Süddeutsche Zeitung - 24.08.2019

(National Geographic (Little) Kids) #1
„Vietnamesin darf fertig studieren“ vom
7.August:

In Ihrem Artikel wird über die Situation
der jungen Pianistin Nguyen Hong An und
die Abschiebung ihrer Eltern, des Men-
schenrechtsaktivisten Nguyen Quang
Hong Nhan und dessen Frau, berichtet.
Den Abgeschobenen drohe angeblich kei-
ne strafrechtliche Verfolgung, so die Infor-
mation des Bundesverbandes der vietna-
mesischen Flüchtlinge in der BRD. Das ist
eine aus unserer Sicht unverantwortliche
Verharmlosung der Situation, in der die El-
tern in Vietnam sich befinden.
Zahlreiche Fakten belegen vielmehr,
dass die Situation des Paares in Vietnam
gefährlich und lebensbedrohlich ist: In
Veröffentlichungen offizieller vietnamesi-
scher Organe zum Beispiel auf Facebook
wird Nguyen Quang Hong Nhan weiter als

gefährlicher Oppositioneller, dem der
Staat den Prozess machen solle, angegrif-
fen. Der öffentliche Druck ist so massiv,
dass private Hilfe vor Ort in Vietnam auch
für Familienangehörige aus Angst vor Re-
pressalien praktisch unmöglich ist.
Gezeichnet von den Strapazen einer
zwanzigjährigen Haft wegen seiner politi-
schen Tätigkeiten, ist Herr Nguyen inzwi-
schen schwer krank. Ein deutsches ärztli-
ches Attest konstatiert Diabetes mellitus
mit diabetischer Retino- und Nephropa-
thie und Niereninsuffizienz vierten Gra-
des. Herr Nguyen braucht also dringend
teure Spezialmedikamente und Dialyse.
Im anderen Falle droht ihm Erblindung
und schließlich Tod durch Nierenversa-
gen.
Eine Medikamentensendung wurde
ihm nicht ausgehändigt mit der Begrün-
dung, er dürfe keine Medikamente aus

dem Ausland erhalten. Er besitzt keinerlei
finanzielle Mittel, um sich in Vietnam eine
teure medizinische Behandlung leisten zu
können.
Bei einem Todkranken muss der vietna-
mesische Staat zynischer Weise keine
Strafverfolgung in Gang setzen – man
kann nun einfach zuschauen, wie ohne die
dringend benötigten Medikamente seine
Zeit abläuft. Herrn Nguyen wurde bei der
Abschiebung seitens der Polizisten verwei-
gert, seine Medikamente mitnehmen zu
dürfen. Er war krank, schwach und nicht
reisefähig. Offensichtlich wurde er am
Münchener Flughafen nicht medizinisch
untersucht, obwohl die Tochter die Beam-
ten darauf hingewiesen hatte, dass ihr Va-
ter sehr krank sei. Er hätte in einem sol-
chen Zustand niemals abgeschoben wer-
den dürfen.
Die Ausländerbehörde der Stadt Nürn-

berg hat unter bewusster Mißachtung sei-
nes Gesundheitszustandes einen Schwer-
kranken in eine lebensbedrohliche Situati-
on hinein abgeschoben. In diesem Zusam-
menhang – wie in Ihrem Artikel gesche-
hen – zu suggerieren, es gehe ihm „den
Umständen entsprechend gut“, ist zy-
nisch.
Ohne medizinische Versorgung (die er
sich dort nicht leisten kann und die man
ihm aus dem Ausland ebenso wie finanzi-
elle Mittel nicht zukommen lassen darf)
hat er nur noch wenig Lebenszeit. Wir for-
dern Sie auf, Ihrer publizistischen Sorg-
faltspflicht Rechnung zu tragen und die
Öffentlichkeit über diesen untragbaren
Zustand zu informieren.
Professor Volker Blumenthaler
Nürnberg,
Professor Jeremias Schwarzer
Nürnberg

Zum Interview „Das große Loch“ vom
26.Juli:

