei MAN und Scania
Am Dienstag hat MANKurzarbeit ange-
meldet, am Donnerstag kündigteder
Nutzfahrzeughersteller den sofortigen
Stopp der Produktion imWerk Mün-
chen an.Wegender Corona-Risiken
und wegendes Abrisses der Lieferkette
seidie Fertigung eingestellt, teiltedie
zur VW-KonzerngesellschaftTratonge-
hörende MANTruck&Bus mit.Die an-
derenWerkeinNürnberg, Salzgitter,Po-
len und Ankarawürden sukzessivezu-
rückgefahren.Unbenommen davonsei-
en Service und Ersatzteilversorgungge-
sichert, wirdbetont.Der ebenfalls zu
Tratongehörende schwedische Herstel-
ler Scania schließtvom25. Märzanwe-
gender Störungen in der Lieferkette
alle WerkeinEuropa. kön.

Keine Produktion in Amerika
Nachdem Autohersteller in Europa
schon in denvergangenenTagendie
Schließung vonWerkenangekündigt
haben,fährtnun auchdie amerikani-
scheAutoindustriewegender Corona-
Krise ihre Produktion herunter.Gene-
ralMotors, Ford und FiatChrysler ha-
ben jetzt angekündigt, ihreWerke in
denVereinigtenStaaten,Kanada und
Mexikobis Ende Märzzuschließen.
GM teiltemit, danachsolle vonWoche
zu Wocheneu entschiedenwerden, wie
es mit derFertigungweiter gehe. Die
Autokonzerne hatten in denvergange-
nenTagenversucht, die Produktion auf-
rechtzuerhalten, die Gewerkschaft
UAWhat aber zunehmenden Druckaus-
geübt, Werkezuschließen. Die Produk-
tion in den amerikanischen Werken
deutscherAutohersteller wie Daimler
oder BMW läuftindessen nochweiter.
lid.

Messen bis Juni abgesagt
Die Koelnmesse hat alle eigenenAus-
stellungen auf demKölner Messegelän-
de bis Ende Juni abgesagt.Bis dahin sei
ausheutigerSichtkein ePlanungssicher-
heit gegeben, teiltedie Messegesell-
schaftmit.Betroffen is tvon derAbsage
neben einigen kleineren Messenvoral-
lem die Photokina, die Ende Maistatt-
gefunden hätte. Sie wirdauf Mai 2021
verschoben. geg.

KurzeMeldungen


sup. STUTTGART. Das für 2020 ausge-
gebene Umsatzziel von5Milliarden
Eurohat dieBechtleAG im vergange-
nen Jahr schon übertroffen. Mit fast5,
Milliarden Eurohat das IT-Unterneh-
men einUmsatzwachstum vonmehr als
24 Prozent realisiert.Und, mitten in der
Corona-Krisekaum zu erwarten: Der
Vorstandsvorsitzende Thomas Olemotz
erklärte in einerTelefonkonferenz, man
halteandem Planfest,indiesem Jahr
ein Wachstum vonmehr als5Prozent
und eineVorsteuerrenditemindestens
auf Vorjahreshöhe zu erzielen. Ange-
sichts einer guten Liquiditätslagewerde
man den Aktionären zudem eine um 20
Prozent auf 1,20 EuroerhöhteDividen-
de zahlenkönnen. DerKurs der Becht-
le-Aktie, die nochimFebruar denRe-

kordwert von149,20 Euroerreicht hat-
te,ging nachdem Börsencrash derver-
gangenenTagamDonnerstag dennoch
weiter zurückauf Werteunter 83 Euro.
Im Vorstand istman sichaber sicher,
das richtigeGeschäftsmodell zu haben.
Fast ein Drittel derUmsätze wirdmit
deröffentlichen Handrealisiert. A ußer-
dem profitiertBechtle davon, dassdas
Virusdas mobile Arbeiten notwendig
macht–weshalb vieleKunden ihreaus-
gemusterten Gerätebei Bechtle aufbe-
reiten lassen.Zudem seienKollaborati-
onsplattformen gefragt, wie man sie
etwadem Land Saarland zurVerfügung
gestellt habe. „Die Krise macht den ho-
hen Stellenwert der IT deutlich“,fasst
Olemotz seine Erwartungen zusam-
men.

