DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MITTWOCH, 6. NOVEMBER 2019 POLITIK 9
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schenrechtsorganisationen mehr-
fffach monierten. ach monierten. In den Gebieten,
die Rebellengruppen im Namen
der Türkeikontrollieren, zwingen
sie der Bevölkerung ihre ultrakon-
servative Ordnung auf, die sie für
wahrhaft muslimisch halten. Frau-
en dürfen nur verschleiert auf die
Straße, in den Schulen gibt es
strikte Geschlechtertrennung, Ge-
schäftsleute müssen während der
Gebetszeiten ihre Läden schlie-
ßen. Gerichte sprechen Urteile auf
Basis der Scharia.
Kein Wunder also, dass für sie
eine Frau wie Khalaf, die an eine li-
berale Gesellschaft glaubte, zur
Inkarnation des Bösen und zum
Hassobjekt schlechthin avancierte.
Ihr Ermordung war die Tat von
wwwütenden Männern, die sich vonütenden Männern, die sich von
einer Weiblichkeit bedroht fühl-
ten, die ihre absolute Macht infra-
ge stellte. Türkische Zeitungen
sprachen nach dem Tod Khalafs
von einem „Erfolg im Kampf ge-
gen Terrorismus“.
In den Videos, die die Rebellen
als Zeichen des Triumphs im In-
ternet verbreiteten, sieht man den
mit Einschusslöchern übersäten
Geländewagen von Khalaf. Die
Heckscheibe ist zerschossen.
Dann erkennt man die junge Frau,
wie sie in einer Blutlache am Bo-
den liegt. Der medizinische Ab-
schlussbericht gibt Auskunft über
die Brutalität, mit der die Rebellen
vorgingen. Sie haben sie an den
Haaren mit so brachialer Gewalt
aaaus dem Wagen gezogen, dassus dem Wagen gezogen, dass
KKKhalaf sogar Teile der Kopfhauthalaf sogar Teile der Kopfhaut
verlor. Sie hat Frakturen am Schä-
del, an einem Bein und im Gesicht,
die von einem dumpfen Gegen-
stand stammen. Danach schoss
man ihr in den Kopf, und als sie
schon am Boden lag, feuerten die
Rebellen noch einmal vier Schüsse
in den Rücken der Frau.
KKKhalaf ist nicht die einzige Frau,halaf ist nicht die einzige Frau,
an der die Rebellen im Dienst der
Türkei ihren unbändigen Zorn
aaausließen. Das beweisen neue Vi-usließen. Das beweisen neue Vi-
deos, die an die Öffentlichkeit ge-
langten und für authentisch gehal-
ten werden. So enthaupteten die
Extremisten eine Kämpferin der
kurdischen Fraueneinheit YPG,
beschimpften sie als Hure und
stellten sich mit den Füßen auf ih-
re Leiche.
Und in einem anderen Fall wur-
de eine verletzte Kämpferin von
einem Rebellen weggetragen,
nachdem einer von ihnen gerufen
hatte: „Bringt sie weg zum
Schlachten.“ Ihr Name war
Chichak Kobane, wiedie YPG in
einer Presseerklärung vom Sams-
tag bekannt gab. Sie war vor der
türkischen Invasion am Kampf ge-
gen den IS beteiligt. Der Ausbruch
dieser unsäglichen Form von Ge-
walt gegen Frauen ist aber eigent-
lich untypisch für die Region.
Normalerweise werden Frauen,
gerade von Islamisten, als Anhäng-
sel des Mannes angesehen und
nicht zur Verantwortung gezogen.
Deshalb glauben auch die IS-Frau-
en, die zu Zehntausenden in La-
gern Nordsyriens interniert sind,
dass sie ohne Auflagen freikom-
men sollten. Als letzte Woche
Hunderte von IS-Familien mit
Kindern aus einem Camp in Ain
Issa flohen und sich zu den türki-
schen Rebellen durchschlagen
konnten, wurden sie mit großem
Hallo willkommen geheißen.
