Die Welt - 20.03.2020

(C. Jardin) #1

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20.03.20 Freitag,20.März2020DWBE-HP


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6 POLITIK DIE WELT FREITAG,20.MÄRZ


H


underte von aufgewühlten
jungen Männern aus Afri-
ka, dem Nahen Osten und
Asien drängen sich um ei-
nen abgezäunten Schalter.
Da sitzt hinter dicken Gitterstäben ein
Betreuer des Auffanglagers Vial auf der
griechischen Insel Chios, ruft Namen
auf und übergibt Dokumente. Die Men-
ge wogt unruhig zwischen dem Schalter
und einem völlig überfüllten Müllcon-
tainer in der Mitte des Platzes. Frus-
triert laufen die Menschen hin und her,
manche brüllen ihre Wut heraus, Dut-
zende weitere stehen auf den Hügeln
gegenüber, wo sich der Abfall zwischen
den Zelten türmt.

VON IASON ATHANASIADIS
AUS CHIOS

„Die Behörden haben die Verantwor-
tung für alles, was außerhalb ihres ein-
gezäunten Verwaltungstrakts passiert,
abgegeben“, sagt einer der jungen Män-
ner. Und die anderen um ihn bekräfti-
gen seine Aussage lautstark. Tatsächlich
ist nirgendwo im Rest des Lagers ein
Beamter oder Helfer zu sehen. Doch vor
den Toren ist die griechische Bereit-
schaftspolizei aufmarschiert.
„Wenn das Coronavirus hier ankäme,
würde es sich wie Feuer verbreiten“,
sagte Mahmoud aus dem syrischen Id-
lib, der Anfang des Jahres von der Tür-
kei aus über das Meer gekommen ist. Er
steht vor einem Müllhaufen und wiegt
seine einen Monat alte Tochter Fatuni
im Arm, während er spricht. „Zu jeder
Mahlzeit drängen sich 5000 Menschen
in den Speiseraum“, sagt Mahmoud. „Es
gibt überhaupt keine Möglichkeit, Ab-
stand zu halten.“
Griechenland kämpft zurzeit mit
zwei Ausnahmezuständen zugleich –
der wachsenden Migration und dem
weltweiten Ausbruch des Coronavirus.
Beide Krisen können einander verschär-
fen. Nun versucht die Regierung in

Athen eine Brandmauer zwischen bei-
den Problemen hochzuziehen – indem
sie die Lager abriegelt und ihre Betreu-
ung zum Teil einstellt. Doch diese Stra-
tegie könnte die Lage erst recht eskalie-
ren lassen.
Hilfsorganisationen fürchten bereits
eine Katastrophe in den Auffangeinrich-
tungen. „Die Lager sind so etwas wie
der Lehrbuch-Fall von Stau“, sagt Apos-
tolos Veizis, der die medizinischen Ein-
sätze von Ärzte ohne Grenzen (MSF) in
Griechenland leitet. „Wir haben hier
mit vielen strukturellen Problemen zu
tun, vor allem mit einem Mangel an
Wohnraum und Überbelegung. Dadurch
müssen die Menschen zwangsläufig
krank werden. Das Gerede von Distan-
zierung ist unter solchen Bedingungen
vollkommen unrealistisch.“ MSF for-
dert darum die sofortige Evakuierung
der Insellager und die dezentrale Neu-
ansiedelung der Bewohner unter hygie-
nischen Bedingungen.
Das Virus könnte schon längst in den
Einrichtungen angekommen sein. Aber
weil die Regierung nicht offenlegt, ob ir-
gendwelche Tests unter den Migranten
durchgeführt wurden, bleibt die Coro-
na-Gefahr dort eine unbekannte Größe
und damit eine Quelle der Angst für den
Rest der Bevölkerung auf den Inseln.
Doch die Reaktion der Regierung auf die
Gefahr wirkt widersprüchlich. Einer-
seits erklärt Spiros Georgiou, der Spre-
cher des Generalsekretariats für Kata-
strophenschutz, man sei sehr besorgt
und verstärke alle Gesundheitskontrol-
len für die Bewohner der Zentren, um
eine mögliche Verbreitung des Virus zu
verhindern. „Wir ergreifen für die Men-
schen in den Lagern die gleichen Maß-
nahmen wie für die griechische Bevöl-
kerung“, so Georgiou.
Andererseits kündigte der grie-
chische Premier Kyriakos Mitsotakis am
Dienstagabend zwölf Maßnahmen an,
die eher den Versuch zeigen, die ge-
sundheitlichen Gefahren in den Lagern

