Handelsblatt - 22.07.2019

(sharon) #1

Jeremy Hunt


Profiteur der Irankrise


V


or dem Wochenende sah es noch so
aus, als stünde der britische Außen-
minister vor einem schweren Rück-
schlag: In der neuen Woche dürfte sein Riva-
le Boris Johnson zum neuen Premierminis-
ter Großbritanniens ernannt werden, Jere-
my Hunt indes den Kampf um das Amt ver-
loren haben. Und nachdem Hunt während
des Wahlkampfs den Favoriten Johnson hef-
tig attackiert hatte, war nicht zu erwarten,
dass dieser Hunt bei einem Wahlsieg für das
neue Kabinett berücksichtigen würde. Doch
mit dem Konflikt am Persischen Golf haben
sich Hunts Chancen in den vergangenen Ta-
gen wesentlich verbessert.
Nachdem Irans Revolutionsgarden am
Freitag zwei Frachter in der Straße von Hor-
mus stoppten und ein Schiff weiter festhal-
ten, droht dort eine Eskalation. Hunt, der
seit einem Jahr Außenminister ist, hat des-
wegen ein hektisches Wochenende erlebt:
Er bestellte Irans diplomatischen Vertreter

in London ein, telefonierte mit seinem irani-
schen Amtskollegen Mohammad Dschawad
Sarif, gab Fernsehinterviews. Mehrmals tag-
te der nationale Sicherheitsrat. Er sei be-
sorgt, dass der Iran scheinbar einen „gefähr-
lichen Weg des illegalen und destabilisieren-
den Verhaltens“ eingeschlagen habe, sagte
Hunt und warnte den Iran vor den Konse-
quenzen. An diesem Montag soll das Parla-
ment erfahren, welche Maßnahmen für den
Iran folgen werden. „Wir erwägen aber kei-
ne militärischen Schritte“, sagte Hunt dem
Sender BBC. „Wir prüfen diplomatische We-
ge, um diese Situation zu klären.“
Angesichts der sich verschärfenden Situa-
tion verfestigt sich in London die Auffas-
sung, ein Wechsel des Außenministers sei
aktuell keine gute Idee. Möglicherweise
kann Hunt also doch sein Amt behalten,
wenn Boris Johnson als neuer Premiermi-
nister das Kabinett umbildet. Bislang galt
das wegen Hunts öffentlicher Attacken auf
Johnson als unwahrscheinlich. Hunts Kolle-
gen – Justizminister David Gauke und Fi-
nanzminister Philip Hammond – haben in-
des bereits angekündigt, im Falle eines
Wahlsiegs von Johnson am Mittwoch von ih-
ren Ämtern zurückzutreten. Kerstin Leitel

Jeremy Hunt:
Der britische
Außenminister
darf weiter
hoffen.

dpa

Wir erwägen


keine


militärischen


Schritte, wir


prüfen


diplomatische


Wege, um diese


Situation zu


klären.


Jeremy Hunt
britischer Außenminister

Anja Karliczek


Knatsch um Forschungsstandort


B


undesforschungsministerin Anja
Karliczek (CDU) gerät wegen ihres
Beschlusses, eine Forschungsfabrik
für Batteriezellen in Münster anzusiedeln,
immer stärker in Bedrängnis. Die Bundes-
tagsfraktionen von Grünen, FDP und Links-
partei beantragten eine Sondersitzung des
Forschungsausschusses: Am Mittwoch wol-
len sie von Karliczek wissen, warum sich die
Ministerin für einen Standort in der Nähe
ihres Wahlkreises entschieden hat.
„Rund um diese für den Mobilitätsstand-
ort Deutschland wichtige innovations- und
industriepolitische Förderentscheidung sind

viele Fragen offen. Es ergeben sich Wider-
sprüche“, erklärte die Grünen-Abgeordne-
ten Margit Stumpp. Das Forschungsministe-
rium verschweige trotz mehrerer parlamen-
tarischer Anfragen die Bewertung der acht
Bewerberstandorte für die Batteriefabrik.
Vergangene Woche war bekannt gewor-
den, dass sich Karliczek auf Münster als
Standort der mit Bundesmitteln geförderten
Batteriezellenfabrik festgelegt hat, obwohl
die Gründungskommission angeblich Ulm
bevorzugte. Ein Sprecher der Ministerin
wies die Darstellung allerdings zurück, dass
die Experten der Kommission eine Empfeh-
lung für Ulm abgegeben hätten.
Das Kanzleramt erwartet, dass Karliczek
nun ein Gesamtkonzept für die Batteriezel-
lenforschung in Deutschland vorlegt. Darin
müssten auch andere Standorte berücksich-
tigt werden. Gregor Waschinski

BusinessLounge


Fridays for Future: In Berlin freuten sich am Frei-
tag Schüler und Studenten über prominente Un-
terstützung. Im Regierungsviertel demonstrierte
die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg
gemeinsam mit ihnen für mehr Klimaschutz und
eine saubere Umwelt.

Mondbegehung: Anlässlich des 50. Jahrestags
der ersten Mondlandung durch Neil Armstrong
erzählte der deutsche Astronaut Alexander Gerst
(„Astro Alex“) im Zeiss-Großplanetarium in Berlin
von seinen Erlebnissen im All.

Mondbegehung:Anlässlich des 50 Jahrestags


Pferdeflüsterin: Unter den Augen der Pferde-
liebhaberin und neuen EU-Kommissionschefin
Ursula von der Leyen hat die deutsche Dressur-
mannschaft zum achten Mal in Folge den Natio-
nenpreis beim CHIO in Aachen gewonnen.

Pferdeflüsterin:Unter den Augen der Pferde


Handschlag: Josep Maria Bartomeu, Präsident
des FC Barcelona (l.), und Hiroshi Mikitani, Chef
des japanischen Onlinehändlers Rakuten, bei ei-
nem Treffen in Tokio. Rakuten ist Sponsor des
spanischen Fußballvereins.

Handschlag:Josep MariaBartomeuPräsident


action press, AP, dpa (2)

Der britische Außenminister


musste um seinen Posten fürchten.


Mit dem Konflikt am Persischen


Golf bessern sich seine Chancen.


Die Ministerin muss im Streit um


die Fabrik für Batteriezellen nun


vor dem Bundestag Rede und


Antwort stehen.


Anja Karliczek:
Opposition hat
Fragen zur Batterie-
zellenfabrik.

imago images / Christian Spicker


Namen des Tages


MONTAG, 22. JULI 2019, NR. 138


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