Wieschnell sich dieZeitendochändern.Vor
etwasmehrals einemMonat,MitteFebruar,
hatTheMarketdie globalen Börsen einem
Bewertungstestunterzogen. DasVerdikt
lautetedamal s: VieleAktienmärktesind
teuer, dieRenditeau ssichten mager. Zu die-
semZeitpunkt warder Optimismus unter
denAnlegernscheinbar grenzenlos.
Heutesieht dieWeltganzanders aus. Die
Covid-19-Pandemiehat dieMarktteilneh-
merunsanft ausihrer Selbstgefälligkeit
gerissen.Das zeigtsichexemplarischam
MSCIAllCountry WorldIndex, dermehr
als3000 Aktien ausinsgesamt 49 Industrie-
undSchwellenländernumfasst.Von seinem
Höchst von581 isterumrund23% eing ebro-
chen.Zwischenzeitlichsummiertensichdie
Abgaben sogarauf 34%.
Andere Barometerwie derS&P 500inden
USA, derEuroStoxx 50 oder derSwiss Mar-
ketIndexnotierenaktuell rund 15 bis25%
unterihrem Rekordhöchst.
Gewinnschätzungensindobsolet
Heisstdas nun, dieBörsensindgüns tig?
Ganz so ei nfachist di eFrage nichtzubeant-
worten, zumalder wirtschaftliche Schaden
derPandemieund sein Einfluss aufdie Ent-
wicklung derUnternehmensgewinne noch
immerkaumabschätzbarsind. Je längerdie
Konjunkturstillsteht, destoheftiger fallen
dieEinbussen fürdie Unternehmenaus.
Solltensichdie Gewinnedauerhafthalbie-
ren, sind Aktien auch nach einerKorrektur
von30% nichtattraktivergeworde n–im
Gegenteil. UndvielleichtsindAktienjetzt ja
einfachbloss etwasweniger teuerals zuvor?
Dieungewöhnlich grosse Ungewissheit
lässtmomentankaumseriöse Gewinnschät-
zungenzu.Das gilt in derFolge auch fürDi-
videnden,die gege nwärtigvon immermehr
Unternehmengekürzt werden.Beliebte
Bewertungskennzahlen wiedas vorwärts-
gerichtete Kurs-Gewinn-Verhältnis(KGV)
oder dieDividendenrendite sind im aktuel-
lenUmfelddeshalb wenigverlässlich.
«Innerhalb weniger
Wochen haben sich
dieBewertungen
signifikant verringert»
EinenAuswegbietetdas Kurs-Gewinn-Ver-
hältnisdes an derYale-Universi tätlehren-
denFinanzprofessorsRobertShill er (Shil-
ler-KGV),das denaktuellen Preiseiner Aktie
oder ei nesIndexmit dendurchschnittlichen,
inflationsbereinigten Gewinnen dervergan-
genenzehnJahre vergleicht.Diese Berech-
nungsmethode birgtzweiVorteile: Erstens
werden damitdie Schwankungen einzelner
Jahregeglättet, waskonjunkturell bedingte
Übertreibungen–nachoben, aber auch nach
unten–reduziert. Daserhöhtdie Verläss-
lichkeit derBewertungskennzahl.Zweitens
hängtdas Massnichtvon Schätzungenab,
da es aufhistorischenDatenberuht.
Wiefür dastraditionelleKGV gilt auch für
dasShill er-KGV:Jeniedriger es ist, desto
günstigerist eine Aktieund destogrösser
typischerweisedas Potenzialfür diekom-
mendenJahre.Allerdings gibt es auch hier
keineGaran tien.Aktienund Indizeskönnen
jahrelangüber-oderunterbe wertet sein.
Günstige Bewertungen erhöhenzwardie
Erfolgsch ancen, werfen aber nichtinjedem
Fall Traumgewinne ab.
Schweiz im historischen Mittel
Da eindirekterVergleich derLänderwegen
derteilweise substanziellen Unterschiede in
derSektorzusammenset zung in derRegel
nichtsinnvollist,hat The Market dieaktuelle
Bewertung fürjeden Marktmit denWerten
ausdessenVergangenheitverglichen und
densogenannten Perzentilrangermittelt.
Dabei ordnet manalleBewertungskennzah-
lender Reihenachund schaut,anwelcher
Stelle sich derheutige Wert befindet.Für
dieSchweiz etwa lagdas Shiller-KGVinder
Vergangenheitzwischen8,5 und57,8.
Ordnet mannun alle fürdie Schweiz seit
1980 monatlichverfügbaren Bewertungs-
zahlen aufsteigendan, kommt deraktuelle
Wert (Stand:23. März)von rund 23 aufRang
220von 460zuliegen. MitanderenWor-
ten: In 219Monaten, oder in 48%der Fälle
(219/460 =48%), wardie Bewertung des
Schweizer Marktesniedriger alsheute.In
240Monaten warsie höher. Damitbewegt
sich derhiesige MarktpunktoBewertung in
etwaaufdem historischen Mittel.
