Süddeutsche Zeitung - 21.09.2019

(Greg DeLong) #1

AmDienstagjährtsich zum 150. Mal der
Schwarze Freitag. Genauer gesagt der
erste Schwarze Freitag. Andere folgten,
so der Börsenkrach vom 25. Oktober
1929, Auslöser der Weltwirtschaftskrise
zwischen den Weltkriegen. Hier aber soll
die Rede sein vom 24. September 1869,
als an der Wall Street in New York eine
riesige Goldspekulation zusammen-
brach. Das wird der Welt kommende
Woche mit ziemlicher Sicherheit erspart
bleiben, wiewohl der Goldpreis gerade
wieder steigt und steigt. Diesen Zusam-
menhang hat Nikolaus Piper in seiner
Kolumne am vergangenen Freitag be-
leuchtet:www.sz.de/1.4607436.


Die Krise von 1869 gehört zum Kanon
der Wirtschaftsgeschichte, und sie sollte
allen Teilnehmern einer Veranstaltung
bekannt sein, die amSonntagin der
alten Handelsstadt Leipzig ihren Auftakt
nimmt: Vom 22. bis 25. September tref-
fen sich dort rund 800 Wirtschaftswis-
senschaftler und -innen zur Jahresta-
gung des Vereins für Socialpolitik, der
größten Ökonomenvereinigung im
deutschsprachigen Raum, gegründet
1873 (deshalb das kleine c). In diesem
Jahr steht die Konferenz unter der Lokal-
organisation des Instituts für Wirt-
schaftspolitik der Universität Leipzig
unter der Führung von Professor Gun-
ther Schnabel. Der Titel „30 Jahre Mauer-
fall: Demokratie und Marktwirtschaft“
ist daher keine Überraschung.


Montagist Interview-Tag, diesmal mit
Christiane Funken(FOTO: GUDRUN PETERSEN).
Die Berliner Soziologin hat festgestellt
(Männer, jetzt bitte tapfer sein!), dass
Frauen grundsätzlich flexibler sind –
weil sie sich häufig sowieso um Kind,
Haushalt und Job gleichzeitig kümmern.


Sie können besser kommunizieren und
Teams zusammenhalten. Optimale Vor-
aussetzungen also für jene Führungs-
kräfte, die die neue digitale Wirtschaft
braucht, sagt Funken. Die Unternehmen
müssten das halt nur noch verstehen.


Der Großkonzern Siemens steckt mitten
im wohl größten Umbruch seiner Ge-
schichte: Das alte Konglomerat
schrumpft sich gerade selbst, am Ende
dürfte ein Kern-Siemens stehen, das
sich vor allem mit der Digitalisierung
der Industrie beschäftigt. Der Mann
hinter all dem ist Däne, war früher mal
Co-Chef von SAP und heißt Jim Hage-
mann Snabe. Wenn der prominente
Siemens-Chef Joe Kaeser das neue Sie-
mens erklärt, hält sich der Aufsichtsrats-
chef des Unternehmens lieber leise zu-
rück. Lesen Sie imMittwochsporträt


die Geschichte über einen stillen Strip-
penzieher im Hintergrund.


Der Schauspieler und Kabarettist Ott-
fried Fischer hat sich vor einigen Jahren
vom Fernsehen verabschiedet, nachdem
seine Parkinson-Krankheit fortgeschrit-
ten ist. Im Reden wir über Geld amFrei-
tagerzählt er, wie er mit diesem Bruch
in seinem Leben umgeht, wie er sich
vom Kabarettisten zum „Bullen von
Tölz“ wandelte und wie es ihm als Rent-
ner geht.


