Frankfurter Allgemeine Zeitung - 03.03.2020

(Michael S) #1
ela. WIEN.Die Coronavirus-Epide-
mie überlagertden steilenWachs-
tumskursdes FlughafensWien.Der
Betreiber,der im zurückliegenden
Jahr derWachstumskaiser unter den
großen Flughäfen in Europawar, rea-
giertauf die Seuche mit einempräven-
tiven Sparpaket,ohne Details zu bezif-
fern.Der im Januargegebene Aus-
blickfür 2020 mit einem moderaten
Passagierwachstum vonfünf Prozent
sei nocherreichbar.Aber er „wirdmit
jedemTag, den die Coronakrise an-
hält, unwahrscheinlicher“, sagteVor-
stand Julian Jäger am Montag. Bis
Ende April hält er eine seriöse Ein-
schätzung für möglich. Imvergange-
nen Jahrverzeichnete der Flughafen
Wien mit plus 17 Prozent nachAnga-
ben des Europäischen Flughafenver-
bands dasgrößte Passagierwachstum
unter dengroßen Airports.

D


as hat der exportorientierten
deutschen Industrie gerade
nochgefehlt :Ohnehin lädiert
durch die Abschwächung der
Weltkonjunktur und die Not, die Geschäfts-
modelle im Lichtevon Klimawandel und
Digitalisierunggrundlegend zu überden-
ken, droht durch das Coronavirusweiteres
Ungemach.Noch regiertder Konjunktiv.
In China, auf das mit 8,5 Prozent ein sogro-
ßer Anteil des deutschenAußenhandels
entfälltwie aufkein anderes La nd, verlang-
samt sichdie Ausbreitung desVirus. Das
lässt hoffen, dassalles nicht so schlimm
kommt wie befürchtet. Solltenaber Liefer-
ketten unterbrochenwerden und Contai-
ner mit Vorleistungsgüternwochenlang

still stehen,wärendie Folgen für die hiesi-
ge Industrieproduktionverheerend.
Schon im Jahr 2019 lag sie 3,6 Prozent
unter dem Niveauvon2018, nachdem es
zuvor jahrelang aufwärtsgegangenwar. Da-
bei hattesichsoeben erst Zuversicht breit-
gemacht.Die monatelangeTalfahrtder In-
dustrie seigestoppt, mutmaßten Beobach-
terinden vergangenenWochen, und die
StabilisierungvonStimmungsindikatoren
wie der Geschäftsklimaumfragedes Mün-
chener Ifo-Institutsbot auchGrund dazu:
Auf94,5 Punkte wardas Barometerbis Au-
gust2019 gefallen,seither ging es im
Trend leicht nachoben. Zuletzt rangierte
der Indexbei 96,1 Zählern.
IndustrieunternehmenstuftenihreGe-
schäftslage und Erwartungen zum Jahres-
wechsel wiederetwasbesser ein.Der In-
dustrie-Indexdes LondonerMarkit-Insti-
tuts kletterte im Februar sogar auf ein
13-Monats-Hoch,wasmit abgeschwäch-
tenRückgängen bei Produktion,Auftrags-
eingang und Beschäftigung erklärtwurde
–denn allenvorandie Verständigungvon
Amerikanernund Chinesen auf einTeil-
handelsabkommen hatteHoffnung ver-
sprüht, dassesmit derWeltwirtschaftin
diesem Jahr wieder aufwärtsgeht.Greift
nun wieder derPessimismus um sich?
„Die Entspannung im Handelskonflikt
wirdüberlagertdurch die neuen Corona-
Sorgen“, sagt Holger Schmieding, Chef-
volkswirtder BerenbergBank, derF.A.Z.
Er sprichtvoneinem„Vertrauensschock“,
dennicht nur die deutsche Industrie zu spü-