joja./sdie./sup. DÜSSELDORF/FRANK-
FURT/STUTTGART. Gerry Weberver-
sucht, das Beste aus der Situation zu ma-
chen. „Braucht man fürVideokonferen-
zen wirklicheine Hose?“,fragtder Mode-
händler ausWestfa len auf seiner Internet-
seiteund gibt denKundinnen Tipps für
die richtigeKleidung im Homeoffice. Der
Modehändler hat erst im Januar sein Insol-
venzverfahren abgeschlossen, die Laden-
schließungen treffendas Unternehmen
hart. Im Online-ShopgewährtGerry We-
ber eineverlängerte Rückgabefristvon 30
statt wie zuvor 14Tagen. Noch stellt das
Unternehmenkeinen spürbaren Anstieg
im E-Commercefest.Falls dieLust auf
Mode imFrühling anziehe, sei der Mode-
händler aber online gut aufgestellt. „Wir
glaubenfest an unsereMitarbeiter,mit de-
nen wir schon durch schwierigeZeitenge-
gangen sind, und an die Marke Gerry We-
ber“, sagt derVorstandsvorsitzende Alex-
ander Gedat.
Viele Modehändler,die vonMittwoch
an ihreGeschäfte in Deutschland schlie-
ßen mussten, sehen ihreExistenz bedroht.
Der Handelsverband Deutschland (HDE),
der 300 000Unternehmen aus dem deut-
schen Einzelhandelvertritt, sieht beson-
dersdie Textilbranche in Gefahr.„Die
neueFrühjahrsmode wurdegeliefertund
muss gezahlt werden. Diese Kleidung
kann man ja im Herbstnicht mehrverkau-
fen“, sagt HDE-HauptgeschäftsführerSte-
fanGenth.
Wiestark die BranchevomCoronavi-
rusbetroffen ist, zeigt sichamgrößten
Hersteller derWelt. DieInditex-Gruppe,
zu der die Marke Zara gehört,verzeichne-
te schon in denvergangenenWochen ei-
nen hohenUmsatzrückgang, die Erlöse
brachen in den ersten beiden Märzwo-
chen um knapp einViertel ein. Auchder
ModekonzernHugo Bosshat mittlerweile
einen Großteil der Geschäftegeschlossen
–damit istabsolutklar,dasssichdie Pro-
gnose des börsennotiertenUnternehmens

für diesesJahr nicht halten lässt.Hugo
Boss, das nochvor wenigen Jahren ein
Kandidat für den Daxwar, istan der Börse
nicht einmal mehr 1,4 Milliarden Euro
wert.Peek &Cloppenburg, dessen Düssel-
dorferGesellschaftinDeutschland insge-
samt 66Filialen betreibt, sieht aufNach-
frage„nie dagewesene Herausforderun-
geninder 110-jährigen Geschichte“.Und
auchder ModekonzernH&Msagt,dass
einekurzfristigeAuswirkung auf das Ge-
schäftunvermeidlich sei. UnterBerück-
sichtigung derKosten und des Risikoswer-
de nun „sorgfältigevaluiert, um mit dem
Virusverbundene negativeAuswirkungen
so weit wie möglichabzuschwächen“.
Daniel Riedo, Gründer desLuxusmode-
händlersApropos,wünscht sichschnelle
Hilfevom Staat.„Allein Steuerstundun-
genwerden uns Händler definitivnicht ret-
tenkönnen.“ Er wünscht sichmehr „unbü-
rokratische Hilfe“.Unddas vonallen Sei-
ten: „UnsereVermieter zeigenkeinerlei
Solidarität oder Entgegenkommen, und
der Spruch,gemeinsam diePausetastedrü-
cken‘ isthier nur Wunschdenken.“ Anders-

wo erklären sichgleichwohl er steGroßver-
mieter bereit, auf Mietenzuverzichten.
Die Pausetaste erhoffensichviele Händ-
ler auchvon ihren Lieferanten.Ausder
Branche heißt es, die Hersteller dürften
keine Ware mehr an die Ladengeschäfte
versenden–und am besten auchkeine
Rechnungen.Auch Stephan Krug bat sei-
ne Lieferanten um einenWarenstopp. Er
leitet den Schuheinkaufsverbund Sabu, in
dem sichselbständigeSchuhfachhändler
organisieren. Mode sei ein Saisonge-
schäft, sagt er.Momentan würdenvoral-
lem Übergangswarengeliefertwerden, die
im Sommer keiner mehr kaufen will.
„Wenn wir wieder eröffnen, dann müssen
wir auchmit derrichtigenWare öffnen.“
Der ModehändlerMarcO’Polowarei-
ner der ersten Textilhändler,der dem
Wunschder Händlernachkam. „Mit dem
Auslieferungsstopp reduzieren wir den
Warendruckbei unserenPartnernund ent-
lasten ihreLager kapazität“, sagt Dieter
Holzer,Chef desTextilunternehmens. Al-
leindas könne dieModei ndustrienicht ret-
ten. Holzer plädiert für einen Sonder-

