REGATTA • AMERICA’S CUP
62 yachtrevue.at • 7|17
„Ich bin als Fan dieser Veranstaltung
groß geworden. Dass ich den Cup nun nach
Hause bringe, kann ich kaum glauben.
Ein Traum ist für mich wahr geworden.“
Peter Burling, Steuermann von Emirates Team New Zealand
eine seltene und deshalb umso wertvollere
Kombination. In den Vorrennen noch rela-
tiv defensiv und fehleranfällig, überrasch-
te der in Tauranga geborene Neuseeländer
in den Duellen gegen Oracle mit ausge-
zeichneter Starttaktik und perfektem
Timing. Nur ein Beispiel: Im achten Ren-
nen stellte Burling den im Matchrace
wesentlich erfahreneren Spithill in der
Vorstartphase so gründlich ab, dass er mit
riesigem Vorsprung über die Linie gehen
konnte. Aber auch am Feld bewies Burling
fast immer den richtigen Riecher, wechsel-
te gekonnt zwischen Matchrace-Deckung
und Wind-Strategie und hatte in der Statis-
tik fast immer die höhere Fly Time (= Zeit
auf den Foils) aufzuweisen. Jimmy Spithill
hingegen agierte zum Teil regelrecht unbe-
holfen, produzierte zwei Mal ohne gegne-
rischen Druck einen Frühstart und kassier-
te einen völlig unnötigen Penalty für uner-
laubtes Queren der imaginären Kursgrenze.
So kann man den Cup nicht gewinnen.
- Günstigere Windbedingungen
Die neun Rennen des 35. America’s Cup
wurden zwischen 17. und 26. Juni an fünf
Tagen bei jeweils sehr ähnlichen Verhält-
nissen, nämlich löchrigem, drehendem
Wind um 10 Knoten ausgetragen. Das Boot
der Neuseeländer war genau darauf ausge-
legt, zudem herrschten beim einsamen
Training vor Auckland über weite Strecken
ähnliche Bedingungen. Team Oracle, das
seine Zelte deutlich früher in Bermuda auf-
geschlagen hatte, setzte hingegen auf ei-
nen für stärkeren Wind optimierten Kat –
nicht umsonst gewann die US-Truppe die
Qualier-Serie des Louis Vuitton Cup, die
bei deutlich mehr Wind über die Bühne
ging wie der 35. America’s Cup, und besieg-
te dabei auch die Kiwis.
In der fünftägigen Pause zwischen den
beiden AC-Renn-Wochenenden machten
die Oracle-Techniker zwar den Kat um
rund hundert Kilo leichter und nahmen auf
Leichtwind ausgelegte Modikationen an
Foils und Ruder vor, doch der Spieß
ließ sich nicht mehr umdrehen. Hätte es
vor Bermuda geballert, wäre das Duell
vielleicht anders ausgegangen. Aber wen
interessiert jetzt noch ein Vielleicht.
Von größtem Interesse ist hingegen die
Frage, wie der 36. America’s Cup aussehen
wird. Die Neuseeländer waren bekanntlich
die einzigen, die das Rahmenabkommen
zur Zukunft des AC nicht unterzeichneten,
sie haben daher – so bestimmt es das Re-
gelwerk – völlig freie Hand. Mit dem Circo-
lo Della Vela Sicilia gibt es bereits einen
Challenger of Record, das ist jenes Syndi-
kat, das gemeinsam mit dem Verteidiger
die Regeln für den nächsten Cup aushan-
deln darf, Mann dahinter ist Prada-Chef
Patrizio Bertelli. Wovon man ausgehen
kann, ist ein Austragungsort in Neuseeland,
vermutlich Auckland, der Rest ist o£en.
Multi- oder Monohull, Nationalitäten-
Regel, zwei oder mehr Jahre Pause – die
Kiwis werden es uns wissen lassen. ■
Seitenwechsel. Peter Burling beim Sprint über sein Sportgerät. Der 26-jährige Kiwi ist der jüngste Steuermann, der jemals einen AC gewann
FOTOS: RICARDO PINTO / ACEA / RED BULL CONTENT POOL
, ACEA
/ DENNIS MARTINS
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