Die Welt Kompakt - 12.11.2019

(Joyce) #1

DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DIENSTAG,12.NOVEMBER2019 THEMA DES TAGES 3


„ICH GLAUBE AN EIN EINLADENDES
HOTEL IN HAMBURG, DAS UNSEREN
GAST IN EINE ANDERE WELT VERSETZT,
EINE WELT OHNE SCHWELLENÄNGSTE,
MIT PULSIERENDEM LEBEN UND
VOLLER HEITERKEIT, IN DER ER
FREUDE UND GLÜCK EMPFINDET.“

Unsere Philosophie seit 1980

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Vorgabe 1:2,5 zu großzügig – in
vielen Kliniken werde seit jeher
der bessere Schlüssel 1:2 ange-
wendet. „Wir gehen davon aus,
dass einige Kliniken, die die Un-
tergrenzen bereits übererfüllen,
ihr Personal nun abbauen“, sagt
Bienstein, die die seit 1994 das In-
stitut für Pflegewissenschaft an
der Universität Witten/Herdecke
leitet. Das Bundesgesundheits-
ministerium hat angekündigt,
den bisherigen Personalschlüssel
auf der Intensivstation ab 2021
und in der Kardiologie ab 2020
zu verschärfen.
Einen Ab-, statt Aufbau in eini-
gen Bereichen bestätigt auch die
Deutsche Interdisziplinäre Verei-
nigung für Intensiv- und Notfall-
medizin. „Untergrenzen bekom-
men schnell einen normativen
Charakter und stellen Pflegedi-
rektoren und -direktorinnen un-
ter Rechtfertigungsdruck, wenn
sie Pfleger über die gesetzlichen
Vorgaben hinaus einstellen wol-


len“, sagt der Vertreter der nicht-
ärztlichen Mitglieder, Thomas
van den Hooven. Die Patienten-
beauftragte der Bundesregie-
rung, Claudia Schmidtke, macht
auf Anfrage deutlich, dass die
Pflegepersonaluntergrenzen das
„gesetzliche Minimum“ darstell-
ten und „von den Klinikleitungen
keineswegs als Höchstgrenze zu
erachten“ seien.
Um einen passgenaueren Per-
sonalschlüssel zu haben, fordern
Gesundheitspolitiker mehrerer
Bundestagsfraktionen sowie
Fach- und Berufsverbände ein
anderes Vorgehen – ohne starre
Untergrenzen, stattdessen mit
einer sogenannten Bedarfsbe-
messung. Ein entsprechendes
Konzept wird derzeit vom Deut-
schen Pflegerat, Ver.di und der
DKG entwickelt und Ende des
Jahres dem Gesundheitsministe-
rium vorgelegt. Hierbei sollen
keine festen Zahlen pro Schicht
gelten, sondern der Pflegeauf-

wand jedes Patienten wird in Mi-
nuten berechnet. Aus der Ge-
samtzahl aller Minuten ergibt
sich dann pro Krankenhaus eine
Personalgröße, die die Pflege-
dienstleitung eigenverantwort-
lich über die Stationen hinweg
verteilen kann.
„Es sollte nicht hauptsächlich
darum gehen, wo Pflegefachper-
sonen – gemäß einer Verord-
nung – eingesetzt werden müs-
sen. Entscheidend muss viel-
mehr sein, wo die Pflegefach-
personen tatsächlich gebraucht
werden“, sagt die pflegepoliti-
sche Sprecherin der Grünen,
Kordula Schulz-Asche. Auch Ha-
rald Weinberg, gesundheitspoli-
tischer Sprecher der Linken, be-
fffürwortet das neue Messinstru-ürwortet das neue Messinstru-
ment: „Wir geben der Feuer-
wehr auch nicht vor, wie viel
WWWasser sie durch ihre Schläucheasser sie durch ihre Schläuche
verbrauchen darf, sondern
schauen, wie viel Feuer sie lö-
schen muss.“

GETTY IMAGES

/ REZA ESTAKHRIAN

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M


ehr als zwei von drei
Pflegern in Deutsch-
land haben derart erns-
te Schlafprobleme, dass darun-
ter die Versorgung der Pflegebe-
dürftigen leidet. Das geht aus ei-
ner Umfrage im Auftrag der Ini-
tiative „Deutschland schläft ge-
sund“ hervor, die WELT vorab
vorliegt und die am Donnerstag
in Berlin vorgestellt werden soll.
Demnach sagten 69 Prozent der
Befragten, sie litten oft oder zu-
mindest manchmal unter so
starken Schlafproblemen, dass
dies ihre berufliche Leistungsfä-
higkeit beeinträchtige.

