Lyrik
Dem Strand ist es gleich
Die Zeiten sind ernst, die gute Laune ist
rar, da kommt ein Autor wie Matt Haig
gerade recht. Der 44-jährige Brite beschäf-
tigt sich mit seelischer Gesundheit und
hat unter anderem in seinem Bestseller
»Notes on a Nervous Planet« aufgeschrie-
ben, wie man in politisch und digital
verwirrenden Zeiten bei Sinnen bleibt.
Dass dieses Thema für alle Bereiche der
Gesellschaft relevant ist, beweist der
Umstand, dass sich die britische Herzogin
von Sussex, Meghan Markle, als Fan von
Haigs Werken zu erkennen gab. Markle
durfte die Septemberausgabe der briti-
schen »Vogue« als Gast-Chefredakteurin
kuratieren und wählte ein Gedicht von
ihm aus. Das Poem (»Hello. I am the
beach«) ist aus der Sicht des Strandes
verfasst, der der Leserin und dem Leser
erklärt, dass ihm Körperform, Körperfülle
und Body-Mass-Index der Badegäste egal
seien. Sehr gut gemeint, aber vielleicht
kein Glanzpunkt der abendländischen
Lyrik. Später zeigte Haig auf Instagram
dann allerdings einen handgeschriebenen
Brief der Herzogin, die sich bei ihm für
die Inspiration bedankte. Haig kommen-
tierte, er wünschte, er könne dieses Glück
mit seinem früheren Ich teilen – damals,
als er als junger Mann versuchte, sich das
Leben zu nehmen. NM
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Kultur
Gab es eine »Nazi-Moderne«? ‣S. 104
DER SPIEGEL Nr. 33 / 10. 8. 2019
2019 DISNEY / PIXAR
Woody, Buzz Lightyear, Jessie und Forky
B. CANNARSA / OPALE / LEEMAGE / DDP IMAGES
Haig
Der Star dieses Films ist eine Plastikgabel, aus der sich ein
Kind sein Lieblingsspielzeug gebastelt hat. Forky, so wird er
genannt, führt – wie die meisten Spielzeuge in »A Toy Story –
Alles hört auf kein Kommando« (Kinostart: 15. August) – ein
heimliches Leben, von dem die Menschen nichts mitbekom-
men. Er watschelt durch die Gegend und hat einen fatalen
Hang zu Papierkörben. Es zieht ihn dorthin zurück, wo er
herkommt: in den Müll. Das Animationsfilmstudio Pixar und
der Regisseur Josh Cooley zeigen einmal mehr, dass sie kaum
gehen können vor lauter Vorstellungskraft und über eine
Fähigkeit verfügen, die kleine Kinder und große Künstler
gemein haben: aus sehr wenig sehr viel machen zu können.
Voller Aberwitz und zugleich rührend erzählt der Film eine
Geschichte, die so einzigartig wie universell ist: Ein Stück
Plastik, achtlos weggeworfen, sucht nach seiner Identität.
Auch die anderen Helden aus dem Universum der »Toy
Story«-Reihe sind wieder dabei, die Cowboy-Puppe Sheriff
Woody und die Superhelden-Figur Buzz Lightyear. Aber mit
dem entwaffnenden Charme von Forky kann diesmal keiner
von ihnen mithalten. LOB
Kino
Held aus dem Müll
Voller Aberwitz und gleichzeitig rührend: »A Toy Story – Alles hört auf kein Kommando«