zu isolieren als sie zu bekämpfen. Dazu
gehört die Schaffung von medizinischen
Räumen, einschließlich Isolationsberei-
chen für eine obligatorische Tempera-
turmessung bei Neuankömmlingen, die
Aussetzung aller Aktivitäten innerhalb
geschlossener Räume und erhebliche
Beschränkungen für die Bewegungsfrei-
heit der Menschen in den Lagern. So
darf täglich nur eine Person pro Familie
einmal die Einrichtung verlassen, bei
Tageslicht und unter Polizeibegleitung.
Angeblich sollen auch alle Lager einge-
zäunt werden, so ist zu hören. Manche
Zufahrtsstraßen sind schon abgesperrt.
„Es besteht die Sorge, dass Migran-
ten, die in jüngster Zeit eingetroffen
sind, Träger des Virus sein könnten“,
sagt Georgiou. „Deshalb bemühen wir

uns mit einer Reihe von Maßnahmen,
diese Möglichkeit einzudämmen – wie
auch bei den griechischen Bürgerinnen
und Bürgern.“ Vor allem vor neuen Mig-
ranten herrscht Angst in Griechenland.
Man traut den niedrigen Infektionszah-
len in der benachbarten Türkei nicht,
zudem sind gerade Tausende Menschen
aus Afghanistan und Südasien durch
den von Corona schwer betroffenen
Iran gezogen. Doch die neuen Anord-
nungen der Regierung könnten diese
stark gefährdete Gruppe noch mehr zu
Opfern zu machen.
„Diese Maßnahmen sind weder rea-
listisch noch durchführbar, weil sie
nicht an den Ursachen ansetzen, son-
dern nur oberflächlich wirken“, sagt
MSF-Direktor Veizis. „Es ist eine politi-

sche Entscheidung Griechenlands und
der EU, diese Menschen in die Falle zu
locken und sie dann festzuhalten.“
Wenn Griechenland jedes Jahr 30 Mil-
lionen Touristen ernähren und in Ho-
tels unterbringen könne, müsse dassel-
be doch auch für diese Menschen mög-
lich sein, sagt Veizis. „Zumal die Rech-
nung von der EU bezahlt wird. Doch
hier kümmert man sich nicht um die
Menschen und verwendet nicht mal die
zur Verfügung gestellten Mittel aus
Brüssel. Stattdessen erzeugt man Druck
in der eigenen Gesellschaft und gibt
dann anderen die Schuld.“
Die Migrationspolitik praktisch aller
griechischen Regierungen der vergange-
nen Jahre hat Menschenrechtsverlet-
zungen stillschweigend in Kauf genom-
men. Dazu gehört etwa das Zurückdrän-
gen von Menschen an den griechischen
Land- und Seegrenzen, das den Grund-
sätzen des Asylrechts widerspricht,
Misshandlungen von Migranten durch
die griechische Polizei und die Lebens-
bedingungen in den Auffanglagern, die
jeden Minimalstandard unterschreiten.
Die unausgesprochene Strategie dahin-
ter: Das Migrationsziel EU soll weniger
attraktiv werden. Doch diese Strategie
führt jetzt dazu, dass Corona die Lager
in besonders schlechtem Zustand trifft.
Etwa 41.500 Migranten sind derzeit in
den Einrichtungen auf den griechischen
Inseln untergebracht, die eigentlich nur
für 6000 angelegt sind. Der Zugang zum
Festland ist ihnen verboten, wenn sie
nicht von den griechischen Behörden
umgesiedelt werden. Die Situation es-
kalierte Ende Februar, als die Bevölke-
rung mehrerer Inseln mitunter gewalt-
sam gegen den Versuch der Regierung
protestierte, neue, dauerhafte Lager
einzurichten. Die Unruhen konnten
auch mit zusätzlichen Einheiten der Be-
reitschaftspolizei vom Festland nicht
beendet werden. Mitarbeiter von Hilfs-
organisationen wurden bedroht und ge-
schlagen, ihre Büros und Arbeitsmittel
beschädigt, Brände zerstörten eine
Schule, zwei Autos, ein Auffanglager auf
Lesbos und einen Lagerraum auf Chios.
Schon während dieses Ausnahmezu-
stands wurden einzelne öffentliche
Dienstleistungen wie die Müllabfuhr in
einigen Lagern ausgesetzt. Damals be-
gannen auch die Hilfsorganisationen,
ihr Personal aus den Einrichtungen ab-
zuziehen. Doch seit dem Corona-Aus-
bruch gehen die Einschränkungen noch
weiter. Auch seien viele nicht überle-
bensnotwendige Aktivitäten wie Bil-
dungs-, Rechtshilfe- und Kulturangebo-
te schon vor dem Verbot des Ministeri-
ums am Dienstag ausgesetzt worden.
Zwar will die Regierung nun 5000
Migranten aus den Insellagern aufs
Festland holen, doch damit bleiben die
Einrichtungen noch immer um mehr als
das Fünffache überbelegt. Und mit Ab-
riegelung und weniger Betreuung wird
die Lage dort nicht besser – gerade in
Zeiten von Corona. „Überfüllung und
mangelnde Hygiene machen einen Co-
rona-Ausbruch in den Lagern zu einer
realen Bedrohung“, sagt Eva Crossé,
Griechenland-Expertin von Human
Rights Watch. „Die Regierung sollte so
viele Menschen wie nur irgend möglich
von dort evakuieren, statt deren Ge-
sundheit und Leben weiter aufs Spiel zu
setzen.“ Sicher ist: Seit Beginn der Epi-
demie sind die Sympathien der Inselbe-
wohner für die Bewohner der Lager
nicht gewachsen. „Besser, sie finden das
Virus nicht bei den Migranten“, sagte
eine Einheimische auf Chios. „Sonst
verbrennen wir sie einfach.“