„Natürlich haben sie meine
Tochter nur wegen ihrer Ideen
umgebracht“, betont Mutter Sou-
ad, die auf einer Matratze am Bo-
den ihres großräumigen Wohn-
zimmers sitzt. „Sie wollten sie ein-
fffach auslöschen, obwohl sie Zivi-ach auslöschen, obwohl sie Zivi-
listin war und keine Soldatin.“ Die
Mutter ist stolz auf ihre Tochter,
die Bautechnik an der Universität
von Aleppo studierte, Englisch
sprach und sich nach der Revoluti-
on in Nordsyrien engagierte. Kha-
laf organisierte als Hauptverant-
wortliche die Elektrizitätsversor-
gggung. 2018 übernahm sie den Vor-ung. 2018 übernahm sie den Vor-
sitz der neu gegründeten Zu-
kunftspartei Syriens, die für die
Rechte aller Minderheiten eintrat
und nicht nur die „kurdische Sa-
che“ zur Priorität machte. Khalaf
war überzeugt, dass nur über Dia-
log und nicht mit Krieg eine politi-
sche Lösung zu finden sei. Sie
wollte mit allen verhandeln – auch
mit der Türkei und dem Assad-Re-
gime.
„Ob Araber, Christen, Kurden
oder Turkmenen, alle waren in der
Partei willkommen“, erzählt ein
Nachbar von Khalaf. Auch die
Amerikaner waren von der neuen
Partei angetan. „Sie ist multi-
ethnisch und repräsentiert die
Menschen der Region“, sagte He-
aaather Nauert, die damalige Spre-ther Nauert, die damalige Spre-
cherin des US-Außenministeri-
ums. Für die Türkei dagegen war
die Partei Khalfas nur eine neue
Tarnorganisation der verhassten
YPG. „Wir sahen meine Tochter
oft einen ganzen Monat lang nicht,
so viel war sie unterwegs“, erzählt
Mustafa und streicht dabei kurz
ihr schwarzes Kleid zurecht. Im
Hintergrund läuft der Fernseher
mit neusten Nachrichten. „Sie hat
immer als Freiwillige gearbeitet
und wollte die Welt verändern.“
Für das Privatleben hatte Khalaf
wenig Zeit. Heiraten kam für die
aaattraktive und begehrte Frau nichtttraktive und begehrte Frau nicht
infrage. „Andauernd kamen Män-
ner, die sie heiraten wollten“, erin-
nert sich die Mutter und lächelt
das erste Mal. „Ich habe gezählt“,
fffügt sie süffisant an und macht ei-ügt sie süffisant an und macht ei-
ne Rechenbewegung mit den Fin-
gern. „Es waren 32 Männer, die um
ihre Hand angehalten haben. Aber
nein, Havrin wollte nicht heira-
ten.“ Sie war ihr letzte Tochter.
Die andere, Zozan, ist ebenfalls
als Märtyrerin gestorben, aller-
dings als Kämpferin. Havrin sei ihr
Herzstück gewesen bei vier Söh-
nen. Natürlich hat Mustafa auch
die Videos gesehen, die es von der
Ermordung ihrer Tochter gibt. Das
war unausweichlich, weil sie die
lokale Fernsehsender immer wie-
der abspielten und sie auch in den
sozialen Netzwerken im Internet
verbreitet wurden. „Sie hatte kei-
ne Haare mehr, weil man sie daran
so brutal gezogen hat“, sagt die
Mutter kurz und will nicht weiter
darüber sprechen. Man merkt, wie
sie mit aller Kraft den Zorn über
den Tod ihrer Tochter zu kontrol-
lieren versucht. Sie hat nicht nur
ihr geliebtes Kind verloren – die
türkische Invasion könnte auch
das Ende des Traums ihrer Toch-
ter bedeuten, die für eine bessere,
gerechtere Zukunft in Syrien
kämpfte. Zumal die autonome
Selbstverwaltung nun Russland
und das Assad-Regime zu Hilfe ge-
rufen hat.
Diesyrische Armee errichtete
Checkpoints und ist entlang der
Grenze stationiert. Damaskus
könnte schon bald die Macht in
Nordsyrien übernehmen und wie-
der mit harter Hand herrschen.
Der Traum von Demokratie, der
Gleichstellung der Frau und der
Rechte aller Minderheiten wäre
aaausgeträumt. Aber davon will Mut-usgeträumt. Aber davon will Mut-
ter Souad nichts hören. „Wir wer-
den nicht aufgeben und weiter
kämpfen“, sagt sie und ist über-
zeugt: „Meine Tochter würde das
aaauch machen.“uch machen.“
KKKämpferinnen auf dem Trainingsgelände der Miliz YPGämpferinnen auf dem Trainingsgelände der Miliz YPG
SEBASTIAN BACKHAUS
Die kurdischen und arabischen Frauen werden auch am Gewehr
ausgebildet
SEBASTIAN BACKHAUS