Die Zeit - 15.08.2019

(Tuis.) #1
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  1. August 2019 DIE ZEIT No 34

  2. Der ideale Bieter
    Die Einlieferer schätzen ihn, wenn er das, von
    dem sie sich trennen, für begehrenswert hält.
    und die Versteigerer mögen es, wenn er nicht
    nur bieteifrig Ausdauer zeigt, sondern durchaus
    bereit ist, dabei seine – finanziell gebändigten –
    Vorsätze zu vergessen, und seiner sammellei-
    denschaft frönt. Das ist der Bieter als Ideal, der,
    ganz seiner Begehrlichkeit untertan, die spiel-
    regeln einer Auktion kritiklos akzeptiert.

  3. Gebot ist Gebot
    Die Regeln sind streng. gebot ist gebot lautet
    eine. unwiderruflich. Mit dem »... und zum
    Dritten« gehen Besitz und gefahr auf den Bie-
    ter über. Infolgedessen hat er den schaden,
    wenn das Kunstwerk – selbst ohne sein Ver-
    schulden (soweit nicht grobe Fahrlässigkeit im
    spiel ist) – unmittelbar danach beschädigt wird.
    Eigentümer, der frei über das Objekt verfügen
    kann, wird er erst, wenn er den Zuschlagpreis
    samt Aufgeld, die fälligen steuern und gegebe-
    nenfalls die Folgerechtsabgabe bezahlt hat.

  4. Zuschlag verweigert
    Die Versteigerungsbedingungen legen meist
    fest, dass ein gebot auch dann wirksam bleibt,
    wenn es überboten wurde. Der Auktionator
    darf einen Zuschlag grundlos verweigern – bei-
    spielsweise wenn er den Bieter nicht kennt, ihn
    für nicht zahlungsfähig hält oder eine Kollision
    mit dem geldwäschegesetz vermutet werden
    muss. Dann gilt das vorangegangene gebot.

  5. Unter Vorbehalt
    Das gebot ist auch bei einem Zuschlag unter
    Vorbehalt verbindlich. Der Vertrag ist dann
    »schwebend unwirksam«, weil er einer zusätzli-
    chen Zustimmung bedarf. Der Bieter ist dann



  • da unterscheiden sich die Auktionshäuser –
    zwischen vierzehn tagen und sechs Wochen
    gebunden. Nicht anders ist es, wenn der Auk-
    tionator, besonders bei höheren Beträgen, den
    Zuschlag unter dem Vorbehalt erteilt, dass der


GRUNDKURS

Der Bieter


Hier erklären wir an Begriffen,
wie der Kunstmarkt funktioniert.
Diese Woche:

24 WIRTSCHAFT


Bieter zuvor eine sicherheitsleistung (zum Bei-
spiel eine Bankbürgschaft) beibringt.



  1. Schadensersatz
    Zahlt der Bieter innerhalb der festgesetzten
    Frist nicht, darf der Versteigerer das Kunstwerk
    erneut ausrufen. Die zusätzlichen Kosten muss
    der säumige Bieter zahlen. Außerdem kann der
    Auktionator von ihm für sich und den Einliefe-
    rer schadensersatz für den entgangenen ge-
    winn in Höhe des Minderbetrages fordern,
    wenn bei der zweiten Auktion das erste Ergeb-
    nis nicht erreicht wird. PETER DITTMAR


Der Raum braucht sie


An gleich drei Orten sind derzeit Arbeiten von Vera Röhm zu sehen. Wo immer die 76-jährige Bildhauerin


