Fliegermagazin Juli 2017

(avery) #1

Mensch & Maschine


Splash and Go: Welliges Wasser ermöglicht eine bessere
Höheneinschätzung als glattes, belastet die Struktur aber
stärker. Bei Schaumkronen hört der Spaß auf


190 400 Euro inklusive Steuer kostet der
Flywhale. Was bekommt man dafür?
»Ein schnelles Reise-UL, das sich auch
auf Wasser betreiben lässt«, sagt Helmut.
Ja, kann man so sehen: Nachteile im Land-
betrieb sind nicht erkennbar; mit seinen
großen Rädern dürfte das Amphibium auf
tiefem Boden sogar eine bessere Figur ma-
chen als manches UL, das nur Land kann.


A


uf Reisen lässt der gigantische
Stauraum im Bauch des fliegen-
den Wals keine Gepäckwünsche
offen – was das Volumen be-
trifft. Das Gewicht ist allerdings genauso
begrenzt wie bei herkömmlichen ULs: Für
Wasserflug wird ein Zuschlag von 45 Kilo-
gramm gewährt, sowohl beim Leergewicht
als auch beim maximalen Abfluggewicht.
Leer schöpft der Flywhale die zulässigen
342,5 Kilogramm voll aus, sodass bis zur
MTOM noch 175 Kilo Zuladung bleiben. Für
Insassen, Sprit und Gepäck. Das ist nicht
viel, aber auch nicht weniger als bei den
meisten Land-ULs.
Dass die Geschwindigkeit für den Fly-
whale-Chef eine wichtige Rolle spielt, liegt
an der Wasserflugferne Deutschlands: Man


müsse ja erstmal weit
fliegen, um im Ausland
die Vorzüge eines Sea-
planes nutzen zu kön-
nen – etwa in Skandina-
vien, Polen oder Italien;
wer wolle da mit 120
km/h ans Ziel schlei-
chen.
Tatsächlich gibt es
in Deutschland nur ei-
nen einzigen öffentlichen Wasserflugplatz:
den Sedlitzer See, der PPR anfliegbar ist. Al-
le anderen genehmigten Flächen, etwa auf
der Flensburger Förde, der Mosel oder der
Saar, sind auf Firmen zugelassen, auch Win-
nis Platz auf dem Hohenauer See und das
Flywhale-Gelände in Bremen. Man muss al-
so raus aus Deutschland, um wasserfliege-
risch wirklich etwas zu erleben.
Doch ist der Flywhale schnell? Wenn die
Serienversion im Reiseflug 180 bis 190 Kilo-
meter pro Stunde erreicht, wie vom Herstel-
ler bekundet, erfüllt sie dessen Anspruch.
Die in der D-MFWR abgelesen 165 km/h
wären zu wenig. Ein modernes Composi-
te-UL dieser Preisklasse, mit freitragender
Fläche und 100-PS-Motor, muss 200 km/h

schaffen – 10 bis 20 km/h weniger sind ak-
zeptabel, weil man dafür ja auch ein Boot
hat. Noch weniger Speed wäre aber enttäu-
schend, falls die meisten Flüge im Landbe-
trieb stattfinden – was in Deutschland so
sein dürfte. Dann wäre die Wassertauglich-
keit keine attraktive Zusatzoption, sondern
ein permanentes Handicap.
Anders sieht die Sache in Ländern aus,
wo Wasserflug mindestens so wichtig ist
wie der Betrieb auf Rädern. Beim Erschlie-
ßen internationaler Märkte hilft die deut-
sche Musterzulassung, die der Flywhale
dieser Tage erhält. Mit seinem einmaligen
Konzept als ultraleichtes Amphibienflug-
boot kann er weltweit ein faszinierendes
Potenzial ausspielen.

Unterwegs: Sitzt man tief, ragt die Nase über den Horizont,
bei maximaler Sitzhöhe bleibt sie drunter

Einzigartig: UL-Amphibien-Flugboot, auch für die Ausbildung!
Damit erhält nicht nur die deutsche Wasserflugszene einen
wichtigen Impuls – weltweit hat der Flywhale großes Potenzial

http://www.fliegermagazin.de #7.2017 93
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