Beobachter - 13.09.2019

(nextflipdebug5) #1
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E


ndlich 18, erwachsen und
unabhängig? Schön wärs.
Mehr als 80 Prozent der
Jugendlichen sind an ihrem 18. Ge­
burtstag noch in der Erstausbil­
dung – und damit zumindest finan­
ziell abhängig von den Eltern. Das
führt häufig zu Streit.
Gesetzlich ist klar: Eltern müs­
sen – soweit es finanziell zumutbar
ist – für ihre volljährigen Kinder bis
zum Abschluss der Erstausbildung
Unterhalt zahlen. Wie viel, schreibt
das Gesetz nicht vor.

Die Berechnung. Am besten orien­
tiert man sich deshalb an der
Berechnungsmethode, die auch
Beratungsstellen, Behörden und
Gerichte anwenden. Man erstellt
ein Budget mit den notwendigen
Lebenshaltungskosten für das
Kind. Dann berechnet man für die
Eltern das sogenannte erweiterte
Existenzminimum:
„betreibungsrechtliches
Existenzminimum
„plus Steuern
„plus 20 Prozent
Wenn das Einkommen der
Eltern über diesem Betrag liegt,
gilt eine Unterhaltszahlung an ein
erwachsenes Kind als zumutbar.
So weit die Theorie. In der Praxis
lauern jedoch jede Menge Fall­
stricke. Dazu die wichtigsten Fra­
gen und Antworten.

Darf ich mein Arbeitspensum reduzieren
oder mich früher pensionieren lassen,
wenn ich ein erwachsenes Kind
unterstützen muss?

Die Unterhaltspflicht steht über der
Selbstverwirklichung. Als Elternteil sind
Sie deshalb verpflichtet, Ihre Erwerbs­
kraft für die Ausbildungsfinanzierung
des Sprösslings einzusetzen. Sie dürfen
daher das Pensum nur reduzieren, wenn
Sie weiterhin für den Unterhalt des Kin­
des aufkommen können.
Zulässig ist eine Reduktion aber,
wenn Sie schwerwiegende gesundheit­
liche Probleme haben oder wenn der
Arbeitgeber Ihren Anstellungsgrad aus
betrieblichen Gründen herabsetzt.
Falls Sie eine Frühpensionierung ins
Auge fassen: Bedenken Sie, dass Sie
damit den Anspruch auf eine AHV­Kin­
derrente verlieren – und entsprechend
weniger Geld im Portemonnaie bleibt.

Ich lebe von meiner Frau getrennt, unsere
Tochter verweigert den Kontakt. Muss ich
ihr Studium trotzdem finanzieren?
Grundsätzlich müssen die Eltern zah­
len, auch wenn die Beziehung zum Kind
schlecht ist. Wenn das Kind aber jeden
Kontakt und auch die Auskunft über
den Stand der Ausbildung verweigert,
können Sie die Unterhaltszahlungen
einstellen.

Kann ich vom Kind verlangen, dass es
während des Studiums zu Hause wohnt?
Nein. Ein volljähriges Kind darf aus­
ziehen. Es hat dadurch aber kein An­
recht auf höhere Unterhaltszahlungen.

Kann ich von meinem Kind verlangen,
dass es während des Studiums arbeitet?
Und wenn ja, mit welchem Pensum?
Ein volljähriges Kind ist für seinen Un­
terhalt wie auch für die Durchsetzung
seiner Unterhaltsansprüche selbst ver­
antwortlich. Wenn ein Nebenverdienst
möglich ist, wenn das Kind eigenes Ver­
mögen hat, wenn es einen Lehrlings­
oder Praktikumslohn oder einen Sold
aus militärischer Ausbildung erhält,
muss es dieses Einkommen an seinen
Unterhalt beisteuern.
«Beim Hochschulstudium hat sich
mit dem Bologna­System einiges ver­
ändert», erklärt Brigitte Ortega, Leiterin
Fachstelle Studienfinanzierung der Uni
Zürich. «Es gibt zahlreiche Selektions­
prüfungen mit hohen Durchfallquoten.

UNTERHALT. Eltern müssen Kindern auch nach
dem 18. Geburtstag die Ausbildung finanzieren.
Was heisst das? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die Eltern


zahlen bis


zum Diplom


70 Beobachter 19/2019

RATGEBER

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