Was noch?Im Report amSamstagbe-
schäftigt sich SZ-Korrespondent Corneli-
us Pollmer mit Marken, die es hauptsäch-
lich deswegen noch gibt, damit kein
anderer sie benutzen kann. Pollmer hat
die letzte Filiale der Dresdner Bank in
Dresden besucht und einen Tankwart in
Leipzig begleitet, dessen Zapfsäulen
noch immer unter dem Dach der legen-
dären ostdeutschen Marke Minol
brummen. marc beise


von nikolaus piper

E


s war im April 1990, wenige Mo-
nate nach der Befreiung der da-
maligen Tschechoslowakei vom
sowjetischen Sozialismus, als
deren Präsident Václav Havel in
einem Radiointerview warnte: „Die Zeit ist
gekommen, in der wir mit der Freiheit et-
was anfangen müssen. Und auf einmal
zeigt sich, wie wenig wir das können und
wie ratlos wir sind.“ Die Aussage des tsche-
chischen Schriftstellers, der nach der sam-
tenen Revolution in seiner Heimat fast di-
rekt aus dem Gefängnis in den Amtssitz
des Staatspräsidenten auf der Prager Burg
eingezogen war, trifft heute auf eine Weise
zu, wie sich Havel das selbst vermutlich
nicht hätte vorstellen können.
In Polen und Ungarn, zwei Ländern, die
1989 ganz vorne im Kampf für die Freiheit
standen, brachten die Wähler rechtsge-
wirkte Autokraten an die Macht, die Justiz
und Presse beschränken und den Bürgern
einen Teil jener Freiheiten nehmen, die sie
vor 30 Jahren gewonnen hatten. Wie
Tschechiens Auseinandersetzung mit
dem Populismus ausgehen wird, muss
man noch sehen.
Und im Westen ist der Sozialismus wie-
der schick geworden, fast so, als hätte es
den Kalten Krieg nie gegeben. Nicht nur,
dass Kevin Kühnert, der nun 30-jährige
Vorsitzende der Jungsozialisten, in seinem
mittlerweile berühmtenZeit-Interview im
Mai von einer sozialistischen Gesellschafts-
ordnung schwärmte. Die ganze Republik
diskutierte wochenlang darüber, so als sei
Sozialismus wirklich eine ernsthafte Opti-
on für Deutschland. „Sozialismus ist wie-
der sexy“, überschrieb die linke Rosa-Lu-
xemburg-Stiftung eine Umfrage, bei der
sich 45 Prozent der Teilnehmer positiv
über den Sozialismus äußerten. Der hat,
um einen Begriff des großen italienischen
Marxisten Antonio Gramsci zu verwen-
den, wieder die „kulturelle Hegemonie“.
Natürlich will heute auch auf der Lin-
ken niemand mehr die DDR zurückhaben,
mit Ausnahme von Egon Krenz vielleicht.
Aber wenn nicht die DDR, was dann? „Für
mich bedeutet Sozialismus, gesellschaftli-
che Rahmenbedingungen zu schaffen, in
denen jede/r die Chance bekommt, sich
frei zu entfalten, und die Möglichkeiten,
die das Leben bietet, zu nutzen“, schrieb
eine Leserin derZeitim Nachklang zum
Kühnert-Interview. Das Problem dabei ist,
dass bisher alle Versuche in Sachen Sozia-
lismus darauf hinausliefen, dass den Men-
schen genau das geraubt wurde, was die
Leserin sich wünscht.
Alle, ohne Ausnahme.

Auch solche Modelle, auf die junge Lin-
ke im Westen bis vor Kurzem noch ihre
Träume projiziert hatten. Das sandinisti-
sche Nicaragua etwa – dorthin reiste man
in den 1980er-Jahren, um bei der Kaffee-
Ernte zu helfen – ist heute die korrupte
Diktatur der Familie Ortega. Der „bolivari-
sche“ Sozialismus des Hugo Chávez und
seines Nachfolgers Nicolás Maduro hat
das einst wohlhabende Venezuela in eine
beispiellose Katastrophe geführt. Die
Wirtschaft wird in diesem Jahr um 25 bis
35 Prozent schrumpfen, die Inflationsrate
schätzt der Internationale Währungs-
fonds (IWF) auf zehn Millionen Prozent,
eine für sich genommen absurde Zahl, die
nur belegt, dass die Venezolaner schlicht
nichts mehr haben, was man als „Geld“ be-
zeichnen könnte. Mehr als vier Millionen
Bürgerinnen und Bürger des Landes sind
seit 2015 geflüchtet, eine der größten
Fluchtwellen der jüngeren Geschichte.
Das hinderte Politiker der Linken, darun-
ter die stellvertretende Fraktionsvorsit-
zende Heike Hänsel, nicht daran, ihre Soli-
darität mit dem Regime in Caracas zu er-
klären („Hände weg von Venezuela – vor-
wärts zum Sozialismus“).
Auch aus Kuba, dem lange Zeit wichtigs-
ten Sehnsuchtsort vieler Linker, sind seit
der Revolution 1959 knapp zehn Prozent
der Einwohner geflohen. Die Misswirt-
schaft der Castro-Brüder ließ sich aller-
dings lange wegen der unsinnigen Wirt-
schaftssanktionen Washingtons schönre-
den. Jedenfalls bis 2015, als Barack Obama
diese weitgehend abschaffte.

