schmetterling

(Martin Jones) #1

Offenbar ist alles anders als gedacht und noch viel schlimmer.
Er rast durch die ausgebleichte Mittagswelt wie schon zwanzig Stunden
zuvor, holpert in dieselben Schlaglöcher, pflügt durch dieselben Pfützen,
durchschifft seine Vergangenheit wie der Protagonist eines Films, dem man
vergessen hat mitzuteilen, dass sich die Dramaturgie geändert hat – und als
sei das nicht genug, ballt sich gerade ein weit bedrohlicheres Szenario
zusammen: dass dies keine zweite Chance für ihn ist. Nichts, worin man
heimisch werden könnte. Das unentdeckte Land verlangt, die Konstruktion
des alten Ichs zurückzulassen. Was aber, wenn man feststellte, dass man
längst schon dort ist, es bereits besiedelt, in Besitz genommen hat?
Identische Schlüsselbünde –
Das liegt schwer auf Luthers Brust, es wirft ein völlig neues Licht auf die
Ereignisse. Zweifel sind angebracht, ob je ein Reset stattgefunden hat und
dies seine alternative Vergangenheit ist. Vielmehr scheint es, als komme
diese Welt – hat er das nicht insgeheim befürchtet? – ganz vorzüglich ohne
ihn aus, weil längst komplett.
Ich bin die Anomalie. Der Eindringling. Der Parasit.
Während der Stunden im Büro, in denen er sich vormachte, Carls
Arbeitspensum abzuarbeiten, hat er versucht, eine Erklärung für das
Paradoxon zu finden, was in etwa so aussichtsreich war, wie Bauteile eines
Raumschiffs zu erklären, ohne dessen grundlegende Funktionsweise zu
kapieren, doch die Konsequenz ist von deprimierender Schlichtheit.
Es gibt schon einen Luther Opoku hier.
Das ist alles, und es erklärt den ganzen Rest.
Ihm, dem Hineingeworfenen, wurde keine alternative Vergangenheit
geschenkt. Er ist vielmehr eingedrungen ins Leben seines Alter Egos. Das
Licht, das Ruth gesehen hat, während er mit Rodriguez in dessen Zelle
hockte – das war der andere. Heimgekommen aus dem Urlaub, spät, keine
Lust mehr auszupacken, ab ins Bett. So könnte es gewesen sein, allerdings,
im Bett hat niemand gelegen, jedenfalls sieht nichts danach aus. Das Gepäck

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