Die Welt - 12.08.2019

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12.08.19 Montag, 12. August 2019DWBE-HP


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DIE WELT MONTAG,12.AUGUST2019 FORUM 3


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I


n seinem jüngsten Sonderbericht hat
der Weltklimarat (IPCC) die Aus-
wirkungen des globalen Klimawan-
dels auf die Landwirtschaft beschrie-
ben. In vielen Regionen wird es im
Mittel nicht nur höhere Temperaturen,
sondern auch mehr Trockenheit und
Dürre geben. Das gefährdet letztend-
lich die Versorgung der Menschheit mit
Nahrungsmitteln. Um dem zu begeg-
nen, schlagen die IPCC-Experten unter
anderem vor, gentechnisch veränderte
Pflanzen zu kreieren, die Hitzestress
und Wassermangel besser ertragen
können, als die heute verwendeten
Nahrungsmittelpflanzen. Gezielte Ein-
griffe in das Erbgut, mit denen dies
erreicht werden könnte, sind seit ei-
nigen Jahren mit der sogenannten
„Genschere“ (CRISPR/Cas) möglich.
Dummerweise hat der Europäische
Gerichtshof 2018 die Hürden für den
Anbau derartig veränderter Pflanzen so
hoch gelegt, dass de facto ein Anbau
von klimaoptimierten Weizen, Mais
oder Soja in Europa nicht möglich ist.
Anderenorts, etwa in China, werden
entsprechend modifizierte Pflanzen

bereits auf den Äckern angebaut. Ein
Beispiel mehr dafür, dass sich Europa
bei wichtigen, ja überlebenswichtigen
Technologien abhängen lässt.
Bereits vor der Veröffentlichung des
IPCC-Berichts hatten führende Gen-
ffforscher aus 117 Forschungszentrenorscher aus 117 Forschungszentren
eine Protestnote beim EU-Parlament
eingereicht. Sie fordern, die Entschei-
dung des Europäischen Gerichtshofs zu
überdenken. Auch Europas Pflanzen-
züchter sollten die Chance haben,
durch Einsatz der sehr leistungsfähigen
Genscheren-Technik jene Sorten zu
entwickeln, mit denen wir auch in den
kommenden Jahrzehnten ausreichend
hohe Erträge erzielen können.
In einer Welt voller Risiken ist es
keine Lösung, reflexartig einfach jeden
Lösungsansatz abzulehnen, der irgend-
wie auch einen mehr oder weniger
großen Nachteil hat. Technik ohne
Nebenwirkungen gibt es nicht, doch es
muss darum gehen, bei der Vermeidung
von Risiken sinnvolle Prioritäten zu
setzen. Das dafür notwendige vernetzte
Denken ist leider noch nicht genug
ausgeprägt. Doch es hängt eben alles
miteinander zusammen: Wie man
Strom erzeugt, wie man Landwirtschaft
betreibt, welchen Lebensstil man pflegt


  • und ob man offen für neue Tech-
    nologien ist, die beim Bewältigen von
    Problemen helfen können.
    [email protected]