auftaucht, wird sie sofort zum Mittelpunkt VON ANNA VON MÜNCHHAUSEN


KUNSTMARKT


Ein Modell des
»Kubenturms« – das
Original steht in Darmstadt

A


n einem sommerlichen
Nachmittag im Juni ver-
sammeln sich auf der
Darmstädter Mathilden-
höhe knapp hundert Künst-
ler. Es gibt etwas zu feiern:
Vor einem Jahrhundert
gründeten Maler und Bildhauer die Avantgarde-
Initiative Darmstädter sezession. Im garten
des »Designhauses« sind skulpturen ausge-
stellt, eine Jazzband spielt.
Als Vera Röhm eintrifft, fühlt manch ein gast
sich an die Auftritte der Queen erinnert: Die
76-Jährige, in Darmstadt wie in Paris zu Hause,
wird zum Mittelpunkt, sie grüßt, plaudert, fragt
nach. Dann wirft sie einen Blick hinüber zu einer
Installation auf dem Rasen. Ihr Kubenturm steht
da wie ein Ausrufezeichen. Acht Meter hoch, 15
quadratische Elemente nicht einfach aufeinan-
dergestapelt, sondern jeweils um fünf grad ver-
schoben. »Eine säule in der Mitte stabilisiert den
turm«, erklärt Röhm. »Das Material ist Corten,
ein besonders präparierter stahl, der selbstständig
rostet. Ziemlich teuer.«
Ein Ausrufezeichen zur Karriere einer un-
gewöhnlichen Künstlerin. Vera Röhm hat nie
dem Klischee der Bildhauerin entsprochen.
Hat nie das handliche, sondern meist das mo-
numentale Format gewählt. Nie figürlich ge-
arbeitet, nur abstrakt. Nie den stein behauen,
sondern Metall und Holz verarbeitet. und statt
stichel und Meißel zu nehmen, lässt sie ihre
Arbeiten nach präzisen Konzepten, Fotografien
und Modellen in einer spezialfabrik fertigen.
In jüngster Zeit hat diese Karriere noch
einmal richtig an schwung gewonnen. An
nicht weniger als drei Orten sind derzeit Ar-
beiten von Vera Röhm zu sehen, und dabei ist
die Ausstellung ihrer Fotografien in der Pariser
galerie gimpel & Müller nicht einmal mit-
gezählt. Über ihr Leben und ihr Werk unter-
halten wir uns im Mai in ihrem Atelier, das


  • angemessen für eine Künstlerin, deren Ar-
    beiten viel Raum in Anspruch nehmen – in
    einer Fabrikhalle untergebracht ist, in der
    einst Feinmechanisches gefertigt wurde. Hin-
    ter meterhohen Doppeltüren warten Arbeiten
    aus drei Jahrzehnten, zum Beispiel die Tetraeder,
    sauber geteilte Dreieckskörper.
    Alles, was Röhm schafft, braucht Raum,
    ihre Formate machen sich niemals klein.
    sammler wie schrauben-Milliardär Reinhold
    Würth und Marli Hoppe-Ritter (Ritter-sport-
    schokolade) haben sie angekauft, außerdem
    ist Röhm in internationalen Museen vertreten.
    Ihre skulpturen – solche aus der Werkgruppe
    der »Ergänzungen« werden je nach Format zu
    Preisen zwischen 150.000 und 200.000 Euro
    gehandelt – sind Reflexionen über geometrie,
    Raum und Licht. Mit äußerster Präzision wer-
    den störrische Materialien wie Metall, Holz
    oder Kunststoff bearbeitet, durch schnitte
    und Brechungen zerlegt oder mit artfremdem
    Material verbunden, das die strenge der sym-
    metrie durchbricht.
    so wie in Heilbronn. Auf einem Kanal im
    gelände der Bundesgartenschau schwimmen
    zehn Kuben aus schwarz lackiertem Aluminium.
    Ihre gelaserte, von innen beleuchtete Inschrift
    wirkt vor allem im Dunkeln magisch. sie variiert
    ein Wort des Naturwissenschaftlers Johann
    Leonhard Frisch: »Die Nacht ist der schatten
    der Erde«. Diesen satz hat Vera Röhm inzwi-
    schen in 500 sprachen variiert. Eine Hommage
    an die Vielfalt menschlicher Kommunikation,
    wobei die Hexaeder als platonischer Körper für
    die Erde herhalten. »Es gibt nur noch 2000
    sprachen auf der Welt, und nach Aussagen von
    sprachwissenschaftlern werden es angeblich
    immer weniger.« In ihrer Recherche wird die
    Künstlerin seit einem Jahr von einem schrift-
    steller und Übersetzer unterstützt. Außerdem
    arbeitete sie von Anfang an mit einem grafiker
    zusammen, um die jeweils passenden typogra-
    fien für die Inschriften auszuwählen.