renbekomme. Schon jetztrichte die Angst
auchinden übrigen, bislang solidedaste-
hendenWirtschaftsbereichen Schäden an:
Die abgesagtenMessenreduziertendie
Nachfrag enachTransportdienstleistun-
gen, derTourismus leide. Für die ersten
beiden Quartale rechnet Berenbergnun
mit einemRückgang der deutschenWirt-
schaftsleistung. Bereinigtvonkalendari-
schen Sondereffekten–die Feiertage fal-
len in diesem Jahr arbeitnehmerunfreund-
lichaus –, erwartet Schmieding einWachs-
tum um dieNulllinie. Bislanghatteer0,6
ProzentWachstum prognostiziert.
AndereFachleute haben ihreWachs-
tumserwartung gleichsam zurechtgestutzt.
Das Konjunkturbarometerdes Deutschen
Instituts fürWirtschaftsforschung (DIW)
in Berlin zeigt nachder Aufhellungzum
Jahreswechsel nun wiederdeutlichnach
unten–auchwenn der Corona-Effekt vor-
erst unklar und nicht zu beziffern sei, be-
tont der DIW-Konjunkturchef ClausMi-
chelsen.„In einer ohnehingeschwächten
WirtschaftslageinDeutschland droht die
weiter eAusbreitungdes Coronavirus zu ei-
nem wahren Konjunkturhemmerzu wer-
den“,sagt auchVolkerTreier,der Außen-
wirtschaftschef des Deutschen Industrie-
und Handelskammertags. DieVolkswirte
der Förderbank KfW sind ebenfalls pessi-
mistischergewo rden. Sie erwarten mit 0,4
Prozent aber zumindestnochein leichtes
Wachstum in diesemJahr.
Unddennoch: Der Corona-Schockdürf-
te verdecken, dasssichanden leicht opti-

mistischen Vorzeichen dervergangenen
Wochen im Grunde nichtsveränderthat.
Der EU-Aust ritt Großbritanniens ging
zum 1.Februargeräuschlos über dieBüh-
ne. Auch wenn derAusgang derVerhand-
lungen überein Handelsabkommen noch
offenist,wurde die GefahrvonVerwerfun-
genvor allemfür die deutsche Exportwirt-
schaf tschon einmal merklichhöhereinge-
stuft. Der hiesigeDienstleistungssektor
warohnehin bis zuletzt einFels in der
Brandung, Industrierezessionhin oder
her.Ähnlichrobustpräsentierte sichtrotz
leichtem Dämpfer zum Jahresende der pri-
vate Konsum. Eine kräftigeZuwachsrate
von10Prozent verglichen zumVorquartal
erzieltezudemder Staatskonsum in den
Monaten Oktober bis Dezember2019.
Im Wettstreit zwischen den Supermäch-
tenAmerikaund China dürften die jüngs-
tenTurbulenzengareine positiveSeiteha-
ben. „Unter dem Druckdes Aktienmarkt-
einbruchshat das Risikovon eskalieren-
den Handelsspannungen abgenommen“,
glaubt Berenberg-ÖkonomSchmieding.
Undauchwenn die Prognosen sehr unsi-
cher seien, hält er eine monatelangeAb-
wärtsspirale für „sehr unwahrscheinlich“.
Nach der Lehman-Insolvenz habe diese
ein halbes Jahrgedauert, aber das sei sehr
ungewöhnlichgewesen.Unter stützt durch
Aufholeffekte und die Entfaltung der nun
beschlossenenKonjunkturstimulirechnet
der Ökonom für Deutschland mit einer
„nennenswertenErhol ung in der zweiten
Jahreshälfte“.

