Handelsblatt - 15.10.2019

(やまだぃちぅ) #1

Nicola Thompson


Sofas für neue Länder


D


as britische Start-up Made.
com holt sich Verstärkung
vom Online-Modehändler
Asos. Nicola Thompson hat bei dem
Händler für Möbel und Lifestyle-Pro-
dukte die neu geschaffene Position
des Chief Operating Officers besetzt.
Sie ist damit verantwortlich für zen-
trale Bereiche wie den Vertrieb, die
Logistik und den Kundenservice.
Thompson hat zwar bisher keine
Erfahrung im Möbelhandel, aber sie
soll bei Made.com ganz andere Stär-
ken einbringen. „Ihre langjährige Er-
fahrung und Einblicke in die Strate-

gie global marktführender Unterneh-
men werden dazu beitragen, dass wir
unsere Präsenz in neuen und beste-
henden Märkten ausbauen können“,
begründet Philippe Chainieux, Chef
von Made.com, die Verpflichtung.
Bei Asos, wo sie mehr als fünf Jah-
re beschäftigt war, hatte Thompson
als Mitglied des Executive Boards zu-
letzt die Verantwortung für die Ent-
wicklung und Umsetzung der Strate-
gie weltweit. Zuvor hatte die 42-Jähri-
ge, die an der Manchester University
Geografie studiert hat, das Mode-
Start-up Atterley mitgegründet.
Made.com unterhält Webshops in
elf europäischen Ländern, auch in
Deutschland. Dieses Jahr kamen Dä-
nemark und Schweden dazu. Diese
Expansion will das Unternehmen ver-
stärken, geplant sind als Nächstes
Portugal und Italien, und auch das

Sortiment ausbauen, das bisher
5000 Artikel umfasst. Dabei soll die
Expertise von Thompson helfen.
Schon bisher hat Made.com ein ra-
santes Wachstum vorgelegt. Im ver-
gangenen Jahr stieg der Umsatz um
37 Prozent auf umgerechnet 180 Mil-
lionen Euro. Fast 60 Prozent davon
kamen aus dem Heimatmarkt Groß-
britannien. Das Unternehmen hat ne-
ben dem Onlinehandel acht Show-
rooms in europäischen Großstädten.
Genügend Kapital für eine Expan-
sion besitzt Made.com in jedem Fall.
Erst im vergangenen Jahr hat das Un-
ternehmen eine Finanzierungsrunde
abgeschlossen, bei der es 40 Millio-
nen Pfund unter anderem von Par -
tech Ventures, Level Equity und
Eight Roads Venture bekommen hat.
Auch die Otto Group ist über E-Ven-
tures investiert. Florian Kolf

Nicola Thompson:
Kennt sich bei Start-
ups bestens aus.

Jan Bredack


Frisches Kapital für


Veganz-Expansion


Veganz-Chef Jan Bredack will sich
auch über einen Börsengang neues
Kapital für seinen Hersteller von ve-
ganen Lebensmitteln besorgen.
„Um weiter zweistellig zu wachsen,
brauchen wir weitere Investoren
und bereiten aktuell unsere Road-
show vor“, sagte er der „Lebensmit-
telzeitung“. Das Unternehmen hat
bereits über eine Crowdfunding-
Kampagne Geld eingesammelt und
will zusätzlich eine Anleihe bege-
ben. Das Unternehmen soll schon
kurzfristig in eine AG umgewandelt
werden und bekommt einen Auf-
sichtsrat. Vorsitzender des gremi-
ums wird der Berater und frühere
Unilever-Manager Roland Sieker.
Mitglied wird auch Manon Littek,
der Chef des Veganz-Anteilseigners
Katjesgreenfood. Größter Gesell-
schafter von Veganz ist weiterhin

Anna Cor Bredack selbst. kol


Das britische Start-up


Made.com hat sich eine


Vertriebsexpertin geholt. Sie


soll die Expansion des


Möbelhändlers antreiben.


