in Tibet einmarschierten – ein Jahr, nachdem
die kommunistische Revolution in der Grün-
dung der Volksrepublik China mündete. Da
Tibet nicht auf die Verteidigung gegen Zehntau-
sende chinesische Soldaten vorbereitet war,
brachte die tibetische Regierung den Dalai Lama
außerhalb der Stadt in Sicherheit. Doch der sorg-
te sich um das Wohlergehen seines Volkes und
beschloss zurückzukehren.
IM ALTER VON 19 JAHREN traf der Dalai Lama
Mao erstmals persönlich in Peking. Nach der
Begegnung, sagt er heute, sei Mao ihm gegen-
über sanfter aufgetreten. Der chinesische
Machthaber habe ihn sogar großzügig mit Rat-
schlägen bedacht, wie er seinem Volk ein guter
Anführer sein könne. Bei seiner Rückkehr nach
Lhasa, erzählt er, war er tatsächlich „voller Ver-
trauen, Zuversicht und Hoffnung“, dass ein
Frieden mit den Chinesen möglich sei.
Doch die Tibeter litten unter der De-facto-
Herrschaft durch China. In einem Bericht der
internationalen Juristenkommission an die Ver-
einten Nationen von 1960 hieß es, die Tibeter
erlitten „Folter und grausame, unmenschliche
und herabwürdigende Behandlung“. Der Bericht
kam zu dem Schluss, dass in Tibet „ein regel-
rechter Völkermord begangen wurde, um die
Tibeter als religiöse Volksgruppe zu vernichten“.
Als sich die Tibeter in mehreren Aufständen
auflehnten, begannen die chinesischen Behör-
den mit der Verhaftung von hohen Lamas und
anderen Volksvertretern. Zum Schutz ihres
höchsten Anführers umringten am 10. März 1959
Tausende Tibeter den Sommerpalast des Dalai
Lama in Lhasa und bildeten einen riesigen
menschlichen Schild. „Ich tat alles, um die Lage
zu entschärfen“, erinnert sich der Dalai Lama,
die jedoch „immer angespannter“ wurde.
Schließlich rückten chinesische Truppen auf
den Palast zu – offiziell, um ihn zu beschützen.
Viele bezweifelten das. In der Umgebung des
Komplexes landeten Mörsergranaten. So be-
schloss der Dalai Lama am 17. März, dass es
„keine Alternative gab, außer der Flucht“.
Mit einem langen, schwarzen Soldatenmantel
verkleidet, das Gewehr über der Schulter, ent-
kam der Dalai Lama.
1973 Bei seinem ersten
Besuch in Westeuropa
hält der Dalai Lama
einen tibetischen Jun-
gen. Dessen Familie war
nach London gekom-
men, um das Exilober-
haupt zu sehen.
Obwohl in Großbritan-
nien damals gerade
mal 40 Tibeter lebten,
hatten die Flüchtlinge
schon buddhistische
Zentren und einen Ver-
ein gegründet.
1989 Für seinen gewalt-
freien Widerstand
gegen die chinesische
Besatzung wird dem
Dalai Lama in Oslo der
Friedensnobelpreis
verliehen. Begründung
des Komitees: „Für das
tibetische Oberhaupt
sprach vor allem, dass
er trotz der brutalen
Gewalt Kompromissbe-
reitschaft zeigte und
nach einer Aussöhnung
strebte.“
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