che. SINGAPUR.Viel Lob hat Singapur
vonallen Seiten für sein Management der
Corona-Krise erhalten. Gut hundert Fälle
verzeichnetder südostasiatischeStadt-
staat mit seinen knappsechs Millionen
Einwohnernderzeit .Die rigide Regierung
der reichenTropeninselkann ihreGren-
zenrelativ einfachschließen,verfolgteine
vorbildliche Spurensuchenachden Infekti-
onsmustern,schiebt Ausländer,die ihre
Quarantäne-Regeln brechen, innerhalb
von24Stunden ab. DieRegierung aber
nutzt nicht nur die Knute, um sichgegen
die Krankheit zuwehren. Siestärkt gleich-
zeitig jene,die d ie Folgen desVirusspü-
ren, und zeigt ihreAnteilnahme über den
Wegder Umverteilung.
Während in Deutschland kritisiert
wird, dasssichBundeskanzlerin Merkel
nicht äußere, hat SingapursMinisterpräsi-
dent Lee Hsien Loong mehrfachvor den
ökonomischenFolgen desVirusgewarnt.
ZumWochenende ließ er denWarnungen
Tatenfolgen: Präsidentin, Premierminis-
terund Ministerverzichten jeweils auf ein
Monatsgehalt.Zwarist es kein Geheim-
nis, dassdie politische Elite Singapurs
sichdie global höchstenGehältergeneh-
migt.Umso größter istder Einschnitt nun.
Auch sämtlichenParlamentariernSinga-
purswerden in der Krise die Bezügefür ei-
nen Monatgestrichen.
Die führendenPolitikerwollen so ihre
Solidarität mit der eigenen Bevölkerung
ausdrückenund den Eindruckvermeiden,
„die da oben“ machten sichnur dieTa-
schenvoll –während derRest der Men-
schen unter einer Krise leidet.Einzelhan-
del und Dienstleistungsgewerbe spüren
schon jetzt, wie sichein Einbruchder Gäs-
tezahl umrund 30 Prozent anfühlt.Sofol-
generste Staatskonzerne dem Beispiel der
Politiker: SingaporeAirlineskürzte am
Freitag das Einkommen desVorstandsvor-
sitzenden Goh Choon Phong um 15 Pro-
zent, das der Manager unter ihm um5bis
10 Prozent.Offen ist, wie langedie Mana-
gerauf Hunderttausende Dollarverzich-
ten. Die Ankündigungkamindenselben

Stunden,als etwa Martin Brudermüller,
der VorstandsvorsitzendevonBASF,oder
Frank AppelvonDHL/DeutschePost er-
klärten, dassdas VirusauchihreGe-
schäftsmodelle starkbeeinflussenwerde.
Andersals in Deutschland übernehmen in
Singapur aber immer mehr Unterneh-
menschefsdemonstrativ einenTeil der
Last.
Singapur streicht aber nicht nur oben,
es hilftauchunten. Staatsbedienstete, die
in er ster Reihe –inKrankenhäusernoder
Kliniken–gegen dasVirusarbeiten, be-
kommen bis zu einem Monatsgehalt Bo-
nus.Dazu zählen auch Schwesternin staat-
lichen Krankenhäusern„Wirkönnen ih-
nen nichtgenug danken. Aber wirkönnen
ihnen unsere Anerkennung zeigen und sie
in spürbarerWeise unterstützen“,sagte
der Stellvertrete nde Ministerpräsident
Heng SweeKeat bei der Haushaltsdebat-
te.Auchanderetrifftdie Angstvor dem
Virus. Undauchihnen sollgeholfenwer-
den: Die Betreiber vonHotels, in denen
vorallem chinesischeReisegruppen ein-
kehrten. Oder die BetreibervonMarkt-