Im hochinteressanten und erhellenden
Interview beziffert Nikolaus Bachler den
Sanierungsstau bei der Staatsoper auf
180 Millionen Euro. Ein „imposanter“, ich
möchte sagen skandalöser Betrag! Aber
mutmaßlich gibt es keinen Aufschrei in
der Öffentlichkeit und in den Medien.
Warum eigentlich nicht? Sind wir mittler-
weile schon so abgestumpft angesichts
ständig neuer Rekordsummen? Deut-
sches Museum, Gasteig, Stadtmuseum,
Neue Pinakothek (um nur einige Beispie-
le aus dem wohlorganisierten Bayern
und München zu nennen): Überall stehen
Generalsanierungen im teils hohen drei-
stelligen Millionenbereich an. Wäre das
nicht vermeidbar gewesen?
Kann man es einfach hinnehmen, dass
in der Neuen Pinakothek keine vierzig
Jahre nach Eröffnung Eimer aufgestellt
werden müssen, weil es allerorten durch
das Dach tropft, und mithin das Haus für
Jahre geschlossen sein wird, um es für un-
fassbar viel Geld instand zu setzen?
Meines Erachtens wurden und werden
hier über alle Ebenen hinweg in grober
Weise Pflichten verletzt, was den Steuer-
zahler teuer zu stehen kommt. Gäbe es in
den Häusern selbst ein kompetentes und
funktionierendes technisches Manage-
ment, würden Behörden ihrer Aufsichts-
pflicht nachkommen und würde die Poli-
tik in Stadt und Staat ihre Finanzierungs-
aufgaben erfüllen, wäre der einwandfreie
laufende Betrieb gewährleistet und wä-
ren solche Radikaleingriffe absolut ver-
meidbar.
Wer zieht die Verantwortlichen end-
lich zur Rechenschaft?
Oliver Meyer, München

„Milieuschutz wird zum Streitfall“ vom


  1. August:


Das Spekulationskarussell auf dem
Münchner Immobilienmarkt dreht sich
derzeit so: Ein Privatinvestor hat vor 15
Jahren ein Mehrfamilienhaus mit 2000
Quadratmetern Wohnfläche gekauft. Er
hatte den damals marktüblichen Preis
von 1500 Euro pro Quadratmeter gezahlt,
macht 3 Millionen Euro. Jetzt hat er das
Haus in gleichem Zustand zum fünffa-
chen Preis an den nächsten Privatinvestor
verkauft, erzielt also einen Erlös von 15
Millionen mit einem Gewinn von 12 Millio-
nen Euro. Dieser Gewinn beruht allein auf
einer Bodenwertsteigerung, die ohne be-
sondere Leistung des Eigentümers zustan-
de kam.
Da der Verkäufer die zehnjährige Spe-
kulationsfrist abgewartet hat, zahlt er kei-

nen Cent Steuern auf seinen leistungslo-
sen Gewinn.
Nun steigt der Erwerber als neuer Ak-
teur in das Karussell ein. Neben der Speku-
lation auf weitere Bodenwertsteigerun-
gen erwartet er eine zeitnahe Rendite auf
seine Investition. Diese ist aber mit den Be-
standsmieten nicht zu erzielen. Denn be-
trug der Kaufpreis vor 15 Jahren noch et-
wa das Fünfzehn- bis Zwanzigfache der
jährlichen Mieterträge, ist dieser Faktor
mittlerweile auf das Sechzigfache gestie-
gen.
Also setzt er auf Mittel, über die ständig
in der Lokalpresse berichtet wird: Mieter
werden herausgekauft, Mieten drastisch
erhöht, alle Register der umlagefähigen
Modernisierungsmaßnahmen gezogen.
Nicht wenige Mieter geben auf und stellen
sich in der langen Schlange beim Woh-
nungsamt an, um eine mit sehr vielen

