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erFrust inder Berliner Stadtgesell-
schaft über die keineswegs ausrei-
chende Neubautätigkeit – ange-
sichts des weiterhin enormen Zuzugs
nach Berlin – ist inzwischen offenbar so
groß, dass Jedermann sich nunmehr auf-
gerufen fühlt,Flächen fürden Wohnungs-
neubau zu definieren. Die fünf Initiato-
ren der Bürgerstadt Buch(der Tagesspie-
gel berichtete)sind allerdings nicht Jeder-
mann und schon gar nicht Irgendwer.
Am Mittwochabend stellten die Archi-
tektin Julia Tophof, der Mietenexperte
der SPD, Günter Fuderholz, Winfried
Hammann (Vorstandsmitglied Bürger-
stadt Aktiengesellschaft) der SPD-Woh-
nungs- und Immobilienpolitiker Volker
Härtig und der Sachverständige Friedrich
Stark ihr Projekt zum ersten Mal in einer
Fachöffentlichkeit vor. Eingeladen hatten
der Architekturpreis Berlin e. V. gemein-
sam mit der Wirtschaftskanzlei Zirngibl,
der Funk Gruppe und der BIM Berliner
Immobilienmanagement GmbH zum Ge-
spräch am Langen Tisch „Bürgerstadt
Buch bauen“ in das KutscherHaus am
Kurfürstendamm / George-Grosz- Platz.
Das Ergebnis: ernüchternd und ermuti-
gend zugleich.
Die Bürgerstadt Buch dürfte kaum
Chancen auf eine Realisierung haben,
denn das Gebiet kommt im aktuellen
Stadtentwicklungsplan nicht vor.
Zwar plante der Senat von Berlin in
den 90er Jahren 800 weitere Wohnungen
in Buch IV, die Realisierung des Wohnge-
biets Buch V mit 3000 Wohnungen, die
Bebauungder Elisabethauemit 1800 Ein-
familien- und Reihenhäusern sowie die
Errichtung einer neuen Stadt in und um
BuchVI mit 900Wohnungen undzahlrei-
chen Arbeitsplätzen. Im Autobahndrei-
eck zwischen Berliner Ring und A 114
sollte gar dasGewerbegebiet „Posseberg“
mit einer Größe von 53 Hektar entste-
hen. Und diese Planungen wurden 1994
auch in den Flächennutzungsplan über-
nommen. DochinderZeitderwirtschaft-
lichen Schwäche und sinkenden Bevölke-
rungszahlen änderte Berlin 2002den Flä-
chennutzungsplan:DieFlächedergeplan-
ten neuen Stadt zwischen Buchholz und
Buch (rund um „Buch VI“) wurde analog
desbenachbartenPossebergin„gewerbli-
che Baufläche“ umgewandelt. Wohnge-
bietewurdenverkleinert.Landwirtschaft-
lich genutzte Flächen und ehemalige Rie-
selfelderwurdenzuerheblichenTeilenzu
Landschaftsschutzgebieten erklärt. Vor
diesem Hintergrund müssten zunächst
diePlänegeändertwerden,wofürderpoli-
tische Wille derzeit noch fehlt.
Ohne Zweifel hat der Nordosten Berlin
die größten Entwicklungspotentiale. 16
Quartiere hat die Initiativgruppe hier de-
finiert. „Man würde auch noch weitere
finden“, sagte Fuderholz: „Bei einer plau-
siblen Bevölkerungsprognose braucht
Berlin 100000 Wohneinheiten
mehr.“ Und an diesem Punkt wurdees an
diesem Abend richtig spannend: Warum
entwickelt die Stadt eigentlich keine gro-
ßen Neubaugebiete und verliert sich lie-
ber im Kleinklein der Nachverdichtung?
