FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Sport MITTWOCH, 4. SEPTEMBER 2019·NR. 205·SEITE 27
Kampagne gegen Rassismus
Nach der rassistischen Attacke gegen
Romelu Lukaku von Inter Mailand ha-
ben der italienische Fußball-Verband
(FIGC) und die Liga den Schulter-
schluss geübt. Die Liga kündigte für
Oktober eine großangelegte Anti-Ras-
sismus-Kampagne an, an der sich alle
20 Klubs aus der Serie A beteiligen wer-
den. „Jeder muss sich einsetzen, um in
den italienischen Stadien Rassismus
zu bekämpfen“, sagte Liga-Chef Gaeta-
no Micciche. FIGC-Präsident Gabriele
Gravina bezeichnete den Vorfall in Ca-
gliari als „gravierend“. Die Sportjustiz
werde sich einschalten, um die Übeltä-
ter zu identifizieren. Zudem habe der
Verband eine Anti-Rassismus-Kampa-
gne in den Schulen begonnen. Im Spiel
bei Cagliari Calcio (2:1) war Lukaku
Opfer einer rassistischen Attacke von
Anhängern der Sarden geworden.
Kurz vor der Ausführung eines Elfme-
ters wurde der Belgier mit Affenlauten
bedacht. (sid)
Roglic übernimmt Führung
Der slowenische Radprofi Primoz Ro-
glic hat die zehnte Etappe der Spa-
nien-Rundfahrt gewonnen und das
Rote Trikot des Gesamtführenden er-
obert. Der Mitfavorit auf den Rund-
fahrtsieg gewann am Dienstag das 36,2
Kilometer lange Einzelzeitfahren von
Jurancon nach Pau Minuten vor dem
Neuseeländer Patrick Bevin und dem
Franzosen Remi Cavagna. Durch den
Tagessieg verdrängte Roglic den ko-
lumbianischen Berg- und Rundfahrts-
pezialisten Nairo Quintana vom ersten
Platz. (sid)
Auch Aogo nach Hannover
Bundesliga-Absteiger Hannover 96
wird nach dem Mittelfeldspieler Marc
Stendera auch den früheren Fußball-
Nationalspieler Dennis Aogo verpflich-
ten. Aogo spielte bis zum Ende der ver-
gangenen Saison für den VfB Stuttgart.
Da sein auslaufender Vertrag dort
nicht verlängert wurde, kann er auch
nach dem Ende der Transferfrist noch
zu einem neuen Klub wechseln. (dpa)
Krawietz/Mies im Halbfinale
Die French-Open-Sieger Kevin Kra-
wietz und Andreas Mies haben bei den
US Open das Halbfinale erreicht. Das
deutsche Tennis-Doppel setzte sich am
Dienstag in New York gegen Leonardo
Mayer aus Argentinien und Joao Sousa
aus Portugal 7:6 (7:4), 6:4 durch. (dpa)
In Kürze
L
aufen Sie weiter, hier gibt’s nichts
zu sehen, schon gar keinen Do-
ping-Fall Christian Coleman. Cole-
man ist der schnellste Sprinter der
Welt in diesem und den vergangenen
beiden Jahren. Er ist Zweiter der Welt-
meisterschaft von London 2017. Und
er ist und bleibt der Favorit für den
Sprint bei der Weltmeisterschaft von
Doha Ende dieses Monats. Dumm al-
lerdings, dass er – mindestens – drei
von angeblich zwanzig überraschen-
den Doping-Kontrollen seit Anfang
2018 verpasst hat. Die amerikanische
Anti-Doping-Agentur Usada, die
Welt-Anti-Doping-Agentur Wada und
die unabhängige Integritätseinheit
(AIU) des Weltverbandes der Leicht-
athleten (IAAF) mussten sich deshalb
mit der Frage beschäftigen, ob der 23
Jahre alte Coleman für Doha 2019 und
für die Olympischen Spiele von Tokio
2020 gesperrt werden müsse. Die Re-
geln schreiben vor, vereinfacht gesagt,
dass drei verpasste Tests innerhalb von
zwölf Monaten einmal Doping entspre-
chen und ebenso zu bestrafen sind: mit
Startverbot bis zu zwei Jahren. Tester
trafen Coleman am 6. Juni vergange-
nen Jahres nicht dort an, wo er sich
laut seiner Angaben im Computersys-
tem der Wada aufhielt; ebenso am 16.
Januar und am 26. April dieses Jahres.