Übersetzt aus dem Englischen
von Daniel-Dylan Böhmer

Ein kleines syrisches Mädchen spielt im Flüchtlingslager Vial auf der griechischen Insel Chios

IASON ATHANASIADIS

/

„Griechenland


und die EU


locken die


Migranten in die


Falle“ Als Antwort auf Corona riegelt


Athen Auffanglanger ab und


setzt die Betreuung aus. Experten warnen vor


einer Katastrophe. Und in der Bevölkerung


macht sich Panik breit


Menschen, die über 70 Jahre alt sind, dür-
fffen in den nächsten sechs Wochen ihreen in den nächsten sechs Wochen ihre
Unterkunft nicht mehr verlassen. Wäh-
rend andere Länder mit einer kompletten
AAAusgangssperre reagieren, will Kolum-usgangssperre reagieren, will Kolum-
bien auf diesem Weg versuchen, das neu-
artige Coronavirus zu bezwingen.
Das Experiment läuft auf den Versuch
einer sogenannten Herdenimmunisie-
rung hinaus: Jene Bevölkerungsgruppen,
die weniger gefährdet sind, sollen ihre
Bewegungsfreiheit weitgehend behalten,
gegen das Virus immun werden – und die
AAAusbreitung schlussendlich bremsen. Dasusbreitung schlussendlich bremsen. Das
sind vor allem jüngere Menschen. Jene,
denen bei einer Infektion ein besonders
schwerer Krankheitsverlauf droht, wer-
den hingegen aus der Schusslinie genom-
men. Das ist laut Experten bei älteren
Menschen der Fall.
Der Ansatz der Herdenimmunisierung,
den auch Großbritannien anfangs ver-
fffolgte, stößt bei einigen Gesundheitsex-olgte, stößt bei einigen Gesundheitsex-
perten auf Kritik. Die Sprecherin der
WWWeltgesundheitsorganisation (WHO),eltgesundheitsorganisation (WHO),

O


lga Santos (72) hat ihren roten
Poncho übergeworfen und es
sich in ihrem lila-grauen Stoff-
sessel bequem gemacht. Die rüstige Rent-
nerin aus der Hauptstadt Bogota hat kei-
ne Angst vor dem, was sie und die ande-
ren rund 2,6 Millionen Kolumbianerin-
nen und Kolumbianer über 70 Jahren ab
Freitagmorgen erwartet: wochenlange
Isolation.

VON TOBIAS KÄUFER
UND FELIPE MONTENEGRO
AUS BOGOTA

„Auf keinen Fall, absolut nicht. Welche
Angst sollte ich haben, wenn ich weiß,
dass ich in meinem eigenen Zuhause bin
und ein sicheres Dach über dem Kopf ha-
be“, sagt Santos im Gespräch mit WELT.
„Mein Mann und ich versuchen, es uns so
angenehmen wie möglich zu machen.“
VVVor zwei Tagen verkündete Kolum-or zwei Tagen verkündete Kolum-
biens konservativer Präsident Ivan Du-
que die ungewöhnliche Maßnahme: Alle

