Spektrum der Wissenschaft - Oktober 2017

(Tuis.) #1

INTERVIEW


»BALD WIRD ES ERST


RICHTIG SPANNEND«


Der Physiker Karsten Danzmann und sein Team waren maß-
geblich an der Entdeckung von Gravitationswellen im Jahr 2015
beteiligt. Ein Gespräch über kollidierende Schwarze Löcher,
Einsteins Relativitätstheorie und die Astronomie der Zukunft.

 spektrum.de/artikel/

Herr Professor Danzmann, hier in Ihrem Institut in Han-
nover hängt ein Poster, auf dem Albert Einstein seine
Zunge herausstreckt. Darunter steht »Yes we can«. Man
empfindet schon Genugtuung, wenn man der Natur
ein großes Geheimnis abgerungen hat, oder?
Ja, das kann man wohl sagen. Als ich vor 28 Jahren in das
Forschungsgebiet eingestiegen bin, galt die Suche nach
Gravitationswellen als exotisches, obskures Randgebiet.
Die Leute haben damals gesagt: »Das wird doch sowieso
nichts.« Das Poster haben meine Mitarbeiter dann ge-
druckt, als wir vor zwei Jahren das Signal zweier kollidie-
render Schwarzer Löcher aufgespürt hatten – und dieses

genau so aussah, wie es Einsteins all gemeine Relativitäts-
theorie vorhersagt.

Die Schwarzen Löcher haben bei ihrer Kollision die
Raumzeit in Schwingung versetzt. Nachgewiesen
haben Sie diese Gravitationswellen am 14. September
2015 mit Hilfe der zwei Laserinterferometer des
LIGO-Observatoriums in den US-Bundesstaaten Loui-
siana und Washington. Wissen Sie noch, was Sie an
dem Tag gemacht haben?
Für mich war das zunächst ein Montag wie jeder andere.
Aber dann haben zwei Mitarbeiter unseres Instituts ge-

CALTECH/MIT/LIGO LAB


Wie sein Zwilling im US-Bundesstaat Washington besteht das LIGO-Interferometer in Livingston, Louisiana, aus zwei vier
Kilometer langen Armen. Durch die Röhren flitzen Laserstrahlen, die am Ende der Strecke von Spiegeln reflektiert werden.
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