Der Standard - 20.02.2020

(Romina) #1

Wirtschaft


L


ehrlinge sind die neuen
Liebkinder der Regierung.
Wirtschaftskammer-Präsi-
dent Harald Mahrer sieht Investi-
tionen in die Lehre als „Herzens-
angelegenheit“. Mit einer Aufwer-
tung des Meistertitels und neuen
Lehrberufen etwa soll den Betrie-
ben künftig mehr Nachwuchs ver-
schafft werden. Doch so glänzend
das Image ist, das Politiker Lehr-
lingen in Aussicht stellen–aus
Perspektive der Jungen hat sich an
ihrer täglichen Arbeit und Ausbil-
dung bisher wenig verbessert.
Alle zwei Jahre befragen Arbei-
terkammer und Gewerkschaft gut
5000 Jugendliche im letzten Lehr-
jahr über ihren Arbeitsalltag. Der
mittlerweile dritte Monitor offen-
bart, dass die Jungen am Ende ih-
rer Ausbildung eine in vielen Be-
reichen nüchterne Bilanz ziehen.
Ein Drittel klagt nach wie vor
überschlechte Rahmenbedingun-
gen. Vier von zehn Befragtenwol-
len nicht im Lehrbetrieb bleiben.
Knapp die Hälfte will auch denBe-
ruf wechseln. Was stört den Nach-
wuchs im Detail?Ein Drittelsieht

sich Arbeiten verrichten, die nicht
zur Ausbildunggehören. Ebenso
viele gaben an, Überstunden zu
leisten–unabhängig von ihrem Al-
ter. Und jederZehnte von ihnen er-
hielt dafür zum Teilweder Geld
nochZeitausgleich.Arbeitszeitauf-
zeichnungistfürmehralseinFünf-
tel ein Fremdwort. Fast drei Viertel
gingennacheigenenAngabenauch
krankarbeiten. Der Antrieb dafür
war nicht selten die Angstvor
Wickel mit dem Chef und vor dem
Verlustdes Lehrplatzes.
Derzeit hält jeder gern Brandre-
den rund um die Bedeutung der
Lehre, sagt Renate Anderl, Präsi-
dentin der Arbeiterkammer. Tat-
sächlich sei der gestiegene Druck
in der Arbeit auch hier angekom-
men. Das Gros der Betriebe macht
gute Ausbildung, ist der Präsident
des Gewerkschaftsbunds, Wolf-
gang Katzian, überzeugt. Das än-
dereabernichtsdaran,dassfürdie
Lehre viel zu tun sei. „Sie gehört
raus aus dem verstaubten Eck.“
Nicht dabei helfen werde, dass der
MeistertiteldenRangeinesBache-

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Seite 18

DO., 20 .FEBRUAR2020 17


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DiePolitik poliert das Imageder Lehreauf. Am Arbeitsalltag derJugendlichen hat sich bisherwenigverbessert.
Viele klagen über unbezahlte Überstunden undwenigUnterstützung bei derAusbildung.

zent der Lehrlinge dazu gar nicht
antreten. Mehr als die Hälfte wis-
se kaum über Inhalte und Ablauf
der Prüfung Bescheid–viele ver-
missten die Unterstützung der Be-
triebe bei der Vorbereitung dafür.

Leichter Aufschwung
Als attraktiv preisen Politiker
derzeit vor allem eine Lehre mit
Matura an. Der Aufwand dafür sei
aber enorm, sie sei oft mit Zwölf-

lors erhält, glaubt er. „Mit Umbe-
nennung allein fliegt gar nichts.“
Susanne Hofer, Vorsitzende der
Gewerkschaftsjugend, erinnert an
die hohen Kosten der Meisterprü-
fung: Ihrer Ansicht nach sollte der
Aufstieg zum Meister mit ebenso
wenig finanzieller Belastung ver-
bunden sein wie der Bachelor. Die
Lehrabschlussprüfung gehöre zu-
dem der Matura gleichgesetzt. Ak-
tuell würden aber bis zu zehn Pro-

stundentagen verbunden, sagt
Hofer und verweist auf die ent-
sprechend hohen Drop-out-Raten.
2019 ist die Zahl der Lehrlinge
in Summe leicht um 2,1 Prozent
auf rund 109.100 gestiegen. Die
Zeiten, in denen Österreich derer
194.000 zählte, liegen 40 Jahre zu-
rück. 28.000 Betriebe bilden aus.
1998 waren es noch 39.540. Fast
ein Drittel der jüngst befragten Ju-
gendlichen sehen in der Lehre ih-

ren Wunschberuf. Für sechs Pro-
zent ist sie nur eine Notlösung.
VP-Wirtschaftsministerin Mar-
garete Schramböck skizziert je-
denfallseinpositivesBildderLeh-
re. In einigen Branchen sei das
Lehrlingseinkommen um bis zu
46 Prozent gestiegen, rechnet sie
vor. Die enorme Bedeutung von
Lehrlingen sei in den Betrieben
angekommen.„Ich lasse mir unse-
re Ausbildung nicht madig reden.“

DiedunkleSeiteder Lehre


Verena Kainrath

Österreichs Lehre erhält
einFacelifting.
Foto: Heribert Corn

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