Zur Verklärung des Sozialismus trugen
kapitalistische Krisen und Probleme bei:
die Asienkrise 1997, die Finanzkrise 2008,
die Euro-Krise, die Macht der Internetkon-
zerne, die ungleiche Vermögensvertei-
lung. Besonders aber ist es das Narrativ
vom „Systemwettbewerb“ und vom „Sieg“
des Kapitalismus. „Ein System siegt sich
zu Tode“, hieß bereits 1992 ein Buchtitel.
Doch gesiegt hat 1989 nicht ein System, ge-
siegt haben die Völker Mittel- und Osteuro-
pas und die Menschen in der DDR. Richtig
ist allerdings, dass jene postkommunisti-
schen Staaten, die den Kapitalismus rasch
und konsequent einführten, heute beson-
ders gut dastehen: Polen, die baltischen
Staaten und die ehemalige DDR.
Ja, es gab einen Wettbewerb der Syste-
me. Aber bei dem ging es um Raketen,die

Beherrschung des Weltalls und Sporter-
gebnisse. Nur einmal gab es einen ernst-
haften Versuch, den Menschen im Osten
so gute Lebensbedingungen zu verschaf-
fen. Nikita Chruschtschow, der von 1953
bis 1964 an der Spitze der Kommunisti-
schen Partei der Sowjetunion stand, glaub-
te wirklich an die Überlegenheit der Sozia-
lismus und leitete eine Reihe ehrgeiziger
Wirtschaftsreformen ein. Er wollte Ameri-
ka „einholen und überholen“. Aber die
Reformen scheiterten. Die kommunisti-
sche Nomenklatura stürzte Chru-
schtschow, weil sie um ihre Macht fürchte-
te. Der Rest war Propaganda.
Verquer ist die Vorstellung, der Kapita-
lismus sei durch den Wettbewerb der Sys-
teme „gezähmt“ worden. Die soziale
Marktwirtschaft in der Bundesrepublik

entstand, weil Ökonomen und Politiker
aus Weltwirtschaftskrise und Nationalso-
zialismus gelernt hatten, nicht weil sie das
Vorbild der DDR fürchteten.
Warum Sozialismus nicht funktionie-
ren kann, ist theoretisch gut begründet. In
der legendären Debatte um Rechnungsle-
gung im Sozialismus während der 1930er-
Jahre vertraten die österreichischen Öko-
nomen Ludwig von Mises und Friedrich A.
v. Hayek die These, dass ohne Marktpreise
die Grundlage fehlt, um die Arbeitsteilung
in einer komplexen Wirtschaft zu organi-
sieren. Die Folge sind Willkür und Miss-
wirtschaft. Ihnen widersprach damals der
polnische Sozialist Oskar Lange. Eine Plan-
behörde könne durchaus den kapitalisti-
schen Wettbewerb simulieren und so zu
vernünftigen Wirtschaftsplänen kom-