Gene gegen Klimawandel


KOMMENTAR


NORBERT LOSSAU

D


ie schwarze Null wackelt be-
denklich. Mit immer neuen
Argumenten wird das Ziel eines
schuldenfreien Haushalts in-
fffrage gestellt. Vor allem derrage gestellt. Vor allem der
erstarkte linke Flügel der Sozi-
aldemokraten wittert eine
Chance, bei den Staatsausgaben jede Zurückhaltung
fffahren zu lassen. Jetzt ist plötzlich die Klimarettungahren zu lassen. Jetzt ist plötzlich die Klimarettung
das Argument, um die im Grundgesetz verankerte
Schuldenbremse infrage zu stellen. SPD-Finanz-
minister Olaf Scholz lässt schon mal rechnen, wie
tiefrot der Etat aussehen müsste, um alle Ausgaben-
wwwünsche der Ministerien, die im Namen der ange-ünsche der Ministerien, die im Namen der ange-
peilten Klimaziele angemeldet werden, zu finanzie-
ren. Angesichts des hohen Stellenwerts, den die
Bürger heutzutage dem Umweltschutz beimessen,
ist die Taktik der Verfechter einer auf Pump fi-
nanzierten massiven Ausgabensteigerung zwar
geschickt. Doch neue Schulden wären genau der
fffalsche Ansatz, um Deutschland fit für die Zukunftalsche Ansatz, um Deutschland fit für die Zukunft
zu machen. Nachhaltiges Wirtschaften umfasst
schließlich sowohl die Finanzen wie auch die Um-
welt. Die Schuldenbremse darf deshalb keinesfalls
zur Disposition gestellt werden. Zumal ein solches
Signal einen gewaltigen Vertrauensverlust bei Bür-
gern und Unternehmen zur Folge hätte, gerade in
Zeiten, in denen sich ohnehin eine wachsende Unsi-
cherheit ausbreitet.
Um Vertrauen ging es auch 2009, als auf der
Höhe der Finanzkrise Bundesrat und Bundestag die
Schuldenbremse mit Zwei-Drittel-Mehrheit be-
schlossen hatten. In der schlimmsten Rezession seit
dem Krieg schnellte das Staatsdefizit in die Höhe.
Der Bund machte Rekordschulden, um Banken zu
retten, Konjunkturpakete zu schnüren und mit
steigenden Sozialausgaben die Folgen der Krise
aaabzufedern. Damals war auch Deutschland beimbzufedern. Damals war auch Deutschland beim
Schuldenstand und dem Defizit meilenweit davon
entfernt, die EU-Stabilitätskriterien einzuhalten.
Mit der Schuldenbremse ging die Politik in jener
nervenaufreibenden Zeit eine Selbstverpflichtung
ein, um sicherzustellen, dass man die in der akuten
Notsituation weggewischten Regeln nicht dauerhaft
ignoriert. Denn die jahrzehntelange Erfahrung hatte
gelehrt, dass Politiker in guten Zeiten fast nie die
Kraft fanden, konjunkturbedinge Schulden wieder
aaabzubauen. Doch nun sind der Bund auch die Län-bzubauen. Doch nun sind der Bund auch die Län-
der nach der Verfassung gezwungen, ihre Haushalte
in der Regel ohne Neuverschuldung zu finanzieren.
Dass der frühere Finanzminister Wolfgang Schäuble
2 014 erstmals seit den 60er-Jahren einen schulden-
fffreien Bundeshaushalt vorlegen konnte, zeigt denreien Bundeshaushalt vorlegen konnte, zeigt den
Erfolg des Konsolidierungskurses.
AAAllerdings musste der Staat in den vergangenenllerdings musste der Staat in den vergangenen
Jahren gar nicht sparen, um die Vorgaben der Schul-
denbremse zu erfüllen. Der lange Aufschwung und
die Rekordbeschäftigung sorgten für kräftig steigen-
de Einnahmen, sodass trotz ebenfalls dynamisch
wachsenden Ausgaben nicht nur die schwarze Null
stets stand, sondern sogar Überschüsse vermeldet
wwwurden. Jetzt aber droht erstmals seit Jahren wie-urden. Jetzt aber droht erstmals seit Jahren wie-
der eine Rezession. Alle Konjunkturindikatoren
weisen darauf hin, dass die guten Zeiten fürs Erste
vorbei sind.
Damit steht der Schuldenbremse der erste Be-
währungstest bevor. Obwohl die Einnahmen derzeit
noch immer – allerdings viel moderater als zuvor –
steigen, tönt bereits laut der Chor derjenigen, die
eine höhere Kreditaufnahme für unabdingbar hal-
ten. Deutschland müsse endlich mehr in Straßen,

Bleibt bloß auf der


Schuldenbremse!