fonds für den mittelständischenFachhan-
del sowie Bundesbürgschaften fürWaren-
lieferungen, um Lieferketten abzusichern.
Thomas Lange, Hauptgeschäftsführer
vonGermanFashion,merkt schon jetzt
Folgen für die Hersteller:„Wirhaben eine
Schockstarre in der Industrie gesehen,
weil die Ankündigung der Ladenschlie-
ßungen zu einerriesigenStornierungswel-
le geführthat“, sagt er.Indem Verband
sind gut 350 hauptsächlichmittelständi-
scheHersteller vonMode undTextilien or-
ganisiert. „Die Industrie trägt das Beschaf-
fungsrisikound derVerkäufer dasAbsatz-
risiko. Mankann dieriesigen Herausforde-
rungen nicht durch einseitigeStornierun-
genlösen.“Noch vorzweiWochen haben
die Hersteller darübergeredet, wie sie Lie-
ferengpässeverhindernund den Handel
bedienenkönnen.
Wenn nun die Geschäfte geschlossen
bleiben,stehen auchdie Produzentenvor
Problemen,weil schon die Beschaffung
für die Herbstmode läuft undsie Verpflich-
tungen eingehen mit ihrenVorlieferanten.
„Die Industrie istgenausogebeutelt wie
der Handel,weil sie die Lieferketten auf-
rech terhalten undgleichzeitigausliefern
muss.“ Die Hersteller tüfteln nun mit den
Handelspartnerndaran, wie sie die Ein-
schränkungengemeinsam bewältigenkön-
nen,etwa mit Zahlungsverschiebung oder
ausgesetzten Lieferungen.
Auch Stephan Krugfindet, man müsste
jetztgemeinsam an einemStrang ziehen.
„Wir können nur auf dieKulanz unserer
Lieferanten hoffen“, sagt er.Ihm sei be-
wusst,dassKaufverträgeeigentlichver-
bindlichseien. DerVerbundversucht sei-
nen Mitgliedernauchbei der Zwischenfi-
nanzierung zu helfen, die RSBRetail+Ser-
vice Bank istTeil der Sabu.Viele andere
Händler hätten diesenLuxus nicht. „Doch
wenn eskeine Händler mehr gibt, dann
können die Lieferanten bald an nieman-
den mehr ihreWareverschicken.“(Kom-
mentar Seite22.)

U


mvon einer „historischen Kri-
se“ zu sprechen, mussteLuft-
hansa-Chef Carsten Spohr
nicht mal dieseWorteausspre-
chen. ZurVorlageder Geschäftszahlen er-
innerte er an seine AnfängeimKonzern,
als Lufthansavondrei- auf vierstellige
Flugnummern umstellte, um jederVerbin-
dung nocheine Zahl zuordnen zukön-
nen. „Jetztkämenwir wiedermit zweistel-
ligen Nummernaus“, beschrieb Spohr
das Ausmaß der Corona-Folgen. DerFlug-
plan habe denUmfangwie im Jahr 1955.
Vorerstwirdesvon Frankfurtaus drei
Lufthansa-FernflügeamTag geben –
nicht zu einem Ort, sonderninsgesamt,
aus Münchenkeinen. Der Gesamtbetrieb
istauf 5Prozentreduziert, ohneRückhol-
flügefür Deutsche imAuslandwäre es
nochwenig er.
700 Jets bleiben am Boden–und Spohr
sagt der internationalenLuftfahrt eine
Schrumpfphasevoraus: „Ichbin kein Pes-

