Süddeutsche Zeitung - 09.11.2019 - 10.11.2019

(Greg DeLong) #1
von wolfgang görl

W


er in München nach der un-
bedingten, den Tod nicht
scheuenden Liebe sucht,
ist gut beraten, sich am Al-
ten Rathaus umzusehen.
Dort, ein paar Schritte hinter dem Turm,
steht die Bronzestatue der Julia – nicht ir-
gendeiner Julia, sondernderJulia, also je-
ner jungen Frau aus dem Veroneser Ge-
schlecht der Capulets, die sich in einen ge-
wissen Romeo verliebt hat, einen edlen
Jüngling aus dem Hause der Montagues,
das mit den Capulets aufs Innigste verfein-
det ist. Wie in Tragödien üblich, und erst
recht bei Shakespeare, geht die Sache übel
aus. Am Ende sind Romeo und Julia tot,
aber gerade dieser unglückliche Abgang
macht sie unsterblich. Wo immer von der
großen, der ganz großen Liebe die Rede ist,
sind Romeo und Julia im Geiste dabei.


Nun kommt München in dem Stück mit
keinem Wort vor, weshalb es auf den ers-
ten Blick sonderbar ist, dass sich die Stadt
mit einer Julia-Statue schmückt. Die Sache
ist die: Durch geschicktes Partnerschafts-
management ist es der bayerischen Metro-
pole 1960 gelungen, in den Romeo-und-Ju-
lia-Kosmos vorzudringen. Seit dieser Zeit
ist Verona, der Schauplatz der Tragödie,
Münchens Partnerstadt. Eines Tages hat es
der Veroneser Sparkasse gefallen, den
Münchnern zwei Repliken – die zweite Ju-
lia steht am Shakespeareplatz – der vom
Bildhauer Nereo Costantini geschaffenen
Statue zu spendieren.
Dies geschah ungeachtet der Frage, ob
München würdig ist, die Verkörperung der
bedingungslosen Liebe zu beherbergen.
Kennern zufolge ist ja Paris die Stadt der
Liebe, vielleicht auch Venedig und in Got-
tes Namen auch Verona. Aber München?
Hat jemals ein Mensch gesagt: Oh là là, ich
fahr’ nach München, in die Stadt der Liebe.
Wenn ja, war dieser Mensch unsterblich in
eine Münchnerin oder einen Münchner ver-
liebt, da tanzen die Endorphine Ringelrei-
hen und man verliert die Orientierung. Der
Rest der Menschheit betrachtet München
nicht unbedingt als die Stadt herzzerrei-
ßender Liebesdramen. Sofern der Münch-
ner, so das gültige Vorurteil, überhaupt für
etwas Leidenschaften entwickelt, dann ist
es das Bier, die Wiesn, der FC Bayern oder
Sechzig, ein fettes Auto und Shopping auf
der Maximilianstraße. Aber stimmt das
denn?
Wer die paar Schritte von der Julia-Sta-
tue zum Viktualienmarkt geht, stößt auf
ein richtiges Münchner Liebespaar: Liesl
Karlstadt und Karl Valentin. Die beiden ste-
hen als bronzene Brunnenfiguren auf dem
Marktareal – nicht zusammen, sondern
hübsch getrennt. Künstlerisch waren sie
ein Traumpaar. Sie inspirierten einander,
ihre komischen Talente ergänzten sich ide-
al: Er, der Valentin, der an den Tücken der
Objekte und der Sprache scheiternde Spin-
ner, und sie, die Karlstadt, welche die
grundsolide Kleine-Leute-Vernunft verkör-
pert.
Dummerweise waren sie auch in der Lie-
be verbunden, und damit beginnt das Un-
glück. Valentin war verheiratet, hatte zwei
Kinder und machte es sich in dem Zustand
bequem, eine Ehefrau, eine Geliebte und
daneben noch etliche Affären zu haben.
Zweifellos hat er Liesl Karlstadt geliebt,
aber für sie die Rolle des Familienvaters
aufzugeben und sich ganz zu ihr zu beken-
nen, dazu war der ewig nervöse, hypochon-
drische und wohl auch egomanische Valen-
tin nicht in der Lage. Immer nur die heimli-
che Geliebte zu sein, hielt Karlstadt auf
Dauer nicht aus, und als Valentin auch
noch ihre Ersparnisse für sein ruinöses
Panoptikum verplempert hatte, stürzte sie
sich mitsamt ihrer Katze in die Isar. Liesl
Karlstadt wurde gerettet, die Katze nicht.
Nun ja, das ist schon eine traurige Ge-
schichte, aber das Zeug zu einer Romeo-
und-Julia hat sie dennoch nicht; dazu ist
Karl Valentins Part einfach zu mies. Er war
ein genialer Komiker, einer der wichtigs-
ten Münchner Künstler des 20. Jahrhun-
derts – ein Romeo war er freilich nicht. In
Liebesdingen verhielt sich Valentin wie je-
der x-beliebige Bierdimpfl, der sich neben-
her ein außereheliches Gspusi hält. Gerne
würde man Karl und Liesl als Münchner
Antwort auf Romeo und Julia feiern, aber
da führt kein Weg hin. Andererseits haben
sie ihre Affäre überlebt, das ist doch auch
etwas. Und wer zur Ehre Münchens die Lü-
ge nicht scheut, kann seinen auswärtigen
Gästen ja erzählen, dass der Welttag der
Liebe, der Valentinstag, nach einem gro-
ßen Münchner Komiker benannt ist.
Abélard und Héloise – das ist eine Liebes-
geschichte von Format. Spielt in Paris, na-
türlich in Paris, in der Zeit um 1115, als es
München noch nicht gab. Er ist gefeierter
Philosophieprofessor, sie seine blutjunge
Schülerin, beide selbstverständlich bild-
schön. Im Nu sind sie ineinander vernarrt,
heimlich, versteht sich, doch die Affäre
kommt auf, zumal Héloise schwanger wird
und ein Kind zur Welt bringt. Die folgen-
den Verwicklungen enden damit, dass Hé-
loises Onkel einen Trupp Bewaffneter aus-
schickt, die Abélard kastrieren. Den Rest ih-
res Lebens verbringen sie in Klöstern, von
wo aus Héloise ihrem einstigen Geliebten
glühende Brief schreibt.
Ah, die Franzosen! Bringen laufend spek-
takuläre Liebespaare hervor, die sogar
Schriftsteller und Komponisten inspirie-
ren – Chapeau! Der Münchner hingegen
weckt bei flüchtigem Hinsehen den Ein-


