Martin Baart, Markus Schwaninger
Energiewende in Afrika
W
ährend der Anteil der er-
neuerbaren Energien am
Strommix in Deutschland
auf ein Rekordhoch klettert, kommt
die Energiewende in Entwicklungs-
und Schwellenländern kaum voran.
Das größte Problem: Oft fehlt die ge-
eignete Finanzierung. Im Weltbank-
Bericht „Doing Business 2018“, der
das Investitionsklima in 190 Ländern
bewertet, ist Ghana im Vergleich zu
den Vorjahren deutlich abgesunken
und liegt auf Platz 120. Bei vielen
Ländern in Afrika ist es ähnlich.
Genau diese Erfahrung hat Martin
Baart und Markus Schwaninger auf
einer Solarkonferenz in Kenia ins Ge-
spräch gebracht. Beide arbeiteten
2013 an der Umsetzung von Solarpro-
jekten in Ost- und Westafrika und
mussten immer wieder mit ansehen,
wie Grünstromprojekte dort scheiter-
ten, wo sie eigentlich die größte Hilfe
wären. Der Boom blieb aus.Um das zu ändern, gründeten
Baart und Schwaninger drei Jahre
später das Start-up Ecoligo. „Investi-
tionen in den Ausbau erneuerbarer
Energien in Entwicklungsländern
können profitabel sein. Es gibt nicht
nur traurige Kinderaugen in Afrika,
sondern auch Wirtschaftskraft“, sagt
Baart.
Mit ihrem Geschäftsmodell wollen
die beiden Gründer eine Art Ersatz-
struktur für die afrikanischen Kapi-
talmärkte bilden. „Darlehen in Län-
dern wie Ghana sind meist mit sehr
hohen Zinsen versehen, das hält viele
davon ab, den nötigen Kredit für eine
Solaranlage auf sich zu nehmen“, er-
klärt der 34-jährige Baart.
Afrika ist der Kontinent mit dem
weltweit größten Potenzial für Erneu-
erbare. Dennoch ist die Energiewen-
de dort auf höchst unterschiedlichem
Stand. Während Kenia schon jetzt
globaler Marktführer für nicht netz-
gebundene Solaranlagen ist, steht in
Nigeria und Südafrika eine starke In-
dustrie fossiler Energiequellen einem
schnellen Umstieg entgegen. Eine
wesentliche Hürde stellen auch die
bislang vergleichsweise hohen Kapi-talkosten der Erneuerbaren dar: Hö-
here Investitionsrisiken – beispiels-
weise durch politische Unsicherhei-
ten – spiegeln sich in höheren Zinsen
und damit höheren Kosten für Inves-
toren wider.
Genau hier wollen die Ecoligo-
Gründer mit ihrer Idee greifen: Ein
lokales Unternehmen meldet Interes-
se an einer Solaranlage an, Ecoligo
sammelt das nötige Kapital via
Crowdfunding ein und sorgt für den
Bau und die Wartung der Anlage. Die
Investoren erhalten für ihr Invest-
ment im Schnitt 5,5 Prozent Zins pro
Jahr bei einer Laufzeit zwischen fünf
und 15 Jahren.
Aktuell sammelt Ecoligo mehrere
Hunderttausend Euro für eine Solar-
anlage auf dem Dach der zentralen
Universität in Ghana ein. Insgesamt
hat das Start-up bereits 13 Projekte
umgesetzt, mit einem Investitions-
wert von 2,2 Millionen Euro.
„Wir geben unseren Kunden vor
Ort nicht nur das Geld, sondern
beschäftigen auch qualitativ geprüfte
lokale Unternehmen mit der Installa-
tion und Wartung der Anlage. Nach
der Vertragslaufzeit kann die Solar -anlage dann gegen einen obligatori-
schen Euro gekauft werden“, erklärt
Baart das Geschäftsmodell.
In dieser Zeit kauft der Kunde vor
Ort nicht nur den Strom von Ecoligo,
sondern zahlt auch die Solaranlage
nach und nach ab. „So müssen unse-
re Kunden die hohen Investitionskos-
ten für eine Solaranlage nicht auf ei-
nen Schlag aufbringen und brauchen
keinen hoch verzinsten Kredit zu
nehmen.“
Laut einer aktuellen Umfrage der
Union Investment Bank interessieren
sich immer mehr Privatanleger für
nachhaltige Investitionen. Hatten vor
fünf Jahren gerade einmal 39 Prozent
überhaupt von umweltfreundlichen
Geldanlagen gehört, waren es im Mai
2019 immerhin schon deutlich über
die Hälfte der Befragten.
Und tatsächlich: Die Summe nach-
haltiger Geldanlagen erreichte in
Deutschland mit 219 Milliarden Euro
im vergangenen Jahr einen Höchst-
stand. Das geht aus dem neuen
Marktbericht des Vereins Forum
Nachhaltige Geldanlage (FNG) her-
vor. Im Gesamtbild ist das aber im-
mer noch vergleichsweise wenig.
