Neue Zürcher Zeitung - 22.10.2019

(John Hannent) #1

26 WIRTSCHAFT Dienstag, 22. Oktober 2019


DasVermögen proErwachsenen beträgt hierzulande derzeit 564 650 $.C. BEUTLER / KEYSTONE

Schweizer bl eiben die Reichsten


(awp)·Die Schweizer nehmen unter
denreichsten Erdenbürgern den Spit-
zenplatz ein. Sie sind gemessen amVer-
mögen pro Erwachsenen erneut wohl-
habender geworden.Weltweit haben
die Vermögen pro Erwachsenen einen
neuen Höchstwert erreicht.
Konkret beträgt Mitte 2019 das Ver-
mögen pro Erwachsenen hierzulande
564 650 $, ein Plus von17 790 $ gegen-
über demVorjahr, wie aus dem am
Montag erschienenen «GlobalWealth
Report» der Credit Suisse hervorgeht.
Damit liegt die Schweiz weltweit vorne,
noch vor den USA, indenen die Ver-
mögen pro Erwachsenen seit Mitte des
letztenJahres um 11 980 $ gestiegen
sind, sowie vorJapan (plus 9180$) und

den Niederlanden (plus 9160$). Seit
demJahr 2000 sei dasVermögen pro
erwachsenen Schweizer um144% ge-
stiegen,rechnet die CSvor. Eingros-
ser Teil dieser Zunahme sei indes auf-
grund derVerteuerung des Schweizer-
frankens gegenüber dem US-Dollar im
selben Zeitraum erfolgt.
Weltweit hätten die Vermögenseit
demVorjahr um2,6% auf 360 Bio.$
zugenommen, so die CS weiter. Das
Vermögen pro Erwachsenen erreichte
einen neuen Höchststand von 70 850 $,
was 1,2% über dem Niveau von Mitte
2018 liegt. Allerdings verfügen imJahr
2019 schätzungsweise 2,9 Mrd.Perso-
nen – 57% aller Erwachsenen weltweit


  • über weniger als 10 000 $.


Liechtenstein


setzt auf


Token-Ökonomie


Günther Meier,Vaduz· Die Liechtenstei-
ner Blockchain-Szene fiebertdem Jah-
reswechsel entgegen.Am 1. Januar 2020
tritt das Blockchain-Gesetz in Kraft, das
densperrigenTitel «Gesetz überToken
und VT-Dienstleister (TVTG)» trägt.
Die Abkürzung VT steht für den Begriff
«aufvertrauenswürdigenTechnologien
beruhendeTransaktionssysteme (VT-
Systeme)». Diesen ziemlich umfassen-
den Begriff hat dieRegierung gewählt,
um gesetzgeberisch für neue Entwick-
lungen gewappnet zu sein, so dass das
Gesetz nicht dauernd angepasst werden
muss, wenn neueTechnologien das Ge-
schehenam Markt bestimmen.
RegierungschefAdrian Hasler be-
zeichnete das neue Blockchain-Ge-
setz an einerVeranstaltung der Crypto
Country Association (CCA) inVaduz
als «Meilenstein für die Entwicklung der
Token-Ökonomie» und die Blockchain-
Technologie als wichtigen Innovations-
treiber amFinanzmarkt.
Die Beratungstätigkeit derFinanz-
marktaufsicht (FMA) und des Ver-
eins habe gezeigt,sagte Regierungs-
chefAdrianHasler, dass die gelten-
den Gesetze der Innovationskraft der
Unternehmen meistens hinterherhink-
ten.Zuerst sei die FMA mit neuen Ge-
schäftsmodellen für Kryptowährun-
gen, Kryptobörsen und Investments in
Kryptowährungenkonfrontiert worden,
denen die Initial Coin Offerings (ICO)
folgten. Mittlerweile gehe die Entwick-
lung stark in Richtung SecurityToken
Offerings (STO), der Emission von
Wertpapieren auf Blockchain-Basis.
Das Blockchain-Gesetz soll die
Grundlage bilden für den Anwendungs-
bereich, dieRegulierung und dieKon-
trolle derToken-Ökonomie. Beides-
sen Erarbeitungkonnte sich Liechten-
stein nicht auf die Übernahme auslän-
discher Modelle abstützen.Dabei wollte
Liechtenstein nicht unbedingteine Vor-
reiterrolle einnehmen, sondern das
Blockchain-Gesetz sei herausgewach-
sen aus dem Projekt «Impuls Liech-
tenstein», das zur Stärkung der Inno-
vationsfähigkeit desFinanzplatzes ins
Leben gerufen wurde. Im Rahmen des
Projekts habe man erkannt, wie innova-
tive Unternehmen aufgrund der hohen
Regulierungsdichte immer wieder an ge-
setzliche Grenzen stiessen. Unklarhei-
ten hätten auch darüber bestanden, ob
bestimmte neue Geschäftsmodelle den
Finanzmarktgesetzen unterstehen wür-
den. Und schliesslich sei dieFrage im
Raum gestanden, ob neueTechnolo-
gien imRahmen der geltenden Gesetze
überhaupt zugelassen werden dürften.
Diese Unsicherheiten sollten mit dem
neu en Blockchain-Gesetz beseitigt sein.
Das Potenzial der Blockchain-Tech-
nologie liegt lautRegierungschef Has-
ler nicht nur imFinanzdienstleistungs-
bereich. Vielmehr bietesich die Block-
chain an, um eine viel gr össere Palette an
Vermögensobjekten digital abzubilden.