Dies sind, entgegen dem ersten An-
schein, jedoch nicht drei „missed tests“
in weniger als elf Monaten. Die Anwäl-
te des Sprinters drangen mit der Argu-
mentation durch, dass im ersten Fall
nicht Abwesenheit bei Erscheinen der
Kontrolleure den Regelverstoß begrün-
de, sondern die lange vorher gemachte
falsche Angabe des Aufenthaltsortes,
der sogenannten „whereabouts“. Solch
ein Fehler wird, damit berufen sich die
amerikanischen Kontrolleure auf inter-
nationale Praxis, auf Beginn des Quar-
tals rückdatiert: in diesem Fall auf den
- April 2018. Schon liegen zwischen
dem erstem Fehler und der jüngsten
verpassten Kontrolle 55 Wochen –
mehr als zwölf Monate. Konsequent
stellten die amerikanischen Doping-
Kontrolleure ihr Verfahren ein.
Schließlich gehe es um Fairness gegen-
über dem Athleten und weltweit ein-
heitliche Standards bei der Anwen-
dung der Regeln, sagte Travis Tygart,
der Chef der Usada.
Man darf dem Amerikaner eine
freundliche Interpretation der Regeln
attestieren. Der Weltmeisterschaft am
Golf hat er damit einen jungen, ver-
gleichsweise unbelasteten Favoriten er-
halten. Coleman fordert dort Altmeis-
ter Justin Gatlin heraus, der zweimal
jahrelang wegen Dopings gesperrt war
und den das Publikum bei seinem Titel-
gewinn vor zwei Jahren anhaltend aus-
buhte. Auch mit Coleman läuft nun
der Verdacht. Zweifellos war er bei
drei Kontrollen nicht anzutreffen. Sei-
ne Sperre hat lediglich eine Formalie
verhindert. mr.
NEW YORK.Selbst auf einem breiten,
gut gepolsterten Sitz ist ein Flug von New
York nach Europa kein Spaß, wenn einem
die Hüfte und der Rücken weh tun. Und
wenn man sich fortwährend Gedanken
macht und nach Lösungen für diverse Pro-
bleme sucht, wird die Sache auch nicht
leichter. Roger Federer erwähnte in der
vergangenen Woche, Tennis gefalle ei-
nem nicht besonders, wenn man um die
Welt reise, Woche für Woche investiere
und das Gefühl habe, das eigene Spiel sei
schlechter, als es sein sollte. „Ich kenne
das – wir haben alle solche Phasen hinter
uns.“ Schwer zu sagen, ob das ein Trost
für Alexander Zverev nach dem letzten
Grand-Slam-Turnier des Jahres ist, bei
dem er zwar Ansätze zur Besserung sah,
bei dem er aber doch nach einer Niederla-
ge in der vierten Runde Abschied nahm.
Mangelnden Einsatz musste er sich
nicht vorwerfen. In den vier Sätzen gegen
den einen Kopf kleineren Diego Schwartz-
man versuchte er selbst dann noch alles,
als die Sache schon so gut wie entschie-
den war. Seine Chancen auf einen Sieg
beim 6:4, 2:6, 4:6, 3:6 wären deutlich grö-
ßer gewesen, wenn er nach dem gewonne-
nen ersten Satz einen frühen Breakball
im zweiten genutzt hätte. Doch stattdes-
sen ging der Argentinier in Führung,
glich aus, und damit war klar, dass Zverev
wieder mindestens vier Sätze spielen
musste. Mit Schmerzen und einer Prel-
lung im Kreuz nach einer Rolle auf dem
harten blauen Boden zwei Tage zuvor.
Wieder hatte er zu viele Probleme mit
dem zweiten Aufschlag, die zu 17 Doppel-
fehlern führten. Der Abschluss-Wert bei
den vier Grand-Slam-Turnieren zusam-
men steht damit bei 131; geteilt durch ins-
gesamt 14 Spiele in Melbourne, Paris,
Wimbledon und New York ergibt sich dar-
aus eine Durchschnittsquote von fast
zehn in jeder Partie. Keiner der Konkur-
renten aus der Spitze kommt in die Nähe
eines solchen Wertes. Natürlich weiß er,
dass dies nach wie vor die größte Baustel-
le in seinem Spiel ist, neben einigen ande-
ren.
