Alle ausser mir

(Jeff_L) #1

Benzinverschwendung getadelt zu werden; und auch für jene, die in einem
Graben verbluten würden, auf den Lippen ein leises: »Mamma ...« Und so
sang Maria Uva auch für Attilio.
Wie sehr er sich gewünscht hätte, in einem anderen Waffenkorps zu sein,
in dem, das von seinem Helden Rodolfo Graziani angeführt wurde, dem
jüngsten General des Großen Krieges. Doch wie die meisten Schwarzhemden
musste auch Attilio Profeti unter dem Oberbefehl des alten, keuchenden
Piemontesers Badoglio marschieren.
Er war spät in Abessinien angekommen, war kurz vor Weihnachten in
Lugo aufgebrochen, mit der Schwarzhemd-Division »23. März«, gerade noch
rechtzeitig, um sich mit den Gebirgsjägern der Pusteria-Division um den
Ruhm zu streiten. Ja, es stimmt, diese Gebirgler hatten den Amba Work
eingenommen, hatten mit ihren Seilen steil aufragende Felswände erklommen
und die Äthiopier überrascht, die nicht damit gerechnet hatten, dass der Feind
über Felsstürze geklettert kommt. Sie hatten sie mit Handgranaten
auseinandergefegt und ihre Kanonen und Maschinengewehre beschlagnahmt.
Während dieses Unterfangens hatten die ur-römischen Repräsentanten des
Duce am Fuße des Amba gestanden und gewartet, bis sich ein etwas
humanerer Durchgangsweg auftat. Später dann, für das Siegesfoto auf dem
Gipfel, wollten die Offiziere die Südtiroler Krauts nicht dabei haben, die
untereinander ihr fürchterliches Deutsch krächzten, wohl aber die
Schwarzhemden. Und ganz vorne postierten sie Attilio, der in seiner Uniform
ein strahlendes Bild abgab, mit der wehenden Fahne in der Hand.
Dort oben auf dem Gold-Amba war es, als er lächelnd ins Objektiv
blickte, dass in Attilio Profeti die Überzeugung heranreifte, mit einer
außergewöhnlichen Portion Glück gesegnet zu sein. Die Kameraden des



  1. März, mit denen er am häufigsten marschierte, waren zwei Exemplare
    von reinster arischer Rasse, wie schon ihre kohlrabenschwarzen Namen
    besagten, Nigro und Carbone. Der Erste, ein Bauer aus Castiglione delle
    Stiviere, war kräftig und hing mit seinem Blick eines Kettenhundes stets an
    Attilio. Der andere, Automechaniker aus Benevento, agil und dunkel wie ein
    großes Nagetier, hatte die geschickten Hände eines Juweliers. Obwohl beide
    älter waren als er, hatten sie ihn niemals schikaniert, hatten von ihm weder
    den Affen verlangt, also dass er die Hosen runterließ, noch den Napf. Und das
    nicht nur, weil das Kolonialheer generell die Rekruten weitgehend in Ruhe
    ließ (es gab genügend Askaris, um auch dem letzten Italiener ein

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