Paris überholt


Startup-HochburgBerlin


(awp)·Paris hat laut einer Studie zu
Investitionen in Startups die Metropole
Berlin abgehängt. Als erste Schweizer
Stadtschaffte esBasel auf den achten
Platz. Die Schweiz als gesamtes stei-
gerte das Finanzierungsvolumen um
46%.Konkret sammelten Startups aus
London im ersten Halbjahr 2019 – trotz
den Unsicherheiten um den Brexit – 5,7
Mrd. € von Investoren ein. Solche aus
der französischen Hauptstadt sammel-
ten 2,2 Mrd. € ein, wie eine Analyse der
Beratungsgesellschaft EYvom Mon-
tag zeigt.Wachstumsfirmen aus Berlin
erreichten derweil einenWert von 2,0
Mrd. €. Alserste Schweizer Stadt be-
legtBasel im Städte-Ranking mit einem
Finanzierungsvolumen von 203 Mio.€
hinter Cambridge (239 Mio.€) den ach-
ten Rang. Zürich folgt mit117Mio.€auf
dem sechzehnten Platz.


IN KÜRZE


Sandra Lienhart wird
Retail-Chefin bei Postfi nance
(awp)·Bei derPostfinancekommt es
zu einemWechsel in der Geschäfts-
leitung. Per 1. März 2020 wird San-
dra Lienhart die Leitung des Bereichs
Retail übernehmen und gleichzeitig in
die Geschäftsleitung eintreten, wie der
Finanzdienstleister derPost am Mon-
tag mitteilte. Lienhart trat nach ihrer
Zeit bei der Credit Suisse bei derBank
Coop ein und leitete diese2014 interi-
mistisch. Nach deren Namenswechsel zu
Bank Cler übernahm sie die Nachfolge
von CEO HanspeterAckermann. Sie
ersetzte diesen auch als stellvertretende
Vorsitzende der Konzernleitung der
Basler Kantonalbank-Gruppe. Im ver-
gangenenAugust verliess sie dieBank
Cler nach einem weiteren Umbau.

Eurozone mit höherer
Schuldenquoteals erwartet
(dpa)·Die 19 LänderderEurozone
haben die Schuldenquote im vergange-
nenJahr weiter verringert. Allerdings
war derRückgang wenigerstark als zu-
vor angenommen.NachAngaben des Sta-
tistikamts Eurostat vom Montag ging der
Anteil der Staatsschuldenan der Wirt-
schaftsleistung von 87,8 auf 85,9% zu-
rück. In einer ersten Schätzung war noch
ein Rückgang auf 85,1% genannt worden.
Maximal erlaubt sind nur 60% des Brutto-
inlandsproduktes (BIP).Diehöchsterela-
tiveVerschuldung wiesen 2018 Griechen-
land (181,2% des BIP), Italien (134,8%)
undPortugal (122,2%)auf.Die niedrigs-
ten Schuldenquoten erzielten Estland
(8,4%) und Luxemburg(21,0%).

