nach, wie ihren Stars der Durchbruch ge-
lungen war, und schrieb Songs. »Ich habe
mich immer so gefühlt, als könnte ich in
Popwelten verschwinden, wenn ich keinen
Bock hatte auf nichts.« Sie tanzte vorm
Spiegel und sang in eine Bürste. Sie lernte
die Gesten ihrer Heldinnen. Sie fand
Schutz im Pop.
Minuten bevor sie die Bühne betritt,
läuft Kylie Minogues »Can’t Get You out
of My Head«, gleich nach ihrem Auftritt
»Material Girl« von Madonna. Im Video
zu ihrem Hit »I Don’t Want It at All«,
mehr als vier Millionen Aufrufe auf You-
Tube, kommt irgendwann die echte Paris
Hilton durch Petras’ Zimmertür.
Damals, als Hilton noch an ihrer Kin-
derzimmerwand hing, bekam Petras
Hormone, als weltweit jüngster Patient.
Mit 12 Jahren. Mit 16, ebenfalls als jüngs-
ter Patient, folgte die Operation, die
Tim körperlich vollends zu Kim werden
ließ.
Deutsche Fernsehsender berichteten
über sie. In den USA kannte sie keiner.
Übers Internet nahm sie Kontakt zu Pro-
duzenten in Los Angeles auf. Sie kellnerte,
sparte und flog mit 19 Jahren zum ersten
Mal nach L.A. Als sie dort dann Leute von
Plattenfirmen traf, machte sie die Trans-
sexualität nicht zum Thema. »Ich hab
nicht Hunderte von Songs geschrieben,
um dann nur die Frage ›Ja, wie ist das
denn, ein Mann zu sein?‹ gestellt zu be-
kommen.« Aber beim nächsten Meeting
hatten die Leute ihren Namen gegoogelt.
Der Mitarbeiter eines Labels sagte ihr, er
käme in die Hölle, wenn er mit ihr arbeiten
würde.
Sie wollte kein Transpopstar sein. Sie
wollte Popstar sein.
Petras habe auf Studiocouches geschla-
fen, täglich Songs geschrieben, erzählt sie.
»Ich hab mich immer wieder dazu gepusht,
einen neuen Versuch zu machen.« Nach
über zwei Jahren bekam sie einen Vertrag.
Die Reaktionen auf ihre Transexualität
blieben widersprüchlich: Als sie gesagt
habe, sie wolle nicht darüber wahrgenom-
men werden, sei sie dafür kritisiert worden,
sich nicht dazu zu bekennen. »Als ich dann
darüber geredet hab, haben Leute gesagt:
›Du benutzt deine Geschichte, um voran-
zukommen mit deiner Karriere.‹«
Petras’ Karriere steht noch am Anfang.
Irgendwann will sie im ausverkauften
Madison Square Garden spielen, 20 000
Plätze. Jetzt, bei ihrem Konzert vor Hun-
derten in Berlin, hat ihr Auftritt schon etwas
von der ganz großen Show. Ihre Bewälti-
gungsstrategie gibt sie dabei weiter an ihr
Publikum: »Vielleicht könnt ihr eure Pro-
bleme vergessen«, sagt sie in einer Song-
pause, »dann habe ich mein Ziel erreicht.«
Jurek Skrobala
Twitter: @skrobala
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SPIEGEL GESCHICHTE
SAMSTAG, 21. 9., 21.10 – 22.50 UHR, SKY
Hitlers Hofstaat
Jahrzehntelang wurde von Histori-
kern die These vertreten, Adolf Hitler
sei ein sozial gestörtes Wesen gewe-
sen. Tatsächlich unterhielt er schon
früh eine Vielzahl von Beziehungen
und Freundschaften. Für seine Mäze-
ne, Förderer und engen Vertrauten
war er eine Projektionsfläche eigener
politischer Vorstellungen. Der innere
Kreis wurde nach 1933 zum privaten
Rückzugsraum des Diktators. Wer
dazugehörte, galt als bedingungslos
loyal – bis in den Tod.
SPIEGEL TV
MONTAG, 23. 9., 23.15 – 0.00 UHR, RTL
Straßenkampf 2.0
Die neue Protestgeneration wehrt
sich gegen SUV, Kreuzfahrtschiffe
und Massentierhaltung. SPIEGEL TV
ist unterwegs mit Aktivisten von
Greenpeace, Extinction Rebellion und
Attac. Eine Schwerpunktsendung
zum Weltklimatag.
SPIEGEL TV WISSEN
DIENSTAG, 24. 9., 23.05 – 23.55 UHR, SKY
und bei allen führenden Kabelnetzbetreibern
Mega-Jachten – die Schiffe
der Superreichen
Für ihre schwimmenden Luxus -
herbergen benötigen die stolzen Be-
sitzer nicht nur eine professionelle
Crew, sondern auch viel Geld – min-
destens eine Million Dollar pro Meter,
so eine Faustregel. Die Reportage
wirft einen Blick hinter die sonst ver-
schlossenen Kajütentüren.
SPIEGEL TV WISSEN
FREITAG, 27. 9., 20.15 – 21.00 UHR, SKY
und bei allen führenden Kabelnetzbetreibern
24h@ Warschau
Warschau gilt zurzeit als die polni-
sche Trendstadt. Die Start-up-Szene
wird für Investoren immer interes-
santer. Die Baubranche boomt, die
Preise steigen. Das führt dazu, dass
junge Warschauer für bezahlbaren
Wohnraum zunehmend kämpfen
müssen. Menschen mit ganz unter-
schiedlichen Lebensläufen führen
uns in der polnischen Metropole an
der Weichsel an Orte jenseits der
Touristenpfade.
Programm
SPIEGEL TV
Diktator Hitler, Getreue an Silvester 1938 auf dem Berghof
BIM / GETTY IMAGES
Greenpeace-Aktivisten
Warschaus Geschäftsviertel
CHRIS GRODOTZKI / GREENPEACE