Steuergeldern geförderte öffentliche Woh-
nung zu ergattern.
Die Stadt versucht verzweifelt, dieser
Sorte Spekulation mit Wohnraum durch
Ausgestaltung des Milieuschutzes Einhalt
zu gebieten. Unterschreibt der Erwerber
aber die darauf basierende Abwendungs-
erklärung nicht, muss die Stadt zum
Schutz der Wohnenden das Vorkaufsrecht
zum vollen Kaufpreis ausüben. Und zahlt
dabei Tausende Euro pro Quadratmeter
Wohnraum drauf, weil der spekulations-
getriebene Kaufpreis mit verträglichen
Mieten nicht zu refinanzieren ist. Gegen
ihren Willen füttert die Stadt so die Karus-
sellfahrer mit öffentlichen Mitteln.
Abhilfe könnte durch Änderungen des
Einkommenssteuergesetzes und des Bau-
gesetzbuchs geschaffen werden. Das Steu-
erprivileg Spekulationsfrist könnte gestri-
chen werden, den Kommunen die groß-

räumige und rechtssichere Ausweisung
von Erhaltungssatzungsgebieten erleich-
tert werden. Dabei bräuchte es vor allem
ein preislimitiertes Vorkaufsrecht der
Stadt, wonach der Kaufpreis anhand lang-
fristig sozialverträglicher Mieten zu ermit-
teln wäre.
Wären dies unzulässige Eingriffe in die
Eigentumsrechte? Unsere Verfassung
sieht kein Recht auf Höchstprofit vor, son-
dern betont die Gemeinwohlbindung des
Eigentums, gerade wenn es um die Nut-
zung des unvermehrbaren und für die Be-
friedigung von Grundbedürfnissen unent-
behrlichen Bodens geht. Die Immobilien-
käufer, die jetzt zu Lasten ihrer derzeiti-
gen und zukünftigen Mieter gegen die Ab-
wendungserklärung klagen, nervt diese
Gemeinwohlbindung. Die anstehenden
Gerichtsverfahren versprechen Span-
nung. Christian Stupka, München

Allzu leicht Verdauliches


Chaotischer Schreibtisch! Ja, und? Die An-
sicht einer Zweidrittel-SZ-Seite wird mir
als Abonnentin geboten. Zu erkennen ist
ein chaotischer Schreibtisch im Arbeits-
zimmer des Intendanten der Münchner
Kammerspiele („Die Türen müssen offen
bleiben“ vom 13. August). In welchem Stil
dieses einst hoch angesehene neue Thea-
ter geführt wird, wird schlagartig offen-
sichtlich. Theater kostet eine Menge
Geld. Die Kammerspiele sind eine städti-
sche Bühne, finanziert vom Steuerzahler.
Wirbelt der neu entfachte Zeitgeist zu-
erst durchs Theater mit seiner vermeintli-
chen „Alles-ist-Kultur“-Auffassung,
dann durch die oft nur noch eine Minder-
heit bedienende Zeitungsredaktion?
Nicht ein paar CSU-Stadträte haben den
Abonnentenschwund, die eklatant zu-
rückgegangenen Besucherzahlen verur-
sacht, sondern die Veränderung, ich sage,
die Vernachlässigung des literarisch ge-
prägten Theaters. Sehr bequem stellt
sich ein direkt in Mode gekommenes CSU-
Bashing dar. Sinnvoller könnte es sein,
darüber nachzudenken, wie Denkvorgän-
ge in Bezug zu verdichteten, komplex um-
gesetzten Theaterstücken gesellschaft-
lich wirksam unsere verarmte Alltags-
sprache möglicherweise verändern könn-
ten. Theater bedeutet, in eine andere
Welt einzutauchen. Auf welches Niveau
wollen wir uns als Publikum einnicken
lassen? Auf anspruchsvoll von Künstlern
umgesetzte Stücke – oder auf vornehm-
lich locker, leicht verdauliche Perfor-
mances mit Laiendarstellern? Manche
Türen sollten geschlossen werden.
Roswitha Wohland, München

Nur mit Brennstoffzelle


Der Firma Hydrogenious Technologies
ist von ganzem Herzen Erfolg zu wün-
schen, denn die Brennstoffzelle ist der
einzig gangbare Weg, das Verkehrspro-
blem zu lösen („Zeit für die Revolution“,
14.August). Professor Heckl, Leiter des
Deutschen Museums, hat das bei einer
Diskussion bestens erklärt. Leider schei-
nen die Parteien das von Grün über Rot
bis Schwarz noch nicht kapiert zu haben
oder wollen es nicht kapieren und setzen,
zusammen mit der Auto- und Energie-
wirtschaft, auf die unwirtschaftlichste Lö-
sung: den Elektroantrieb. Wenn dann al-
le bestehenden Tankstellen, die einfach
auf Wasserstoff umgerüstet werden
könnten, dezimiert sind und flächende-
ckend Stromtankstellen mit immensem
Finanzaufwand (ein gutes Geschäft!) in-
stalliert worden sind, wird man wahr-
scheinlich als neues Geschäftsmodell auf
die Brennstoffzelle zurückkommen. Und
unser Verkehrsminister rollert während-
dessen fröhlich mit dem E-Scooter durch
sein Verkehrsministerium.
Helmut Schäfer-Achatz, Lenggries