DieInitiativgruppe Buchhattesich Ver-
stärkung aus Hamburg geholt – in Gestalt
von Jürgen Bruns-Berentelg, seit 2003
Vorsitzender der Geschäftsführung der
HafenCity Hamburg GmbH, einer öffent-
lichen Entwicklungsgesellschaft. Nach
seinerzehnminütigen Einlassung überEr-
fahrungen mit der Realisierung ahnt
man, warum es in der Hauptstadt nicht
vorangeht, aber vorangehen könnte. Und
das war der mutmachende Teil des
Abends. „Die Blaupausen kann man zwar
nichtEins zu Einsübertragen –großeEnt-
wicklungsgebiete haben unterschiedli-
che Bedingungen“, sagte Bruns-Beren-
telg. Aber: „Großgebietehaben ein größe-
res Potential, Diversität von Stadt zu er-
zeugen als die Verdichtung der inneren
Stadt.“ Außerdem – hört, hört – „will ich
gar keine Investoren. Ich brauche Bauher-
ren.“ Große Gebiete lassen sich auch
kleinteilig entwickeln. Das zeigen Bei-
spiele aus Breslau/Wroclaw, das zeigt die
prototypisch vorgelegte Entwicklung der
Bürgerstadt Buch. Der Hafencity-Mann
benannte, worum es ihnen in Hamburg
ging und geht, nicht um die Entwicklung
von Quartieren nämlich, sondern um die
Entwicklung ganzer Stadtteile – wenn es
irgendwie geht mit allemPipapo.Dieum-
weltorientierten Baustandards sollen er-
höht, eine grüne Infrastruktur geschaffen
werden. Es geht um Bussysteme für auto-
nomes Fahren – um die Entwicklung ei-
nes anderen Charakters von Stadt mit
Hilfe von öffentlichen und privaten Bau-
herren, auch mit Bestandhaltern aus Rei-
hen der in Berlin so verhassten Woh-
nungsbaukonzerne.
Was Berlin aber von Hamburg lernen
könnte, ist dass die HafenCity Hamburg
GmbH „keine Profit-Transfer-Organisa-
tion“, ist. „Wir können Grundstücke für
450 Euro pro Quadratmeter verkaufen“,
sagte Bruns-Berentelg. Seine Firma
müsse am Jahresende nur Plus-Mi-
nus-Null machen: „Es ist uns institutio-
nell erlaubt, von Grundstückswerten ab-
zuweichen.“ Und anders als in Berlin
habe man in Hamburg nicht das unbe-
dingte Bedürfnis, Grundstückein öffentli-
cher Hand zu halten. Kleingärten sieht
der Hamburger nicht als Tabu: „In fünf
Jahren werden wir keine weiteren Flä-
chenreserven mehr haben, wo wir den
Hafen anknabbern können.“
Wie wichtig es wäre, auch in Berlin auf
allen Ebenen ein positives Klima für den
Neubau zu erzeugen, machte im Kut-
scherhaus Christian Böllhoff, geschäfts-
führender Gesellschafter der Prognos
AG deutlich. „Wir arbeiten eigentlich im-
mer noch die Vergangenheit nach“, sagte
eranlässlich der Vorstellung des jüngsten
Deutschland-Reports mit dem Fokus auf
die voraussichtliche Entwicklung Berlins
im Bereich Bevölkerung. Die Bedarfslü-
cke ist in Berlin größer als in anderen
deutschen Großstädten – „überdurch-
schnittlich“, so Böllhoff: „In Berlin sind
zwischen 2011-2017 rund 60000 neue
Wohnungen gebaut worden, aber
294000 Menschen sind hinzugekom-
men.“ So rutscht man zwar näher zusam-
men,fühlt sichabernichtunbedingt woh-
ler. „Wir dürfen, und das meine ich wirk-
lichpositiv, davon ausgehen“,soder Prog-
nos-Mann, „dass diese Stadt weiter
wächst, auch mit den richtigen Men-
schen, die Innovation und interessante
Perspektiven in diese Stadt bringen. Wir
sollten uns nicht unattraktiv machen.
Das wäre ein Jammer, denn wenn eine
Stadt unattraktiv wird, dann werden
diese Menschen nach Hamburg gehen –
oder nach Hannover.“
Unter Buchmachern
Entwickelt Berlin keine
neuen großen Quartiere,
könnte die Stadt
ins Abseits geraten
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renfalls wäre die weit überwiegende Zahl
der Vermieter ein Härtefall, was offen-
sichtlich nicht intendiert ist. Dies gilt
auch vor dem Hintergrund, dass Mietzu-
schüsse gewährt werden, wenn im Rah-
menvonModernisierungenoder der Här-
tefallregelung Mieten oberhalb der Miet-
obergrenzen genehmigt werden.