Grundsätzlich, so meinte Zverev zum
Abschied, sei es in New York besser gelau-
fen als in den Wochen zuvor, und daraus
könne er positive Ansätze ziehen. Schaut
man sich die Sache genau an, dann sieht
seine Bilanz bei den Grand-Slam-Turnie-
ren 2019 genauso wie die des vergange-
nen Jahres aus: Insgesamt gewann er
zehn Spiele. Wenn man will, kann man
den Status quo als Steigerung sehen ange-
sichts all der Probleme, die er sich in die-
sem Jahr aufgeladen hatte, von der ge-
richtlichen Auseinandersetzung mit sei-
nem ehemaligen Manager Patricio Apey,
den Schwierigkeiten, Ivan Lendl als
Coach neben und mit seinem Vater Alex-
ander senior zu etablieren, bis zu privaten
Turbulenzen. Zverevs Fitness-Coach Jez
Green, der seit fast fünf Jahren zum Team
gehört, sagt, es sei ein schwieriges Jahr ge-
wesen, vom Niveau her nicht toll, aber ir-
gendwie okay. Zverev selbst sagt, es sei si-
cher nicht die beste Saison gewesen, aber
auch nicht die schlechteste.
Ob Deutschlands bester Tennisspieler
eine Chance bekommen wird, bei den
ATP Finals im November in London den
größten Titel seiner Karriere zu verteidi-
gen? Die acht Besten jedes Jahres qualifi-
zieren sich für dieses Turnier, im Moment
steht er auf Platz neun, kann aber noch in
New York von Spielern überholt werden,
darunter Schwartzman, der bisher stark
spielende Franzose Gaël Monfils oder
dessen Gegner im Viertelfinale, Matteo
Berrettini aus Italien. Doch auch Zverev
wird bei der Tour demnächst in Asien
noch mal nachlegen können. „Ich hoffe,
dass ich mich noch verbessern kann“,
sagt er, „wenn ich mein Tennis wieder fin-
de.“
Aber zunächst steht eine Station auf
dem Programm, bei der es ihm so gut ge-
hen könnte wie vermutlich lange nicht
mehr, der Laver Cup in Genf. Die ersten
beiden Ausgaben des Mannschaftswettbe-
werbes Europa gegen den Rest der Welt,
zuerst in Prag, dann im vergangenen Jahr
in Chicago, hatte er als große Bereiche-
rung erlebt. Knapp eine Woche mit den
besten Spielern der Welt und mit Legen-
den wie den Kapitänen Björn Borg und
John McEnroe zu verbringen gibt ihm je-
des Mal ein extrem gutes Gefühl. Und in
diesem Jahr mit der Wanderung über
Stock und Stein wird er das gute Gefühl
mehr denn je zu schätzen wissen.
Wobei – wer weiß, ob das Zusammen-
sein völlig ungetrübt verlaufen wird. Zum
Team Europa wird auch Stefanos Tsitsi-
pas gehören, der nicht zu seinen engsten
Freunden zählt. Auch in New York konn-
te es sich Alexander Zverev nicht verknei-
fen, den Griechen öffentlich zu kritisie-
ren. Bereits in der ersten Woche der US
Open hatte er gesagt, es gebe viele junge
Spieler, die auf dem Platz Dinge täten,
die sie besser nicht tun sollten und die
der jungen Generation, zu der er sich
auch zählt, ein schlechtes Image gäben.
Als er in der Pressekonferenz nach sei-
nem letzten Spiel gefragt wurde, was er
von den Aktionen des russischen Kolle-
gen Daniil Medwedew halte, landete er
bei seiner Antwort zuerst bei Tsitsipas.
„Ich denke, der überschreitet die Linie
oft, wenn er 15 Mal während eines Tur-
niers die Schuhe wechselt und eine Toilet-
tenpause mitten im Satz nimmt – von sol-
chen Sachen rede ich. Ich hoffe, einige
aus der Generation NextGen lernen von
den Älteren wie Roger oder Rafa, die im-
mer ihren Schläger für sich sprechen lie-
ßen und nicht versucht haben, Gegner zu
stören.“
Seine Bemühungen um ein gutes Image
der Erben, zu denen er nach wie vor selbst
gehört, in allen Ehren. Aber vielleicht
könnte er erst mal die eigenen Probleme
lösen, bevor er den anderen mit dicker
Tinte ins Heft schreibt, was sie tun sollten
oder besser nicht. DORIS HENKEL
Ein Traum
Basketball,WM, Herren, in China, Vorrunde,
- Spieltag, Gruppe E in Schanghai: Japan –
Tschechien 76:89.