simist, aberwasdie Weltwirtschaftgera-
de durchmacht, wirdeine kleinereWelt-
wirtschaftzur Folgehaben.“ Das trifft
Lufthansa, andereFluggesellschaftender
Welt sowie Flugzeughersteller.Für Air-
bus und Boeing dauerte der Luftfahrt-
Boom 16 Jahre, jetztkommt erwohl zu ei-
nem abruptenEnde. Fluggesellschaften
werden Anschaffungen neuer Jets hinaus-
zögern. „Jeder spricht mit Airbus und
Boeing über dieVerschiebungvonAuslie-
ferungen“, sagteLufthansa-Chef Spohr.
EineAufstockung der Flotte rückt inwei-
te Ferne. „Wir haben eine kleinereLuft-
hansa-Gruppevoruns“, so Spohr.Erwol-
le möglichst alle Mitarbeiter halten, Zuge-
ständnisse vonBeschäftigten und Ge-
werkschaftenseien aber nötig.Für den
Vorstand wirddie Grundvergütung um 20
Prozentgekürzt, für 2019verzicht et er
auf dieAuszahlung der Boni.
„Die Krise wirddie Luftfahrtnachhal-
tig verändern“, istSpohr überzeugt.Ge-
schäftsreisende,die aktuell intensiveEr-
fahrungen mit Videokonferenzen sam-
meln, dürften weniger und die Flotten
kleinerwerden. Kurzfristig mussdie Luft-
hansaParkplätze für 700 Flugzeugefin-
den. Der nicht eröffnete Hauptstadtflug-
hafen BER wirddafürgenutzt, mit dem
FrankfurterFlughafenbetreiber hat man
besprochen, dasseine Startbahn zurStell-
fläche wird. „Je länger diese Krise andau-
ert, desto wahrscheinlicher wirdes, dass
die Zukunftder Luftfahrtohne staatliche
Hilfenichtgewährleistetwerdenkann“,
sagteSpohr.Der Weltluftfahrtverband
Iatageht davonaus, dassindrei vonvier
Gesellschaftendie eigenen Mittel nur für
drei Monatereichen. Eine Verstaatli-
chungswelle scheint nicht ausgeschlossen
–erstrecht,wenn Überbrückungskredite

zur Stützung nichtreichten. „Die Diskussi-
on wird auf uns zukommen“, sagteSpohr.
„Viele Gesellschaftenoperieren schon
jetzt amRande der Profitabilität.Wenn
hohe Kreditedazukommen,werden viele
vondenenkeine Chance haben.“
Italien reverstaatlicht schon Alitalia.
FürDeutschland hat die Bundesregierung
erklärt,Verstaatlichungen seien nicht ihr
Ziel.Aber Lufthansa spricht mit derstaat-
lichen KfW über Liquiditätshilfen, um auf
eine längereNotlagevorbereitet zu sein.
2019 hatteder Konzernnocheinen berei-
nigten GewinnvorZinsen undSteuern
von2Milliarden Eurogemacht.Unterm
Strich blieben 1,2 Milliarden EuroÜber-
schuss. Eine Prognose für 2020 gibt es
nicht. Vorerstsoll durch Einstellungs-
stopp undKurzarbeitkein Eurozuviel aus
der Konzernkasse abfließen.„Wir verkau-
fenaber nicht unsere Flotte“, sagteFinanz-
vorstand Ulrik Svensson.Lufthansa hält
86 Prozent ihrer FlugzeugeimEigentum,
87 Prozent davonseien unbelastet. „Der
Buchwertder Flugzeugebeträgt 10 Milliar-
den Euro, diekönnen wir Kreditgebern
als Sicherheitstellen“, sagteer. Dochneue
Jets benötigt manweniger.
Hersteller Airbus hat schon eine
„Watchtower“ genannteEinheitreakti-
viert, die in derFinanzkrise 2008/
zumZuge kam. Dieversucht, mit klam-
men FluggesellschaftenLösungen zufin-
den,Auslieferungenwerden verschoben,
anderevorgezogen. 2009 bekamen 600
Fl ugzeugeneueAuslieferungsdaten, so
dassdie Produktionweiterlief. 2018kam
es wegenMotorenproblemen bei einem
Zulieferer drei Monatelang zukeinen
Übergabenvon A320-Flugzeugen, am Jah-
resendeverzeichnete Airbus dennochei-
nen Auslieferungsrekord. Airbus hatWer-