Grüne Anlagen machen laut FNG ge-
rade mal 4,5 Prozent am insgesamt
drei Billionen Euro schweren Fonds-
markt aus.
Trotzdem: „Das ist ein Wachs-
tumsmarkt“, ist Baart überzeugt.
Ecoligo ist für den Berliner weitaus
mehr als eine Geschäftsidee. „Wir
haben eine globale Verantwortung,
die Energiewende voranzutreiben,
und wir müssen von diesem natio-
nalen Denken wegkommen. Es ist
ein globales Problem. Und Gebiete
wie Afrika werden vom Klimawan-
del am härtesten getroffen“, sagt
Baart. Kathrin WitschRichard Baker
In der Defensive
R
ichard Baker hatte offenbar
gedacht, er würde bei den
Aktionären offene Türen ein-
rennen. Der Chairman und Großak-
tionär des kanadischen Handelskon-
zern Hudson’s Bay Company (HBC)
will zusammen mit einer Investoren-
gruppe das Unternehmen überneh-
men und von der Börse nehmen –
wie es der aktivistische Investor Jona-
than Litt schon lange gefordert hat.
Dann könnte Baker wieder ungestört
durchregieren. Doch bei dem von
ihm gebotenen Preis hat er sich of-
fenbar verkalkuliert. 9,45 kanadischeDollar will er zahlen – eine Summe,
die er bereits im Januar einem Pensi-
onsfonds für dessen Zehn-Prozent-
Anteil geboten hatte. Doch der Ak-
tienkurs ist gestiegen – und mit ihm
die Begehrlichkeiten der anderer Ak-
tionäre. Und nun formt sich eine Op-
position, die seine Pläne empfindlich
stören könnte.
Der lautstärkste seiner Gegner ist
Jonathan Litt, der über seinen Fonds
Land and Buildings rund drei Pro-
zent der HBC-Aktien hält. Als „bekla-
genswert unangemessen“ hat er das
Angebot bezeichnet und darauf hin-
gewiesen, dass HBC-CEO Helena
Foulkes selber jüngst eingeräumt ha-
be, dass allein das Immobilienvermö-
gen des Unternehmens einen Wert
von 28 kanadischen Dollar pro Aktie
habe. Nun hat Litt einen Mitstreiter
bekommen. Die Investmentgesell-schaft Catalyst Capital Group hat eine
öffentliche Offerte für rund acht Pro-
zent der HBC-Aktien gemacht – und
bietet 10,11 kanadische Dollar pro An-
teilsschein. Und Catalyst hat erklärt,
dass der Fonds mit seinen Stimm-
rechten gegen die Pläne von Baker
stimmen will.
Für Baker, der wegen seines nerdi-
gen Auftretens gerne unterschätzt
wurde, ist es eine relativ neue Erfah-
rung, sich mit einem Mal in der De-
fensive zu befinden. Lange war er
der smarte Angreifer, der sich mit
wenig eigenem Geld und dem cleve-
ren Einsatz von beliehenen Immobi-
lien ein Warenhaus-Imperium zusam-
mengekauft hatte. Schon als Jugendli-
cher war er eher an Geschäften
interessiert als an der Schule. So bau-
te er mit 15 Jahren einen Catering-Ser-
vice auf und beschäftigte seine Klas-senkameraden als Kellner, wenn er
die Gartenpartys in den noblen Vier-
teln seines Geburtsorts Greenwich
belieferte.
Doch kurz nachdem er 2015 auch
noch Kaufhof übernommen hatte,
zeigte sich, dass ihm sein Handels-
reich über den Kopf wuchs – und er
wenig überzeugende Rezepte gegen
den Niedergang der Warenhäuser
hatte. Als das Geschäft in Deutsch-
land immer mehr Verluste anhäufte,
verkaufte er Kaufhof an den Karstadt-
Eigentümer René Benko. Und genau
dieses Geld will er jetzt einsetzen,
um die HBC-Aktionäre auszubezah-
len. Doch obwohl Baker und seine
Mitstreiter nach eigenen Angaben be-
reits 58 Prozent der Anteile kontrol-
lieren, ist der Deal noch lange nicht
durch, die Aktionäre wollen mehr.
Florian KolfEs gibt nicht
nur traurige
Kinderaugen
in Afrika,
sondern auch
Wirtschafts -
kraft.
Martin Baart
Gründer EcoligoRobin Van Lonkhuijsen/EPA/REX
Martin Baart (l.)
und Markus
Schwaninger:
Nachhilfe für
erneuerbare Ener -
gien in Afrika.Ecoligo
Der Kontinent nutzt das
enorme Potenzial der
Sonnenenergie kaum. Zwei
Gründer wollen das ändern.
Der Großaktionär will die
ehemalige Kaufhof-Mutter
HBC von der Börse kaufen.
Doch nun formiert sich eine
starke Opposition.
Richard Baker:
Das Geld aus dem
Kaufhof-Verkauf will
er nutzen.Familienunternehmen des Tages
DIENSTAG, 30. JULI 2019, NR. 144
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