Gruppe F in Nanjing: Montenegro – Neusee-
land 83:93, Brasilien – Griechenland 79:78.
Gruppe G in Shenzhen: Deutschland – Dom.
Rep. 68:70, Jordanien – Frankreich 64:103.
Gruppe H in Dongguan: Australien – Sene-
gal 81:68, Litauen – Kanada 92:69.
Tennis,US Open in New York (57,239 Mio.
Dollar), Herren, Einzel, Achtelfinale: Schwartz-
man (Argentinien) – Alexander Zverev (Ham-
burg) 3:6, 6:2, 6:4, 6:3, Nadal (Spanien) – Cilic
(Kroatien) 6:3, 3:6, 6:1, 6:2, Monfils (Frank-
reich) – Andujar (Spanien) 6:1, 6:2, 6:2, Berret-
tini (Italien) – Rubljow (Russland) 6:1, 6:4, 7:6
(8:6).
Damen, Einzel, Achtelfinale: Vekic (Kroatien)
- Görges (Bad Oldesloe) 6:7 (5:7), 7:5, 6:3, Ben-
cic (Schweiz) – Osaka (Japan) 7:5, 6:4, An-
dreescu (Kanada) – Townsend (USA) 6:1, 4:6,
6:2, Mertens (Belgien) – Ahn (USA) 6:1, 6:1.
Zverev sucht sein Tennis
Endstation im Achtelfinale von New York: Der zweite Aufschlag ist das größte von mehreren Problemen
LWIW(dpa). Zweites Spiel, zweiter
Kantersieg: Die deutsche Frauen-Fuß-
ball-Nationalmannschaft ist mit einer
perfekten Bilanz und ohne Gegentor
in die EM-Qualifikation gestartet. Drei
Tage nach dem 10:0-Sieg gegen Monte-
negro setzte sich die Auswahl von Bun-
destrainerin Martina Voss-Tecklen-
burg am Dienstag in Lwiw (Lemberg)
gegen die Ukraine 8:0 durch. „Wir woll-
ten das seriös und gut erledigen“, sagte
Voss-Tecklenburg im ZDF. „Ich bin
froh, dass wir schnell 3:0 geführt ha-
ben. Da hat der Gegner gemerkt, hier
ist heute nichts zu holen.“ Sara Däbritz
(5., 80. und 88. Minute), Lina Magull
(29.), Felicitas Rauch (32.), Lena Ober-
dorf (54.), Svenja Huth (85.) und Leo-
nie Maier (90.+3) erzielten die Tore.
„Es ist gut, dass wir zwei Siege einge-
fahren und so viele Tore geschossen ha-
ben. Ich bin zufrieden mit der Mann-
schaft, so können wir weitermachen“,
sagte Däbritz. Weitere deutsche Geg-
ner in der Qualifikation für die EM
2021 in England sind Irland und Grie-
chenland. Am 5. Oktober geht es in Aa-
chen abermals gegen die Ukraine, drei
Tage später treten die deutschen Frau-
en in Griechenland an. Auf Irland
trifft die Auswahl des Deutschen Fuß-
ball-Bundes erst im April und Septem-
ber 2020.
D
ie Stimmung in der deutschen
Nationalelf, das lässt sich
kurz vor Saisonbeginn nicht
anders sagen, ist ausgespro-
chen gut. Es wurde viel gelä-
chelt und gewitzelt am ersten Tag. Und in-
nerhalb des Teams, so versicherten DFB-
Direktor Oliver Bierhoff, Kapitän Manu-
el Neuer und Torjäger Timo Werner am
Dienstag unisono, freuten sich alle, end-
lich wieder zusammen zu sein. Mit ande-
ren Worten: Die nächsten Gegner kön-
nen ruhig kommen. Man gab sich im
DFB-Team auch gleich entsprechend zu-
versichtlich vor den Duellen am Freitag
mit den Niederlanden und drei Tage spä-
ter in Belfast mit Nordirland. „Sollten wir
das Spiel gegen Holland erfolgreich gestal-
ten, ist das ein weiterer Schritt. Die Cha-
raktere und Qualitäten dazu haben wir si-
cherlich“, sagte Bierhoff vor dem Spitzen-
spiel der Qualifikationsgruppe C. „Wir
wollen natürlich an die jüngsten Leistun-
gen anknüpfen – möglichst mit drei Punk-
ten hier zu Hause gegen die Niederlande“,
sagte Torwart Neuer. Das klang selbstbe-
wusst. Schon wieder selbstbewusst, sollte
man vielleicht besser sagen.
