te Edmund Haferbeck sagt: »Die Behör-
den müssen dringend handeln.« Mehrere
Staatsanwaltschaften haben inzwischen
Ermittlungen aufgenommen.
Meistens sind es junge und trächtige
Kühe, die über Tausende Kilometer ver-
frachtet werden. Die Tiere werden nach
der offiziellen Darstellung nicht zum
Schlachten abtransportiert, sondern um
mit ihnen Herden für die Milchproduktion
aufzubauen. Laut der amtlichen Statistik
wurden im Rekordjahr 2017 aus Deutsch-
land 79 103 Rinder als Zuchttiere in Nicht-
EU-Länder verkauft, aber nur 64 als
Schlachttiere. Hauptabnehmer war mit
mehr als 30 000 Tieren die Türkei, gefolgt
von Russland und Usbekistan.
Aber wird dort tatsächlich das Ziel ver-
folgt, wachsende Viehbestände zu unter-
halten? Das Bundeslandwirtschaftsminis-
terium äußert sich nur sehr zurückhaltend:
Es gebe »keine belastbaren Informationen
zur Frage des Herdenaufbaus«.
Unter Berufung auf das Fachblatt
»Amtstierärztlicher Dienst« heißt es dage-
gen in den Peta-Strafanzeigen, es sei »zu
keiner Vergrößerung der aus Europa stam-
menden Rinderpopulation und der damit
verbundenen Milchproduktion« gekom-
men. Die Tierschützer behaupten, dass es
sich um einen »Etikettenschwindel« hand-
le: »Die exportierten Rinder werden nicht
Die CDU-Politikerin wiederum weist
auf die Kompetenz der Länder hin: »Von
Berlin oder Brüssel lässt sich nicht kontrol-
lieren, ob etwa genügend Einstreu im Fahr-
zeug vorhanden ist, ob der Transportplan
realistisch ist und Temperatur- und Zeit-
vorgaben der Routen plausibel sind.« In-
zwischen wurde mit dem Aufbau einer
bundesweiten Datenbank begonnen, in
der die zuständigen Amtsveterinäre alle
wichtigen Informationen über die Routen
zusammentragen können.
Der norddeutsche Bauer Siemann hat
noch einen weiteren Verantwortlichen im
Blick: den Verbraucher. »Viele erheben
jetzt den moralischen Zeigefinger gegen
uns Bauern, aber im Supermarkt greifen
sie trotzdem zur Billigmilch«, sagt er. Um
auf dem Markt bestehen zu können, müs-
se er das Maximale aus seinen Kühen
herausholen.
Die Kühe müssen immer wieder Kälber
zur Welt bringen, damit sie möglichst viel
Milch geben. Der Viehbestand auf Milch-
bauernhöfen wird deshalb häufig zu groß.
Siemann sagt, er sehe keinen anderen
Weg, als den überzähligen Nachwuchs ins
Ausland zu verkaufen. »Milchkühe setzen
wenig Fleisch an«, in deutschen Schlacht-
höfen seien sie nicht gefragt.
Anna-Lena Jaensch
43
JOHANNES ARLT / DER SPIEGEL
Milchbauer Siemann: »Viele erheben den moralischen Zeigefinger«
für den Aufbau der Milchproduktion im
Drittstatt verwendet.«
Die zuständigen Politiker in Bund und
Ländern schieben einander die Verant-
wortung für die Missstände bei den Tier-
transporten zu. Der schleswig-holstei -
nische Landwirtschaftsminister Jan Phi-
lipp Albrecht (Grüne) sagt: »Es müssten
Kontrollstrukturen aufgebaut werden,
beispiels weise durch die Benennung von
Ansprechpartnern in den Zielländern
oder durch zertifizierte Abladestationen.«
Zuständig dafür sei Berlin: »Nun muss
Bundesagrarministerin Julia Klöckner
handeln.«
Tierische Fracht
Ausfuhr von lebenden Rindern
(ohne Schlachttiere)
aus Deutschland
in Nicht-EU-Länder
2012
37 321
2017
79 103
2018*
67 860
Quelle: Statistisches Bundesamt, * vorläufig