Konjunkturflaute,


Minuszinsen und jetzt


auch noch das Klima –


die Politik findet immer


neue Gründe, um an der


schwarzen Null zu


rütteln. Doch unsolide


Haushaltspolitik ist


brandgefährlich


Schon jetzt besteht der


Bundeshaushalt zur Hälfte


aus Sozialleistungen


LEITARTIKEL


ǑǑ


DOROTHEA SIEMS

Schienen und Schulen investieren, heißt es. Der
Staat dürfe sich nicht kaputtsparen, denn das Land
fffahre seit Jahren auf Verschleiß. Dass Deutschlandahre seit Jahren auf Verschleiß. Dass Deutschland
seine Infrastruktur vernachlässigt und zu viele Defi-
zite im Bildungssystem hinnimmt, ist unbestreitbar.
Doch das liegt keineswegs an einem übertriebenen
Spareifer, sondern an den falschen Prioritäten. Bei
den Sozialausgaben wird seit Jahren geklotzt, und
schon bald wird die Schwelle von einer Billion Euro
erreicht sein. Es wäre ein Leichtes, einen Teil dieser
gewaltigen Summe stattdessen investiv für die Digi-
talisierung, für Verkehrsnetze, die Forschung oder
die Bildung zu nutzen. Schon jetzt besteht der Bun-
deshaushalt zur Hälfte aus Sozialleistungen. Und
wenn im Rahmen der Klimadebatte demnächst auch
noch wie vorgesehen ein „Sozialausgleich“ einge-
ffführt wird, um die Folgen einer COührt wird, um die Folgen einer CO 2 -Bepreisung für
einkommensschwächere Haushalte abzufedern,
dann droht in Zukunft sogar noch weniger Spiel-
raum für investive Aufgaben zu bleiben. Wer jetzt
nach höheren Krediten ruft und das mit dem In-
vestitionsbedarf begründet, will in Wirklichkeit nur
die Konsumlastigkeit der Staatsausgaben fortfüh-
ren. Man belastet lieber Kinder und Enkel, als den
heutigen Wählern ein paar unbequeme Wahrheiten
zuzumuten.
Doch nicht nur Politiker, auch einige Ökonomen
propagieren, die Schuldenbremse aufzugeben. Sie
begründen ihre Forderung mit der neuen Geldwelt.
In Zeiten negativer Zinsen sei die Kreditaufnahme
fffür den Staat so günstig, dass sich Enthaltsamkeitür den Staat so günstig, dass sich Enthaltsamkeit
nicht länger auszahle, lautet ihr Argument. Tatsäch-
lich bekommt der Bund derzeit das Geld hinterher-
geschmissen, weil Anleger aus aller Welt Deutsch-
land als sicheren Hafen sehen. Doch auch zinsgüns-
tige Kredite sind Schulden, die später irgendwann
zurückzuzahlen sind. Und nur wenn die Zinsen für
immer extrem niedrig blieben, wäre ein Pumpen
ohne Reue möglich. Denn dann könnte der Schul-
dendienst einfach mit immer neuen Billigkrediten
bedient werden. Wer daran ernsthaft glaubt, der
müsste allerdings auch Kettenbriefe für einen seriö-
sen Weg zu einer hohen Rendite halten. Spätestens
wenn sich die deutsche Wirtschaft als weniger kri-
senresistent als geglaubt herausstellt, wird der Staat
höhere Zinsen anbieten müssen – und dann zahlt es
sich aus, wenn man solide geblieben ist.
Nach der ökonomischen Lehre mag es richtig
sein, dem Finanzminister mehr Spielraum zu lassen,
als es die Schuldenbremse vorsieht. Doch Politiker
agieren eben immer auch im Interesse ihrer Partei,
die meist eher die nächste Wahl als die langfristige
Entwicklung im Blick hat. Gerade wer langfristige
Ziele wie den Klimaschutz in den Fokus rückt, muss
auf größtmögliche Effizienz achten. Strikte Haus-
haltsregeln sind dabei eine Unterstützung und kein
Hindernis. Und eine kurzfristig auftretende Kon-
junkturschwäche ist ebenfalls kein Grund, vom Weg
der finanzpolitischen Tugend abzuweichen. Denn
die Schuldenbremse erlaubt dem Bund durchaus
kurzzeitige Defizite, die dann später wieder aus-
zugleichen sind. So weit ist es hierzulande aber
noch gar nicht. Deshalb gilt es, dieses Pulver tro-
cken zu halten, falls aus der Flaute eine veritable
Krise wird. Dann könnte die schwarze Null nicht zu
halten sein – die Schuldenbremse aber sehr wohl.
[email protected]

Seine Umfragewerte sindexzellent, und das will ernutzen: Matteo Salvini,polternder Chef der rech-
ten Lega und bisher In-nenminister Italiens, lässtdie Regierungskoalitionplatzen. Mit dem ange-
kündigten Misstrauensvo-tum gegen die eigene Re-gierung ist die Populisten-
allianz aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung am En-de. Die Zeichen stehen aufNeuwahl.
Seite 7

