sich schon bald unabhängig von den anderen, obwohl sie einst gegründet
worden war, um die Mutterfirma steuerlich zu entlasten und
Spekulationsmanöver zu verbergen. Und so wurde er der Protagonist einer
urbanen Revolution, die Jahre später in die historisch gesehen Zweite
Plünderung Roms münden sollte.
Die Casati hatte ein paar Bodenflächen nördlich von Rom ins Visier
genommen, um dort eine Reihe neuer Wohneinheiten zu bauen. Wie fast
immer sah der Bebauungsplan der Stadt in dieser Zone weder Straßen noch
Abwasserkanäle noch Leitungssysteme vor. Die Spekulationstaktik war
genau diese: die Kommune mit Gebäuden vor vollendete Tatsachen zu stellen
und auf diese Weise unter Druck zu setzen, sich an sämtlichen laufenden
Kosten zu beteiligen, um das neue Viertel bewohnbar zu machen, was mit
steigenden Preisen für Flächen und Häuser zu sprudelnden Gewinnen für ihre
privaten Bauherren führte. Die Grundbesitzer stammten fast immer von den
uralten Familien ab, die seit Jahrhunderten Bischöfe und Päpste der Heiligen
Römischen Kirche stellten – weder das vereinte Italien noch die italienische
Republik war ihnen und ihrem umfangreichen Immobilienbesitz ernsthaft zu
Leibe gerückt. Doch dieses Mal hatte Casati den Blick auf ein Stück Land
gerichtet, das einer alten Gräfin mit zahllosen Gebrechen gehörte. Zur
Verzweiflung ihrer zukünftigen Erben – drei Neffen mittleren Alters – war
sie nicht nur unwillig, ihren Besitz auf diese höchst gewinnbringende Art zu
veräußern, sondern auch dem gesamten Projekt entschieden abgeneigt, die
Wiesen ihrer Kindheit der Urbanisierung zu opfern. Ein neues Wort, das
Musik in den Ohren der Baulöwen war – auch dies ein frisch geprägter
Begriff, der mit einer gewissen Nachsicht die ganze großtuerische
Raubtiermentalität dieser Generation von Bauunternehmern umschrieb –, in
dem sich für die betagte Aristokratin die ganze Katastrophe der
untergegangenen Monarchie ausdrückte. Quasi ein Synonym für das Werk
des Teufels.
Casati war kein Mann, der sich leicht geschlagen gab, und strengte gegen
die Gräfin einen komplizierten Enteignungsprozess an. Die Akte übergab er
mit einigen anderen Ärgernissen, die gelöst werden mussten, seiner neuen
rechten Hand. Als Attilio auf dem Titel den Namen des Richters las, der mit
dem Fall betraut war, durchrieselte ihn ein freudiger Schauder: Ascanio
Carnaroli. Er musste zugeben, dass zumindest eine der beiden Stärken, die
Edoardo Casati ihm zugeschrieben hatte, zutraf. Doch da auch das
jeff_l
(Jeff_L)
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