Margaret Harris, sagte am Samstag, man
wisse noch zu wenig über das Virus. „Es
ist noch nicht lange genug in unserer Be-
völkerung, um zu wissen, was es immu-
nologisch macht“, sagte sie dem Nach-
richtensender BBC.
Präsident Duque richtete sich in einer
landesweit ausgestrahlten TV-Ansprache
an die kolumbianische Bevölkerung: „Die-
jenigen, die das größte Risiko tragen, sind
unsere Großeltern. Deswegen ist die ers-
te Notmaßnahme darauf ausgerichtet, sie
zu beschützen“, sagte er. Damit dies auch
in der Realität umgesetzt werden kann,
versprach Duque, dass sowohl die Versor-
gggung mit Lebensmitteln als auch die Aus-ung mit Lebensmitteln als auch die Aus-
zahlung der Renten sichergestellt werde,
aaauch wenn die Senioren ihr Haus nichtuch wenn die Senioren ihr Haus nicht
mehr verlassen können. Ob und wie das
reibungslos gelingen soll, wird sich zei-
gen.
Logistisch wird das Projekt dem Land
einiges abverlangen. Während Rentnerin
Santos zur Mittelschicht gehört, sind
rund eine Millionen Seniorinnen und Se-

nioren arm – für sie war das alltägliche
Leben schon vor dem Coronavirus eine
Herausforderung. Ihnen gilt die Aufmerk-
samkeit des Programms „Adulto Mayor“.
Dazu zählt eine für den Monatswechsel
geplante Sonderauszahlung der Regie-
rung von umgerechnet rund 60 Euro
(240.000 Pesos), die in der Landeswäh-
rung aber einen höheren Einkaufswert
hat als in Deutschland. Damit sollen sich
die Senioren zumindest für zwei Wochen
mit den notwendigsten Grundnahrungs-
mitteln eindecken. Helferinnen und Hel-
fffer des Sozialamts sollen derweil daraufer des Sozialamts sollen derweil darauf
achten, dass niemand alleine bleibt oder
zurückgelassen wird. So weit der Plan.
Anders als in Deutschland ist Kolum-
biens Gesellschaft von einem starken fa-
miliären Zusammenhalt geprägt. Sonnta-
ge sind heilig, viele Familien verbringen
diesen Tag generationsübergreifend zu-
sammen. Die von der Regierung verord-
nete Distanz zu den Älteren ist für La-
teinamerikaner daher eine emotionale
Herausforderung.

Rentnerin Santos indes meldet Zweifel
an der Dauer der Maßnahme an: „Bis zum
3 1. Mai erscheint mir ein bisschen zu
lang“, sagt sie. 15 oder 20 Tage hielte sie
fffür angebrachter. „Aber wenn die Regie-ür angebrachter. „Aber wenn die Regie-
rung die Maßnahmen für sinnvoll hält,
werden wir sie einhalten“, sagt Santos.
Ihre kleine Wohnung im Stadtteil Tibabi-
ta hoch oben im Norden der Neun-Millio-
nen-Stadt wird sie von nun an nicht mehr
verlassen. Der tägliche Gang in die Kir-
che, verbunden mit Einkäufen, die sie mit
ihrem Mann Andres (79) unternahm, ist
gestrichen.
Bislang gab es in Kolumbien bislang
rund 100 bestätigte Infektionen mit dem
neuartigen Coronavirus. Wie hoch die
Dunkelziffer ist, bleibt wegen der ver-
gleichsweise bescheidenen Testkapazitä-
ten Spekulation. Innerhalb der registrier-
ten Fälle war die Gruppe der über 70-Jäh-
rigen nur mit rund 8 Prozent betroffen,
rund die Hälfte der Infizierten waren zwi-
schen 20 und 39 Jahre alt, berichtet das
Nachrichtenmagazin „Semana“.

Für Kolumbiens Präsident Ivan Duque
steht politisch einiges auf dem Spiel. In
Medienberichten finden sich Vorwürfe, er
habe den Flugverkehr nach Kolumbien
nicht rechtzeitig unterbunden. Am inter-
nationalen Flughafen El Dorado in Bogota
brach Chaos aus, Kritiker zweifeln an der
Handlungsfähigkeit der kolumbianischen
Behörden. Passagiere hatten Videos ins
Netz gestellt, die zeigten, wie Fluggäste
dicht gedrängt auf engem Raum stunden-
lang auf eine Abfertigung und eine Fieber-
messung warten mussten. Am Mittwoch-
aaabend kam es in einigen Städten zu De-bend kam es in einigen Städten zu De-
monstrationen gegen Duque, die Men-
schen schlugen aus ihren Wohnungen he-
raus bei offenem Fenster mit Kochlöffeln
aaauf Töpfe. Bereits vor Monaten sah sichuf Töpfe. Bereits vor Monaten sah sich
der Präsident mit einem breiten sozialen
Protest ausgesetzt. Mit den jüngst ver-
hängten Maßnahmen inszeniert er sich in
der Corona-Krise als Macher. Ob er damit
Erfolg hat – sowohl im Kampf gegen das
VVVirus als auch im Kampf um die Gunstirus als auch im Kampf um die Gunst
seiner Wähler – bleibt abzuwarten.