druck, als sei er untauglich für verhängnis-
volle Affären, weil er mehr zur praktischen
Vernunft denn zur romantischen Schwär-
merei neigt. So hat sich eingebürgert, die Fi-
gur des Stenz, wie ihn Helmut Fischer so
wunderbar verkörperte, als Prototypen
des Isar-Kavaliers zu betrachten: char-
mant zwar, aber treulos und erotisch flexi-
bel. Doch Vorsicht: Es gibt hier eine Liebes-
geschichte von fast Shakespear’schem For-
mat: Die weibliche Hauptrolle spielt aller-
dings eine Augsburgerin, die schöne Ba-
derstochter Agnes Bernauer. In diese hatte
sich Albrecht verguckt, der Sohn Herzog
Ernsts, der in den ersten Jahrzehnten des


  1. Jahrhunderts das Herzogtum Bayern-
    München regierte. Albrecht brachte die jun-
    ge Frau an den Hof nach München, in der
    Blutenburg hatten sie ihr Liebesnest. Her-
    zog Ernst passte die unstandesgemäße Af-
    färe seines Sohns überhaupt nicht. Als das
    Paar dann auch noch heimlich heiratete,
    wurde es dem Herrscher zu bunt. Während
    Albrecht, der mittlerweile mit seiner Braut
    auf der Vohburg residierte, auf einer Jagd
    weilte, ließ Ernst die Bernauerin verhaften
    und unter dem Vorwand, sie sei eine Hexe,
    in der Donau ertränken.
    Bis dahin hat die Affäre alles, was es für
    eine Liebestragödie der Extraklasse
    braucht. Der letzte Akt allerdings fällt ab,
    den hätte Shakespeare besser gemacht.
    Aber so muss man feststellen: Albrecht
    hat’s versaut. Statt dem Mörder seiner un-
    endlich geliebten Dame das Schwert in die
    Brust zu rammen und sich danach selbst in
    die Donau oder wenigstens in die Isar zu
    stürzen, versöhnte sich Albrecht mit sei-
    nem Vater. Bereits ein Jahr nach Agnes’ ge-
    waltsamen Tod heiratete er standesgemäß
    Anna von Braunschweig.


