Der Spiegel - 07.09.2019

D

er FC Chelsea und Adidas, diese
Beziehung schien unumstößlich –
und für beide Seiten höchst profi-
tabel. Seit 2005 war der Drei-Streifen-
Konzern als Ausrüster einer der Haupt-
sponsoren gewesen, für Adidas war
dieser Deal in seiner Kerndisziplin, dem
Fußballgeschäft, einer der wichtigsten
Vermarktungsverträge überhaupt. Doch
nach elf Jahren zog der Topklub aus der
englischen Premier League einen Schluss-
strich.
So steht es in dem »privaten und ver-
traulichen« Schreiben, das der FC Chel-
sea am 13. April 2016 an die Konzern -
zentrale im fränkischen Herzogenaurach
schickte. Dieser Brief war so etwas wie
eine Scheidungsankündigung: Der FC
Chelsea informierte Adidas, dass man
zum 30. Juni 2017 aus der noch mehrere
Jahre gültigen Vereinbarung aussteigen
wolle.
Das allein war schon ein herber
Schlag für den Adidas-Vorstandsvorsit-

zenden Herbert Hainer, der damals kurz

vor seinem Abschied stand. Noch bitterer

wurde es ein halbes Jahr später. Da gab

der FC Chelsea bekannt, dass er fortan

mit Nike kooperieren werde, dem Bran-

chenführer unter den Sportartikelher -

stellern.

Ausgerechnet mit Nike. Kaum etwas

trifft den Korpsgeist auf dem Adidas-Cam-

pus in Herzogenaurach empfindlicher, als

wenn ein langjähriger Geschäftspartner

zum härtesten Konkurrenten überläuft.

Nike und Adidas führen seit Jahrzehn-

ten einen Kampf der Giganten um die

Marktführerschaft im weltweiten Geschäft

mit Sportartikeln. Gearbeitet wird mit

dreistelligen Millionenhonoraren und

abenteuerlichen Verträgen. Denn je größer

die Strahlkraft der Fußballklubs und

ihrer Stars, desto wichtiger ist es für die

beiden Konzerne, diese Topadressen und

Vorzeigefiguren langfristig an sich zu bin-

den. Der FC Chelsea gehört zum erlese-

nen Zirkel der populärsten Vereine mit

globaler Anhängerschaft – zu den Klubs

der Kategorie A, wie sie in den Ausrüster-

verträgen heißen.

Am Poker um den FC Chelsea im Jahr

2016 lässt sich beispielhaft nachzeichnen,

mit welch harten Bandagen Nike und Adi-

das gegeneinander vorgehen. Bei aller

Härte sind die Gegner stets bemüht, keine

Interna nach außen dringen zu lassen.

Auch der FC Chelsea verpflichtete sich im

»Termination Agreement« mit Adidas, kei-

ne »abwertenden Äußerungen« über den

Partner und das Geschäftsverhältnis zu

machen und sämtliche Trennungsdetails

streng vertraulich zu behandeln.

92 DER SPIEGEL Nr. 37 / 7. 9. 2019

Sport

JAS LEHAL / REUTERS

Kampf der Giganten

Football Leaks II Adidas und Nike überbieten sich darin, Fußballklubs

und Stars mit der weltweit größten Strahlkraft zu

vermarkten. Den irrsten Vertrag hat wohl Cristiano Ronaldo.

Nike-Ikone Ronaldo bei Schuhpräsentation in London 2010: Den Heldenkult befeuern

21,9

Nike*

Umsatz

in

Mrd. €

Gewinn

in Mrd. €

Mitarbeiter

* Geschäftsjahr endet am 31. Mai 2019

34,2

3,5 1,7

76 600 57 016

Adidas

Sportliche Größen

Geschäftsjahr 2018, weltweit