Kunstmarkt
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WOCHENENDE 23./24./25. AUGUST 2019, NR. 162^59
wird zu den Tiroler Landesmuseen in Innsbruck
gehen. Alle hätten angerufen, als ihr Schicksal öf-
fentlich geworden sei, sagt Cecilie Hollberg auf
die Frage nach Reaktionen, nur von den Uffizien
sei kein Wort gekommen.
Nun ist die Regierung in Rom gerade geschei-
tert, und es gibt entweder eine neue Koalition
oder Neuwahlen. Könnte eine neue Regierung
nach alter Tradition die Reform wieder kippen?
„Italien ist das Land der großen Abenteuer“, sagt
Hollberg, „aber die Reform ist durch.“ Auch
wenn sie ihren Fall nicht nachvollziehbar findet.
Resigniert hat sie nicht. Sie bleibt in Florenz
und weiß die Angestellten und den Freundeskreis
hinter sich. Und sie wägt ihre Worte ab bei der
Antwort auf die Frage, ob sie das Opfer der neuen
„Italien zuerst“-Politik der Populisten geworden
ist. Denn die nun gescheiterte Regierung hat in
den 14 Monaten ihrer Amtszeit wenig Interesse an
Entwicklungen außerhalb Italiens und an Kultur
überhaupt gezeigt. Vor allem der nun zunächst ge-
scheiterte Innenminister und Lega-Chef Matteo
Salvini fiel mehr durch permanente Selfies denn
durch durchdachte Äußerungen auf. Und die stell-
vertretende Kulturministerin sagte in ihrem ers-
ten Interview vor einem Jahr, sie habe in den ver-
gangenen drei Jahren kein Buch gelesen.
Sie sei von Anfang an sehr gut aufgenommen
und gleich akzeptiert worden in Florenz und ha-
be einen großen italienischen Freundeskreis,
sagt die Historikerin. Für ausländerfeindlich hal-
te sie die noch im Amt befindliche Regierung
nicht, jedenfalls nicht in der Kulturpolitik. Ihre
Erklärung für das Verhalten des Ministers: „Es
geht immer um Macht.“ Doch grundsätzlich gelte
für sie, dass Kultur frei sein müsse und nicht in-
strumentalisiert werden dürfe.
Sie habe bis zur letzten Stunde an ihrem Be-
richt gesessen und so viel wie möglich alles an
Verträgen gelöst und offenen Rechnungen abge-
spult. Jetzt sei sie offen für neue Herausforderun-
gen. „Wer immer übernimmt, bekommt ein bril-
lant laufendes Haus.“
mauritius images / Christian Ohde / Alamy
Sesam öffne dich
für eine Nacht
BERLIN Viele Privatsammler
betreiben kein eigenes Muse-
um. Sie leben mit ihrer Kunst.
Solcherart Schätze sind des-
halb oft nur auf persönliche
Einladung hin zu besichtigen.
Berlin ist nicht nur für inter-
nationale Künstler und Gale-
rien ein Magnet. Inzwischen
leben auch viele Sammlerin-
nen und Sammler ständig
oder zeitweilig an der Spree.
Etliche von ihnen unterhalten
sogar eigene Showrooms oder
Museen. Heute, am 23. Au-
gust, findet die erste „Collecti-
on Night Berlin“ statt. Organi-
siert wird sie von drei Samm-
lungsdirektoren, von Juliet
Kothe (Boros Collection), Julia
Rust (me Collectors Room)
und Philipp Bollmann (Wem-
höner Collection). Einen
Abend lang öffnen zwölf ver-
schiedene Sammler gleichzei-
tig ihre Räume für Besucher,
diesmal ganz ohne Anmel-
dung (meist von 17/18 Uhr bis
22/24 Uhr). Frei ist der Ein-
tritt in die Sammlungen von
Heiner Wemhöner, Ivo Wes-
sel, Julia Stoschek, Ulrich Sei-
bert, bei Bergmeier/Michalke
und der Haubrok Foundation.
Selten ist das lässige Surfen
durch die Stadt erkenntnisrei-
cher. Susanne Schreiber
Nationalgalerie Berlin
Genug vom Amt
Udo Kittelmann ist Direktor von fünf Museen in Berlin.
Er verlängert seinen Vertrag nicht und geht im Oktober 2020.
E
r ist einer der mächtigsten und
einflussreichsten Kuratoren der
Kunstwelt. Udo Kittelmann, 61,
leitet als Direktor der Nationalgalerie
Berlin fünf Häuser: Die Alte und die
Neue Nationalgalerie, das Museum
Berggruen, die Sammlung Scharf-
Gerstenberg und als Museum der Ge-
genwart, den Hamburger Bahnhof.
Ein Traumjob für einen Mann, der im-
mer ein gutes Händchen hatte für Ent-
deckungen im Bereich der zeitgenössi-
schen Kunst. Man denke nur daran,
dass er Gregor Schneiders „Totes Haus
UR“ schon 2001 in Venedig zeigte.