men. Dass Mises und Hayek recht hatten,
ist heute unter Ökonomen unstrittig. Os-
kar Lange kehrte 1947 aus dem Exil nach
Polen zurück und arbeitete dort für das
kommunistische Regime. An dessen Miss-
wirtschaft konnte er nichts ändern.
Ihre eigene Erfahrung mit dem Sozialis-
mus machte die SPD. Im Erfurter Pro-
gramm von 1891 postulierten die Sozialde-
mokraten den „Klassenkampf zwischen
Bourgeoisie und Proletariat“, äußerten
sich aber nicht dazu, was kommen soll,
wenn dieser Klassenkampf einmal vorbei
sein sollte. Viele Jahre später versuchte
der Parteitheoretiker Karl Kautsky zu be-
schreiben, was er unter Sozialismus ver-
stand: Die Industrie ist verstaatlicht, an
die Stelle des Kampfes zwischen Bossen
und Arbeitern tritt das „gemeinsame Stre-
ben nach steter Vermehrung der Produkti-
vität sowie der Erleichterung und Verkür-
zung der Arbeit“. Kurz: „Allgemeine Har-
monie und allgemeiner Wohlstand wer-
den dann in der Gesellschaft herrschen.“
Tatsächlich wuchs der Wohlstand der
Arbeiter in der kapitalistischen Bundesre-
publik nach 1949 so schnell wie noch nie in
der Geschichte. Mit der Aussicht auf den
Sozialismus konnte man daher keine Wah-
len mehr gewinnen. Deshalb verabschiede-
te sich die SPD 1959 mit dem Godesberger
Programm in aller Form vom Marxismus.
Sozialismus sollte ein Wertekanon sein,
keine Alternative zum Kapitalismus.
„Grundziel aller Bemühungen der Partei
müsse die größtmögliche Erweiterung des
den Menschen zugeordneten Freiheitsrau-
mes sein, soweit sie mit dem Gemeinwohl
vereinbar ist“, schrieb der SPD-Staats-
rechtler Carlo Schmid damals. Gegen die-
se Abkehr vom doktrinären Sozialismus
wehren sich Jusos bis heute.

Die neue Sehnsucht nach dem Sozialis-
mus ist diffus. Oft wird der Name nicht ein-
mal ausgesprochen. Der Schweizer Sozio-
loge Jean Ziegler sagte in derSüddeut-
schen Zeitung:„Entweder wir zerstören
den Kapitalismus jetzt, oder er zerstört
uns und den Planeten.“ Was an die Stelle
des zerstörten Kapitalismus treten soll,
sagte er nicht, wohl aber, dass es dabei ge-
walttätig zugehen soll: „Ich kenne kein Bei-
spiel, in dem herrschende Oligarchien frei-
willig auf ihre Privilegien verzichteten.“
Nicht alle Kritiker des Kapitalismus ru-
fen gleich nach Gewalt. Meist sprechen sie
von einer „solidarischen“, „nachhaltigen“
und „humanen“ Wirtschaftsordnung oder
einer „neuen Art“ des Wirtschaftens. Sie
umgehen dabei die entscheidende Frage,
die in jedem Wirtschaftssystem beantwor-
tet werden muss: Wer entscheidet dar-
über, für wen und für was die knappen Res-
sourcen der Erde verwendet werden? Im
Interview derZeitmit Kevin Kühnert gibt
es eine bemerkenswerte Passage: „Mir ist
weniger wichtig, ob am Ende auf dem Klin-
gelschild von BMW ‚staatlicher Automobil-
betrieb‘ steht oder ‚genossenschaftlicher
Automobilbetrieb‘ oder ob das Kollektiv
entscheidet, dass es BMW in dieser Form
nicht mehr braucht.“ Die spannende Frage
ist: Wer gehört zum Kollektiv und wer
nicht? Sind es alle Deutschen? Oder ein
Parteitag? Was ist mit den BMW-Arbei-
tern in South Carolina oder Mexiko? Und
wenn 51 Prozent für die Abschaffung von
BMW stimmen, wie werden sich die unter-
legenen 49 Prozent dann verhalten? Beson-
ders dann, wenn es um ihre Arbeitsplätze
geht?
Friedrich von Hayek beschrieb das Pro-
blem so: Sozialistische Planwirtschaft lau-
fe „ungefähr auf dasselbe hinaus, wie
wenn eine Gruppe von Personen sich zu
einer gemeinsamen Reise entschließen
würde, ohne sich jedoch über das Reiseziel
einig zu sein, was zur Folge hat, dass sie
alle eine Reise unternehmen müssen, die
die meisten ganz und gar nicht machen
wollen.“ Noch deutlicher ist der liberale
Ökonom Leszek Balcerowicz, der nach
1989 den Übergang Polens zum Kapitalis-
mus organisiert hatte. Sozialismus funkti-
oniere „nur mit Furcht und Einschüchte-
rung“, sagte er im SZ-Interview.
Letztlich ist die Faszination, die der Sozi-
alismus heute wieder ausübt, wohl nur zu
erklären durch die Fähigkeit der Men-
schen zu vergessen.