Zu beachten ist auch, dass Verstößege-
gen das Gesetz Ordnungswidrigkeiten
darstellen. Diese können mit Geldbußen
bis zu 500000 Euro geahndet werden.
Spätestens an dieser Stelle stellt sich die
Frage, wer für die Durchführung und die
Überprüfung der Einhaltung des Geset-
zes zuständig ist. Hierfür findet der Refe-
rentenentwurf eine in Anbetracht der
Konkurrenz mit dem Bundesrecht nach-
vollziehbare Lösung. Die Zuständigkeit
liegt bei den Bezirksämtern. Da diese
aber bereits jetzt ein großes Personalpro-
blem haben, dürfen sie natürlichen und
juristischen PersonendesPrivatrechtsso-
wie juristischen Personen des öffentli-
chen Rechts ihre Aufgaben übertragen.
Dies wird auf Seiten der Vermieter nicht
das Gefühl der Rechtssicherheit steigern.
Im Rahmen der Zuständigkeit wird zu-
demnoch ein Punktgeregelt, dernicht zu
vernachlässigen ist: Die Bezirksämter
und die Beliehenen dürfen nicht nur per-
sonenbezogene Daten speichern, son-
dern auch anderen Behörden zur Verfü-
gung stellen, soweit diese zu ihrer Aufga-
benerfüllung die Daten benötigen.
Der Entwurf wirft viele Fragen auf:
Ist es verhältnismäßig, wenn in Zeiten
des Niedrigzinses und sinkender Renten
Menschen, die für ihr Alter vorsorgen,
mit einem Schlag30 bis40 Prozent Wert-
verlust verzeichnen? Einige Politiker ar-
gumentieren, diese Menschen hätten
sich verspekuliert. Aber die Immobilien-
anlage war für die überwiegendeZahl der
Eigentümerkeine Spekulation. Die Inves-
titioninImmobilienist vielmehrseit eini-
gen Jahren die einzige Möglichkeit für
nicht risikobereite Anleger, dem stetig
sinkenden Rentenniveau zu begegnen.
Liegt es in der Verantwortung der Ver-
mieter, wenn Mieter in der Vergangen-
heit Wohnungen gemietet haben, die
über ihren Verhältnissen lagen? Nur dann
lässt sich begründen, dass diese Mieter
nun zulasten der Vermieter die Miete ab-
senkendürfen. Dasistein seltsames Argu-
ment in einem Land, in dem die Vertrags-
freiheit gilt.
Ohne Zweifel kann oder muss man so-
gar teilweise ob der Angebotsmieten in
Berlin erschrecken. Aber Angebotsmie-
ten sind nicht die tatsächlich gezahlten
Mieten. Diese finden sich im Mietspie-
gel. Und der sieht nicht so erschreckend
aus. Stellt sich also die Frage, weshalb die
Angebotsmieten so hoch sind. Diese
Frage lässt sichbeantworten: Berlin benö-
tigt unbedingt mehr Wohnungen. Ver-
dichtungist kein schönes Wort. Partizipa-
tion, um diese zu verhindern, klingt bes-
ser. Aber die Verhinderung von Neubau-
vorhaben wird die Situation weiter ver-
schärfen.Das giltauch, wennderMieten-
deckel in Kraft tritt. Denn Mieter, die
jetzt in einer zwar teuren, aber „eingefro-
renen“ Wohnung wohnen, werden diese
nicht aufgeben. Mieter, die in einer güns-
tigen Wohnung wohnen und deren Miete
nicht über die Mietobergrenze angeho-
ben werden darf, werden ihre Wohnun-
gen nicht aufgeben. Mit anderen Worten:
Fastniemand wirdseine Wohnung verlas-
sen, wenn er nicht Berlin verlässt. Wel-
che Möglichkeiten haben in dieser Situa-
tion die Wohnungssuchenden und die
Neuberliner?
