ging zunächst dem Verdacht eines unerlaubten
Bankgeschäfts nach. Diese Bedenken wurden of-
fenbar nach einigem Hin und Her mit dem An-
walt der PIM ausgeräumt.
Erst im November 2018 veröffentlichte die Bafin
erstmals eine Warnung. Für das Produkt „Kinder
Gold Konto“ bestehe der Verdacht, dass es sich um
eine Vermögensanlage handele, für die der Pro-
spekt fehle. Die Warnung blieb nur zwei Monate
auf der Webseite. Die Bafin habe Unterlagen über-
prüft, Kunden und einen Zeugen zu etwaigen
mündlichen Nebenabreden befragt, teilt die Auf-
sicht mit. Ihr Fazit: „keine belastbaren Hinweise“.
Die Aufsicht habe Informationen mit der
Staatsanwaltschaft geteilt, schreibt das Finanzmi-
nisterium auf die kleine Anfrage der Linken. Im
Rahmen einer Durchsuchung seien in der Fir-
menzentrale in Heusenstamm Verträge sicherge-
stellt worden, „die als ‚Rückkaufmodelle‘ ausge-
staltet waren“. Diese seien abgewickelt worden.
Damit gab sich die Bafin offenbar zufrieden, wie
das Finanzministerium mitteilte: „Ein Verfahren
gegen die PIM Gold GmbH wegen eines mögli-
chen Angebots von Vermögensanlagen ohne Ver-
kaufsprospekt wurde eingestellt.“
Bei den Goldhändlern wurde die Entscheidung
wie ein Sieg gefeiert. PIM-Vermittler sollen ver-
stärkt vor Kunden mit der Aussage geworben ha-
ben, die Produkte des Goldhändlers seien jetzt
Bafin-geprüft. Der PIM-Anwalt wollte sich auf An-
frage nicht äußern und verwies auf seine Schwei-
gepflicht. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt führt
ihn in dem Betrugsverfahren gegen die PIM-Obe-
ren als Beschuldigten.
Für Jörg Cezanne, der für die Linkspartei im Fi-
nanzausschuss des Bundestags sitzt, macht es
sich die Aufsicht zu einfach: „Die Behörde darf
ihr durchaus robustes Mandat nicht selbst immer
weiter herunterspielen.“ Er kritisiert, dass die
Bundesregierung sich vor ihre Behörde stellt,
statt die Aufseher stärker in die Pflicht zu neh-
men: „Für sie sollte aber Bafin-Schutz nicht wich-
tiger als Verbraucherschutz sein.“
Finanzaktivisten wie Gerhard Schick, ehemali-
ger Bundestagsabgeordneter der Grünen und
Vorstand des Vereins Finanzwende, sind über-
zeugt, dass ein beherztes Eingreifen der Bafin
Schlimmeres hätte verhindern können. „Manch-
mal frage ich mich, für was die Bafin das Mandat
kollektiver Verbraucherschutz hat, wenn sie
selbst in einem solchen Fall mit so vielen Hinwei-
sen nicht alle Mittel ausschöpft. So konnte PIM
über Jahre Menschen über den Tisch ziehen.“
Schon jetzt ist der Fall PIM auch für die Bafin
unangenehm – und er könnte noch peinlicher
werden. Der Whistleblower und Ex-Mitarbeiter,
der die PIM anzeigte und auffliegen ließ, wandte
sich im Juli 2018 an die Finanzaufsicht. In den fol-
genden Monaten lieferte er ein ums andere Mal
Hinweise und Dokumente. Die Bafin müsse den
Vertrieb schnell verbieten, forderte er. Das wahre
Geschäft der PIM sei eine Vermögensanlage mit
Gold – und ganz ohne Prospekte.
Die Finanzaufsicht habe ihn nie zum klärenden
Gespräch eingeladen, klagt der Whistleblower.
