Handelsblatt - 01.11.2019

(Brent) #1

Singles’ Day


Shopping-Wahn in China


Am 11. November macht der
Onlinehandel in China
Milliardenumsätze. Auch
einige deutsche Marken
profitieren davon.


Florian Kolf Düsseldorf


E


s sind fast unvorstellbare Zah-
len: An einem einzigen Tag,
dem Singles’ Day, hat der chi-
nesische Marktplatzbetreiber Alibaba
im vergangenen Jahr über seine Platt-
form umgerechnet fast 30 Milliarden
Euro umgesetzt. Und auch zahlreiche
weitere chinesische E-Commerce-Un-
ternehmen haben an diesem 11. No-
vember Milliardenumsätze gemacht.
Im Westen bekannte Einkaufsevents
wie den Black Friday stellt das bei
Weitem in den Schatten.
Und dieser Shopping-Wahnsinn
wird in diesem Jahr noch mal weit
übertroffen. Nach einer Umfrage der
Strategieberatung Alix Partners, die
dem Handelsblatt exklusiv vorliegt,
planen die chinesischen Verbrau-
cher, ihre Ausgaben am Singles’ Day
in diesem Jahr im Vergleich zum Vor-
jahr um 54 Prozent zu steigern. Im
Durchschnitt wollen die Befragten
fast 800 Euro ausgeben.
Damit bietet dieses Event ein riesi-
ges Umsatzpotenzial, nicht nur für
Onlinegiganten wie Alibaba, sondern
auch für kleine Händler und für Mar-
kenhersteller. Denn Alibaba ist selbst
gar kein Händler, sondern stellt nur
seine Plattform Tmall zur Verfügung,
auf der andere verkaufen. So waren
im vergangenen Jahr Produkte von
180 000 Marken im Angebot, darun-
ter auch internationale Unternehmen
wie Apple, Dyson oder Adidas.


Doch gerade viele deutsche Her-
steller und Händler zögern noch, die-
se Chance zu nutzen, und verschen-
ken damit Umsatzmöglichkeiten.
„Für Markenhersteller aus Deutsch-
land ist die Teilnahme am Singles’
Day in China Pflicht“, sagt Peter
Heckmann, Handelsexperte von Alix
Partners. Chinesische Konsumenten
setzten auf Marken, „made in Germa-
ny“ besitze dort einen guten Ruf.
Das erlebt beispielsweise Beiers-
dorf mit der Marke Nivea. „Wir spie-
len den Singles’ Day über alle rele-
vanten Plattformen wie z.B. Tmall,
JD.com, WeChat und erwarten auch
dieses Jahr am 11.11. den umsatz-
stärksten Tag des Jahres“, sagt eine
Beiersdorf-Sprecherin. Erstmals wer-
den sie das in diesem Jahr auch für
die Marke Eucerin nutzen. „Es gibt
kein Event weltweit, das eine ver-
gleichbare Kraft entfaltet“, betont die
Sprecherin.


„Wer jetzt schon auf einer der chi-
nesischen Plattformen präsent ist,
für den ist das ein riesiges Potenzial“,
bestätigt Jan Bechler, E-Commerce-
Experte der Agentur Finc3, die Mar-
kenhersteller bei ihren Aktivitäten
auf Handelsplattformen berät. Alle
anderen werden dieses Jahr auch
nicht mehr vom Singles’ Day profitie-
ren können, denn den Schritt auf

Plattformen wie Tmall oder JD.com
müssen ausländische Unternehmen
sorgfältig vorbereiten. „Das braucht
Zeit, ist komplex und kostet Geld“,
sagt Bechler.
Das scheuen viele Unternehmen
noch. So ist beispielsweise die deut-
sche Parfümeriekette Douglas nicht
auf chinesischen E-Commerce-Platt-
formen aktiv. Stattdessen hat der

Kosmetikhändler schon im vergange-
nen Jahr damit begonnen, den chine-
sischen Singles’ Day auch in Deutsch-
land zu etablieren. Und setzt dabei
mit einer zusätzlichen Bewerbung
auf Chinesisch ganz gezielt auf Chine-
sen, die in Deutschland leben. „Diese
Community gehört für uns zu den at-
traktivsten Kunden“, verrät eine Dou-
glas-Sprecherin.

Onlinehandel


795


EURO
planen chinesische Konsumenten
im Schnitt in diesem Jahr am
Singles‘ Day auszugeben.
Quelle: Alix Partners


    

  



 

   


   




 





 


  

 

 





Unternehmen & Märkte
WOCHENENDE 1./2./3. NOVEMBER 2019, NR. 211^23


Anzeige

Free download pdf