ständen in Chinatown, das heuteweitge-
hend verwaistdaliegt.
So hat dieRegierung beschlossen, je-
dem Singapurer jenseits 21 Jahren eine
Barauszahlungvonmindestens 100 und
bis zu 300 SingapurDollar (195 Euro) zu
leisten.Wermehr als eineImmobilie hält,
bekommtnur 100Dollar.Elter naber be-
kommenweitere100 Dollar.Jenach ihrer
sozialen Stellung erhaltenjene, die im
staatlichgestützten Niedriglohnsektor ar-
beiten, eine Einmalzahlungvonbis zu 720
Dollar.Älter eMitbürgervon mehr als 50
Jahrenwerden mit einmalig 100 Dollar
für EinkäufeimSupermarkt bedacht. So
geht esweiter:Wer in Sozialwohnungen
lebt, bekommt 100 Dollar in Gutscheinen
für Lebensmitteleinkäufe.Undschließlich
bekommen ärmereSingapurer einen Gut-
schei nfür die Belastung aus der Mehrwert-
steuer von7Prozent,der bis zu 1000Dol-
lar betragenkann. Deren Erhöhungauf 9
Prozent wirdummindestensein Jahrver-
schoben. ZusammengerechnetführtCoro-
na dazu, dassMitglieder der untersten so-
zialen Schichten in den nächstenWochen
mit bis zu 2000 Dollar aus demStaatshaus-
halt gestützt werden. Ein Elternpaar um
die 35 Jahremit Kin dmit einem Monats-
einkommen um die 4500 Dollarineiner
staatlichbezuschussten Drei-Zimmer-
Wohnung darfsichüber eineFinanzsprit-
ze von1260 Dollarindiesem Jahr freuen.
Fürdie Großzügigkeit der Regierung
gibt es mehrereGründe: Sie sitztauf ei-
nem hohen Milliardenvermögen, das sie
sichinden vergangenen Jahrzehnten erar-
beitet hat.Esgibt unter der seitStaatsgrün-
dungregierendenPartei keine nennens-
werteOpposition,sodassdas Kabinett
mit großer Einmütigkeit auchsolche Aus-
gaben beschließen kann. Diesehelfen
dem notleidendenKonsum in derStadt
und milderndie Corona-Schäden.Und
schließlichziehenWahlen herauf:Inei-
nem vonUnruhen in Hongkong oderDe-
lhi bestimmten Asien ist Singapurs Regie-
rung einmal mehr kluggenug,ineinerKri-
senlageGroßzügigkeitwalten zu lassen –
ihreWähler werden es ihr danken.

chs. PARIS. Der Streit um die französi-
sche Rentenreformhat neueNahrung er-
halten, nachdem dieRegierung ihren
GesetzentwurfinersterLesungohne
Abstimmung undweitereDebatte durch
die National versammlung drückte.Fünf
Gewerkschaftsverbände und mehrere
Schüler-wie Studentenorganisationen
wollen an diesem Dienstag gegenden
Einsatz des entsprechend genutztenNot-
parag raphen 49,3 protestieren. Dieser
Verfassungsparagrapherlaubt einerRe-
gierung in Blockadesituationen den par-
lamentarischen Wegzuverkürzen.
Wenn ein Misstrauensvotum der Oppo-
sitionscheitert, gilt das Gesetzesprojekt
als genehmigt.ImFall derRentenre-
form gilt das Scheiternvon zwei einge-
reichten Misstrauensvoten wegender
großenMehrheitder Regierungspartei
LREM alswahrscheinlich. Damitgeht
dasGesetzesvorhaben danachinden Se-
nat und dann wieder zurückindie Natio-
nalversammlung,wo die Abgeordne ten
abermals die Gelegenheit zur Debatte
und Abstimmung haben,wenn dieRe-
gierung nicht wieder denParagr aphen
49,3 geltend macht.
PremierministerEdouar dPhilippe
hatteamSamstag diesenWeg mit der

Blockadepolitik der Linkspartei L FI be-
gründet,die 2 3000 Änderungsanträge
eingebracht hatte.Wegen dieserViel-
zahl warkeineDebattemöglich. Insge-
samt hatten die Oppositionsparteien
41 000 Änderungsanträgegestellt.Sie
werfen derRegierung nun eine autoritä-
re Politikvor.Die Regierungverteidigte
sichdamit, dasssie etlichenForderun-
gennachgekommen sei. In derTatist sie
in der jüngsten Version ihrerRentenre-
form auf rund 200 Änderungsanträge
eingegangen, willetwa Mütter-und Wit-
wenrenten erhöhen, für Selbständige
die Übergangszeiten für das geplante
universelle Rentensystem verlängern
und einzelnen Berufsgruppen wieetwa
den Kanalisationsarbeitern Zugeständ-
nisse machen. Auch der Übergang von
Teilzeitarbeit zuTeilzeitrentesoll leich-
terwerden. Behinderte und ihreBetreu-
er sollen ebenfalls bessergestellt wer-
den. Nachtarbeit soll höherbewertet
werden. Im April sind auchweiter eVer-
handlungen mit den Sozialpartnern
über dieFinanzierung derReform ge-
plant.IhreErgebnisse sollendann in die
zweit eund endgültige Lesung einflie-
ßen. DieRegierung hofft auf einenAb-
schlussvor der Sommerpause.