Es ist wie verhext: Im Ansatz großartige
Liebestragödien enden in München offen-
bar immer damit, dass sich der männliche
Part als Stiesel entpuppt und alles verdirbt.
Generell darf man natürlich fragen, ob gu-
te Liebesgeschichten stets traurig enden
müssen. Das müssen sie selbstverständ-
lich nicht. Aber in Tragödien kommt nun
mal besonders gut zur Geltung, dass das
Feld der Liebe kein Ponyhof ist, sondern
mitunter einem Schlachtfeld gleicht, auf
dem die Leidenschaften toben, bis die Ak-
teure teils glücklich erschöpft, teils vernich-
tet am Boden liegen. Selbst als Beobachter
bleibt man da nicht unberührt, man spürt
einen existenziellen Schauer, und mitun-
ter fließen die Tränen.
Dagegen ist das Happy End in der Regel
banal. Der großartige Kurt Tucholsky hat
darüber ein Gedicht geschrieben, das fol-
gendermaßen endet (Tucholsky war Berli-
ner, deshalb die merkwürdige Sprache):
„Die Ehe war zum jrößten Teile / vabrühte
Milch un Langeweile. / Und darum wird

beim happy end / im Film jewöhnlich abje-
blendt.“ Ungeachtet dieses ernüchternden
Befunds lässt sich sagen, dass die Liebesge-
schichte, welche die Menschen am meisten
interessiert, jewöhnlich die eigene ist. Und
diese sollte möglichst nicht mit Mord,
Selbstmord oder Kastration enden, ja
selbst die Ehe muss nicht zwangsläufig das
letzte Wort sein. Was aber in fremden
Schlafzimmern passiert, ist auch interes-
sant, und da hat München einiges zu bie-
ten: Unvergessen beispielsweise die Reali-
ty-Soap, in welcher der Fußballer Stefan Ef-
fenberg, der nicht nur wegen seines Kampf-
namens „Der Tiger“ Furcht und Schrecken
verbreitete, mit der Gattin des Kollegen
Thomas Strunz angebandelt hat, was die-
ser, so zumindest schildert es der Tiger,
mit dem trefflichen Satz quittierte: „Du
Schwein hast mir meine Frau geklaut.“ In
ähnlicher Mission war auch der Torwart
Oliver Kahn, der als „Titan“ ebenfalls
Angst und Schrecken verbreitete, oft ein-
drucksvoll unterwegs, etwa mit der unver-
meidlichen Moderatorin Verena Kerth, die

nun ihrerseits, wie kürzlich zu lesen war,
beim Käfer-Almauftrieb auf der Wiesn ne-
ben demRammstein-Sänger Till Linde-
mann zu sitzen kam, was zu wilden Speku-
lationen ... nein, es ist genug.
Vielleicht ist es ja so, dass Spieler des
FCBayern im Nachtleben das sind, was frü-
her mal schmucke Industriellensöhne oder
hauptamtliche Playboys waren. Das wohl
berühmteste Münchner Exemplar war
James Graser, der „Tschäms“. Wenn er, wie
der Klatschspezialist Michael Graeter 1996
im Nachruf schrieb, mit geschwelltem
Oberkörper am Swimmingpool auf dem
Dach des Hotels Bayerischer Hof auftauch-
te, verlief das nicht ohne die Frage: „San Ha-
sen da?“ Waren keine zugegen, hat er
schnell ausgeatmet, und sein Oberkörper
war dann nicht mehr ganz so imposant.
Aber meistens waren welche da, wo der
Tschäms in den Sechzigerjahren auftrat,
der wie kein Zweiter das süße Münchner Le-
ben in einer Zeit verkörperte, als es den Be-
griff „Toxische Männlichkeit“ noch nicht
gab. Diese brachte Graser selbst auf dem