Im April wurde die Arbeit von einem Or-
kan zerlegt, die Kuben kippten um und muss-
ten im Darmstädter Atelier aufwendig instand
gesetzt werden. Zu allem Überfluss sah sich
die Buga-Leitung monatelang außerstande,
ein passendes Kabel bereitzustellen, um die
Würfel ins rechte Licht zu setzen. Der Künst-
lerin, die Ordnung, system und Kontrolle
schätzt, fehlt für derlei unzulänglichkeiten je-
des Verständnis, ja mehr noch: Als immerhin
eingeladene Künstlerin sieht sie ihr Werk
missachtet.
Bonn: Im Rahmen einer sammelausstel-
lung zum Bauhaus-Jubiläum hat die Darm-
städterin sich auf kompakte Objekte konzen-
triert, etwa ihr Glaslabyrinth – du sollst, du
sollst nicht, das sie für den Innenhof des göt-
tinger Landgerichts entworfen hat und das
dort seit vielen Jahren Kläger wie Beklagte
nachdenklich macht.
Aix-en-Provence: Auf dem gelände der
Fondation Vasarely steht eine ihrer typischen
Monumentalskulpturen Rhythmus 800. sie
zählt zur Werkgruppe der Binome, die
Röhm seit vielen Jahren immer wieder vari-
iert. Hier wurden 25 säulen aus eloxiertem
Aluminium auf einem quadratischen so-
ckel angeordnet. Jede säule ist variabel un-
terbrochen durch ein Plexiglas-Element,
was der Installation strenge nimmt und et-
was schwebendes verleiht. »Es sind Ideen,
die man verwirklicht. Erst das Konzept,
dann arbeite ich mit Zeichnungen und Mo-
dellen. Das geht schrittweise, und manch-
mal sind diese schritte sehr zeitaufwendig.«
Das Prinzip, unvollständiges, mitunter
auch Beschädigtes wie zersplitterte Vier-
kantbalken zu verlängern, aufzufüllen und
zu transformieren, hat so überzeugt, dass sie
damit immer wieder kopiert wird. In den
meisten Fällen dient Plexiglas als Material
dafür, und hier gibt es eine tragende Ver-
bindung zur Familiengeschichte. Ihr groß-

ihre Wirkung intensiv in Natur und Land-
schaft. Da stehen sie im Austausch mit Licht
und schatten, tag und Nacht, festem grund
und hohem Himmel.
ungeachtet der sperrigen Frage, wo sie ein-
zuordnen ist, findet die Künstlerin derzeit jeden-
falls große Zustimmung. An offenen Wettbewer-
ben nimmt sie nicht mehr teil, sie hat einen Ruf,
man kommt auf sie zu, neue Aufträge wachsen
von selbst nach. Manchmal mehr, als ihr lieb
sind. »Dieses Jahr ist gut, aber es ist auch sehr
anstrengend und braucht viel Energie.« Kaum
hat sie das gestanden, fällt ihr eine Aprikose auf
den gebürsteten Betonfußboden. sie bückt sich,
schneller als die jüngere Besucherin.
gerade hat sie sich wieder einmal nach
Korsika in ein einsam gelegenes strandhaus
zurückgezogen, zum Nachdenken und Entwi-
ckeln. so war es zumindest gedacht. Am Ende
hat sie täglich mit dem Atelier daheim telefo-
niert. Es hat seinen Preis, gefragt zu sein.

vater, der Chemiker Otto Röhm, ist nicht nur
in Darmstadt eine bekannte größe, er ent-
deckte unter anderem Enzyme, die die Leder-
verarbeitung revolutionierten. Vor allem aber
erfand er in den Dreißigerjahren des vergange-
nen Jahrhunderts Acryl, ein bis heute vielseitig
eingesetztes Material, in der Zahnmedizin, für
Brillen und vieles mehr – wobei die Verwen-
dung in der Kunst sicher die ungewöhnlichste
ist. »Es hat den Vorteil, durchsichtig zu sein,
zwar kratzempfindlich, aber lichtleitend.«
In den Konzepten der Enkelin spielt das
leichte Plexiglas eine ganz freie Rolle – gleich-
zeitig materiell und immateriell. schwebend,
oszillierend, so wie ihre Arbeiten geometri-
sche Abstraktion, Minimalismus und Kon-
zeptkunst kreuzen. Aber Etiketten dieser Art
interessieren Vera Röhm nicht, sie fühlt sich
weder bei den Konstruktivisten noch in der
Minimal Art richtig aufgehoben; ihre archi-
tektonisch konstruierten Positionen entfalten

Foto: Octavian Beldiman/Archiv Vera Röhm/VG Bild-Kunst, Bonn 2019

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