Alle ausser mir

Monte Mario hinausging und seitlich auf die Kuppel des Petersdoms. Bevor
sie die sonnenbeschienene Terrasse betrat, nahm sie einen Strohhut mit
breiter Krempe vom Sofa und setzte ihn auf.
»Werden Sie nicht gerne braun?«, fragte Attilio.
An ihrem Blick erkannte er, dass er ihr Geheimnis erraten hatte. Die
junge Frau antwortete nicht, sondern wandte sich an den Mann auf der
Terrasse, der die Öffnung einer Gießkanne in den Blumentopf eines
Jasminstrauchs hielt.
»Papà, du hast Besuch«, sagte sie. »Er meint, er kennt dich aus
Äthiopien.«
Richter Carnaroli stand dem Aussehen nach kurz vor der Pensionierung.
Er strahlte die konzentrierte Nüchternheit dessen aus, der sich sein Leben
lang einem einzigen, fordernden Beruf verschrieben hat. Während Attilio
über die Terrasse auf ihn zuging, blickte er von der dunkelroten Flüssigkeit
auf, die aus der Kanne floss.
»Entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen nicht die Hand gebe. Dieser
Ochsenblutdünger hinterlässt schreckliche Flecken, die nur mit Soda
herausgehen.«
»Ich bitte Sie«, erwiderte Attilio.
»Woher, sagten Sie, kennen wir uns? Addis Abeba?«
»Ja, vom Gericht. Ich war einer Ihrer Angeklagten.«
Der Richter unterbrach den Düngerfluss und sah Attilio an. Einen
Augenblick ließ er seinen Blick auf ihm ruhen, bis ein winziges
Augenzucken verriet, dass er ihn erkannt hatte.
»Clara, geh hinein. Und schließe die Tür hinter dir.«
Attilio drehte den Kopf zu dem Mädchen hin und warf ihr ein
entschuldigendes Lächeln zu. »Richtig. Ich würde meiner Mischlingstochter
auch nicht alle Sachen erzählen.«
Carnaroli verlegte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen, als
suche er festen Boden.
»Warum sind Sie gekommen? Was wollen Sie?«
»Eigentlich bin ich gekommen, um zu fragen, was Sie wollen, Richter.
Oder was nicht. Wollen Sie zum Beispiel, dass nach einer ehrenwerten
Karriere als Jurist, nur wenige Schritte vor dem verdienten Ruhestand, die
Journalisten plötzlich aufdecken, dass Sie jahrelang ohne mit der Wimper zu
zucken Rassengesetze angewandt haben?«