GEHT AUFS GANZEDER POPSTAR

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Ddie Ausfuhren binnen Jahresfrist um acht Pro-zent und damit so stark wie seit Mitte 2016 nichtie vielen Handelskonflikte treffen die er-folgsverwöhnten deutschen Exporteuremit Wucht. Allein im Juni schrumpften
mehr, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.Nach dem ersten Halbjahr steht nur noch einWachstum von 0,5 Prozent zu Buche. „Für dasGesamtjahr zerbröseln die Hoffnungen auf ein
zumindest mageres Exportplus“, sagte der Au-ßenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- undHandelskammertags, Volker Treier. „Wenn wirmit einer schwachen Null – und somit mit dem
schlechtesten Ergebnis seit der Finanzkrise – aus

dem Jahr gehen würden, wäre das angesichts derkonflikt- und krisenbeladenen Weltwirtschaftschon ein Erfolg.“
Vor allem der Zollstreit zwischen China undden USA sowie das befürchtete Brexit-Chaos oh-ne Abkommen sorgen für Unsicherheit.„Deutschland steht im Sommer 2019 an der Gren-
ze zwischen Stagnation und Rezession“, sagteÖkonom Klaus Borger von der Förderbank KfW.Das Statistikamt veröffentlicht am Mittwoch Da-
ten zum Bruttoinlandsprodukt für April bis Juni.Wirtschaftsforscher erwarten ein Minus von 0,1Prozent. „Die Nervosität ist überall greifbar“,hieß es vom Exportverband BGA.
rtrSeite 10

Deutsche Exporte brechen ein

4,00 F 4,30 4,00 ECY 4,00 A&&&/ GB 3,60 GBP / I 4,10 / CZ 116 CZK / DK 33,00 DKK / / B 4,00 (Cont.) / I.B. 4,00 &&/ CH 5,50 CHF / / I.C. 4,00 &&/
NL 4,00 &/ P 4,00 &/ PL 18,00 PLN / SK 3,60 / L 4,00 &/ &&ISSN 0173-8437 185-32ZKZ 7109

KUNDENSERVICE 0 8 0 0 / 9358537 SAMSTAG,10.AUGUST

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Nihre Entschlossenheit, sichweiter so entschlossen zu äu-ßern wie bisher. Man müsserats äußern Politikerach dem alarmierendenBericht des Weltklima-
jetzt alle Anstrengungen unter-nehmen, damit sich so ein Be-richt nicht wiederholt. DerWeltklimarat hatte vor allem
ein Umdenken in der Landwirt-schaft gefordert. Politiker allerParteien erklärten, es sei fünf
flächendeckend verboten wer-den. Bauern zerstören systema-vor zwölf oder später. Als ersteMaßnahme soll Landwirtschaft
tisch und in großem Stil dieNatur und sorgen dafür, dasssich die Erde immer weiter
erwärmt. Dieser gut organisier-ten Bande will man nun endlichdas Handwerk legen. Wer sichdes Ackerbaus oder der Vieh-
zucht schuldig macht, muss mitHaftstrafen rechnen. Es ist gut,dass mit dem Landwirt endlichder wirklich Schuldige für den
Klimawandel gefunden wurde.Die Zerschlagung des Bauern-verbandes und der Agrarlobby
erholt hat, legen wir alle einein Brüssel ist jetzt die vordring-liche Aufgabe der Politik. Bissich die Erde von den Bauern
Essenspause ein und trinkenlieber etwas mehr.

Zippert zappt

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KTruppen aus Deutschland abzuziehen.Hintergrund sind die aus Sicht der Ame-urz vor der geplanten Euro-pareise von US-PräsidentDonald Trump verschärfendie Vereinigten Staaten ihreDrohung, einen Teil ihrer
rikaner zu geringen deutschen Verteidi-gungsausgaben. „Es ist wirklich beleidi-gend zu erwarten, dass der US-Steuer-
zahler weiter mehr als 50.000 Amerika-ner in Deutschland bezahlt, aber dieDeutschen ihren Handelsüberschuss fürheimische Zwecke verwenden“, sagte
US-Botschafter Richard Grenell.VON PHILIP KUHN
Botschafterin in Polen, Georgette Mos-bacher. Polen erfülle seine Zahlungsver-Unterstützung erhielt er von der US-
pflichtung von zwei Prozent des Brutto-inlandsprodukts gegenüber der Nato.„Deutschland tut das nicht. Wir würdenes begrüßen, wenn die amerikanischen
Truppen in Deutschland nach Polen kä-men“, sagte Mosbacher. Trump hatte ei-ne Truppenverlegung von Deutschland
nach Polen bereits im Juni bei einem Be-such des polnischen Präsidenten AndrzejDuda in Washington ins Spiel gebracht.