Deutsche Wirtschaftu nte rSc hock


tp. ROM. Mit einem Haushaltsdefizit
der öffentlichenKassen von1,6 Pro-
zent des Bruttoinlandsprodukts (BIP)
hat Italien das Jahr 2019 besser abge-
schlossen als erwartet.2018 betrug
das Defizit noch2,2 Prozent des BIP.
Nach Konflikten mitder EU-Kommis-
sion um ein zunächst ange stre btes De-
fizit von2,4 Prozentwarder Wert
von2,04 angestr ebt worden, ergalt je-
dochimVerlauf des Jahres als unrea-
listisch.Zurgünstigen Entwicklung
beigetragenhatten Steuerablässe und
die damit erzielten außerordentli-
chen Einnahmen. Die Steuerquote
stieg um 0,5 Prozentpunkte auf 42,4
Prozent.Die Zinsausgaben für die
Staatsschulden sanken gegenüber
dem Vorjahr um 0,4 Prozent des BIP.
Italiens BIP wuchs 2019real um 0,3
Prozent.

ami. WIEN.Nachden Wahlen in der
Slowakeihofft die deutscheWirtschaft
auf einerasche Regierungsbildung.Die
neue Koalitionsregierung brauche eine
Strategie zurSteigerung derWettbe-
werbsfähigkeit des Landes wie für ein
praxisorientiertesBildungssystem, sag-
te PeterKompalla, Geschäftsführer der
Deutsch-Slowakischen Außenhandels-
kammer in Bratislava (Pressburg).Der
Fachkräftemangel macht auchden Be-
triebeninder SlowakeiSorgen. Dort
waramWochenende die Sammlungsbe-
wegung„Gewöhnliche Leuteund unab-
hängigePersönlichkeiten“größteKraft
im Parlament mit gut einem Drittel der
Abgeordneten geworden, weshalbihr
VorsitzenderIgor MatovicMinisterprä-
sident der 5,4 Millionen Einwohnerwer-
den dürfte. Au fder Lis te der deutschen
Außenhandelspartnersteht das Land
auf Rang 20. Das Handelsvolumen lag
2019 mit knapp 31 Milliarden Eurofast
gleichauf mit dem schrumpfendenAus-
tauschmit Dänemark.Die Slo wakeiist
vorallem in derAutobranchestark.
Die Unternehmen schätzten die wirt-
schaftliche Entwicklung überwiegend
positiv ein. „Aber die Unsicherheit
steigt durch die vielenUnwägbarkei-
ten“, sagteKompalla. So müsse sich das

Land beeilen, Fördergelder aus den
EU-Strukturfonds besser abzuschöp-
fen. Auch nehme der Lohnkostenvor-
teil ab, da die Betriebe zunehmend auf
Automatisierung und Digitalisierung
setzten. Die wirtschaftliche Entwick-
lung hängedavonab, wieKonzepte wie
die Umsetzung der „Digitalisierungs-
strategie 2030“ gelängen. Aufder
Wunschliste der Wirtschaf tzur Wahl
stand auchmehr Transparenz bei öffent-
lichen Projekten undAusschreibu ngen.
Korruption istein großes Thema in
der Slowakei. Matovic hatteden Wahl-
kampfnachdem Motto„Null Toleranz
gegenüberKorruption“gegendie Regie-
rung des Ex-PremiersRobertFico ge-
führt, die mit dem Mordandem Journa-
listen JanKuciak vorzweiJahren inVer-
bindunggebracht wird. Matovic hat ei-
nen HochschulabschlussinFinanzmana-
gement und wirdals Unternehmer be-
schrieben. Im slowakischen Handelsre-
gister isterjedoch nicht eingetragen,
laut Online-Lexikon Wikipediaüber-
trug er 2007 den2002vonihm gegründe-
tenVerlagRegionpressauf seineFrau
Paulina. Seit 2010 isterimParlament
und wurde dortauchwegen teils sprung-
haftenVerhaltens undgrober Umgangs-
formen bekannt.