Die Aufsicht will sich zu Details auf Handelsblatt-
Anfrage nicht äußern. Grundsätzlich aber gelte:
„Personen, die eine Beschwerde einreichen, wer-
den in der Regel nicht persönlich gehört.“
Dabei legte der Mann Screenshots aus dem On-
lineportal der PIM vor, die einen „Rückkaufs-
preis“ auswiesen. Auch Vordrucke der PIM für
den Rückkauf des Goldes legte er bei. Das waren
starke Indizien, dass das Edelmetall eben nicht
wie behauptet nur verwahrt oder ausgeliefert
wurde – sondern dass der Kunde auch direkt sein
Geld zurückerhalten konnte, ohne je eine einzel-
ne Unze in der Hand gehabt zu haben.
Das war im Dezember 2018. Bis zur Pleite soll-
ten noch neun Monate vergehen, in denen der
PIM weitere Kunden zuliefen. Der Eindruck, die
Bafin habe einen vermeidbaren Skandal nicht
verhindert, bleibt.
Goldbarren als Geldanlage:
Die PIM-Insolvenz könnte
Anleger bis zu 120 Millionen
Euro kosten.
imago/photothek
Razzia in Heusenstamm:
Der Finanzaufsicht lagen
schon 2013 erste Hinweise vor.
Handelsblatt, Jacob Blume
2,9
TONNEN
PIM-Kundengold vermisst
Insolvenzverwalter Renald Metoja zurzeit.
Quelle: Insolvenzverwalter
Bulle & Bär
Der Euro
hat Luft
nach oben
N
ach einer Schwächephase hat der
Euro zuletzt wieder etwas zuge-
legt. Die Bilanz der vergangenen
zwölf Monate bleibt indes schwach: Im
Vergleich zum US-Dollar verlor der Euro
um etwa fünf Prozent – gegenüber dem ja-
panischen Yen wertete er sogar um fast
acht Prozent ab. Aktuell hat die europäi-
sche Gemeinschaftswährung aber durch-
aus wieder Luft nach oben.
Kurzfristig könnte vor allem eine Eini-
gung auf ein Brexit-Abkommen mit den
Briten dem Euro helfen. Als wichtigster
Handelspartner Großbritanniens ist die
Europäische Union von der Unsicherheit
über den künftigen Status der Briten be-
sonders stark betroffen. Für Investoren,
die nach sicheren Anlageformen suchen,
ist das bisher ein Hindernis, das klar ge-
gen Anlagen im Euro-Raum spricht. Der
Euro profitiert also davon, wenn beim
Thema Brexit endlich Klarheit herrscht.
Für den Euro sprechen aber auch geld-
politische Gründe. Mitte September hat
die Europäische Zentralbank (EZB) ein
umfangreiches Paket zur Lockerung ihrer
Geldpolitik beschlossen. Neben der Neu-
auflage ihres Anleihekaufprogramms be-
schloss sie, den Einlagenzins für Banken
auf minus 0,5 Prozent zu senken. An den
Märkten gehen Anleger teilweise bereits
davon aus, dass die EZB im nächsten Jahr
noch einmal nachlegen und den Zins wei-
ter senken wird. Das allerdings dürfte sich
als Trugschluss erweisen.
Im September hat sich die EZB ganz be-
wusst für ein Paket verschiedener Maß-
nahmen entschieden. Letztlich steht da-
hinter die Logik, dass ihre Instrumente zu-
sammen sehr viel besser wirken als
einzeln. Diese Logik spricht gegen einen
baldigen weiteren Zinsschritt. Ohnehin hat
die EZB angesichts der extrem niedrigen
Zinsen im Euro-Raum kaum noch Spiel-
raum für weitere Senkungen. Hingegen
dürften in den kommenden Monaten an-
dere Notenbanken die Zinsen stärker re-
duzieren. In den USA beispielsweise liegen
die Leitzinsen in der Spanne von 1,75 bis
2,0 Prozent. Die US-Notenbank Fed besitzt
also deutlich mehr Spielraum, um weiter
nach unten zu gehen. Tendenziell wird
der Renditeabstand zwischen den USA
und dem Euro-Raum also eher schrump-
fen – was den Euro-Kurs stützen sollte. Der
Euro besitzt deshalb in den nächsten Mo-
naten noch einiges an Aufwärtspotenzial.
Der tägliche Kommentar
des Handelsblatts analysiert
die Entwicklung
an den Finanzmärkten.
Von Jan Mallien
Private Geldanlage
DONNERSTAG, 17. OKTOBER 2019, NR. 200
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