Grenell pflichtete den beiden bei. „Präsi-dent Trump hat recht, und GeorgetteMosbacher hat recht“, sagte er. „Zahlrei-
che Präsidenten haben die größte Volks-wirtschaft Europas gebeten, für ihre ei-gene Verteidigung zu zahlen. Das ist eineBitte, die sich über viele Jahre und viele
Regierungen hingezogen hat.“ Nun seiman an dem Punkt angelangt, an dem dieAmerikaner reagieren müssten.
Diese verschärfte Rhetorik passt zurEuropatour, die Trump im Anschluss anden G-7-Gipfel in Biarritz unternimmt.Sie führt ihn nach Dänemark und Polen,
einen Bogen. Lediglich BundespräsidentFrank-Walter Steinmeier trifft er am1.September in Warschau, um desum Deutschland macht der US-Präsident
80.Jahrestags des deutschen Angriffs aufPolen zu gedenken. In der SPD reagiert man mit Unver-
ständnis auf die konzertierte Attacke ausden Vereinigten Staaten. „Diese Drohku-lisse des US-Präsidenten ist hochproble-matisch“, sagte der stellvertretende ver-
teidigungspolitische Sprecher ThomasHitschler WELT. Der Realität entsprä-chen die Vorwürfe nicht. Er sei kürzlichmit seinem Parteikollegen Fritz Felgen-
treu in den USA gewesen. „Sowohl im Se-nat als auch im Repräsentantenhaus und

im Pentagon haben sämtliche unsererGesprächspartner das verteidigungspoli-tische Engagement Deutschlands ge-
lobt“, so Hitschler. Kein Gesprächspart-ner habe bestätigt, dass man Truppenaus Deutschland abziehen wolle. Im Ge-genteil: Deutschland sei gelobt worden,
besonders deutlich von Republikanern.Die Reise in die USA hatten Hitschlerund Felgentreu wegen ebenjener Vor-
den Kulissen über die Trump-Drohungendenkt. „Trump wird Deutschland weiterwürfe unternommen. Die beiden SPD-Politiker wollten wissen, wie man hinter
hinstellen, als würden wir nicht genugtun. Das ist unanständig“, so Hitschler.SPD-Fraktionsgeschäftsführer CarstenSchneider sprach von einer „Feldherren-
pose“ des Botschafters. Dem „Spiegel“sagte er: „Deutschland lässt sich nicht er-pressen.“
durchaus Verständnis für die Forderun-gen. Der außenpolitische Sprecher derCDU/CSU-Fraktion, Jürgen Hardt, sagte,In der Union hingegen äußert man
die Amerikaner seien „erheblich irri-tiert“ über mittelfristig nicht steigendeVerteidigungsausgaben in Deutschland.Die für 2021 bis 2023 veranschlagten
Etats seien zu niedrig. Die USA hättenaber in ihre eigene militärische Infra-

struktur in Deutschland langfristig in-vestiert. Diese Investitionen wären beieiner Verlagerung obsolet. Die Amerika-
ner seien auch verärgert über die zurück-haltende deutsche Haltung bei der Missi-on am Persischen Golf. „Deutschlandmuss dort ein sichtbares Zeichen der So-
hält und den Einsatz der US-Amerikanersogar kritisch sieht“, sagte Hardt. Wennlidarität senden. Momentan hat man denEindruck, dass Deutschland sich heraus-
sich Deutschland dort nicht beteiligenwolle, könne man zumindest ein Zeichendes guten Willens senden und den Bünd-
nispartner woanders entlasten. „DieSkepsis gegenüber Deutschland wächst“,sagte Hardt WELT.Tatsächlich liegt Deutschland bei den
Verteidigungsausgaben mit angestrebten1,36 Prozent des Bruttoinlandsprodukts2019 weit unter dem Nato-Ziel. Gleich-
zeitig ist Deutschland das Land, in demdie meisten US-Truppen in Europa sta-tioniert sind: Insgesamt sind es 35.000Soldaten. Hinzu kommen 17.000 ameri-
den. Die Amerikaner betreiben unter an-derem eine Luftwaffenbasis in Ramstein,kanische und 12.000 deutsche Zivilisten,die von den US-Truppen beschäftigt wer-
sie lagern auch inoffiziell Atomwaffen inRheinland-Pfalz. Kommentar Seite 3