Tempo 40 in Ortschaften


„Mehr beschädigte Verkehrsschilder“
(12. August) – dieses Problem lässt sich
sehr einfach lösen, indem in Ortschaften
generell 40 km/h als Höchstgeschwindig-
keit vorgeschrieben wird, von ganz weni-
gen Ausnahmen abgesehen. Extra-Schil-
der sind dann zur Regelung der Geschwin-
digkeit nicht mehr nötig, können dem-
nach auch nicht beschädigt oder entwen-
det werden. Sabine Schiel, München

GENERALSANIERUNGEN

Skandalöse


Summen


→ Inunserer Serie über Na-
poleons Spuren in Regens-
burg war in der Folge „Die
Achillesferse des Feldherrn“
(14. August) auch die Rede von einer Ver-
wundung Napoleons. Zur Bebilderung
gab es das Foto einer Erinnerungsplatte.
Anders, als der Bildtext glauben machte,
befindet sich diese Erinnerungstafel aber
nicht im Regensburger Dom, sondern an
einem Gebäude am Domplatz. Die Plaket-
te bezeichnet den Ort, wo Napoleon einst
sein Hauptquartier in Regensburg hatte


  • und das war definitiv nicht im Dom.


→ Im Beitrag „Schutt zu Beton“ (21. Au-
gust) wird berichtet, wie die ehemalige
Bayernkaserne in München als Baufeld
freigemacht wird. Die Chronologie der
Nutzung als Kaserne war dabei fehlerhaft
wiedergegeben, weil die US-Armee die
Kaserne nach Ende des Zweiten Welt-
kriegs nicht „bis Ende der 1970-er Jahre“,
sondern bis 1969 nutzte; danach ging die
Kaserne ins Eigentum der Bundeswehr
über und wurde bis zum Jahr 2011 ge-
nutzt.

→ In „Die Stille hinter Spiegelfolie“ vom


  1. August heißt es, die Weltgesundheits-
    organisation (WHO) habe Spielsucht im
    Mai dieses Jahres offiziell als Krankheit
    anerkannt. Die WHO führt Glücksspiel-
    sucht aber bereits seit 1992 in ihrer „Inter-
    national Classification of Diseases“. Im
    Mai 2019 wurde auch Online-Spielsucht
    aufgenommen.


→ In „Wenn Wohnen zum Luxus wird“
(21. August) wird darüber berichtet, dass
die Mietpreisbremse im Landkreis Mün-
chen nicht greife. Zitiert wird dabei auch
ein Bürgermeister einer östlichen Land-
kreisgemeinde, im Bildtext in der SZ-Auf-
lage innerhalb Münchens allerdings ei-
ner falschen Gemeinde zugeordnet: Maxi-
milian Böltl (CSU) ist Bürgermeister von
Kirchheim, nicht von Ismaning.

WIRKSAMER MILIEUSCHUTZ BENÖTIGT EIN ANDERES VORKAUFSRECHT UND ERHALTUNGSSATZUNGEN


Münchens Spekulationskarussell


VIETNAMESISCHER OPPOSITIONELLER


Eine Abschiebung und ihre zynischen Folgen


WEITERE BRIEFE


Gentrifizierung, steigende Mietpreise, Immobilienspekulation: Die Politik schafft es in München kaum, dem Einhalt zu gebieten. FOTO: ALESSANDRASCHELLNEGGER

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Leserbriefe stellen keine redaktionelle Mei-
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unter: Süddeutsche Zeitung, Leserforum
Region, Hultschiner Straße 8, 81677 Mün-
chen.

R4 FORUM & LESERBRIEFE Samstag/Sonntag, 24./25.August 2019, Nr. 195 DEFGH


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Tel 08031/9019 277 [email protected]
http://www.danküchen-rosenheim.de

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