In der Fifa-Weltrangliste ist der deut-
sche Fußball 2019 nämlich längst aus
dem Kreis der Topteams herausgefallen.
Aktuell wird der viermalige Weltmeister
vom Internationalen Fußball-Verband
(Fifa) nur auf Rang vierzehn geführt,
noch hinter Dänemark und Chile. Doch
mit der ernüchternden Tatsache, der Spit-
ze auch nach dem zu Jahresbeginn begon-
nen sportlichen Umbruch noch ziemlich
hinterherzuhinken, fremdeln die Serien-
sieger von gestern auch im Jahr zwei nach
der desaströsen Weltmeisterschaft in
Russland trotzdem. „Wir wissen, dass die
anderen Mannschaften aufgeholt haben.
Wir können nicht mehr sagen, dass wir
wie vor einigen Jahren konstant zu den
,Top vier‘ gehörten“, sagte Bierhoff. Aber
irgendwie gehörten sie trotzdem dazu.
„Ich habe gestern mit Jogi (Löw, d. Red.)
über die Vergangenheit und einige Spieler
diskutiert. Meistens waren kleine indivi-
duelle Fehler, die eigentlich nicht dem
Trainer oder der taktischen Ausrichtung
zuzuschreiben sind, ausschlaggebend“,
fuhr Bierhoff fort. Er begründete seine
Sicht der Dinge mit dem Gegentor zum
0:1 gegen Mexiko, bei dem Hummels bei
der desaströsen WM 2018 ausgerutscht
war. Und griff dann in seiner Argumenta-
tion bis zu einem Tor von Italien nach ei-
genem Eckstoß bei der 1:2-Niederlage im
EM-Halbfinale 2012 zurück. Das klang
nach dem Versuch, bittere und schwere
Niederlagen im Nachhinein auf Kleinig-
keiten reduzieren zu wollen, auf Schwä-
chen einzelner Spieler.
Vielleicht wollte Bierhoff einer verjüng-
ten Mannschaft mit seinen Worten aber
auch nur Mut machen für die kommen-
den Aufgaben. Denn ganz scheint sich die
Nationalelf auch selbst noch nicht über
den neuen Weg zu trauen. Auch wenn die
Spieler schon wieder große Ziele ins
Auge fassen, allerdings zögerlich. „Der
EM-Titel ist für uns alle und für mich ein
großer Traum, aber ich stehe im Hier und
Jetzt. Ich denke nicht über den Sommer
hinaus“, sagte Neuer auf die Frage, ob er
nach einem Titelgewinn im kommenden
Sommer seine Karriere in der Nationalelf
mit dann 34 Jahren beenden würde.
Man spürt in dem Optimismus dieser
Tage natürlich auch den Wunsch und die
Sehnsucht der Spieler, so schnell wie mög-
lich wieder dahin zurückzukehren, wo die
Nationalelf herkam und sich über all die
Jahre ganz selbstverständlich verortete:
in den Kreis der Titelfavoriten. Tatsäch-
lich waren auch die vergangenen drei
Spiele seit dem Frühjahr (3:2 in den Nie-
derlanden, 2:0 in Weißrussland, 8:0 gegen
Estland) hoffnungsvolle Signale eines ver-
jüngten Teams, das Tempo machen will.
Aber dass andere, wie die Niederländer,
trotzdem schon weiter als sie selbst sein
könnten, ist für die Nationalelf und ihren
Kapitän keine Gewissheit, sondern nur
noch eine offene Frage – aber gleichwohl
die vielleicht spannendste vor dem
deutsch-niederländischen Duell am Frei-
tag. „Wir hatten schon einige Spiele ge-
gen die Niederländer: Sie sind effektiv
und gefährlich bei Standards, sie haben in-
dividuell gute Spieler und sind sehr einge-
spielt. Sie kennen die Mechanismen, die
funktionieren. Deshalb war es immer ge-
fährlich, wenn sie Offensivaktionen hat-
ten. Sie sind abgezockt vor dem Tor“, sag-
te Neuer mit angemessenem Respekt.