ke in Frankreichund Spaniengeschlos-
sen, dochnur bis zumkommenden Mon-
tag, umVorkehrungengegendas Corona-
virus zu treffen. „Wir versuchen, die Ba-
lance zwischen sanitären Anforderungen
und derWeiterführung der Produktion zu
finden“, sagteein Sprecher.Das Airbus-
Werk in China habe die Arbeit wiederauf-
genommen und erhöhe seine Produktion.
Manwolle nicht denWegder Autoherstel-
ler gehen, zumal dasUnternehmenauf ei-
nemriesigenAuftragsberg sitzt.Mit gro-
ßer Aufmerksamkeit beobachtetAirbus
die Lagedes RivalenBoeing undverheim-
licht nicht, dassGespräche mit denRegie-
rungen der im Eigentümerkreisvertrete-
nen Länder–vor allem Deutschland und
Frankreich–stattfinden.Über den Inhalt
gibt eskeine Details, demVernehmen
nachgeht es um öffentliche Hilfen.
Boeingsprac hsichindieserWochefür
Staatshilfenvonmindestens 60 Milliar-
den Dollar aus, die unter anderem in
Form vonKreditgarantienkommenkönn-
ten. EtwaigeFinanzspritzenkämen nicht
nur Boeing selbst, sondernder gesamten
Lieferkette zugute, argumentierte der
Konzern. Das meiste Geld aus einem
Hilfspaket solle für die BezahlungvonLie-
feranten eingesetztwerden. Der amerika-
nische PräsidentDonaldTrump hat sich
sehr offendafür gezeigt, Boeing unter die
Arme zugreifen.„Wir müssen Boeing
schützen“, sagteer. Boeing zählt zu den
größtenUnternehmen derverarbeiten-
den IndustrieinAmerika. Die Corona-
Krise istein weiterer massiver Rück-
schlag für dasUnternehmen, daswegen
des seitrund einem Jahr andauernden
Flugverbots für sein Modell 737 Max oh-
nehin in einerschwerenKrise steckt .Al-
lein das wirdBoeing nacheigener Ein-
schätzung 18,6 Milliarden Dollarkosten.

Wenn niemand mehr in dieLuftgehen will:Lufthansa-Maschinen amFrankfurter Flughafen FotoAP

bth. FRANKFURT. Angriffe ausdem
Internet verursacheninder deutschen
Wirtscha ft jedes Jahr einen Millionen-
schaden. EineneueMetastudie derUn-
ternehmensberatungKPMG,die der
F.A.Z. exklusivvorliegt,zeigt,dass
eineeinzigeDatensicherheitsverlet-
zung einUnternehmen in Deutsch-
land durchschnittlich 4,67Millionen
Dollar(4,31MillionenEuro)kostet,
sobaldUmsatzver luste durch Reputati-
onsschäde neingerechnetwerden.In
denVereinigten Staaten liegt der
Durchschnitt beifast 8Millionen Dol-
lar. In asiatischen Ländernsinddie
Kosten dagegenniedriger.
DieStudie offenbartzudem, wie
schlechtdie meistenUnternehmen
geschütztsind. Einer Befragung des
Bitkom zufolgewerden allein pass-
wortgeschützte Computer,Firewalls,
Virenscanner undregelmäßigeBack-
ups vonallen Unternehmen einge-
setzt.Zugriff eauf Dateien protokollie-

rennur gut zwei Drittel derUnterneh-
men, einViertelhat diese Sicherheits-
maßnahme nochnicht mal in Pla-
nung. ExpliziteSyste me zur Erken-
nungvonunrechtmäßigenZugriffen
vonaußen haben lediglichzweivon
zehnUnternehmenim Einsatz. Entge-
gender verbreiteten Wahrnehmung
sind derStudie zufolgezudem nicht
die Mitarbeiter eines Unternehmens
die Hauptrisikoquelle,indem sieetwa
unbedacht mit Schadsoftwareinfizier-
te E-Mailsöffnen. „MenschlichesVer-
sagen“ sei nur für27Prozent der Si-
cherheitsvorfälleverantwortlich.Fast
die Hälf te gingenstattdessen auf
bösartigeAngriff evon außen zurück,
der Rest seien–ebenfallstechnisch
verhinderbare –Systemfehler.Die
Fachleutevon KPMGweisen insbeson-
deredarauf hin, dassIT-Sicherheit ein
fortlaufender Prozess sei,der ständig
beaufsichtigtund auf den neuesten
Stand gebrachtwerden müsse.