SPD: Drohkulisse der USA
ist „hochproblematisch“
US-Regierung verschärft Kritik an Berlin wegen zu geringer Verteidigungsausgaben. Botschafter Grenellnennt deutsche Haltung „beleidigend“ und bringt Truppenabzug ins Spiel. GroKo reagiert uneinheitlich

Dwenigsten die SPD. Die älteste deut-sche Partei steckt in einer histori-schen Krise. Ohne Führung, Richtungie jetzt von der SPD begon-nene Debatte über Rot-Rot-Grün braucht niemand. Am
und Identität taumelt sie katastro-phalen Wahlniederlagen in Ost-deutschland entgegen. Dort ist Rot-
allem eine Machtoption für dieLinkspartei. Deshalb wird die Debat-Rot-Grün – neuerdings zum moder-ner klingenden R2G umgetauft – vor
te ihr nutzen und der SPD weiterschaden.batte niemand, weil sie in Wirklich-Vor allem aber braucht diese De-
keit doch längst gelaufen ist: Wenndas Bündnis links der Mitte eineMachtoption für Sozialdemokraten
oder Grüne ist, werden beide Partei-en es wie jüngst in Bremen auchsonst überall in Westdeutschlandeingehen. 30 Jahre nach dem Fall der
Mauer ist es der mehrfach umbe-nannten SED gelungen, sich aus derpolitischen Quarantäne zu befreien.
Grünen im Südwesten – aus pragma-Dazu hat die Linke selbst etwasbeigetragen. Im Osten dominiert einRealo-Milieu, das – ganz ähnlich den
tischen Kommunalpolitikern besteht,die sich um eine über die Parteigren-zen hinweg anerkannte Führungsfi-gur scharen: Im linken Fall ist das Bo-
do Ramelow, der Thüringer Minister-präsident, der im Bundesrat längstals einer von vielen Landesfürsten
gesehen wird, denen es vor allem da-rum geht, für ihren Sprengel das Bes-te herauszuholen. Eine Verwaltung,die ideologisch gegen Grundbedürf-
nisse der Bürger regiert, gibt es ingrün-rot-rot dominierten BerlinerBezirken, nicht aber in der ostdeut-schen Fläche.
Linke zu argumentieren: Es stimmt,Aber auch die politische Konkur-renz macht es schwerer, gegen die
dass in ihren Reihen immer noch diezweite deutsche Diktatur verklärtwird. Aber relativieren nicht längstauch SPD-Ministerpräsidentinnen
und Leitmedien den UnrechtsstaatDDR? Es stimmt, dass in der Linkenimmer noch autoritäre Regime ver-
klärt werden. Aber längst pilgerndoch auch Ministerpräsidenten vonCDU und CSU zu Wladimir Putin. In Zeiten, in denen die CDU recht
schamlos für eine Machtoption mitder Linken flirtet (in Brandenburg)oder diese nach der Wahl für eineAnti-AfD-Koalition brauchen könnte
(in Sachsen oder Thüringen), wäreweitere Abstinenz von der SPDschlicht zu viel verlangt. Im Gegen-
teil, es muss wohl zu den historischenLeistungen der deutschen Sozialde-mokratie gerechnet werden, der rot-rot-grünen Versuchung so lange
standgehalten zu haben. Ob die CDUgenauso lange durchhält, wenn esbald um potenzielle schwarz-blaueMehrheiten in den neuen Bundeslän-
dern geht?