Dass er Anne Imhof und Taryn Simon
in Berlin Auftrittsmöglichkeiten gege-
ben hat, dass er zurzeit den Afroame-
rikaner Jack Whitten mit einer Solo-
schau im Hamburger Bahnhof ehrt.
Nun aber quittiert er den Job in Berlin.
Am Mittwoch veröffentlichte die Stif-
tung Preußischer Kulturbesitz, zu de-
ren Bestand die Nationalgalerie zählt,
seinen Abgang. Die dreieinhalbseitige
Pressemitteilung führt neben vielen lo-
benden Worten an, dass der Direktor
seinen Vertrag nicht verlängert. Das
geschehe auf eigenen Wunsch. Um
Verlängerung hatte der erfolgreiche
Ausstellungsmacher nicht gebeten.
Am 1. November 2008 war er als
Nachfolger von Peter-Klaus Schuster
angetreten, am 31. Oktober 2020 lässt
Kittelmann seinen Vertrag auslaufen.
Er habe die Nationalgalerie „im natio-
nalen wie im internationalen Rahmen
zum Global Player“ geformt,
schwärmt Stiftungspräsident Hermann
Parzinger. Leidenschaftlich habe Kit-
telmann auch die Drittmittelbeschaf-
fung für sein Ausstellungs- und Veran-
staltungsprogramm betrieben.
Über die Gründe des Abgangs kann
nur spekuliert werden. Die seit 2015
währende Großbaustelle Neue Natio-
nalgalerie, der verschobene Baube-
ginn des Museums der Moderne am
Kulturforum, der sich abzeichnende
Verlust der Rieckhallen am Hambur-
ger Bahnhof und die zähe Struktur ei-
ner Bundesbehörde sind zumindest
Lasten im Amt.
Dazu kommt, dass die Stiftung Preu-
ßischer Kulturbesitz so viele Hierar-
chieebenen hat, dass ein Direktor
nicht immer ernten kann, was er ge-
pflanzt hat.
Zu den in der Hauptstadt ansässigen
Privatsammlern war der Kontakt of-
fenbar nicht der allerbeste. Der zweite
Teil der Sammlung von Egidio Marzo-
na ging nach Dresden, Erika Hoff-
mann schenkt ihre Kunst gleichfalls
Dresden und dem Abteibergmuseum
in Mönchengladbach. Als begabter
Ausstellungsmacher hat sich Kittel-
mann schon früh profiliert. Seine Kar-
riere begann der gebürtige Düsseldor-
fer im Ludwigsburger Kunstverein,
1994 wechselte er zum Kölnischen
Kunstverein. Von 2002 bis 2008 war
er Direktor des Museums für Moderne
Kunst in der Bankenstadt Frankfurt.
So eine Laufbahn ist ohne Studium die
absolute Ausnahme. Kittelmann ist ge-
lernter Augenoptiker. Sein gutes Auge
für sich abzeichnende Themen und
aufstrebende Künstler wird er künftig
sicher auch als Kurator einsetzen.
Schließlich war er schon Gastkurator
des Russischen Pavillons auf der Bien-
nale von Venedig. Susanne Schreiber
Udo Kittelmann:
Erkennt aufstrebende
Talente und Themen.
Getty Images Entertainment
Freier Eintritt zum Fest für alle
HAMBURG Die Hamburger
Kunsthalle ist eines der größ-
ten Kunstmuseen Deutsch-
lands. Für Kunst vom Mittel-
alter bis heute. Es wurde
1869 von den Bürgern der
Stadt gegründet. Schon da-
mals lautete die Devise:
„Kunst für alle“. Auch heute
noch setzen sich Mäzene für
das Spitzenmuseum ein. So
konnte 2016 unter anderem
der Eingangsbereich durch
die Unterstützung der Dorit
und Alexander Otto-Stiftung
modernisiert werden. Das
Motto der Gründer „Für uns
alle“ greift der neue Direktor
Alexander Klar auf. Er feiert
die Gründung seines Hauses
vor 150 Jahren mit einem Ju-
biläumsfestwochenende am
- August und 1. September.
Bei freiem Eintritt gibt es
nicht nur acht Ausstellungen
zu entdecken. Darunter eine
zum modern wirkenden Ba-
rockkünstler Rembrandt. Ei-
ne andere blickt auf die Neu-
zugänge der Gegenwarts-
kunst unter dem Titel
„Unfinished Stories“. Der vir-
tuelle Rundgang zu 1 000
ausgestellten Werken wird
pünktlich freigeschaltet.
Kurzführungen erschließen
die sonst im Verborgenen
blühenden Bibliotheks- und
Grafikräume. Lesungen, Dis-
kussionen, Tanz und Film,
Familienprogramme, Food-
Trucks und eine Party sor-
gen für Feststimmung.
Susanne Schreiber
Kunsthalle Hamburg:
Gegründet vor 150 Jahren.
IN KÜRZE
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