Sie selbst müssten ihre Mechanismen
und Abläufe im Spiel immer weiter ein-
üben, das sei ein längerer Prozess. „Aber
im Moment stehen wir gut da – dafür,
dass wir eine neue Mannschaft aufgebaut
haben.“ Und Werner, dem in drei Bundes-
ligaspielen schon fünf Tore gelangen, sag-
te im Stil eines Stürmers, was er von sich
und seinem Team verlangt, um auf dem
Weg zur Europameisterschaft wieder ei-
nen Schritt weiterzukommen: „Solange
wir kein Gegentor bekommen, sind wir
immer in der Lage, ein Tor zu schießen.“
So einfach darf deutscher Fußball am Frei-
tag natürlich auch mal wieder sein: Hin-
ten zu null – und um den Rest kümmern
sich vorne Werner und Co.
FRANKFURT (dpa). Im Fall Bakery Jat-
ta ziehen die drei Fußball-Zweitliga-
klubs ihren Einspruch gegen die Wer-
tung der Liga-Spiele gegen den Ham-
burger SV zurück. Dies teilten der 1. FC
Nürnberg, der Karlsruher SC und der
VfL Bochum am Dienstag mit. Zuvor
hatte das Hamburger Bezirksamt seine
Ermittlungen gegen Jatta eingestellt
und ausländerrechtliche Maßnahmen
wegen der Zweifel an der Identität des
Profis abgelehnt. Auch das Sportge-
richt des Deutschen Fußball-Bundes
hat die Einspruchsverfahren abge-
schlossen.
„Mit der Entscheidung der zuständi-
gen Behörde hat sich die sportjuristi-
sche Frage für den Klub geklärt, und
wir sehen keine Veranlassung mehr,
den Einspruch beim Deutschen Fuß-
ball-Bund gegen die Spielwertung“ auf-
rechtzuerhalten, teilten die Nürnberger
mit. Ähnlich äußerten sich auch die bei-
den anderen Vereine. „Dem KSC ging
es zu jedem Zeitpunkt ausschließlich
darum, den Verein vor einem etwaigen
Wettbewerbsnachteil zu schützen. Wir
sind froh, dass sich die Angelegenheit
jetzt für alle Beteiligten im positiven
Sinne entwickelt hat, und wünschen
insbesondere Bakery Jatta nach dieser
für ihn sehr schwierigen Zeit nur das
Beste“, hieß es vom KSC. „Wir bedau-
ern es sehr, dass die Diskussionen um
Bakery Jatta in den vergangenen Wo-
chen besonders emotional geführt wur-
den. Die Anfeindungen gegen ihn wie
auch die populistische oder parteipoliti-
sche Instrumentalisierung verurteilen
wir auf das Schärfste“, teilten die Bo-
chumer mit.
An Jattas Identität hatte es Zweifel
gegeben. Demnach soll er einen ande-
ren Namen haben und älter als von ihm
angegeben sein. Der Gambier war 2015
nach Deutschland geflüchtet und lebte
zunächst in der Nähe von Bremen. Seit
2016 spielt er für den HSV und hat
noch einen Vertrag bis zum Jahr 2024.
Der HSV hatte stets deutlich gemacht,
hinter seinem Spieler zu stehen. Das Be-
zirksamt Hamburg-Mitte hatte seine Er-
mittlungen gegen den Stürmer am Mon-
tag jedoch eingestellt. „Aus den dem
Bezirksamt vorliegenden Unterlagen
gehen keine belastbaren Anhaltspunk-
te hervor, die ausländerrechtliche Maß-
nahmen begründen würden“, hatte Be-
zirksamtsleiter Falko Droßmann mitge-
teilt. „Die aufgekommenen Zweifel an
der Richtigkeit der Angaben“ hätten
sich demnach „im Rahmen der Anhö-
rung nicht bestätigt“.
Entschlüpft
DFB-Frauen
siegen 8:0
Von wegen Rolle rückwärts:
Manuel Neuer weiß aus Erfahrung,
dass Spiele gegen Holland für einen
Torwart besonders viel Arbeit
mit sich bringen können.
Entsprechend konzentriert
fällt seine Vorbereitung aus.
Foto EPA
Ergebnisse
Fall Jatta
beendet
Zweitligaklubs ziehen
Einsprüche zurück
Die Zuversicht ist zurück vor dem Qualifikations-Duell
gegen Holland: Bis zur nächsten EM will das
deutsche Fußball-Nationalteam wieder zum Kreis
der Titelfavoriten gehören.
Von Michael Horeni, Hamburg
Nur Längenvorteile:Alexander
Zverev hat sich von Diego
Schwartzman in New York aus
seinem Konzept bringen lassen.
Foto AFP, Witters