Handelsblatt - 07.11.2019

(Darren Dugan) #1

H


elmut Schleweis ist Überzeugungstä-
ter. Der Präsident des Deutschen
Sparkassen- und Giroverbands
(DSGV) will die öffentlich-rechtlichen
Spitzeninstitute zu einer Super-Lan-
desbank verschmelzen, die er Sparkassenzentral-
bank nennt. Vor gut einem Jahr hat das Handelsblatt
die Pläne des DSGV-Chefs publik gemacht. Viele
Sparkassen, Regulatoren und Politiker unterstützen
Schleweis, der das Projekt noch am Anfang sieht.
Doch besonders aus dem Süden der Republik gibt
es Widerstand gegen das Vorhaben des 65-Jährigen.

Herr Schleweis, vor einem Jahr haben Sie die
Schaffung einer Sparkassenzentralbank vorge-
schlagen. Warum ist seitdem so wenig passiert?
Für ein solch großes Projekt sind Vorbereitungen
und Gespräche notwendig. Wir haben die Zeit ge-
nutzt, um das Vorhaben anzupassen. Denn es hat
sich herausgestellt, dass das erste Modell, das ich
vor einem Jahr vorgeschlagen habe, sich so noch
nicht umsetzen ließ, weil nicht alle Beteiligten da-

von überzeugt waren. Deshalb wird nun eine enge-
re Zusammenarbeit von Deka und Helaba geprüft.

Sind Sie enttäuscht, dass sich der öffentlich-
rechtliche Sektor nur zu diesem Minimalkon-
sens durchringen konnte?
Wir sind nie davon ausgegangen, dass eine Ver-
schmelzung aller Spitzeninstitute auf einen Schlag
gelingen kann. Es war klar, dass es sich um ein sehr
komplexes Projekt handelt. Aber es war wichtig,
die entscheidenden Fragen auszuloten. Gibt es ei-
nen Konsens, wo die Reise hingehen soll? Und wie
weit will man gehen?

Einen solchen Konsens gab es nicht.
Es gibt einen Konsens, dass die Sparkassen ein Zen-
tralinstitut brauchen. Aber wie groß es ist und aus
welchen Teilen es besteht, wird sich erst auf dem Weg
dahin entscheiden. Die Sparkassen wollen im Zielzu-
stand 100 Prozent an dem Zentralinstitut halten. Aber
das lässt sich bei den aktuellen Beteiligungsquoten
nicht sofort verwirklichen. Es wären große Kapitalzu-

führungen nötig, um einzelne Länder aus ihren Lan-
desbanken herauszukaufen. Deshalb ist klar: Wir müs-
sen einen Schritt nach dem anderen machen.

Könnte die Sparkassen-Finanzgruppe denn realisti-
scherweise mehrere Milliarden Euro aufbringen,
um Bundesländer wie Bayern und Baden-Württem-
berg aus ihren Landesbanken herauszukaufen?
Vorstellen kann man sich vieles. Aber ich will jetzt
nicht darüber spekulieren, wie, wann und zu wel-
chem Preis das möglich wäre.

Gibt es bei den Bundesländern Baden-Württem-
berg und Bayern eine Bereitschaft, die LBBW be-
ziehungsweise die BayernLB irgendwann in eine
Sparkassenzentralbank einzubringen?
Aktuell sehe ich diese Bereitschaft nicht. Und ich
respektiere, dass beide derzeit keine Notwendigkeit
sehen, ihre Landesbanken in ein Zentralinstitut der
Sparkassen einzubringen. Ich konzentriere mich
deshalb auf das, was aktuell möglich ist: Durch eine
Fusion von Helaba und Deka würde ein Nukleus für
ein Zentralinstitut entstehen. Das Modell ist offen
für andere. Die Bereitschaft und die Möglichkeit,
weitere Banken aufzunehmen, sind da. Das ist erst
der Anfang. Das wissen alle Beteiligten.

Wäre es naheliegend, im nächsten Schritt den Im-
mobilienfinanzierer Berlin Hyp dazuzunehmen,
der zu 100 Prozent in Sparkassen-Hand ist?
Wir sind vorbereitet für weitere Schritte. Aber wir
sollten uns nun erst mal auf die Deka und die Hela-
ba konzentrieren.

Die geplante Kombination von Helaba und Deka
ist keinesfalls in trockenen Tüchern. Der DSGV hat
Mitte Oktober zunächst kommuniziert, es werde
eine vertiefte Zusammenarbeit „bis hin zu einer
Zusammenführung“ geprüft. Später wurde der
Zusatz „bis hin zu einer Zusammenführung“ wie-
der gestrichen. Warum?
Wir wollten deutlich machen, dass es eine ergeb-
nisoffene Prüfung ist. Wir wollen das Ergebnis
durch unsere Kommunikation nicht vorwegneh-
men. Entscheidend für den Erfolg ist, dass alle In-
teressen ernst genommen werden.

Aber am wahrscheinlichsten ist aus Ihrer Sicht ei-
ne Fusion?
Ja. Durch die Rahmenbedingungen im Bankensek-
tor, allen voran durch die dauerhaft niedrigen Zin-
sen, steigt der Druck auf Finanzinstitute, Skalenef-
fekte zu erzielen. Wir sind darauf angewiesen, dass
Banken mit bestimmten Geschäftsmodellen eine
gewisse Größenordnung erreichen. Eine Fusion
von Deka und Helaba würde zweifellos den größ-
ten Mehrwert schaffen.

Die Sparkassen in Baden-Württemberg haben sich
in der Vergangenheit gegen eine solche Fusion aus-
gesprochen, weil sie die Entstehung eines über-
mächtigen Konkurrenten für die LBBW verhin-
dern wollten. Haben Sie Signale, dass der
baden-württembergische Sparkassenpräsident
Peter Schneider seine Meinung geändert hat und
eine Fusion im Deka-Verwaltungsrat durchwinkt?
Ich fordere niemanden auf, jetzt einen Blanko-
scheck auszustellen. Eine Entscheidung kann man
sinnvollerweise erst dann treffen, wenn alle Fakten
auf dem Tisch liegen und die Prüfung abgeschlos-
sen ist. Ich habe mir die Zahlen schon angesehen
und bin überzeugt, dass ein Zusammenschluss gro-
ßen Charme hätte. Ich glaube, dass die Argumente
gut sind und die Ergebnisse der Prüfung eine zwin-
gende Logik entfalten werden. Deshalb halte ich ei-
ne Zustimmung der Anteilseigner für erreichbar.

Es gibt also auch in Baden-Württemberg eine
grundsätzliche Bereitschaft, sich eine Fusion an-
zuschauen?
Die Interessen der Sparkassen in Baden-Württem-
berg unterscheiden sich nicht von denen aus den
anderen Teilen Deutschlands.

Bei der Deka und bei der Helaba stehen jeweils
Chefwechsel an. Macht das eine Fusion einfacher
oder schwieriger?

„Das ist erst


der Anfang“


Der DSGV-Präsident wirbt für eine Fusion von


Helaba und Deka. Dadurch könne ein Nukleus entstehen


für eine große Sparkassenzentralbank.


Helmut Schleweis


Helmut Schleweis: Der
DSGV-Präsident will die
Super-Landesbank.

Marko Priske für Handelsblatt

Finanzen


& Börsen


DONNERSTAG, 7. NOVEMBER 2019, NR. 215
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