Pissoir zur Geltung, wie Graeters Nachruf
zu entnehmen ist. Wer dem Tschäms dort
begegnete, bekam zu hören: „Bua! Jetzt
muaßt auf d’Seiten, jetzt kommt der James
mit sei’m Rohr.“ Auf dem internationalen
Parkett, wo elegante Playboys wie Gunter
Sachs oder Porfirio Rubirosa den Ton anga-
ben, wäre Graser damit nicht durchgekom-
men. In die Ruhmeshalle der Münchner
Vorstadt-Strizzis aber passte er ganz gut.
Gibt es wenigstens ein repräsentatives
Münchner Exemplar der Femme fatale, ei-
nes, das etwa mit der Wienerin Alma Mah-
ler-Werfel konkurrieren könnte? Nimmt
man es nicht ganz so genau, dürfte man Co-
sima Wagner ins Rennen schicken. Eine
klassische Femme fatale war sie zwar
nicht, aber sie war beteiligt an einem Lie-
besskandal, der selbst König Ludwig II. in
Bedrängnis brachte. Cosima war verheira-
tet mit Hans von Bülow, der Hofkapellmeis-
ter in München war. Aber da gab es noch Ri-
chard Wagner, den von Ludwig protegier-
ten Komponisten, und wie es der Teufel
will, verliebten sich Wagner und Cosima.
Entsprechende Gerüchte drangen bis zum
König vor, aber Wagner bestritt die Affäre,
woraufhin Ludwig öffentlich eine Ehrener-
klärung für den Komponisten abgab. Als
herauskam, dass Wagner und Cosima von
Bülow doch eine heimliche Liebschaft
pflegten, war Ludwig blamiert. Wagner,
der sich überdies in die Politik eingemischt
hatte, musste abreisen. Cosima folgte ihm.
Bei Licht besehen, ist dies eine recht ge-
wöhnliche Geschichte von Liebesverrat
und neuem Glück. Dasselbe gilt für den
tollsten Skandal, den das bayerische Kö-
nigshaus hervorgebracht hat. Im Oktober
1846 taucht die 25-jährige Irin Elizabeth
Rosanna Gilbert, die sich Lola Montez
nennt, in München auf und kommt alsbald
mit König Ludwig I. in Berührung. Der
60-jährige Monarch, der seine Gattin The-
rese schon immer nach Strich und Faden
betrogen hat, ist sogleich entflammt. Was
folgt, ist eine royale Variante der uralten
Posse „Junge Frau bringt einen alten Esel
erst in Wallung und dann um den Ver-
stand“. Ludwig überschüttet seine neue
Flamme mit Geld und Geschenken, erhebt
sie zur Gräfin von Landsfeld und schreibt
schwärmerische Gedichte. In der ange-
spannten politischen Lage der späten
1840er Jahre ist die erotische Spätblüte
Ludwigs das letzte, was Volk und Regie-
rung von ihrem König erwarten. Lola Mon-
tez wird aus der Stadt gejagt, und Ludwig
dankt ab. Später, selbstmitleidig und noch
immer schmachtend, dichtet er: „Hätt’ ich
doch nie und nimmer Dich gesehen! /Für
die gegeben ich mein letztes Blut.“
Noch mal zurück zu Karl Valentin und
Liesl Karlstadt: Als die beiden im März
1927 im Münchner Varieté-Theater Colos-
seum auftreten, sitzt eines Abends die da-
mals 21-jährige Erika Mann, die älteste
Tochter Thomas Manns, im Publikum. Mit
dabei ist auch die 29-jährige Therese Gieh-
se, schon damals eine gefeierte Schauspie-
lerin. Es ist die erste persönliche Begeg-
nung der beiden Frauen. An diesem Abend,
berichtet Golo Mann, der jüngere Bruder
Erikas, habe es zwischen Erika und There-
se gefunkt.
Das heißt nicht, dass die beiden gleich
ein Liebespaar werden, wie ja überhaupt
im Kosmos der flamboyanten Erika Mann
kaum etwas eindeutig und festgefügt ist.
Sie ist ein Wildfang mit androgynen Zügen,
die sie mit ihrer modischen Kurzhaarfrisur
noch unterstreicht, eine eigensinnige,

selbstbewusste, faszinierend mondäne
Frau. Zunächst einmal verliebt sie sich in
die ebenfalls extravagante Schriftsteller-
tochter Pamela Wedekind, die sich wieder-
um mit Erikas geliebtem, genialischen Bru-
der Klaus verlobt, der zwar schwul ist, aber
ein Verlöbnis mit Pamela für „hübsch“ er-
achtet. Der nächste spleenige Akt findet im
Juli 1926 statt: Erika heiratet den ehrgeizi-
gen Theatermann Gustaf Gründgens, be-
trachtet diese Ehe aber, wie sie ihrer Freun-
din Pamela anvertraut, als Spiel.