KOMMENTAR
Rot-Rot-Grünkommt

[email protected]

ROBIN ALEXANDER

MORGEN AM KIOSK PARTNERSUCHE
So geht Dating heute Liebe in Zeiten des Internets:

Terror bezeichnet wird ebensowie der Versuch, „die öffent-Sdes Ansehens des Staates“ alseit 2014 gibt es in Saudi-Arabien ein Gesetz, indem die „Beleidigung
liche Ordnung zu verletzen“oder „die Sicherheit der Gesell-schaft zu erschüttern“. Jeder,der sich auch nur annähernd
dieser sehr vielseitig ausleg-baren Vergehen schuldig macht,wird als Terrorist verurteilt.
freier Fotojournalist, der fürdie Internetseite Awamphotoarbeitete. Er wurde laut Presse-So wie Jassim al-Safar,ein
meldungen im Juli 2012 ver-haftet – zunächst, weil er an-geblich einer Terrorzelle von
nachgewiesen werden.elf Personen angehören sollte.Es konnte jedoch kein wirk-licher Kontakt unter ihnen
Haft und wurde unter anderemwegen des „Verschickens undVeröffentlichens von Fotos perDennoch blieb al-Safar in
YouTube, die dem Ansehen desStaates geschadet haben“, an-geklagt. Vor Gericht berichtete
Jassim al-Safar, er sei währendder Untersuchungshaft gefoltertund misshandelt worden, dochder Richter wies seine Vorwürfe
zurück und verurteilte al-Safaram 18. Juni 2014 zu sieben Jah-ren Haft sowie weiteren siebenJahren Ausreiseverbot.

#themFree
allJassim al-Safar

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Leserbriefe geben die Meinung unserer Leser
wieder, nicht die der Redaktion. Wir freuen
uns über jede Zuschrift, müssen uns aber das
Recht der Kürzung vorbehalten. Aufgrund der
sehr großen Zahl von Leserbriefen, die bei
uns eingehen, sind wir leider nicht in der Lage,
jede einzelne Zuschrift zu beantworten.

anderen EU-Länder machen denn alle
mit? Von den Osteuropäern und den
Olivenbaumländern wahrscheinlich
niemand.
CHRISTIAN MERZENICH, GOCH-NIERSWALDE

Selbst schuld


Zu: „Milliarden Kilowattstunden
Windkraft bleiben ungenutzt“
vom 9. August

Wenn ein neues Industriegebiet er-
schlossen wird, baut man erst einmal
die benötigte Infrastruktur (Straßen
etc.) aus. Dann die Fabrik. Bei uns
baut man die Fabrik, streitet um die
zugehörige Infrastruktur und lässt für
dieses Politikversagen die Verbraucher
zahlen. Das Land war in der Vergan-
genheit schon weiter, als es heute ist,

europäischen Länder wurde die Er-
höhung der Lebensqualität der Bürger.
Es geht auch in der Außenpolitik um
Arbeitsplätze und Umwelt; um Men-
schenrechte und Studentenaustausch.
Im Sinne kann dies durchaus als Fort-
schritt bezeichnet werden. In den USA
hat diese Revolution nicht stattgefun-
den. Dort gilt nach wie vor der Grund-
satz „Foreign policy without the ba-
cking of the military is like a baseball-
game without a baseball bat“. Jetzt
muss es wohl darum gehen, die Ame-
rikaner für unsere Politik zu gewin-
nen, und nicht umgekehrt. Die Er-
höhung der Rüstungsausgaben auf
zwei Prozent des Bruttonationalpro-
dukts ist deshalb ein Rückschritt und
soll von den Europäern nicht akzep-
tiert werden.
WENDELIN ETTMAYER, EHEM. ÖSTERREI-
CHISCHER BOTSCHAFTER

Schön kritisch


Zu: „Twitter-Gerichtshof “
vom 8. August

Danke an die Herren Poschardt und
Don Alphonso für ihre klaren Worte.
Die gefühlt täglich zunehmende
Verhärtung der Positionen und die
Unfähigkeit, sich wirklich den Argu-
menten der Realität zu öffnen, führt
zu einer unguten Polarisierung der
Gesellschaft. Man würde sich sorgen,
wenn man als besorgter Bürger
nicht schon rechts wäre. Daher bleibt
nur Frau Siems im Kommentar
„Machen wir’s wie Kanada“ zuzustim-
men: Auch „Bildungsprobleme löst
man nicht durch Ignorieren oder
Schönreden“. Bitte bleiben Sie so
schön kritisch.
RAINER AURIG, FINSTERWALDE

LESERBRIEFE


und die Verantwortlichen werden von
denen gewählt, die die Stromrechnung
bezahlen. Selbst schuld?
BRITTA LAIS, PER E-MAIL