In de rKrise glänztSingapur


DerStadtstaat reagiertmit Här te,aberauchmit Fürsorge aufCorona


Reisende in Singapur Foto Imago

ppl. LONDON.Nachdem Brexit be-
ginnt Großbritannieneine radikaleRe-
form seiner Landwirtschaftspolitik im
Kontras tzur bisherigen Agrarpolitikin
der EuropäischenUnion. EinTeil dieser
Agrarwende besteht darin, die Subven-
tionen besondersfür große Landwirt-
schaftsbetriebe zu senken. Die an die
Flächengröße gebundenen EU-Zahlun-
genwerdengekürztund schrittweise ab-
geschafft.Direktzahlungen an kleine
BauerninHöhe vonbis zu 30 000 Pfund
(knapp35000 Euro)kürztdie Regie-
rung ab nächstemJahr um5Prozent,
für größereBetriebe werden sie um 10
bis 20 Prozentverringer t. Direktzahlun-
genüber 150 000 Pfund (170000 Euro)
werden um 25 Prozentgekürzt. Nach sie-
ben Jahrenfallen die Direktzahlungen
komplett weg.
Bislang erhaltenrund 88 000 Land-
wirts chaftsbetriebe auf der Insel aus
dem EU-Topf de rGemeinsamenAgrar-
politik mehr als3Milliarden Euroim
Jahr.Kritisier twirdunter anderem, da ss
davonvor allemgroße Landbesitzer pro-
fitieren.Selbstdie britische Königin
stand in derVergangenheit mitZahlun-
genvon bis zu einer halben Million Euro
auf der Liste dergrößtenAgrar-Subventi-
onsempfänger.Die EU-Direktzahlungen
machen nochimmergut 40 Milliarden
EuroimJahr und damit mehr als ein
Drittel des Budgetsder EU aus. Dieweni-
genökologischenAuflagen, die Brüssel
zusätzlich eingeführthat, sindnachAn-
sicht vonFachleutenwenig wirksam.
Die konservativebritischeRegierung
geht nun einenganz anderenWeg. Statt
der PauschalzahlungenjeHektarwer-
den künftig Landwirtegefördert, wenn
sie ein ökologischwertvolles öffentli-
ches Gut produzieren: Die Kriterien
sind bessereLuftqualität, sauberesWas-
ser,Biodiversität oder Maßnahmen zum
Schutz vorÜberschwemmungen ent-
lang vonFlüssen.Konkret bedeutetdie
neue Förderpolitik beispielsweise,dass
Baue rnund Landbesitzer mehr Geldbe-
kommen,wenn sie Bäume oder Hecken
pflanzenoderwenigerDünger undPesti-
zide einsetzen, die ins Grundwasser
oder in Flüsse sickern.Auchfür die Er-
haltung der Bodenqualitätdurch Verhin-
derungvonErosio n, höhereTierschutz-
standards oderfür In vestitionen zurVer-
besserung der Produktivität soll es Zu-
schüssegeben. In einer späterenStufe
der Agrarrefor msollenauchMoor-und

