Handelsblatt - 07.11.2019

(Darren Dugan) #1

Ich kenne die handelnden Personen gut und bin
überzeugt, dass die Sachfragen und die Zukunft
der Institute die entscheidende Rolle in den Ge-
sprächen spielen werden.


Die Helaba ist Eigentümerin der Frankfurter Spar-
kasse. Ihr Ziel ist jedoch eine Sparkassenzentral-
bank ohne Beteiligung an einer Sparkasse. Heißt
das, die Helaba muss die Frankfurter Sparkasse
im Zuge der Deka-Fusion abspalten?
Zu einem Zentralinstitut der Sparkassen sollte kei-
ne eigentliche Sparkasse gehören, das stimmt.
Aber das ist ein Thema, das man irgendwann in
der Zukunft angehen kann. Ich sehe keine Not-
wendigkeit, die Frankfurter Sparkasse bei einer
Fusion von Deka und Helaba unmittelbar heraus-
zulösen. Das Gleiche gilt für die 1822 direkt. Ein
Zusammenschluss von Helaba und Deka ist kom-
plex genug. Da sollten wir die Komplexität nicht
zusätzlich erhöhen.


Sie stehen seit 2018 an der Spitze des DSGV und
setzen sich seitdem für eine Konsolidierung der
Spitzeninstitute ein. Was treibt Sie an?
Ich habe mich auch schon vor meiner Zeit als
DSGV-Präsident für eine Konsolidierung der Spit-
zeninstitute ausgesprochen. Dafür gibt es vor al-
lem zwei Gründe: Wir brauchen ein Zentralinsti-
tut, das die Bedürfnisse der Sparkassen und ihrer
Kunden einheitlich und dauerhaft auf höchstem
Niveau bedienen kann. Und wir können ange-
sichts der Wettbewerbs- und Marktherausforde-
rungen auch nicht davon ausgehen, dass alle In-
stitute ihre Geschäftsmodelle einfach so wie in
der Vergangenheit weiterfahren können. Ich halte
es für richtig, zu einem Zeitpunkt zu handeln, zu
dem wir sinnvoll und selbstbestimmt gestalten
können.


Wie soll das Zentralinstitut konkret aussehen?
Das Zentralinstitut soll die Produkt- und Leistungs-
palette der Sparkassen dort gezielt ergänzen, wo
dies einzelne Sparkassen nicht sinnvoll aus eige-
ner Kraft können. Das gilt etwa bei der Betreuung
vermögender Kunden, im Zahlungsverkehr und
im Auslandsgeschäft. Außerdem soll sich das Insti-
tut im Rahmen von Konsortialkrediten an größe-
ren Darlehen beteiligen, die Sparkassen nicht al-
lein stemmen können. Deshalb muss das Zentral-
institut auch eigene Kreditkompetenz haben. Da-
rüber hinaus kann die Bank auch eigene Kunden-
beziehungen haben, allerdings nicht mit der brei-
ten Privatkundschaft.


Soll das Institut weiter im Geschäft mit Dax-Kon-
zernen wie BMW und Daimler mitmischen, wie
dies viele Landesbanken heute tun?
Es ist nicht intendiert, aber auch nicht ausgeschlos-
sen, dass das Zentralinstitut eigenständiges Ge-
schäft mit Dax-Konzernen macht.


Rechnerisch käme eine Sparkassenzentralbank
auf eine Bilanzsumme von rund 700 Milliarden
Euro. Wie groß sollte das Institut denn aus Ihrer
Sicht sein?
Die Größe ist für uns nicht das entscheidende Ziel.
Die Bilanzsumme soll nur so groß sein, wie es nö-
tig ist, damit das Zentralinstitut seine Rolle ausfül-
len kann. Zudem sollten im Zuge eines Zusam-
menschlusses die Risiken und damit auch die Bi-
lanzsumme heruntergefahren werden. Die Spar-
kassen wollen ein möglichst risikoarmes Ge-
schäftsmodell.


