Handelsblatt - 15.10.2019

(やまだぃちぅ) #1

Hunter Biden: Der 49-Jährige will politischen
Schaden von seinem Vater abwenden.


DOUG MILLS/The New York Times/Re

Cho Kuk


Der Architekt der


Reform tritt ab


SEOUL Nach massiven


Protesten gegen seine


Ernennung vor einem


Monat ist Südkoreas


Justizminister Cho Kuk


zurückgetreten. Die


Opposition warf Cho


moralisches Fehlver-


halten vor, gegen sei-


ne Familie wird der-


zeit wegen des Ver-


dachts zwielichtiger


Finanzgeschäfte ermit-


telt. Der 54-Jährige er-


klärte am Montag, er


trete zurück, um keine


Last für Präsident


Moon Jae In zu sein.


Zuletzt hatte es in Se-


oul zahlreiche De-


monstrationen für


und gegen Cho mit


Zehntausenden von


Teilnehmern gegeben.


Er galt als Architekt


für Moons Reformplä-


ne. Die Konservativen


hielten Cho jedoch
nicht für amtstauglich.
Moon hatte ihn im
September gegen den
großen Widerstand
der Opposition zum
Minister ernannt.
Chos Familie soll in ei-
ne Beteiligungsgesell-
schaft investiert ha-
ben, die Aktienpreis-
manipulationen und
illegaler Transaktio-
nen verdächtigt wird.
Cho hatte während ei-
ner Befragung im Par-
lament gesagt, von der
Gesellschaft nichts ge-
wusst zu haben. Chos
Frau, einer Universi-
tätsdozentin, wird vor-
geworfen, Dokumente
gefälscht zu haben,
um ihrer Tochter den
Zugang zu einer Medi-
zinhochschule zu er-
möglichen. dpa

Norbert Häring, Helmut Steuer
Frankfurt, Stockholm

E

sther Duflo ließ ihrer Ver-
blüffung freien Lauf. „Ich
dachte, dass man viel älter
sein muss, um sich den
Preis zu verdienen“, sagte
sie in einer ersten Stellungnahme. Die
Französin Duflo ist mit 46 Jahren die
jüngste Persönlichkeit, die den Wirt-
schaftsnobelpreis für sich beanspru-
chen kann – und die zweite Frau in der
Geschichte der Auszeichnung. Allein die
Politologin Elinor Ostrom war ihr 2009
vorangegangen.
Zusammen mit ihrem indischen Ehe-
partner Abhijit Banerjee und dem US-
Amerikaner Michael Kremer wird sie
„für ihren experimentellen Ansatz zur
Milderung der globalen Armut“ geehrt,
wie es in der Begründung der Königlich
Schwedischen Akademie der Wissen-
schaften in Stockholm heißt. Duflo lehrt
wie ihr Ehemann Banerjee, 58, am re-
nommierten Massachusetts Institute of
Technology (MIT). Der 54-jährige Kre-
mer forscht an der Harvard-Universität.
Der Nobelpreis im Fach Wirtschaftswis-
senschaften wird von der schwedischen
Notenbank gestiftet und ist mit umge-
rechnet 830 000 Euro dotiert.
Während Duflo und Banerjee seit
Längerem als Anwärter auf den Nobel-
preis gelten, war der oft mit ihnen ge-
meinsam arbeitende Harvard-Ökonom
Kremer bisher weniger bekannt. Mit
dem Bestseller „Poor Economics“ aus

dem Jahr 2011 schufen Duflo und Baner-
jee einen Hype um ihre „radikal andere
Art“, das Problem der Armut in Ent-
wicklungsländern anzugehen. Sie bezo-
gen sich dabei auf das experimentelle
Vorgehen in der medizinischen Wir-
kungsforschung.
Ihre Überzeugung ist: Nur mit kon-
trollierten Feldexperimenten, bei denen
die Teilnehmer per Zufall ausgewählt
werden, lässt sich herausfinden, ob
Hilfsprojekte tatsächlich wirken. So hat
Duflo gezeigt, dass Eltern ihre Kinder
öfter impfen lassen, wenn sie für den
Arbeitsausfall mit Lebensmittelspenden
entschädigt werden. „Unser Ziel ist es,
sicherzustellen, dass der Kampf gegen
Armut auf wissenschaftlichen Erkennt-
nissen basiert“, sagte sie auf einer Pres-
sekonferenz in Stockholm, zu der sie te-
lefonisch zugeschaltet war.