Torflandschaftenwiederhergestellt wer-
den. Viele Details sind aber nochoffen.
Umwelt- und Landwirtschaftsminis-
terGeorgeEustic eumris sdie Ziele der
Agrarwende beim Jahreskong ress der
Nationa lFarme rs Union (NFU)vergan-
gene WocheinBirmingham so:„Wir
können uns darauf einigen, dasswir eine
britische Landwirtschaftwollen ,die
nachhalti gist im wahrsten Sinne des
Wortes,die profitabel,wettbewerbsfähig
undprodukti vist,während sie dieNati-
on ernährtund sichgleichzeitig um die
Landschaftkümmert.“ Bauernsollten
keinepauschalen Subventionsempfän-
germehr sein, sondernjeder einenVer-
trag unterzeichnen, in dem er sich auf
Ziele fürdie Umweltfestlegt.Die neue
Politik sollverhindern, dassMilliarden-
Subventionenweiter mitder Gießkanne
vergebenwerden .Die Höhe derHilfen
wird insgesamtnicht verringert, abersie
sollen ökologischzielgenauersein. Um-
weltschützerlobtendie Reform.
Im Grundsatzhat auc hder Bauernver-
band NFU der Richtungzugestimmt,
dochforder ndie Bauern, den Beginn
derKürzungenumeinJahrauf 2022 zu
verschieben, bis sie Klarheitüber die
künftigen Exportchancen nachder Bre-
xit-Übergangsfristdurch einen Handels-
vertragmit der EU haben.Fast einehal-
be Million Menschen sind in der briti-
schen Landwirtschaftbeschäftigt.
In Europa sehen einigeFachleutedie
Londoner Pläne alsvorbildhaft. „Die Re-
form weistineine Richtung,vonder
sichviele Agrarökonomen wünschen
würden, dassauchdie EU-Politik dahin-
gehen würde“, sagt StephanvonCra-
mon vonder Universität Göttingen.
Auch die EU sollteschrittweise aus den
Direktzahlungen nachBetriebsflächen
aussteigen. Derzeit profitierten davon
vorallem Großbetriebe und Landbesit-
zer.„Einegrobe Formel besagt, dass
etwa 80 Prozent derZahlungen an 20
Prozent der Betriebegehen“, sagt der
Agrarökonom. DerVorsitzende desFrei-
burgerCentrums für EuropäischePoli-
tik, Lüder Gerken, nanntedie bisherige
EU-Agrarpolitik „eine Katastrophe,
weil sieeinevöllig überblähteund ineffi-
zienteSubventionspolitik mit der Gieß-
kanne ist“. Esgebe aber in der EU dafür
eine starkeLobby, etwa in Frankreich,
dessen Landwirtegroße Empfänger der
Direktzahlungen sind, die sichgegen
eine Reform sträubten.

SlowakischeVerhältnisse


Wasdie deutscheWirtschaf tnachden Wahlen erhofft


FrankreichforciertRentengesetz


Regierung drücktReformdurch Nationalversammlung


Virusbremst

WienerFlughafen

Die Talfahr tder

Industr ie schiengerade

gestoppt –dann kam

Corona. Der monatliche

Konjunkturbericht der

F.A.Z.

VonNiklas Záboji,

Frankfurt

Radika le Agrarreform

nach demBrexit

LondonkürztSubventionen undförd ertUmweltziele

Italienüberrascht

positiv

F.A.Z.-Konjunkturbericht Deutschland

+4,0

±0,0

–8,0

–4,0

05 07 09 11 13 15 17 19

05 07 09 11 13 15 17 19

05 07 09 11 13 15 17 19

+1,0

0,0
–1,0

–4,0

–3,0

–2,0

100

90

80

70

100

90

80

70

Produktion

Produktiongeglättet(dunkelblau)

Ifo-Geschäftsklima

geglättet(dunkelblau)

Klima

Bruttoinlandsprodukt

Erzeugerpreise
Produktion

Verbraucher-
preise

Ifo-Geschäftsklima

Inländische
Verwendung

Bruttoinlandsprodukt Prozent1)2) Produktion/Geschäftsklima Punkte3) Preise Prozent4)

Investitionen2)
Ausrüstungs-
investit ionen

Bau-
investit ionen

Privater Konsum

Stand 2015=Index 100

Stand 2015=Index 100

Preise

Branchenentwicklung2) 5)

Arbeitsmarkt
Arbeitslosenquote(saisonbereinigt)6)
Arbeitslose(nicht saisonbereinigt)
Offene Stellen