7 3 Tage Einsamkeit


In Kolumbien dürfen über 70-Jährige ab Freitag ihre Unterkunft wochenlang nicht mehr verlassen. Ein ungewöhnlicher Versuch, sie vor Corona zu schützen


GRÜNE

Cem Özdemir mit


Coronavirus infiziert


Der ehemalige Bundesvorsitzende der
Grünen, Cem Özdemir, ist positiv auf
Corona getestet worden. Das teilte der
Bundestagsabgeordnete am Donners-
tagmorgen mit. „Mir geht es – wie ihr
seht – sehr gut“, sagte Özdemir in
einer Videobotschaft. Da er sich be-
reits vor dem Testergebnis, dass er am
Mittwochabend erhielt, in weitgehen-
de Quarantäne begeben hatte, „muss
ich jetzt nicht viel ändern“. Özdemir
lebt in Berlin. Alle notwendigen Maß-
nahmen seien eingeleitet worden. „Um
mich muss man sich keine Sorgen
machen“, erklärte der 54-Jährige wei-
ter. „Ich mache es öffentlich, um deut-
lich zu machen, dass sich jede und
jeder von uns anstecken kann. Das ist
erst mal nicht schlimm.“ Es gehe jetzt
darum, „alle anderen zu schützen,
indem ausnahmslos alle, die nicht
arbeiten müssen, zu Hause bleiben!“,
sagte Özdemir. Sein Appell: „Nehmt
die Sache ernst, bleibt zu Hause.“
Özdemir bedankte sich in einer Video-
botschaft per Twitter: „Ein herzlicher
Dank an alle, die jetzt gerade für uns
alle, die wir zu Hause sind, arbeiten
müssen! Ihr macht einen klasse Job!“
Nach Friedrich Merz (CDU), Alexan-
der Graf Lambsdorff, Thomas Sattel-
berger und Hagen Reinhold (alle FDP)
ist Özdemir ein weiterer Spitzenpoliti-

erger und Hagen Reinhold (alle FDP)
st Özdemir ein weiterer Spitzenpoliti-

erger und Hagen Reinhold (alle FDP)

ker, der sich mit dem Virus infiziert
hat. Zuvor hatte Özdemir den Fern-
sehauftritt von Bundeskanzlerin Ange-
la Merkel (CDU) gelobt. Sie habe eine
Rede gehalten, „hinter der man sich
versammeln könne“, so Özdemir. Auf
Twitter hatte Özdemir ihren Aufruf
zum „social distancing“ gelobt: „Unse-
re Freiheit wird eingeschränkt, um
Leben zu retten, nicht um die Macht
von Despoten zu sichern.“

FALL VON DER LEYEN

Staatsanwalt fordert
Bundestags-Akten an

Die Staatsanwaltschaft Berlin fordert
AAAkten des Bundestags an, um die Auf-kten des Bundestags an, um die Auf-
nahme strafrechtlicher Ermittlungen
in Zusammenhang mit der sogenann-
ten Berateraffäre zu prüfen. Das geht
aus einem Dokument hervor, das
WELT vorliegt. Demnach bittet der
Oberstaatsanwalt per offiziellem
Schreiben sowie unter entsprechen-
dem Aktenzeichen („Prüfverfahren
gegen unbekannt“) den Untersu-
chungsausschuss, Protokolle zu über-
senden, die mit einem der heikelsten
VVVorgänge in der Berateraffäre der Bun-orgänge in der Berateraffäre der Bun-
deswehr zu tun haben. Es geht dabei
um die auf den zwei Diensthandys der
ehemaligen Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen (CDU) gelösch-
ten Informationen. Die Staatsanwalt-
schaft prüft, „ob hier in Zusammen-
hang mit der Löschung der auf den
dienstlichen Mobiltelefonen ... ge-
speicherten Daten Ermittlungen auf-
zunehmen sind“. Hierfür bitte man um
Herausgabe des amtlichen Protokolls
der Zeugenaussage von der Leyens vor
dem Untersuchungsausschuss. Dieser
soll Rechts- und Regelverstöße bei der
millionenschweren Beauftragung ex-
terner Unterstützungs- und Berater-
leistungen ausleuchten.

KOMPAKT


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