Rewe darf Lekkerland
Österreich nicht kaufen
(Agentur)·Für Rewe ist es einRück-
schlag. Der Handelsriese darf im Zuge
der Lekkerland-Übernahme das Ge-

Kosmetikkonzern Coty
prüft Verkauf von Wella
(dpa)·Der angeschlageneKosmetik-
konzern Coty will imRahmen seiner
geplanten Neuaufstellung Geschäfts-
anteile losschlagen, um Geld zum Schul-
denabbau zu erlösen. Das mehrheitlich
von der deutschen Milliardärsfamilie
Reimann kontrollierte Unternehmen
kündigte am Montag in NewYork an,
denVerkauf bekannter Marken wie
Wella sowie des Geschäfts in Brasi-

schäft des Lebensmittelgrosshändlers in
Österreich nicht übernehmen. Die öster-
reichische Bundeswettbewerbsbehörde
teilte am Montag mit,der KölnerKon-
zern habe aufgrund derWettbewerbs-
be denken der Behörde den in Öster-
reich operativ tätigenTeil von Lekker-
land aus dem Zusammenschlusspro-
jekt ausgegliedert. Er bleibe weiterhin
im Eigentum der ursprünglichen An-
teilseigner. Dies sei möglich, weil Lek-
kerland Österreich bisher schon weitge-
hend autark agiert habe.

HERAUSGEGRIFFEN


Brasilian ische Firmen


sind auf einem Auge blind


Alexander Busch·Stellen Sie sich vor, Sie wollen einKonsum-
produkt verkaufen oder eine Dienstleistung anbieten – aber
Sie ignorieren mehr als einViertel der Bevölkerung. Nicht, weil
die für Sie nicht infrage kämen alsKunden – ganz im Gegen-
teil: Diese Gruppe versammelt eine Kaufkraft von rund einem
Sechstel der Bevölkerung. Es ist einekonsumfreudigePersonen-
gruppe, die von Möbeln, Kleider überAutos bis zu Flugreisen
und Streaming-Diensten alles nachfragt,was auf dem Markt an-
geboten wird. Ziemlich verrückt, würden Sie sagen.
Doch genau so verhalten sich brasilianische Unternehmen:
Sie ignorieren eine «unsichtbare Mehrheit» unter ihren poten-
ziellenKunden. Essind die Afro-Brasilianerinnen, die alsKun-
dinnen, Mitarbeiterinnen,Chefinnen undForscherinnen weitge-
hend ausgeschlossen werden – mit 60 Mio. schwarzen oder far-
bigenFrauen ist das die grösste BevölkerungsgruppeBrasiliens.
DieTageszeitung «Folha de SãoPaulo» hat ausführlich
recherchiert, wie die Unternehmen inWerbung, Service, Pro-
duktdesign diese potenteKonsumentinnengruppe ignorieren.
Ein Grund ist:In d en Unternehmen, in denWerbeagenturen,
in denForschungsinstituten sind Afro-Brasilianerinnen immer
noch dieAusnahme – ein Bruchteil ihres Anteils in der Gesell-
schaft.Dasgilt vor allemvon der Leitungsebene aufwärts bis
zum CEO der brasilianischen Unternehmen – also dort, wo
die Entscheidungen über das Design, dieWerbestrategien und
Verteilungskanäle fallen.
Nur 0,4% derFührungspositionen in den 500 grössten
Unternehmen Brasiliens sind mit schwarzen oder farbigen
Frauen besetzt.Das führt dazu, dass die Make-up-Basis meis-
tens zu hell ist für die dunkelhäutigenKundinnen – ausser bei
teuren Spezialprodukten. Oder die meistenAutos zu niedrig
ausfallen, um vonFrauen mit hochgetürmten Afro-Frisuren
gefahren werden zukönnen. Oder dass automatische Seifen-
spendernichtanspringen, wenn sie die Hand darunterhalten,
weil sie nicht auf dunkle Hautreagieren.Warum verschenken
die Unternehmen so ein gewaltigesPotenzial? Die Antwort
könnte lauten: Es fällt ihnen gar nicht auf.

lien zu prüfen. An der Börse sorgte die
Nachricht für kräftigenKursauftrieb –
die Aktien desKosmetikkonzerns leg-
ten im US-Handel an derWall Street um
mehr als 10% zu.


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