Commerzbank-Vorstandschef Martin Zielke hat
um eine engere Zusammenarbeit mit dem öffent-
lich-rechtlichen Sektor geworben. Warum haben
Sie ihn abblitzen lassen?
Alle Verantwortlichen im deutschen Bankensektor
tun gut daran, sich um die Themen zu kümmern,
die sie direkt beeinflussen können. Von säulen-
übergreifenden Konsolidierungsfantasien halte
ich nichts. Die haben in der Realität keine Chance
auf Umsetzung.


Manche Kritiker sagen, die Sparkassen-Organi-
sation müsse erst mal die Rettung der NordLB


abschließen, bevor sie eine Sparkassenzentral-
bank vorantreibt.
Beide Baustellen haben miteinander nichts zu tun,
wenn man sich die Zeitschiene anschaut. Das The-
ma NordLB muss dieses Jahr noch gelöst werden.
Bei einer möglichen Fusion von Deka und Helaba
wird es dagegen wohl noch ein Jahr oder länger
dauern, bis alle Fragen geklärt sind.

Gibt es bei der NordLB schon Signale, ob die EU-
Kommission die angedachte Lösung genehmigt?
Die Gespräche sind recht weit gediehen, aber noch
nicht abgeschlossen. Wenn die EU-Kommission ei-
ne Entscheidung getroffen hat, werden wir damit
umgehen. Positiv ist aus meiner Sicht, dass die
Bank ein Geschäftsmodell vorgelegt hat, das sie
künftig verfolgen will. Es wird noch viel Arbeit sein,
das umzusetzen.

Sollte die NordLB nach ihrer Restrukturierung an
die Sparkassenzentralbank angedockt werden?
Der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hil-
bers hat gesagt, dass er einer Konsolidierung aufge-
schlossen gegenübersteht. Aber die NordLB muss

erst einmal ihre eigenen Hausaufgaben machen. Es
ist zu früh, sich jetzt mit einer Einbindung in ein
Zentralinstitut zu befassen. Aktuell handelt es sich
um zwei verschiedene Handlungsstränge, die pa-
rallel ablaufen.

Werden wegen der lange anhaltenden Niedrig- be-
ziehungsweise Negativzinsen Sparkassen in Be-
drängnis kommen?
Nein. Die Erträge im Zinsgeschäft werden stark
zurückgehen. Aber die Sparkassen können mit
dieser Herausforderung umgehen. Das ist nicht
das Ende der Welt. Es ist auch eine Chance, Po-
tenziale zu heben, die es bei den einzelnen Insti-
tuten und im Verbund noch gibt. Bei den Landes-
bausparkassen und Versicherungen hat es zuletzt
bereits einige Zusammenschlüsse gegeben. Aber
da ist noch mehr möglich. Die Entscheidung
über weitere Schritte liegt natürlich bei den Ei-
gentümern.

Herr Schleweis, vielen Dank für das Interview.

Die Fragen stellte Andreas Kröner.

Von


säulenüber -


greifenden


Konsolidie -


rungsfantasien


halte ich


nichts.


Helmut Schleweis
Sparkassen-Präsident

Der Manager Der
65-Jährige ist Spar-
kässler durch und
durch. Seit seiner
Lehre in den 70-Jah-
ren verbrachte der
Familienvater seine
gesamte Karriere im
Sparkassenlager.
Bevor er Anfang 2018
DSGV-Chef wurde,
war er Vorstandsvor-
sitzender der Spar-
kasse Heidelberg und
Bundesobmann der
Sparkassen.

Der Verband Der
DSGV ist der Dach-
verband von 379
deutschen Sparkas-
sen. Dazu kommen
diverse Verbundun-
ternehmen wie Lan-
desbanken, Landes-
bausparkassen und
die Versicherer der
Finanzgruppe.

Vita
Helmut Schleweis




#  
 
   &!# !#

$ #(# $ "
!  $

  % !  ($ #$ '  %

 #
! ($&& 
# (#

 $# '''! "
$! 


  


"%" # #"


$  ! 


&&  $   && 
# $   "


 " $ # % "


 
  !

# # 
! &

Finanzen & Börsen


DONNERSTAG, 7. NOVEMBER 2019, NR. 215
35


Anzeige
Free download pdf