Siegfried Russwurm


Bewährungsprobe


für Voith-Aufseher


I


n Heidenheim waren vor zehn
Monaten alle glücklich, mit dem
ehemaligen Siemens-Manager
Siegfried Russwurm, 56, einen erfah-
renen und vergleichsweise jungen
Aufsichtsratschef für Voith gefunden
zu haben. Da hatten sich die Schwa-
ben gerade nach nur sieben Monaten
von Vorstandschef Stephan Schaller
und kurz danach auch von Aufsichts-

ratschef Hans-Peter Keitel, 72, ge-
trennt.
Russwurm sollte den Traditions-
konzern wieder in ruhigere Bahnen
führen. Als dessen Expertise dann im
April auch im Aufsichtsrat der ange-
schlagenen Industrieikone Thyssen-
Krupp gefragt war, gab es an der
Brenz allerdings eine leichte Verunsi-
cherung, dass Russwurm dies von
den Aufgaben bei Voith ablenken
könnte.
Die Befürchtungen scheinen unbe-
gründet. Im Gespann mit dem neuen
Vorstandschef Toralf Haag, 53, hat
der Traditionskonzern deutlich an
Entscheidungsfreude zugelegt. Erst
vor wenigen Wochen kaufte Voith das

schwedische Unternehmen BTG für
319 Millionen Euro. Auch an der zum
Verkauf stehenden VW-Tochter Renk
soll Voith Interesse bekundet haben.
Jetzt zeigt das Duo erstmals, dass
es auch zu unpopulären Maßnahmen
bereit ist. Im Bereich Turbo wollen
die Manager mit Sonthofen und
Zschopau bis Ende 2020 zwei der
zehn Inlandswerke schließen. Aus-
führen muss den Plan Spartenchef
Uwe Knotzer, 48.
Insgesamt sollen per saldo rund
230 Arbeitsplätze von insgesamt
5 000 in der Antriebssparte wegfal-
len, weitere knapp 370 Stellen wür-
den an andere Standorte verlagert.
Bis 2021 soll das einen positiven Er-
gebniseffekt bei Voith Turbo im nied-
rigen zweistelligen Millionenbereich
bringen. „Voith Turbo sieht sich mit
einem steigenden Wettbewerbs- und
Margendruck konfrontiert“, sagt
Knotzer. Gleichzeitig steige der Inves-
titionsbedarf. Eine Fortführung der
Produktion sei wirtschaftlich nicht
sinnvoll.
Die Aktion kann sich zur ersten
harten Bewährungsprobe für das Ge-
spann Russwurm/Haag auswachsen.
Denn vor Ort formiert sich massiver
Widerstand. „Es gibt keinerlei indus-
trielle Logik. Wir haben null Ver-
ständnis“, sagte Carlos Gil, der zwei-
te Bevollmächtigte der IG Metall All-
gäu. Der Schließungsbeschluss kam
für die Sonthofener aus heiterem
Himmel. Das Werk mit 400 Jahren
Tradition arbeite mit 500 Beschäftig-
ten voll ausgelastet im Dreischichtbe-
trieb. „Ein solches Vorgehen kennen
wir nur von börsennotierten Kapital-
gesellschaften, nicht aber von einem
152 Jahre alten Familienunterneh-
men“, klagte der Gewerkschafter und
drohte: „Die Konzernzentrale wird
uns kennen lernen.“
Voith kündigte an, in enger Ab-
stimmung mit den Arbeitnehmerver-
tretern vor Ort fair und sozial verträg-
lich vorzugehen. „Uns ist bewusst,
dass die geplanten Einschnitte an
den betroffenen Standorten sehr
schmerzhaft sind. Und wir wissen
auch um die Verantwortung.“ Die At-
mosphäre scheint indes vergiftet. Die
Arbeitnehmer haben bereits das
bayerische Wirtschaftsministerium
eingeschaltet. Martin Buchenau

Die


Konzern-


zentrale


wird uns


kennen


lernen.


Carlos Gil
zweiter
Bevollmächtigter der IG
Metall Allgäu

Siegfried Russ-
wurm: Der
Manager führt seit
Dezember 2018
den Voith-
Aufsichtsrat.

Siemens AG


Der neue Chefkontrolleur will


gemeinsam mit CEO Toralf


Haag zwei Werke schließen.


Der Ruf des schwäbischen


Familienunternehmens steht


auf dem Spiel.


Voith-Gelenkwerk: Im
Bereich Turbo stehen
Schließungen an.

Voith


Familienunternehmen des Tages


DIENSTAG, 15. OKTOBER 2019, NR. 198


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