Produktionverarb. Gewerbe

Umfragen2)
Ifo-Geschäftsklima
Verbrauchervertrauen

Auftragseingang
Produktion Baugewerbe
Einzelhandelsumsatz

Verbraucherpreise
Industrie-Erzeugerpreise
Einfuhrpreise
Ausfuhrpreise
HWWI-Rohstoffpreisindex9)
Rohölpreis10)

%zum Vorjahr

%zum Vormonat

Indexpunkte

Tausend

%

Tausend

%zum Vorjahr

EurojeBarrel

Finanzkennziffern

Wirtschaftliche Quartalsdaten

Außenhandel

Bruttoanlageinvestitionen1) 2)
Außenbeitrag

Erwerbstätige2)

Kapaz itätsauslastung11)

Arbeitskosten jeStunde

Bruttoinlandsprodukt1) 2)
PrivaterKonsum1) 2)

Dax

LangfristigeBundesanleihen7)

Dreimonatsgeld (Euribor)

Bu chkredite(Deutschland)8)

Ausfuhr
Einfuhr

Zins
Zins

Durchschnitt
%des BIP

Tausend

%

%zum Vorjahr %zum Vorjahr

12867
–0,41
–0,47

13236
–0,40
–0,35
+5,0 +5,0

94,7

–1,1
+0,2
–1,5 –8,7

5,0
2204
764

5,0
2180
736

–4,1

95,1
–2,0
–3,5 –2,1 –0,7
–0,2 –0,1 +0,4

–0,9
+0,5

53,9 56,6

+2,1
–0,1

–2,8 +2,4
–1,7 +1,4

+1,1

+1,5 +1,6 +7,5

–0,6 –0,7

+1,1

–0,5

13249 12982
–0,40 –0,39
–0,30 –0,31
+5,1 +4,7

96,3

5,0
2227
687

5,0
2426
668

–3,7

96,0
–3,6

58,4 55,7

110

70

80

90

100

1) Real,zumVorquartal.2)Saisonbereinigt.3)Produktion in der Industrie,real,saisonbereinigt,Glättung durch laufenden Drei-Monatsdurchschnitt.Ifo-Geschäftsklima in der gewerblichenWirtschaft. 2015= Index100. 4) ZumVorjahresmonat.
5)Real.6)InP rozent der zivilenErwerbspersonen. 7) Ungewogene Umlaufrenditevon Bundeswertpapieren,Restlaufzeit neun biszehn Jahre. 8) BuchkrediteanUnternehmen undPrivatpersonen im Inland,statistisch bereinigt.9)Ohne Energie;Euro -Raum aufEuro basis.10) MonatsdurchschnittBrent. 11)Imverarbeitenden
Gewerbe,Veränderung zumVorquartal.Quellen:F.A.Z.,DeutscheBundesbank,Stat istischesBundesamt, Bundesanstalt fürArbeit,EuropäischeZentr albank,EU-Kommission, Ifo-Institut,HWWI-Institut/F.A.Z.-Grafik nbl./heu./niza.

+1,5

+6,9

–0,2 +0,2

+1,7

45263

+0,2
+0,5
–0,1
+0,6
–1,6
45222

–0,2
+0,1
–0,3
–0,5

I2019

–1,2
45179

+0,5
+0,8
+1,6
+0,5

+3,4 +3,1

45343

0,0
0,0
–0,2
–0,6
–0,9 –1,5

+2,9

II 2019 III2019 IV 2019

+1,0 –2,5
–0,8 –2,1
+2,4
+1,7 –2,0

Okt. 19 Nov.19 Dez. 19 Jan. 19 Okt. 19 Nov. 19 Dez. 19 Jan. 19

05 10 15 20 05 1510 20 05 1510 20

4,5

5,0

4,0
3,5
3,0
2,5
2,0

42,0

43,0

44,0

41,0
40,0
39,0

45,0

Arbeitslose

Erwerbstätige
ErwerbstätigeErwerbstätige

Arbeitslose5)

ArbeitsmarktMillionen2)

88

92

96

100

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SEITE22·DIENSTAG, 3. MÄRZ 2020·NR. 53 Wirtschaft FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG

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