Lokale Projekte


Duflo und ihre Mitstreiter wollen die
Entwicklungspolitik neu organisieren:
Statt groß angelegte Hilfsprogramme zu
initiieren, sollen sich Hilfsorganisatio-
nen und Regierungen auf lokale, gut
überwachte Projekte konzentrieren.
Nur was in der Praxis funktioniert, soll
dabei gefördert werden.
Philanthropen aus dem Silicon Valley,
die Wert auf den messbaren Nutzen von
Projekten legen, fördern den experi-
mentellen Ansatz intensiv – allen voran
die Stiftung des Microsoft-Gründers Bill
Gates und seiner Frau Melinda. So ist
Michael Kremer Inhaber eines von

Gates gestifteten Lehrstuhls. Auch die
Forschung von Duflo und Banerjee wird
von der Stiftung gefördert. Daneben gilt
die Weltbank als wichtiger publizisti-
scher und finanzieller Förderer.
„Die Forschung der Preisträger hat
unsere Fähigkeit, globale Armut zu be-
kämpfen, erheblich verbessert“,
schreibt das Nobel-Komitee. Und Ga-
briel Felbermayr, Chef des Instituts für
Weltwirtschaft, lobt: „Die entwicklungs-
ökonomische Forschung hat sich dank
der drei Preisträger vom Rand ins Zen-
trum der Volkswirtschaft vorgearbeitet.“
Doch es gibt auch Kritiker. Die ver-
storbene MIT-Forscherin Alice Amsden
ging hart mit der Arbeit ihrer Universi-
tätskollegen ins Gericht. Erfolgreiche
Entwicklung funktioniere nicht von un-
ten, sondern nur von oben, etwa durch
den Bau von Infrastruktur oder die För-
derung der Industrie. Was nütze es,
wenn Kinder zur Schule gingen, später
aber keinen Arbeitsplatz fänden, weil es
zu wenige Unternehmen gebe?
Die deutsche Entwicklungshilfeorga-
nisation GIZ erklärte 2012, man werde
experimentelle Forschung nicht zur
Richtschnur für die eigene Arbeit ma-
chen, denn sie eigne sich nur für einen
schmalen Anwendungsbereich. Für lan-
desweit wirkende Maßnahmen sei sie
kaum anwendbar. Auch der Nobelpreis-
träger von 2016, Angus Deaton, warnte
davor, Entwicklungspolitik im Sinne der
Experimentalökonomen auf das zu be-
schränken, was sich experimentell eva-
luieren lässt.

Esther Duflo, Abhijit Banerjee, Michael Kremer


Höchste Ehrung


für Armutsforscher


Die Ökonomen erhalten den Wirtschaftsnobelpreis der


schwedischen Notenbank. Alle drei arbeiten an US-Universitäten.


Bekanntgabe der
Preisträger: Abhijit
Banerjee, Esther
Duflo and Michael
Kremer (v.l.).

AFP

Hunter Biden


Rückzug aus


chinesischer Firma


WASHINGTON Hun-


ter Biden, Sohn des


demokratischen US-


Präsidentschaftsbe-


werbers Joe Biden,


tritt von seinem unbe-


zahlten Posten beim


chinesischen Invest-


mentunternehmen


BHR zurück. Er ver-


sucht damit, politi-


schen Schaden von


seinem Vater abzu-


wenden. Hintergrund:


US-Präsident Donald


Trump greift seinen


Rivalen Joe Biden we-


gen der Geschäftstätig-


keit Hunter Bidens im


Ausland an.


Seine Geschäfte ste-


hen im Zentrum von


Vorermittlungen zu ei-


nem Amtsenthebungs-


verfahren gegen
Trump. Die Demokra-
ten werfen Trump vor,
sein Amt missbraucht
zu haben, um die
Ukraine zu Ermittlun-
gen gegen die Bidens
zu drängen. Trump
beschuldigt Joe Biden,
als US-Vizepräsident
auf die Entlassung des
ukrainischen General-
staatsanwalts gedrun-
gen zu haben, um sei-
nen Sohn vor der Jus-
tiz zu schützen. Dieser
war bis zum Sommer
dieses Jahres bei ei-
nem ukrainischen Gas-
konzern beschäftigt,
gegen den die Staats-
anwaltschaft ermittel-
te. Joe Biden weist die
Vorwürfe zurück. dpa

Namen


des Tages


DIENSTAG, 15. OKTOBER 2019, NR. 198


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