Lange währt dieses Spiel nicht. Statt
Gründgens’ Haus in Hamburg zu hüten, un-
ternimmt Erika mit Bruder Klaus eine
mehrmonatige Weltreise. Ihr erster Weg
nach der Rückkehr führt sie zu Therese
Giehse. Die schon nicht mehr ganz junge
Frau ist ein anderer Typ als die exaltierte
Erika. Rothaarig und ziemlich dick, eher
schweigsam, Tochter eines jüdischen Tex-
tilkaufmanns – und eine der besten Schau-
spielerinnen ihrer Zeit. Prompt verliebt
sich Giehse in die von Männern und Frau-
en gleichermaßen begehrte Thomas-
Mann-Tochter, umgekehrt ist es vielleicht
auch so, doch bei Erika ist nichts sonnen-
klar. In jedem Fall beackern sie das gleiche
Feld: Theater, politische Stücke, das unkon-
ventionelle Leben, Drogen.
Um die Nazis zu bekämpfen, gründen
die beiden Anfang 1933 das literarische Ca-
baret „Die Pfeffermühle“. Nachdem sie ins
Visier der an die Macht gelangten National-
sozialisten geraten sind, fliehen sie aus
München in die Schweiz, wo sie die Pfeffer-
mühle weiter betreiben – zunächst erfolg-
reich, dann kommen sie auch dort wegen
ihrer antifaschistischen und pazifistischen
Haltung in Misskredit. Sie müssen aufpas-
sen, die Nazis sind ihnen auf den Fersen:
Um die britische Staatsbürgerschaft zu er-
lagen, heiratet Erika den schwulen engli-
schen Schriftsteller Wystan H. Auden und
Therese den schwulen englischen Schrift-
steller John Hampson-Simpson. Ihr Ver-
such, den Erfolg der Pfeffermühle in den
USA zu wiederholen, schlägt fehl. Das Exil
ist eine Extremsituation, der ihre Liebe
nicht standhält. Erika wird von Männern
umschwärmt, sie liebt die Flirts und anzüg-
lichen Spielerein, zu Therese ist sie oft gars-
tig. Giehse, enttäuscht und von Eifersucht
geplagt, reist ab – zurück nach Europa, in
die Schweiz, wo sie wieder Theater spielt.
„Ich habe dich geliebt“, schreibt Therese
Giehse 1969 zum Tode ihrer Freundin. Eri-
ka Mann hat diese Liebe erwidert, auf ihre
Weise, die bedingungslose Treue nicht vor-
sah. Die Biografin Gunna Wendt schreibt
in ihrem Buch „Erika und Therese“: „Sie
hatten die Chance, ein Traumpaar zu wer-
den und zu bleiben.“ Ganz geklappt hat es
wohl nicht, aber immerhin: Sie haben es
versucht.

Es ist wie verhext: Der
männliche Part entpuppt sich
meist als Stiesel

MÜNCHEN
UND DIE LIEBE

„San Hasn da?“ Wenn Playboy James Graser (Bild oben) auftrat,
war diesdie erste Frage. Hier amüsiert er sich beim
Münchner Sechstagerennen 1972. Darunter: Therese Giehse und
Erika Mann, ehedem ein Paar, bei einem Treffen 1947.
Das Foto gehört zur Ausstellung „Erika Mann. Kabarettistin –
Kriegsreporterin – Politische Rednerin“, die derzeit
in der Monacensia zu sehen ist.FOTOS: WEREK/IMAGO, MONACENSIA

Allen Flirts zum Trotz –
Erika Mann und Therese Giese
haben es versucht

Auf dem Schlachtfeld der Liebe


München gilt im Allgemeinen nicht als Stadt der großen Gefühle. Allerdings haben so einige Paare hier schon Spuren ihrer
herzzerreißenden, mondänen oder einfach nur rührenden Geschichten hinterlassen. Eine augenzwinkernde Betrachtung

Glückliche und Glücklose
in derGeschichte der Stadt.
Letzte Folge

ILLUSTRATION: SEAD MUJIĆ

Heute: Verblasstes Glück


R4 MÜNCHEN – Samstag/Sonntag, 9./10. November 2019, Nr. 259 DEFGH

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