W wie die Wäsche
macht sichvon
alleine und K wie der
Kühlschrank ist stets
gut gefüllt. Dafür
will Papa nur wissen:
wer, was, wann,
wieso und warum?
Ein fairer Tausch?
Darüber lässt sich
streiten. Am liebsten
beim Essen – frisch
gekocht von Mama.

Die Menschen verlieren, wonach sie sich sehnen: ihre Freiheit


Alle Versuche, den Sozialismus zu leben, sind gescheitert


Wirtschaftskrisen habenden Kapitalismus
in Verruf gebracht

SAMSTAGSESSAY


Milagros Caiña Carreiro-Andree, 56,
scheidende Personalchefin bei BMW,
erhält in diesem Jahr den Mestemacher-
Preis „Managerin des Jahres“. Die Gastar-
beitertochter zähle zur Avantgarde für
Frauenkarrieren im Topmanagement,
sagte Mestemacher-Chefin Ulrike Det-
mers bei der Preisverleihung in Berlin.
„Milagros Caiña Carreiro-Andree plädiert
für die nachhaltige unternehmerische
Förderung der Gleichstellung von Frau
und Mann im Berufsle-
ben“, so Detmers. Die
Erhöhung des Frauen-
anteils sei unter ihrer
Verantwortung durch
zahlreiche Aktivitäten
unterstützt worden.
Das für 2020 selbst
gesteckte Ziel von 15
bis 17 Prozent weibli-
chen Führungskräften
sei 2018 bereits erreicht worden. Meste-
macher stiftet den renommierten Gleich-
stellungspreis seit 2002 jährlich. Gewür-
digt werden Managerinnen der obersten
Leitungsebene. Milagros Caiña Carreiro-
Andree(FOTO: OBS)will ihren Mitte 2020
auslaufenden Vertrag bei BMW aus per-
sönlichen Gründen nicht verlängern. sz

Martin Winterkorn, 72, früherer VW-
Chef und nun im Ruhestand, hat weiter
Ruhe. Zumindest, so sieht es aus, vor der
Justiz. Beim Landgericht Braunschweig
rückt ein Prozess gegen den Ex-Manager
wegen Betrugsverdacht in der Abgasaffä-
re in weite Ferne. Darüber hatteBildzu-
erst berichtet. Das Gericht hält einen
wichtigen Teil der Vorwürfe gegen Winter-
korn und andere VW-Leute nicht für „hin-
reichend ausermittelt“. So steht es in

einem Schreiben des Landgerichts an die
Staatsanwaltschaft Braunschweig und die
Verteidiger jener fünf Angeschuldigten
einschließlich Winterkorn, gegen die eine
Anklage vorliegt. Das Schreiben kommt
einem kräftigen Rüffel für die Staatsan-
waltschaft gleich, die nach Ansicht mehre-
rer Verteidiger schlampig ermittelt hat.
Das Gericht will nun einen Gutachter
einschalten, der untersuchen soll, in wel-
chem Umfang VW bei den Abgaswerten
von Millionen Diesel-Fahrzeugen betro-
gen haben soll. Es geht um eine bestimm-
te Steuerungsfunktion und die Frage, ob
und in welchem Umfang diese Funktion
„Auswirkungen auf die jeweiligen Sticko-
xidemissionen der Fahrzeuge und der
Einhaltung der Grenzwerte hatte“. Nach
Ansicht von Verteidigern dürfte es sechs
bis neun Monate dauern, bis ein solches
Gutachten vorliegt. Die Staatsanwalt-
schaft hat bis zum 11. Oktober Zeit, das
Gericht von der Idee mit dem Gutachten
abzubringen. Gelingt das nicht, dann
kann sich Winterkorn im Hinblick auf
den Betrugsverdacht einstweilen zurück-
lehnen. In einem anderen Fall, es geht um
den Vorwurf der Manipulation des Börsen-
kurses von VW, muss der Ex-Vorstands-
chef mit einer weiteren Anklage rechnen.
Auch diesen Verdacht weist Winterkorn
zurück. sz