DieseRangi erungwirdfür diezwanzig
wichtigstenAktienindizes durc hgeführt.
Wasist dasResultat? Wiesichzeigt,schnei-
dendie Börs en derNiederlande,Russlands
undBrasiliensschlechterabals dieSchweiz.
Dort liegen dieBewertungennach wievor
in deroberenHälfteihres Spektrums.Bei
allenübrigen Aktienmärktenliegt dasShil-
ler-KGVaktuell aber unterdem eigenenMe-
dianwert.Das gilt,wennauchknapp,sogar
fürdie USA.
FürvierBörsen–Singapur, Indien, Korea
undJapan –liegt dasShill er-KGV aktuell
aufdem niedrigstenStand überhaupt. Aller-
dings sind dieDaten fürKorea undIndien
erst seit2003respektive2004verfügbar,
wasdie Aussagekraftvermindert.Für Sin-
gapurund Ja panreichen si ebis 1980 zurück.
Aufsch lussreichist derVergleich mitFeb-
ruar (gelbinder Balkengrafiklinks), alsdie
Mehrheit derBörsenoberhalb des50. Per-
zentilslag unddamit eindeutig eine histo-
rischhoheBewertung anzeigte.Heute sind
es blossnochdrei, wobei Brasiliennur ganz
knappdarüber notiert. Insgesamt haben sich
dieBewertungen innerhalbweniger Wo-
chen also si gnifikant verringer t, unddie Ak-
tienmärkte sind attraktiver geworden.
Buffett-Indikatorbestätigt
Diegenerelle Aussagewirdvon einemwei-
tere nBewertungsmassbestätigt,das ohne
Gewinnschätzungenfunktioniert: demso-
genanntenBuffett-Indikator.Ersetzt die
Marktkapitalisier ungeines Aktienmarktes
insVerhältniszur Wirtschaftsleistung des
jeweiligen Landes. So hatder amerikani-
sche Value-InvestorWarrenBuffett dieses
Massin einemInterview einmal den«wahr-
scheinlich bestenIndikator»,umdie Bewer-
tung desUS-Marktesabzuschätzen, genannt.
WiebeimShill er-KGV sind auch bei dieser
Kennzahldirekte Quervergleiche zwischen
verschiedene nMärkten wenigsinnvoll.
So unterscheidensichbeispielsweisedie
USAund dieSchweiz punkto Strukt ur des
Aktienmarktesund derGrösseder Binnen-
wirtschaftmassgeblich.Der Vergleichmit
derjeweils eigene nHistorieliefert jedoch
wertvolle Anhaltspunkte.
Fürden Schweizer Marktnotiert derBuf-
fett- Indikatoraktuell beispielsweiseauf
260%.Der Marktwertder Börs eentspricht
also in etwa demZweie inhalbfach en der
jährli chen Wirtschaftsleistung derSchweiz.
Damitliegt dieBewertung gege nwärtig
ziemlich genauin derMitteder Spanne der
vergangenendreissigJahre –sie reicht von
84 bis431%–und lässtebenfallsauf einen
fair bewerteten Marktschliessen.
Allgemein günstiger
Ähnlich wiebeimShill er-KGV liegtder Buf-
fett- Indikatormittlerweile fürdie Mehrheit
deruntersuchtenLänderunter demhisto-
rischenMittelwert.InAustralien, China,
ANALYSE
BessereRenditeau ssichten
fürdie globalenAktienmärkte
In den vergangenen Wochen sinddie Aktienkurse weltweit eingebrochen.Ein idealer Zeitpunkt,um
einenfrischen Blick auf die Bewertungen derwichtigstenIndizes zu werfen. Von Sandro Rosa
6 themarket.ch Freitag, 3. April 2020
In Kürze:
y Coronakriseverunmöglicht
Gewinnschätzungen
y Historische Kennzahlen
wiedas Shiller-KGV
bietenAnhal tspunkte
y Nichtbillig,aberweniger teuer
Quelle: themarket.ch
13 Jahreund 3Monate So lang edauertdie Baisse im MSCI WorldValueIndex bereitsan.
Bewertungsübersichtüberdie wichtigstenAktienmärkte
Lesebeispiel:Das Shiller-Kurs-Gewinn-Verhältnisfürden Schweizer Marktnotiertaktuell auf rund 23.
In 48% allerFälle (blauer Balken) seit 1980wardie Bewertung günstiger als heute.
Schweizer Aktien bewegen sich punkto Bewertung also im historischen Mittelfeld.
-----Quantilsrang(aktuell) -----Quantilsrang(19. Fe bruar)
Quellen:Barclays,themarket.ch
0255075100
Niederlande
Russland
Brasilien
Schweiz
USA
Italien
Frankreich
China
Schweden
Kanada
Austra lien
Deutschland
Vereinigtes Königreich
Hongkong
Spanien
Taiwan
Singapur
Indien
Korea
Japan
Buffett-Indikatorfür verschiedeneLänder
Marktkapitalisierung in%des BIP
aktuellerWert historischer Höchst- und Tiefst wert
Quellen:GuruFocus,themarket.ch
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