TECHNIK Cockpit
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Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Peter W. Cohausz
S
elten ist die Geschichte eines Flugzeugs
derartig wechselhaft und mühsam ver-
laufen wie die der He 219. Bereits 1940
hatte Heinkel unter dieser Typenbezeich-
nung einen damals sehr fortschrittlichen
Fernaufklärer entworfen. Es war ein zwei-
motoriger Schulterdecker mit zweisitziger
Druckkabine und Bugradfahrwerk. Als Mo-
toren waren der 2000-PS-DB-603-G, der 2020-
PS-DB-614 oder der 2500-PS-Jumo-222 vorge-
sehen. Letzterer war ein riesiger Motor, bei
dem je vier Zylinder in sechs Reihen sternför-
mig angeordnet waren. Die Entwicklung die-
ser Motoren konnte jedoch bis Kriegsende
nicht abgeschlossen werden.
Bereits 1941 deutete sich an, dass die deut-
schen Standardnachtjäger Junkers Ju 88 und
Messerschmitt Bf 110 den steigenden Anfor-
derungen des Luftkriegs in der Nacht kaum
mehr gewachsen waren. Zu dieser Zeit hatte
der General der Nachtjäger Josef Kammhuber
vom Reichsluftfahrtministerium (RLM) gera-
de Vollmachten erhalten, in direkter Zusam-
menarbeit zwischen Front und Industrie ei-
nen Nachtjäger zu entwickeln.
Geeignete Wahl
Dafür suchte er sich die He 219 aus, da sie
ihm für diese Aufgabe am geeignetsten er-
schien. Als Antrieb wählte man nun zwei
1750-PS-DB-603-A aus. Der Entwurf lief un-
ter der Anleitung von erfahrenen Nachtjagd-
piloten und im November 1942 flog die
He 219 V1 erstmals. Nachdem man einige
Mängel behoben und technische Verbesserun-
gen eingearbeitet hatte, waren die ersten Ma-
schinen Anfang 1943 einsatzbereit.
Kurz zuvor hatte sich jedoch das RLM da-
zwischengeschaltet. Es bevorzugte die Ju 88,
da diese leichter zu fertigen war. Ein Ver-
gleichsfliegen zwischen beiden Typen im
März 1943 in Rechlin endete jedoch eindeutig
zugunsten der He 219.
Um weiteren Störungen durch das RLM
zuvorzukommen, ordnete Kammhuber eine
Enderprobung der »Uhu« im direkten Front-
einsatz an. Die Erfolge waren beeindruckend,
denn gleich beim ersten Einsatz am 11. Juni
HEINKEL HE 219 »UHU«
Seiner Zeit voraus
Bei ihren Mannschaften war die He 219 sehr beliebt, bei den Bürokraten weniger. So
war die gesamte Entwicklungsgeschichte des »Uhu« ein ständiger Kampf gegen das
Reichsluftfahrtministerium ... Von Peter W. Cohausz
Der Pilotensitz der He 219 A-2 im National Air and Space Museum ist noch in einem sehr guten
Originalzustand und zeigt, wie fortschrittlich das Cockpit war Foto Smithsonian NASM 2006-20903