Joseph Tsai, 55, war shoppen. Der taiwa-
nesich-kanadische Milliardär hat sich die
kompletten Anteile am US-Basketball-
Klub Brooklyn Nets gesichert und gleich
auch die Heimstätte des NBA-Klubs, das
Barclays Center, gekauft. Dass Tsai, dem
bereits 49 Prozent der Anteile gehörten,
Interesse am Kompletterwerb der Nets
hatte, war schon bekannt. Nun stimmte
aber auch die nordamerikanische Basket-
ball-Profiliga dem Kauf zu. Die Liga be-
tonte dabei auch ein strategisches Interes-
se: „Joe ist nicht nur ein leidenschaftli-
cher Basketball-Fan. Er ist einer von Chi-
nas führenden Internet-, Medien- und
E-Commerce-Pioniere“, sagte NBA-Com-
missioner Adam Silver. „Seine Kompe-
tenz wird für die Bemühungen der Liga,
Basketball in China und anderen globalen
Märkten weiter wachsen zu lassen, von
unschätzbarem Wert
sein.“ Tsai(FOTO: AP)ist
Mitgründer des chine-
sischen Versandhänd-
lers Alibaba und so zu
viel Geld gekommen.
Der Kaufpreis für die
Brooklyn Nets soll
etwa 2,3 Milliarden
Dollar betragen. jps

ist unsere Mitarbeiterin der
Woche. Ein ganzes Berufs-
leben lang bewegt sie sich
nicht nur klimafreundlich
durch die Stadt – sie sorgt
dafür, dass alle anderen das
auch können. Dafür muss sie
auf vieles verzichten. Die
Sonne zum Beispiel sieht sie
im Arbeitsalltag nur selten.

Laut einer Befragung des Centrums für
Hochschulentwicklung entschieden sich im
letzten Jahr 25 Prozent der Studierenden,
weiter bei den Eltern zu wohnen. 31 Prozent
zogen dagegen in eine Wohngemeinschaft.
Aber wo lebt es sich besser?

S wie Spieleabend
und Pwie Putzplan.
Beide werden selten
umgesetzt. Die neu
gewonnene Freiheit
wird oft von Debat-
ten überschattet,
wie das Klopapier
richtig herum hängt.
Immerhin: Wer wie
spät nach Hause
kommt, interessiert
hier keinen mehr.

Daheim

24 WIRTSCHAFT HF2 Samstag/Sonntag, 21./22.September 2019, Nr. 219 DEFGH


Die Gefahr


Sehnsucht


Sozialismus


Drei Jahrzehnte nach dem Fall


der Berliner Mauer


sind sozialistische Ideen


wieder populär.


Umso wichtiger ist es,


dem Vergessen entgegenzuwirken


Die Geschichte


Die Gegenwart


Es ist unklar, wann der Betrugspro-
zess gegenEx-VW-Chef Winterkorn
beginnt. Das Gericht will weiteren
Fragen nachgehen.FOTO: DPA

Ausgezeichnet


Ausgeruht


Ausgemacht


DIE U-BAHN-FAHRERIN


PERSONALIEN


WAS KOMMT


WG vs. Hotel-Mama


Allein

Werentscheidet, für wen und
für was knappe
Ressourcen verwendet werden?

Noch heute rufen Linke
zur Solidarität mit
dem Regime in Venezuela auf
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