Das Argument, der Wohnungsneubau
sei bei erstmaliger Bezugsfertigkeit ab
dem 1.1.2014 vom Mietendeckel ausge-
nommen, ist auch nicht ausreichend, um
das Problem am Berliner Wohnungs-
markt nur durch den Mietendeckel zu lö-
sen. Es gibt bereits erste Erwägungen,
nur die Erstvermietung im Wohnungs-
neubau auszunehmen, da der soziale
Grundgedanke des Mietendeckels auf
den Neubau übertragen werden soll. Ge-
schieht dies, wird keine einzige Woh-
nung mehr gebaut. Dann steht Berlins
Wohnungsmarkt still. Und dann steht
Berlin still.
Das „Gesetz zur Mietenbegrenzung im
Wohnungswesen in Berlin (Berliner Mie-
tenWoG)“ soll am 15. Oktober beschlos-
sen werden. Es bleibt spannend, ob und
was sich im Rahmen der Beratungen
noch ändert.
— Prof. Dr. Karola Knauthe, LL.M. ist Pro-
fessorin für Immobilienrecht mit den
Schwerpunkten Immobilienwirtschaft und
öffentliches Immobilienrecht an der Hoch-
schule für Wirtschaft und Recht Berlin.
Ärmere Haushalte profitieren aus Sicht
von Vonovia-Chef Rolf Buch nicht vom
geplanten BerlinerMietendeckel. „Die al-
lein erziehende Mutter oder ähnlich so-
zial Schwache werden von dem Mieten-
stopp gar nichts haben“, sagte Buch bei
einerVeranstaltungder Wirtschaftspubli-
zistischen Vereinigung in Düsseldorf.
„Wer davon was haben wird, ist in ers-
ter Linie der Mittelverdienende, der für
die gleiche Miete ein Zimmer mehr be-
kommt“, erklärte der Chef des größten
deutschen Immobilienkonzerns, der im
Raum Berlin 43000 Wohnungen unter-
hält. Der Mietendeckel werde das Pro-
blem des Wohnungsmangels nicht lösen.
Buch warnte zugleich davor, dass mehr
Wohnungen unter der Hand weiterver-
mietet und nicht mehr auf dem Markt an-
geboten werden: „Wir werden Schwarz-
märkte generieren.“
Der Berliner Senat will mit dem Mie-
tendeckel Obergrenzen einführen. Rück-
wirkend zum 18. Juni darf es nach dem
geplanten Gesetz keine Mieterhöhungen
mehr geben. Ab 2021 dürfen die Mieten
um bis zu 1,3 Prozent im Jahr steigen,
sofern sie die geplanten Obergrenzen
nicht überschreiten. Das sieht der Refe-
rentenentwurf für den Mietendeckel vor,
der nun online einsehbar ist. dpa
https://stadtentwicklung.berlin.de/
wohnen/wohnraum/mietendeckel/
Wie „sozial“
ist der Mietendeckel ...
Der Referentenentwurf der Senatsverwaltung...
Vonovia-Chef Buch warnt vor
Wohnungs-Schwarzmarkt
Fortsetzung von Seite I1
Nur wer Berlin verlässt,
gibt seine Wohnung auf
Wie sich derWohnbestand
entwickelte
Veränderung von 2011 bis 2017 in Prozent
Quelle: prognos Tsp/Böttcher
Deutschland
Ostdeutschland
inklusive Berlin
Top-7-Städte
Potsdam
Berlin 3,23
7,95
3,83
2,07
3,29
Bedarfslücke anteilig
am Bestand
in Prozent
Quelle: prognos Tsp/Böttcher
Deutschland
Ostdeutschland
inklusive Berlin
Top-7-Städte
Potsdam
Berlin 6,9
4,9
5,1
1,2
1,1
Die Bedarfslücke in Berlin
istüberdurchschnittlich
Von Reinhart Bünger
I2 DER TAGESSPIEGEL IMMOBILIEN NR. 23 938 / SONNABEND, 7. SEPTEMBER 2019
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