ppl. LONDON.Notmacht erfinderisch,
heißt es. Da dieKapazitäten für Desin-
fektionsmittelproduktion begrenzt sind
und dieNachfrag einder Coronavirus-
Krise das Angebotumein Vielfaches
über steigt,kommennun branchenfrem-
de Unternehmen zur Hilfe: kleine Bier-
brauer und Schnapsbrenner beispiels-
weise, aber auchgroße französischeUn-
ternehmenwie der Spirituosenherstel-
ler Pernod Ricardoder derLuxusgüter-
konzernLVHM.
In Großbritannien hat der Craft-
Beer-Brauer Brewdog ein Hand-Desin-
fektionsmittel mit 60 Prozent Alkohol-
gehalt entwickelt.Rund um die Uhrwol-
le man nun in der Brauerei, die bekannt
istfür ihr „Punk IPA“, einen „Punk Sani-
tiser“ herstellen, der durch Zusatz be-
stimmter Chemikalien nicht mehr trink-
bar ist. Er soll an Hilfsorganisationen
verschenktwerden, so die Brauer aus
dem schottischenAberdeenshire, die
damit natürlichaucheinen PR-Effekt
erzielen. Der kleine Spirituosenherstel-
ler Verdant Spririts aus Dundeewill
ebenfalls mitmachen und 400 Liter Des-
infektionsmittelbeisteuern, ebenso
eine Gin-Destille aus London.
Auch aus der SchweizkommenNach-
richten,dassSchnapsbrenner beim Co-
rona-Kampf mitmachen wollen. Der
Verband der Brenner mit 400 Destillen,
die sonstObstler oder Kräuterschnaps
herstellen, hat Hilfeangeboten. Es sei
kein Problem, die bisherigen 40- bis

50-prozentigen Schnäpsenochhärter
zu brennen und den Alkoholgehalt auf
60 oder 70 Prozent zusteigern,wasfür
ein medizinisches Desinfiziensmittel
ausreicht.Besondersviel kommtvon
diesen Kleinherstellernaber trotzdem
nicht zusammen.
MehrKapazitäten hat daPernod Ri-
card(mit Marken wieAbsolutVodka,
Havana Club und anderen). DieFranzo-
sen kündigten an, dem Laboratoire
Cooper 70 000 Literreinen Alkohol zur
Verfügungzustellen. Das Laboratoire
Cooper isteiner der führenden Herstel-
ler vonDesinfektionsgels für Apothe-
keninFrankreich. Mit demgespende-
tenAlkohol könne es 1,8 Millionen
50-Milliliter-Fläschchen produzieren.
Auch in Spanien und Irland willPernod
Ricardhelfen.Noch mehr klotzt der
LVHM-Konzern, der dem reichs ten
Mann Europas, BernardArnaud, ge-
hört. Wieberichtet,soll seineParfüm-
und Kosmetiksparte,die sonst Dior-Par-
füm und andere Duftwässer herstellt,
jetzt „große Mengen hydroalkoholi-
sches Gel“ produzieren. In der ersten
Wochewill er mit zwölfTonnen Hydro-
gelstarten, die an Klinikenvorallem
im GroßraumParisverteilt werden sol-
len.
In Großbritannien hat derFiskusan-
gekündigt, den Destillen unbürokra-
tischeine Genehmigung zugeben, dass
sie für ihr Corona-Desinfiziensmittel
vonder Alkoholsteuer befreitwerden.

Modehändler und Fabrikanten leiden


Die Textilbranche istbesondersvon Ladenschließungen betroffen–und ruft Politik undVermieterumHilfe


SchwereZeiten:Der Handel leidet unter der Corona-Krise. FotoWolfgang Eilmes

Lufthansa auf Schrumpfkurs


Unternehmen schlechtgeschützt


Viele sind fürCyberkriminalität anfällig


Mit Alkohol in denKampf


gegenCorona


Schnapsbrennerstellen Desinfektionsmittel her


Bechtle bleibt zuversichtlich


Der IT-Dienstleisterhält anWachstumsplanfest


DerFlugplanist wieder


so klein wie1955. Die


Corona-Krise trifft aber


auchFlugzeughersteller


wie AirbusundBoeing.


VonTimo Kotowski,


Frankfurt,Roland


Lindner,New York,und


Christian Schubert,Paris

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