Rückschritt


Zu: „Sechs Gründe für das Zwei-
Prozent-Ziel der Nato“ vom 8. August

1000 Jahre lang war Außenpolitik
Machtpolitik. Die Mittel dafür waren
Realpolitik, Staatsräson und Krieg.
Macht war vor allem auf militärischer
Macht begründet. Nach dem Zweiten
Weltkrieg hat sich das grundlegend
geändert. Es fand eine Revolution in
der europäischen Diplomatie statt: Die
Logik des Krieges wurde durch eine
Logik der Werte und des Wohlstands
ersetzt. Ziel auch der Außenpolitik der

Ich Fleischesser


Zu: „Unsere tägliche Steuer“
vom 8. August

Der Kommentar von Olaf Gersemann
kann treffender nicht sein! Unsere
tägliche Steuer gib uns heute – denn
sie wissen nicht, was sie tun. SUV-
Fahrer und Fleischesser (so wie ich)
werden wohl bald stigmatisiert. Als
Jäger bin ich auch Lieferant für Bio-
fleisch, denn mehr Bio als Wildfleisch
aus deutschen Wäldern – CO2 neutral
aufgewachsen – geht nicht mehr.
Wenn wir weg wollen von Mastbetrie-
ben und qualvollen Transporten, dann
gäbe es hier Handlungsbedarf. Aber es
ist natürlich einfacher, eine neue Steu-
er auf alles und jedes zu erheben, um
das Klientel ruhig zu halten. Letztlich
muss man sich noch fragen, welche

S


ommerferien in einem europäi-
schen Land, in dem der Durch-
schnittsverdienst bei 700, die
Durchschnittsrente bei 320 Euro liegt,
die Preise aber durchaus mit deut-
schen Preisen zu vergleichen sind.
Wie kommen die hier bloß über die
Runden? Die Menschen sind ordent-
lich (zum Teil elegant) gekleidet, man
sieht einander ins Gesicht, junge Leu-
te stehen im Bus für die Älteren auf,

sieht einander ins Gesicht, junge Leu-
te stehen im Bus für die Älteren auf,

sieht einander ins Gesicht, junge Leu-

nahezu jedermann hält sich beim Gäh-
nen die Hand vor den Mund, nirgends
liegt Müll.
Vielleicht gibt es hier Verzweiflung,
Elend – im Privaten. Auf den Straßen
sieht man sie nicht. Was mich zu der
Frage bringt, warum es im reichen
Deutschland so anders ist: Warum so
viele so unglaublich verdrossen sind –
und warum die deutsche Hauptstadt
immer mehr an den versifften Boden
eines Müllcontainers erinnert.
Deutschland hat 2018 fast eine Billi-
on Euro – 1000 Milliarden! – für Sozi-
alleistungenausgegeben. Das ist nahe-
zu ein Drittel des Bruttoinlands-
produkts. Stolz ist auf diese giganti-

sche Leistung niemand, glücklich
macht sie anscheinend auch kaum
jemanden. Die Wirtschaftsvertreter
jammern wie immer über die schreck-
liche Auspressung durch den Staat –
ohne zu berücksichtigen, wie sehr
sozialer Frieden ihren Geschäftsmo-
dellen nützt. Und die Sozialverbände,
die Linkeund Teile der verzwergten
Sozialdemokratie finden natürlich nie,
nie, nie, dass es genug ist.
Vielleicht liegt es ja gar nicht (in
erster Linie) am Materiellen? Viel-
leicht besitzen die formal armen Bal-
ten innere Werte, Maßstäbe und die
Fähigkeit zur Anstrengung, die uns
individuell und kollektiv verloren
gehen?
Vielleicht wäre es ein Weg aus der
deutschen Depression, wenn die Ein-
zelbürger sich mit der Liebe, mit Er-
ziehung und Gemeinsinn mehr Mühe
geben würden als mit Erbschafts-
streitigkeiten und Konsum? Und wenn
sich die Regierung nicht immer nur
nach neuen Möglichkeiten für Sozial-
ausgaben umsähe, sondern in das
investieren würde, was keiner von uns
allein bezahlen kann: ordentliche
Schulen, guten öffentlichen Verkehr,
Sicherheit im Dunkeln, saubere Städ-
te, erschwingliche Wohnungen,
Schwimmbäder, Parks, Internet? In
Vilnius (und Riga und Tallin) scheint
das zu gehen, rätselhafterweise.

Diese deutsche Verdrossenheit


PLATZ DER REPUBLIK


SUSANNE GASCHKE

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