VON ANETTE DOWIDEIT

Einer von sieben Pflegern
lässt sich den Umfrageergebnis-
sen zufolge sogar wegen seiner
Schlafprobleme regelmäßig
krankschreiben. Der Deutsche
Pflegerat – er vertritt die Inte-
ressen von rund 1,2 Millionen in
der Pflege Beschäftigten – sieht
als wichtigste Ursache für die
verbreiteten Schlafprobleme in
dieser Berufsgruppe die häufig
wechselnden Arbeitsschichten,
etwa zwischen Tag- und Nacht-
dienst.
„Schichtarbeit ist in der be-
ruflichen Pflege unvermeidbar,
und diese Belastung wird noch
dadurch verstärkt, dass durch
Personalmangel häufig unge-
plant Dienste übernommen
werden müssen“, sagt der Vor-
sitzende des Pflegerats, Franz
WWWagner. Mehr als 40 Prozent al-agner. Mehr als 40 Prozent al-
ler Pflegenden müssen der Um-
fffrage zufolge mindestens dreirage zufolge mindestens drei
Mal pro Monat ungeplant für
zusätzliche Schichten einsprin-
gen.
Unter der chronischen Über-
lastung und dem dadurch verur-
sachten Schlafmangel der Pfle-
ger litten auch die Patienten, er-
klärte der Vorsitzende der Ini-
tiative „Deutschland schläft ge-

sund“, der Schlafmediziner Ingo
Fietze. Denn müde Personen
seien nachgewiesenermaßen um
zehn Prozent langsamer in ihren
Reaktionen, und auch ihr Wahr-
nehmungsfeld sei um zehn Pro-
zent eingeschränkt. „Dass dies
zu Unfällen führen kann, ist
nachvollziehbar“, sagte Fietze.
Die Initiative ist ein Zusammen-
schluss von Ärzten und Betrof-
fffenenverbänden. Für die Umfra-enenverbänden. Für die Umfra-
ge, die sie beim Marktfor-
schungsinstitut Psyma in Auf-
trag gab, wurden 135 Pfleger
bundesweit befragt.
Der Deutsche Pflegerat for-
dert angesichts der Umfrageer-
gebnisse, die Arbeitsbelastung
fffür Pfleger in Krankenhäusernür Pfleger in Krankenhäusern
und in der Altenpflege müsse re-
duziert und die Belastung durch
Überstunden abgebaut werden.
AAAußerdem müssten die gelten-ußerdem müssten die gelten-
den Arbeitsschutzbestimmun-
gen besser als bislang eingehal-
ten werden. In einer anderen
Umfrage der Gewerkschaft Ver-
.di hatten 2017 fast 70 Prozent
der Befragten angegeben, etwa
in der Nachtschicht keine unge-
störte Pause machen zu können.
AAAuch müsse das spontane Ein-uch müsse das spontane Ein-
springen für ausgefallene Kolle-
gen durch insgesamt mehr Per-
sonal auf ein Minimum redu-
ziert werden, erklärte der Pfle-
gerat weiter.
Im vorigen Jahr hatte die Ini-
tiative die Verbreitung von
Schlafstörungen in der Bevölke-
rung insgesamt per Forsa-Um-
fffrage ermitteln lassen. Demnachrage ermitteln lassen. Demnach
leiden etwa 15 Prozent der Be-
völkerung fast täglich unter
Schlafstörungen, nur jeder Fünf-
te gab an, so gut wie nie Schlaf-
probleme zu haben. Die seien
zwar auch in anderen Berufsfel-
dern weit verbreitet, teilte die
Initiative mit, aufgrund der ho-
hen Verantwortung der Berufs-
pfleger seien sie aber bei ihnen
besonders ernst zu nehmen.

Deutschlands Pfleger finden


einfach keinen Schlaf


Experte warnt: Die hohe Belastung in den


Heimen kann „zu Unfällen führen“

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